VwGH vom 05.12.2014, Ro 2014/02/0101
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Revision des N in A, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom , Zl. LVwG- 1-829/E13-2013, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG Bezirkshauptmannschaft Bregenz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat den Revisionswerber mit Straferkenntnis vom schuldig erkannt, er habe am ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,48 mg/l) gelenkt und dadurch § 99 Abs. 1b StVO iVm § 5 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 272 Stunden) verhängt wurde.
Begründend hob die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht für die Strafbemessung hervor, das durch § 99 StVO geschützte Rechtsgut der Verkehrssicherheit sei in diesem Falle erheblich verletzt worden, was bei der Strafbemessung besonders zu berücksichtigen gewesen sei. Als mildernd wertete die erstinstanzliche Behörde die verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit des Revisionswerbers.
Der nur gegen die Höhe der Strafe gerichteten Berufung (nunmehr Beschwerde) gab das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge und führte im Wesentlichen begründend aus, im vorliegenden Fall sei die Untergrenze der durch § 99 Abs. 1b StVO sanktionierten Alkoholisierung von 0,4 mg/l um 20 % überschritten worden. Bei diesem Ausmaß der Überschreitung der Untergrenze sei der Strafrahmen, der von EUR 800,-- bis EUR 3.700,-- reiche, nicht übermäßig ausgeschöpft worden. Dies unter Berücksichtigung der Unbescholtenheit des Revisionswerbers und der Bewertung seiner finanziellen Lage als unterdurchschnittlich.
Das Verwaltungsgericht hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Inbetriebnahme und das Lenken eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss finden sich im Verkehrsrecht die folgenden - nach dem Alkoholgehalt und der Höhe der Strafdrohung abgestuften - Verbote:
Unabhängig von einer Beeinträchtigung durch Alkohol darf gemäß § 14 Abs. 8 FSG ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt.
Wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 8 FSG ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von EUR 300,-- bis EUR 3.700,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen (§ 37a. FSG).
Gemäß § 5 Abs. 1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
Gemäß § 99 Abs. 1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 800,-- bis EUR 3.700,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.
Gemäß § 99 Abs. 1a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.200,-- bis EUR 4.400,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.
Wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt, begeht nach § 99 Abs. 1 lit.a StVO eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.600,-- bis EUR 5.900,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen.
Im Bereich zwischen 0,5 g/l (0,5 Promille) und 0,79 g/l (0,79 Promille) Alkoholgehalt des Blutes (Alkoholgehalt der Atemluft zwischen 0,25 mg/l und 0,39 mg/l) ist - sofern keine Beeinträchtigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 StVO vorliegt - wegen der ausdrücklichen Anordnung des § 37a FSG bei der Strafbemessung auch der Grad der Alkoholisierung zu berücksichtigen.
Für die Anwendung von § 99 Abs. 1 bis Abs. 1b StVO hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/02/0101, mwN, klargestellt, dass er an der ständigen Judikatur zum "Doppelverwertungsverbot", wonach der Grad der Alkoholisierung ein Umstand ist, der für den Tatbestand bzw den Strafsatz relevant ist und deshalb nicht auch noch zusätzlich als Strafzumessungsgrund berücksichtigt werden darf, festhält.
Vorliegend hat das Verwaltungsgericht im Falle einer Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO iVm § 5 Abs. 1 StVO bei der Strafbemessung auch den Alkoholisierungsgrad berücksichtigt, weshalb das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
Fundstelle(n):
SAAAE-89447