VwGH vom 12.12.2007, 2007/04/0167
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schenk, über die Beschwerde der EW AG in W, vertreten durch Dr. Dietmar Endmayr, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Vogelweiderstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 44.20-5/2006-16, betreffend Entrichtung von Pauschalgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt III., soweit damit die Beschwerdeführerin zur Entrichtung ausständiger Pauschalgebühren für den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung verpflichtet wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, soweit die Beschwerdeführerin damit zur Entrichtung ausständiger Pauschalgebühren für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verpflichtet wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am mündlich verkündeten und der Beschwerdeführerin am in schriftlicher Ausfertigung zugestellten Bescheid hat der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark den Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Stadtgemeinde K als Auftraggeberin im Vergabeverfahren betreffend "Lieferung und Montage einer Videowall im F-F-Stadion" abgewiesen (Spruchpunkt I.), den Antrag der Beschwerdeführerin auf Widerruf einer Ausscheidensentscheidung zurückgewiesen (Spruchpunkt II.), der Beschwerdeführerin die Entrichtung von EUR 3.400,-- an ausständiger Pauschalgebühr aufgetragen (Spruchpunkt III.) und der Beschwerdeführerin die der Höhe nach noch nicht bestimmten Sachverständigenkosten auferlegt (Spruchpunkt IV.).
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass es sich beim Verfahren zur Vergabe der Lieferung und Montage einer Videowall in einem Stadion um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich handle. Da die Ausschreibung am bekannt gemacht worden sei, sei das Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99, und das Steiermärkische Vergabe-Nachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 43/2003 (StmkVNG) anzuwenden.
Zum Spruchpunkt III. hielt die belangte Behörde begründend fest, dass bei der Nachprüfung von Bauaufträgen im Unterschwellenbereich gemäß § 18 iVm § 4 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 StmkVNG und § 1 Abs. 1 Z. 7 der Steiermärkischen Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. Nr. 71/2003 (im Folgenden: Pauschalgebührenverordnung) jeweils EUR 2.500,-- an Pauschalgebühren zu entrichten seien. Die Beschwerdeführerin habe einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung eingebracht, wofür sie insgesamt EUR 5.000,-- an Pauschalgebühren zu entrichten gehabt hätte. Da sie tatsächlich insgesamt nur EUR 1.600,-- entrichtet habe, sei sie zur Nachzahlung der ausständigen Gebührenschuld in der Höhe von EUR 3.400,-- zu verpflichten gewesen.
Im vorliegenden Verfahren stellte der Verwaltungsgerichtshof am zur Zl. A 2006/0023 an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 18 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Satz StmkVNG als verfassungswidrig und § 1 Abs. 1 Z. 7 der Pauschalgebührenverordnung als gesetzwidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom , G 111/06, G 199/06, sprach der Verfassungsgerichtshof u.a. über diesen Antrag aus, dass die Wortfolge "§ 4 Abs. 1," in Abs. 1 des § 18 des - inzwischen mit außer Kraft getretenen - StmkVNG verfassungswidrig gewesen sei. Im Übrigen wurde der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen.
Dazu führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, dass die Wortfolge ", 12 Abs. 1" in Abs. 1 und der zweite Satz in Abs. 2 des § 18 des StmkVNG sowie § 1 Abs. 1 Z. 7 der Pauschalgebührenverordnung bereits mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 35/06, V 24/06, aufgehoben worden seien. Der gegenständliche Antrag des Verwaltungsgerichtshofes sei zwischen der Beschlussfassung über dieses Erkenntnis und dessen Zustellung eingelangt. Von den verbleibenden Worten des § 18 Abs. 1 StmkVNG sei lediglich die Wortfolge "§ 4 Abs. 1," im gegenständlichen Verfahren präjudiziell.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte in ihrer Gegenschrift aus, dass für sie kein Zweifel daran bestehe, dass es sich bei der Errichtung einer 20 m2 großen Videowall um einen Bauauftrag handle. Auch entsprechende Feststellungen hätten zu keiner anderen Einschätzung führen können. Überdies sei eingangs der mündlichen Verhandlung vom vom Verhandlungsleiter der Umstand angesprochen worden, dass es sich nicht um einen Liefer-, sondern um einen Bauauftrag handle. Der Beschwerdevertreter habe dazu keine weitere Äußerung abgegeben. Dieser Vorgang sei allerdings nicht protokolliert worden. Es werde beantragt, die Beschwerde zurück- bzw. abzuweisen, in eventu eine Verhandlung durchzuführen, bei der der Beschwerdevertreter dazu einvernommen werden möge, dass ihm spätestens am Beginn der Verhandlung vom bewusst gewesen sei, dass die belangte Behörde gedenke, den gegenständlichen Auftrag als Bauauftrag zu qualifizieren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 StmkVNG in der Stammfassung ist u.a. für Anträge gemäß § 4 Abs. 1 (Anträge auf Nichtigerklärung von Auftraggeberentscheidungen) und § 12 Abs. 1 (Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) eine Pauschalgebühr zu entrichten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung richtet sich die Höhe der Gebührensätze nach der Art des Vergabeverfahrens und ist durch Verordnung der Landesregierung festzulegen. Die Höhe der Sätze richtet sich nach den in der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl. II Nr. 324/2002, festgelegten Tarifen.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Pauschalgebührenverordnung in der Stammfassung beträgt die Pauschalgebühr für (Z. 7) sonstige Verfahren im Unterschwellenbereich betreffend Bauaufträge EUR 2.500,-- und (Z. 8) für sonstige Verfahren im Unterschwellenbereich betreffend Liefer- und Dienstleistungsaufträge EUR 800,--.
Die vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 111/06, G 199/06, über den im vorliegenden Fall ergangenen Antrag aufgehobene Wortfolge "§ 4 Abs. 1," in § 18 Abs. 1 StmkVNG ist gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG auf den vorliegenden Anlassfall nicht anzuwenden. Infolge dessen fehlt der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Verpflichtung zur Entrichtung ausständiger Pauschalgebühren für den - in § 4 Abs. 1 StmkVNG geregelten - Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung die gesetzliche Grundlage.
Insoweit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Da der im gegenständlichen Verfahren gestellte Gesetzes- und Verordnungsprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof erst nach Beschlussfassung über das Erkenntnis vom , G 35/06, V 24/06, (aber vor dessen Zustellung) eingelangt ist, handelt es sich beim vorliegenden Fall insoweit um keinen "Anlassfall" im Sinn von Art. 140 Abs. 7 bzw. Art. 139 Abs. 6 B-VG. Die mit diesem Erkenntnis aufgehobenen Bestimmungen sind auf den vorliegenden Fall daher anzuwenden.
Die von der belangten Behörde für ihren Auftrag zur Nachzahlung der Pauschalgebühr für den - in § 12 Abs. 1 StmkVNG geregelten - Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach dem Gebührenansatz für Bauaufträge im Unterschwellenbereich herangezogenen Bestimmungen sind somit nicht weggefallen.
Gemäß § 3 Abs. 1 BVergG sind Bauaufträge entgeltliche Aufträge, deren Verfahrensgegenstand (Z. 1) die Ausführung oder die gleichzeitige Ausführung und Planung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang I. genannten Tätigkeiten, oder (Z. 2) die Ausführung eines Bauwerkes ist. Der Anhang I. des BVergG enthält eine Auflistung von gewerblichen Tätigkeiten, die unter die Wirtschaftsklasse "Baugewerbe" fallen, darunter "Elektroinstallation" und "Installation von Antennen, Blitzableitern, Telefonen usw.". Der in § 3 Abs. 1 Z. 2 BVergG enthaltene Begriff "Bauwerk" wird in § 20 Z. 7 leg. cit. als "Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- und Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll" definiert.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass es sich beim gegenständlichen Auftrag um einen Bauauftrag handle, begründete dies aber nicht. Sie traf auch keine für die Beurteilung des Bestehens eines Bauauftrages nach § 1 Abs. 1 Z. 1 oder 2 BVergG dienlichen Feststellungen. Damit belastete sie ihren Bescheid mit einem Verfahrensmangel.
Das Vorbringen in der Gegenschrift, zu Beginn der Verhandlung vor der belangten Behörde sei der Umstand "angesprochen" worden, dass es sich nicht um einen Liefer-, sondern um einen Bauauftrag handle, kann daran nichts ändern. Der weiters vorgebrachte Umstand, der Beschwerdevertreter habe sich dazu nicht geäußert, kann nicht dazu führen, dass vom Vorliegen eines Bauauftrages auszugehen ist.
Der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher - soweit die Beschwerdeführerin damit zur Entrichtung ausständiger Pauschalgebühren für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verpflichtet wurde - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der "in eventu" zur Vernehmung des Beschwerdevertreters beantragten Verhandlung konnte schon gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am