VwGH vom 31.07.2014, Ro 2014/02/0099
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Revision des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl LVwG-300079/8/WG, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden; mitbeteiligte Partei: H in P, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5),
Spruch
1. zu Recht erkannt: Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Der Antrag der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom wurde der Mitbeteiligte einer Übertretung des § 130 Abs 5 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) in Verbindung mit § 109 Abs 2 ASchG und § 60 Abs 1 und 3 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) für schuldig erkannt; gemäß § 130 Abs 5 ASchG wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 186 Stunden) verhängt.
Der Mitbeteiligte habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der E GmbH und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass am in der Arbeitsstätte der E GmbH ein in der Werkstätte stehender ca. 5 m hoher Behälter von einem Arbeitnehmer betreten worden sei, um Arbeiten durchzuführen, ohne dass eine geeignete, fachkundige Person bestellt worden sei, die die notwendigen Schutzmaßnahmen für die Durchführung der Arbeiten schriftlich angeordnet habe, obwohl bei der Durchführung von Arbeiten in Behältern, Silos, Schächten, Gruben, Kanälen oder Rohrleitungen eine geeignete fachkundige Person zu bestellen sei, welche die notwendigen Schutzmaßnahmen für die Durchführung der Arbeiten schriftlich anordne. Eine ständig anwesende Aufsichtsperson sei ebenfalls nicht vorhanden gewesen und es habe keine schriftliche Erlaubnis für den Beginn der Arbeiten gegeben. In weiterer Folge sei ein Arbeitnehmer, der Schweißnähte an diesem Behälter angebracht habe, in den stehenden Behälter eingestiegen und aufgrund des darin enthaltenen und Sauerstoff verdrängenden Argons bewusstlos geworden und verstorben.
Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid eine - nunmehr als Beschwerde zu wertende - Berufung, der das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge gab. Das Verwaltungsgericht behob das bekämpfte Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG ein (Spruchpunkt I des angefochtenen Erkenntnisses). Es sprach weiter aus, dass gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist (Spruchpunkt II.).
Das Verwaltungsgericht stellte - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof von Bedeutung - fest, dass die E GmbH unterschiedliche Behälter und Apparate zum Einsatz in Industriebetrieben produziere. Insbesondere für die Herstellung der Behälter seien regelmäßig umfassende Schweißarbeiten erforderlich, die teilweise von einem Schweißer alleine, teilweise von zumindest zwei Schweißern durchgeführt würden. Aus Sicherheitsgründen und zur Erleichterung des praktischen Arbeitsablaufes seien die Schweißarbeiten teilweise bei liegendem Behälter, teilweise bei stehendem Behälter durchzuführen.
Am habe ein Arbeitnehmer der E GmbH Arbeiten an einem (aufgestellten) Edelstahlsilo fortgesetzt und Schweißnähte angebracht. Zur weiteren Bearbeitung sei der Arbeitnehmer in den oberen Teil des nach oben offenen Silos mit einer Leiter eingestiegen. Die Wandhöhe des oberen Teiles habe 2,2 m betragen. In diesem Bereich dürfte durch das Einleiten von Argon, das beim Schweißen verwendet worden sei, bereits der notwendige Sauerstoff verdrängt worden sein. Der Arbeitnehmer habe dadurch binnen kurzer Zeit das Bewusstsein verloren; er sei im Unfallzeitpunkt alleine gewesen.
Für die unfallgegenständlichen Schweißarbeiten sei keine fachkundige Person bestellt gewesen, die Schutzmaßnahmen schriftlich angeordnet hätte. Es sei auch keine Aufsichtsperson anwesend gewesen. Nach Ansicht der Unternehmensleitung sei dies auch nicht erforderlich gewesen, da derartige Schweißarbeiten am liegenden Behälter hätten durchgeführt werden sollen. Bei liegendem Behälter bestünden für die Arbeitnehmer keine Gefahrenmomente.
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht habe das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Abschluss des beim Landesgericht Wels gegen den Mitbeteiligten anhängigen gerichtlichen Strafverfahrens ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft Wels habe der belangten Behörde mit Schreiben vom mitgeteilt, dass das Strafverfahren gegen den Mitbeteiligten gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt worden sei, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestanden habe. Die Einstellung sei erfolgt, da § 60 AAV keinen Beurteilungsmaßstab bilde, und es sich bei dem durch den Verunglückten behandelten Objekt nicht um eine Betriebseinrichtung im Sinne des Gesetzes gehandelt habe.
In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht nach Zitierung des § 2 Abs 5 ASchG und § 60 Abs 1 bis 3 AAV aus, dass sich der Anwendungsbereich des § 60 Abs 1 AAV auf "Betriebseinrichtungen" beschränke. Dieser Begriff sei ursprünglich in § 1 Z 9 AAV definiert worden; diese Bestimmung sei mit § 124 Abs 3 Z 14 ASchG idF BGBl Nr 450/1994 aufgehoben worden.
§ 2 Abs 5 ASchG idF BGBl Nr 450/1994 enthalte eine Legaldefinition des Begriffes "Arbeitsmittel". Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage solle der Begriff "Arbeitsmittel" insbesondere "Betriebseinrichtungen, sonstige mechanische Einrichtungen und Betriebsmittel" im Sinne des § 1 Z 9 AAV umfassen. Der Begriff "Arbeitsmittel" sei folglich weiter gefasst als der Begriff "Betriebseinrichtung". Betriebseinrichtungen iSd § 60 Abs 1 AAV bildeten eine Untergruppe der Arbeitsmittel iSd § 2 Abs 5 ASchG.
Ein Silo, der Bestandteil einer ortsfesten Anlage iSd § 74 Gewerbeordnung sei, stelle zweifellos ein Arbeitsmittel iSd § 2 Abs 1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) sowie auch eine "Betriebseinrichtung" iSd § 60 AAV dar. Davon zu unterschieden sei der im gegenständlichen Fall zu beurteilende Fertigungsprozess. Es handle sich um ein in Bearbeitung befindliches Werkstück und damit um keine Betriebseinrichtung iSd § 60 Abs 1 AAV. Das Bestimmtheitsgebot des Art 18 Abs 1 B-VG verlange für Strafbestimmungen eine besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens. Eine Ausdehnung des Begriffes "Betriebseinrichtung" auf das gegenständliche Werkstück würde einen - im Strafverfahren unzulässigen - Analogieschluss darstellen. Dem Mitbeteiligten könne keine Übertretung des § 60 AAV angelastet werden.
Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Definition des Begriffes "Betriebseinrichtung" iSd § 60 AAV vorliege.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete ebenfalls eine Revisionsbeantwortung, in der sie sich den Ausführungen der revisionswerbenden Partei anschloss und beantragte, "den angefochtenen Bescheid" (gemeint: das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes) wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben bzw in eventu dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten abgewiesen und das Straferkenntnis der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht bestätigt werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - zulässige - Revision erwogen:
1. Gemäß § 130 Abs 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) in der im vorliegenden Fall gemäß § 1 Abs 2 VStG maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 118/2012 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 EUR, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 EUR zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt des ASchG weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.
Im neunten Abschnitt des ASchG (Übergangsrecht und Aufhebung von Rechtsvorschriften) sieht der mit der Überschrift "Arbeitsmittel" versehene § 109 ASchG in der hier maßgebenden Fassung BGBl I Nr 159/2001 in seinem Abs 2 vor, dass bis zum In-Kraft-Treten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz, die den entsprechenden Gegenstand regelt, (unter anderem)
§ 60 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) als Bundesgesetz gilt.
§ 60 Abs 1 bis 3 AAV haben folgenden Wortlaut:
"Arbeiten in oder an Behältern, Silos, Schächten, Gruben, Rohrleitungen und ähnlichen Betriebseinrichtungen
§ 60. (1) Wenn in Betriebseinrichtungen, wie Behältern, Silos, Schächten, Gruben, Kanälen oder Rohrleitungen, Arbeiten durchgeführt werden, ist eine geeignete, fachkundige Person zu bestellen, welche die notwendigen Schutzmaßnahmen für die Durchführung der Arbeiten schriftlich anordnet. Die Einhaltung dieser Schutzmaßnahmen muß durch eine ständig anwesende Aufsichtsperson sichergestellt sein.
(2) Maßnahmen nach Abs. 1 sind in den im § 59 Abs. 2 angeführten Fällen nicht erforderlich.
(3) Mit Arbeiten, bei denen Maßnahmen nach Abs. 1 erforderlich sind, darf erst begonnen werden, nachdem die Aufsichtsperson eine schriftliche Erlaubnis erteilt hat. Diese darf erst erteilt werden, wenn sich die Aufsichtsperson davon überzeugt hat, daß die angeordneten Schutzmaßnahmen durchgeführt sind."
2. Für die Entscheidung über die Revision ist von ausschlaggebender Bedeutung, ob es sich bei einem Silo, der in einem solche Behälter herstellenden Unternehmen erzeugt und bearbeitet wird, um eine "Betriebseinrichtung" iSd § 60 AAV handelt.
3. Die Amtsrevision macht geltend, dass Regelungsgegenstand des § 60 AAV nicht die "Behälter, Silos, Schächten, Gruben, Rohrleitungen und ähnliche Betriebseinrichtungen" an sich seien, sondern "Arbeiten" in solchen Einrichtungen, also bestimmte Arbeitsvorgänge, mit denen - infolge der räumlichen Beengtheit und der mangelnden Belüftung in solchen Einrichtungen - überdurchschnittliche Gefährdungen verbunden seien.
Regelungsinhalt dieser Vorschriften sei die Festlegung eines bestimmten Procederes, mit dem den typischer Weise mit diesen Arbeitsvorgängen verbundenen Gefährdungen begegnet werden solle. Die Gefahren - hier: lebensbedrohender Sauerstoffmangel beim Schweißen in einem aufrecht stehenden Behälter - entstünden völlig unabhängig davon, ob die Schweißarbeiten zu Wartungs- oder Reparaturzwecken oder bereits bei der Herstellung des Behälters durchgeführt würden und auch unabhängig davon, ob der Behälter bereits fertiggestellt sei und in einem Betrieb in Verwendung stehe oder sich noch im Stadium der Fertigung befinde. Dies sei auch irrelevant für die Vorgangsweise, wie dieser Gefahr zu begegnen sei.
Eine einschränkende Interpretation des Begriffs "Betriebseinrichtungen", wonach darunter nur bereits in Betrieb befindliche Behälter zu subsumieren wären, sei daher verfehlt. Eine solche Auslegung führe zu dem irrigen Ergebnis, dass gleiche Arbeitsvorgänge mit gleichen Gefahren und den gleichen zu setzenden Gegenmaßnahmen unterschiedlich behandelt würden. Eine solche Ungleichbehandlung könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Interpretiere man die in Rede stehenden Bestimmungen nach ihrem Schutzzweck, könne man nur zu dem Ergebnis kommen, dass sie für alle Silos, Behälter und engen Räume, die befahren und in denen Arbeiten durchgeführt werden können, die zu einer besonderen Gefahr für die Arbeitnehmer führen können, zu gelten hätten. Mit dem Wort "Betriebseinrichtungen" sei viel eher bezweckt worden, einen möglichst umfassenden Anwendungsbereich abzudecken und zu verhindern, dass irgendeine Art von "engem Raum" nicht erfasst werde. Auch sämtliche Regeln der Technik - der Revisionswerber verweist dazu insbesondere auf eine Sicherheitsinformation der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt -, die dieses Thema behandeln, würden nicht unterscheiden, ob ein Behälter bereits in Verwendung stehe oder sich noch im Stadium der Fertigung befinde.
4. Der Mitbeteiligte tritt den Revisionsausführungen unter Hinweis auf den seiner Ansicht nach klaren Wortlaut der Norm sowie auf die historische Entwicklung dieser Bestimmung entgegen.
5. Der Revision kommt keine Berechtigung zu:
Zunächst ist festzuhalten, dass § 60 Abs 1 AAV Arbeiten in "Betriebseinrichtungen" umfasst, die - lediglich demonstrativ ("wie") - näher umschrieben werden.
Eine Definition des Begriffs "Betriebseinrichtungen" findet sich weder in der AAV noch im ASchG. In der mittlerweile außer Kraft getretenen Bestimmung des § 1 Z 9 AAV in der Stammfassung, BGBl Nr 218/1983, wurden "Betriebseinrichtungen, sonstige mechanische Einrichtungen und Betriebsmittel" als "Einrichtungen, Geräte und sonstige materielle Mittel, die bei der Arbeit verwendet werden, mit Ausnahme der in Z 13 angeführten Arbeitsstoffe" definiert. "Arbeitsstoffe" waren nach § 1 Z 13 AAV "alle Stoffe, die in Betrieben gewonnen, erzeugt, verwendet oder gelagert werden, anfallen oder entstehen"; als "Verwenden" galt unter anderem das Bearbeiten und Verarbeiten.
Demnach waren nach der Stammfassung der AAV Betriebseinrichtungen als Einrichtungen, die bei der Arbeit verwendet werden, zu unterscheiden von Arbeitsstoffen, die im Betrieb erzeugt bzw be- oder verarbeitet werden. Diesem Verständnis entspricht auch die Einordnung der Übergangsbestimmung in § 109 ASchG, die unter der Überschrift "Arbeitsmittel" steht. Als Arbeitsmittel definiert § 2 Abs 5 ASchG nun "alle Maschinen, Apparate, Werkzeuge, Geräte und Anlagen, die zur Benutzung durch Arbeitnehmer vorgesehen sind" (vgl auch die Definition der "Arbeitsmittel" in Art 2 lit a der Richtlinie 2009/104/EG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit:
"alle Maschinen, Apparate, Werkzeuge oder Anlagen, die bei der Arbeit benutzt werden"). Der Begriff der "Arbeitsmittel" umfasst daher insbesondere auch die "Betriebseinrichtungen" im Sinne des früheren § 1 Z 9 AAV ( Novak/Lechner-Thomann , ASchG (2013), Rz 42 zu § 2).
Unter Betriebseinrichtungen iSd § 60 AAV sind folglich nur Einrichtungen zu verstehen, die bei der Arbeit benutzt werden, nicht aber auch Erzeugnisse, die in der Arbeitsstätte hergestellt werden.
Dieses aus dem Wortlaut und dem historischen und systematischen Zusammenhang der Norm gewonnene Auslegungsergebnis kann - für das hier zu beurteilende Verwaltungsstrafverfahren - auch nicht durch die Berufung auf einen der Bestimmung zu unterstellenden Zweck in Frage gestellt werden, zumal Verwaltungsstraftatbestände nicht ausdehnend auszulegen sind (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/06/0166).
Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 130 Abs 5 ASchG in Verbindung mit § 109 Abs 2 ASchG und § 60 Abs 1 und 3 AAV ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
6. Der Revisionswerber macht in eventu - wenn § 60 AAV als nicht anwendbar erachtet werde - geltend, dass die belangte Behörde (gemeint wohl: das Verwaltungsgericht) den Sachverhalt dem § 60 Abs 1 ASchG unterstellen hätte müssen. Es stelle keine Auswechslung der Sache dar, wenn das Verhalten des Beschuldigten (Mitbeteiligten) einem anderen Tatbestand unterstellt werde, sofern Identität der Tat vorliege.
7. Gemäß § 60 Abs 1 ASchG haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Arbeitsvorgänge so vorbereitet, gestaltet und durchgeführt werden, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird.
Gemäß § 130 Abs 1 Z 19 ASchG in der für den Revisionsfall im Hinblick auf das Datum der dem Mitbeteiligten vorgeworfenen Tat am für die Frage der Strafbarkeit (§ 1 Abs 1 VStG) maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 118/2012 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Arbeitgeber entgegen dem ASchG "die Verpflichtungen betreffend die Gestaltung von Arbeitsvorgängen oder die Gestaltung oder Einrichtung von Arbeitsplätzen verletzt".
8. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat - unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs 6 VStG, vgl nun § 42 VwGVG) gezogenen Grenzen - einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2006/09/0031). Im Hinblick auf die den Verwaltungsgerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art 130 Abs 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG), kann für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten.
Das dem Mitbeteiligten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 1 VStG konkret vorgeworfene Handeln (Unterlassen der Bestellung einer Aufsichtsperson, die Schutzmaßnahmen angeordnet hätte, ständig anwesend gewesen wäre und eine schriftliche Erlaubnis für den Arbeitsbeginn gegeben hätte) mag in Verbindung mit dem Arbeitsunfall, der Anlass für die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens war, zwar die Schlussfolgerung nahelegen, dass der vom Mitbeteiligten vertretene Arbeitgeber nicht ausreichend dafür gesorgt habe, dass der relevante Arbeitsvorgang so vorbereitet, gestaltet und durchgeführt wurde, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wurde.
Eine Bestrafung nach § 130 Abs 1 Z 19 ASchG in der hier noch maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 118/2012 setzt jedoch voraus, dass dem Beschuldigten die Verletzung von Verpflichtungen betreffend die "Gestaltung" (nicht auch betreffend die Durchführung oder Vorbereitung) von Arbeitsvorgängen - innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist - vorgeworfen wird (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/02/0273). Ein Vorwurf, eine Verpflichtung zu einer bestimmten Gestaltung von Arbeitsvorgängen verletzt zu haben, lässt sich aber der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht entnehmen und wurde nach den vorgelegten Verfahrensakten auch sonst nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erhoben.
9. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
10. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014.
11. Soweit sich die belangte Behörde - als Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht - in ihrer Revisionsbeantwortung der Revision "anschließt" und selbst den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses stellt, ist festzuhalten, dass das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes der belangten Behörde am zugestellt wurde; der in der Revisionsbeantwortung vom gestellte Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses - der Sache nach als Revision der belangten Behörde zu verstehen - ist damit verspätet, sodass dieser Antrag gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.
Wien, am