VwGH vom 01.07.2010, 2007/04/0113

VwGH vom 01.07.2010, 2007/04/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der K GmbH in X, vertreten durch Hasberger Seitz Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom , Zl. VKS-2726/07, betreffend Vergabenachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. X GmbH in X, vertreten durch BMA Brandstätter Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wallnerstraße 3, und 2. Stadt Wien

p. A. Magistratsabteilung 54 in 1030 Wien, Am Modenapark 1-2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 sowie der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die zweitmitbeteiligte Partei hat (nach den unstrittigen Feststellungen des angefochtenen Bescheides) als öffentliche Auftraggeberin (im Folgenden: Auftraggeberin) europaweit die Anmietung von ca. 1450 Kopiergeräten für einen Zeitraum von 60 Monaten öffentlich bekannt gemacht. In den Ausschreibungsunterlagen war als Mindestanforderung an das Kopiergerät unter anderem eine Speicherkapazität von mindestens "128 MB gesamt" festgelegt.

Die Auftraggeberin hat zunächst am eine zu Gunsten der Beschwerdeführerin lautende Zuschlagsentscheidung getroffen, welche aber mit Bescheid der belangten Behörde vom für nichtig erklärt wurde.

Im fortgesetzten Vergabeverfahren traf die Auftraggeberin am eine (neuerliche) Zuschlagsentscheidung (diesmal) zu Gunsten des Angebotes der erstmitbeteiligten Partei.

Mit dem (zunächst am mündlich verkündeten und sodann mit demselben Bescheiddatum schriftlich ausgefertigten) angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, diese Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären, abgewiesen (Spruchpunkt 1.), eine näher bezeichnete einstweilige Verfügung aufgehoben (Spruchpunkt 2.) und die Beschwerdeführerin verpflichtet, die von ihr entrichteten Pauschalgebühren zu tragen (Spruchpunkt 3.). Diese Spruchpunkte stützte die belangte Behörde auf die §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 11 Abs. 2, 13 Abs. 3, 18, 19, 20 Abs. 1, 22 Abs. 1 und 2, 23 Abs. 1, 24 Abs. 1 Z. 6, 25 Abs. 1, 31 Abs. 6, 39 Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2007 (WVRG 2007) in Verbindung mit den §§ 2 Z. 3 und 16 lit. a sublit. aa, 3 Abs. 1 Z. 1, 5, 12 Abs. 1 Z. 2, 19 Abs. 1, 108 Abs. 2, 126, 127 Abs. 1, 129, 130 Abs. 1, 345 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die erstmitbeteiligte Partei habe in ihrem Angebot (in der Position 1 zur Leistungsklasse 2 in der Spalte "angebotenes Gerätemodell") lediglich (das Gerätemodell) "WC 118" eingesetzt. Dieses Modell weise unstrittig nicht die (in der Ausschreibung) verlangte Speicherkapazität von 128 MB auf. Die erstmitbeteiligte Partei habe in ihrem Angebot auch keinen entsprechenden Hinweis auf eine von ihr kalkulierte Speichererweiterung vorgenommen. Da der Auftraggeberin jedoch die Aufrüstmöglichkeit von derartigen Geräten bekannt gewesen sei, habe sie zutreffend die erstmitbeteiligte Partei schriftlich um Aufklärung ersucht. Dabei habe sie sich an die Festlegung in der Ausschreibung (Seite 8 der besonderen Vertragsbestimmungen) gehalten, wonach "Daten betreffend die Mindestanforderungen, die in den Datenblättern

nicht angeführt seien, ... auf gesonderte Anforderung ... in

geeigneter Form nachzuweisen" seien. Derartige Aufklärungsgespräche und Erörterungen, die unter anderem auch der Klärung der Frage der Erfüllung der Mindestanforderungen dienten, seien nach § 127 Abs. 1 BVergG 2006 grundsätzlich zulässig. Sowohl das Aufklärungsersuchen als auch das Ergebnis seien in den Vergabeakten ausreichend dokumentiert und eindeutig festgelegt.

Die von der erstmitbeteiligten Partei der Auftraggeberin gegebene Aufklärung (im Schreiben vom ), sei unbedenklich. Darin habe die erstmitbeteiligte Partei mitgeteilt, dass es zwar stimme, dass das angebotene Gerät WC118 standardmäßig nur 96 MB Speicher besitze, dieses jedoch mit optional verfügbaren Speichererweiterungen bis 288 MB aufgerüstet werden könne. Bei dem angebotenen Gerät sei bereits eine Speichererweiterung von 64 MB berücksichtigt worden, sodass dieses den Anforderungen der Ausschreibung entspreche. Diese Aufklärung sei durch die im Zuge des Angebotsprüfungsverfahrens sowie des Nachprüfungsverfahrens erfolgte Offenlegung der Gesamtkalkulation durch die mitbeteiligte Partei auch inhaltlich als richtig bestätigt worden. Danach sei erwiesen, dass die erstmitbeteiligte Partei bei ihrer Kalkulation vor Angebotsabgabe auch die Erweiterung der Speicherkapazität um 64 MB berücksichtigt habe.

Hinzu komme, dass nach der Fiktion des § 108 Abs. 2 BVergG 2006 die erstmitbeteiligte Partei auch die Erklärung abgegeben habe, die angebotenen Leistungen zu den in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Bedingungen, also hinsichtlich der Geräte mit den dort festgehaltenen Mindestanforderungen, zu erbringen (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0024).

Die Auftraggeberin habe somit die Unklarheit im Angebot der erstmitbeteiligten Partei bemerkt, diese zur Aufklärung aufgefordert und diese Aufklärung innerhalb der gesetzlichen Frist erhalten. Ein Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen könne in dieser Vorgangsweise nicht erblickt werden. Deshalb sei der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung abzuweisen gewesen.

Gegen den mündlich verkündeten Bescheid vom richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, die erstmitbeteiligte Partei habe das Modell "WC 118" angeboten, welches nicht über die nach der Ausschreibung erforderliche Speicherkapazität verfüge. Eine nachträgliche Speichererweiterung sei aus der dem Angebot der erstmitbeteiligten Partei beigefügten Produktbroschüre nicht eindeutig entnehmbar und nur gegen Aufpreis verfügbar. Dies bedeute, dass eine solche Speichererweiterung sowohl den Verkaufspreis dieses Gerätes als auch den Einstandspreis verteuert hätte. Eine nachträgliche Verbesserung des Angebotes um diese Speichererweiterung bei gleich bleibendem Angebotspreis stelle somit eine unzulässige nachträgliche Preisreduktion dar. Die belangte Behörde gehe im angefochtenen Bescheid diesbezüglich von einem behebbaren Mangel aus, was jedoch aus § 108 Abs. 2 BVergG 2006 keinesfalls abgeleitet werden könne, da diesfalls ein Mindestmaß an Bestimmtheit von Angeboten nicht mehr erforderlich wäre. Das Anbieten des die Mindestanforderungen der Ausschreibungen nicht erfüllenden Gerätetyps "WC 118" im Angebot der erstmitbeteiligten Partei stelle daher einen unbehebbaren Mangel dar, was den bekämpften Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belaste.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, legte dieser Gegenschrift die schriftliche Ausfertigung des angefochtenen Bescheides vom bei, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die erstmitbeteiligte Partei erstattete ebenso eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, aus dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt ergebe sich, dass eine nachträgliche Angebotsänderung schlichtweg nicht vorliege, sondern durch die erstmitbeteiligte Partei stets das Gerät "WC 118" mit einer den Ausschreibungsbedingungen entsprechenden Speicherkapazität angeboten worden sei. Zur Frage, ob durch die erstmitbeteiligte Partei ausschließlich das Gerät "WC 118" angeboten oder ob die optionale Speichererweiterung dieses Gerätes bei der Kalkulation des Angebotes berücksichtigt worden sei, habe die belangte Behörde ausreichende Ermittlungen angestellt, welche zum Ergebnis geführt hätten, dass das Angebot der erstmitbeteiligten Partei stets das Gerät "WC 118" mit einer Erweiterung der Speicherkapazität um 64 MB enthalten habe. Dies sei durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall geht es ausschließlich um die Frage, ob die erstmitbeteiligte Partei in ihrem Angebot ein näher bezeichnetes Kopiergerät mit einer den Ausschreibungsbedingungen entsprechenden Speicherkapazität angeboten hat oder ob sie ihr Angebot durch eine Änderung der Speicherkapazität nachträglich geändert hat.

Die Beschwerdeführerin wendet sich im Beschwerdefall lediglich gegen den mündlich verkündeten angefochtenen Bescheid vom .

Im Vorverfahren wurde durch die belangte Behörde die schriftliche Ausfertigung des angefochtenen Bescheides mit der Gegenschrift dem Verwaltungsgerichtshof übermittelt und auch der Beschwerdeführerin sodann zugestellt. In der schriftlichen Ausfertigung stellte die belangte Behörde auf Grundlage einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung fest, die erstmitbeteiligte Partei habe das näher bezeichnete Kopiergerät bereits mit einer Speichererweiterung angeboten, sodass dieses den Anforderungen der Ausschreibung entsprochen habe. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat die erstmitbeteiligte Partei in ihrem Angebot (in der Spalte "Angebotenes Gerätemodell") lediglich die Bezeichnung des Gerätemodells ("WC 118") eingesetzt, sodass unklar blieb, ob dieses nun in der (nicht der Ausschreibung entsprechenden) Grundausstattung oder bereits mit einer (ausschreibungskonformen) Speichererweiterung angeboten worden sei. Da der zweitmitbeteiligten Partei die Möglichkeit der Speichererweiterung dieses Gerätemodells bekannt gewesen sei, habe sie nach § 127 Abs. 1 BVergG 2006 um Aufklärung ersucht. Danach sei - wie auch im Nachprüfungsverfahren durch die Offenlegung der Gesamtkalkulation - durch die mitbeteiligte Partei bestätigt worden, dass das Kopiergerät mit entsprechender (erweiterter) Speicherkapazität angeboten worden sei. Eine weitere Äußerung der Beschwerdeführerin zu der schriftlichen Bescheidausfertigung und insbesondere zu den oben angeführten Feststellungen erfolgte nicht.

Ausgehend von dem somit gemäß § 41 Abs. 1 VwGG maßgebenden, von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt ist als erwiesen anzunehmen, dass die erstmitbeteiligte Partei in ihrem Angebot ein näher bezeichnetes Kopiergerät mit einer den Ausschreibungsbedingungen entsprechenden Speicherkapazität angeboten hat.

Dies zu Grunde legend ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Vorgangsweise der Auftraggeberin einschließlich der gemäß § 127 Abs. 1 BVergG 2006 durchgeführten Aufklärung nicht als rechtswidrig beurteilt hat.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, da der Anforderung des Art. 6 EMRK durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal iSd EMRK, Genüge getan wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/17/0345, und die bei Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention 4. Auflage (2009), 378, Rz. 93 zitierte Rechtsprechung des EGMR).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am