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VwGH vom 24.11.2014, 2014/04/0002

VwGH vom 24.11.2014, 2014/04/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) vom , Zl. BMWFJ-335.470/0001-I/9/2011, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung und Versagung der Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Eingabe vom meldete die beschwerdeführende Partei das Waffengewerbe (ein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z. 80 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994) hinsichtlich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition und der Vermittlung des Kaufes und Verkaufes militärischer Waffen und militärischer Munition an einem Standort in Wien an und ersuchte gleichzeitig um Genehmigung der Bestellung des Mag. R.F. zum (gewerberechtlichen) Geschäftsführer für die Ausübung dieses Waffengewerbes.

2. Mit dem (im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres erlassenen) angefochtenen Bescheid vom stellte die belangte Behörde fest, dass die beschwerdeführende Partei die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung dieses (in § 139 Abs. 1 Z. 2 lit. b und c GewO 1994 umschriebenen) Waffengewerbes nicht erfülle, und untersagte die Ausübung dieses Gewerbes; gleichzeitig versagte die belangte Behörde die Genehmigung der Bestellung des Mag. R.F. zum Geschäftsführer für die Ausübung des Waffengewerbes.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im Firmenbuch sei - neben zwei weiteren Personen - N.H. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei eingetragen. N.H. sei britischer Staatsangehöriger; er besitze nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Gemäß § 141 Abs. 1 Z. 2 lit. b und Abs. 3 GewO 1994 setze die Erteilung einer Gewerbeberechtigung für die im § 139 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 angeführten Waffengewerbe bei juristischen Personen die österreichische Staatsbürgerschaft der Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe voraus.

Weil N.H. als eine der zur gesetzlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei berufenen Personen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, seien die in § 141 Abs. 1 Z. 2 lit. b und Abs. 3 GewO 1994 festgelegten besonderen Voraussetzungen für die Ausübung des von der beschwerdeführenden Partei angemeldeten Waffengewerbes gemäß § 139 Abs. 1 Z. 2 (lit. b und c) GewO 1994 nicht erfüllt, weshalb der beschwerdeführenden Partei gemäß § 340 Abs. 3 GewO 1994 die Ausübung dieses Gewerbes zu untersagen und die angezeigte Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht zu genehmigen sei.

3. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde führte die beschwerdeführende Partei (unter anderem) aus, der bei ihr als Geschäftsführer tätige britische Staatsbürger N.H. falle, weil er grenzüberschreitend eine Tätigkeit gegen Vergütung ausüben wolle, jedenfalls unter die Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV. Das Abstellen auf die österreichische Staatsbürgerschaft in § 141 Abs. 1 Z. 2 lit. b iVm Abs. 3 GewO 1994 stelle eine "unmittelbare" bzw. "offene" Diskriminierung dar, die nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässig sei.

Der hier zur Diskussion stehende Inländervorbehalt für das Waffengewerbe sei - auch mit Blick auf die Ausnahmebestimmung des Art. 346 AEUV - keinesfalls zu rechtfertigen. Es sei überhaupt nicht zu erkennen, inwieweit dieser Inländervorbehalt in Anbetracht der bestehenden anderen strengen Vorkehrungen zur Sicherung der durch die Neutralität wesentlich bestimmten Sicherheitsinteressen (etwa der Regelungen des Kriegsmaterialgesetzes über die Ein-, Aus- bzw. Durchfuhr sowie die Vermittlung von militärischen Waffen und Munition) zusätzlich erforderlich erscheine.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde; dazu brachte sie im Wesentlichen vor, sie sei bei ihrer Entscheidung an den "Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschrift gebunden"; zur Stellung eines Antrages auf Vorabentscheidung beim EuGH sei sie nicht befugt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass auf den vorliegenden, am beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

2. Die hier interessierenden Bestimmungen der GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 111/2010, lauten wie folgt:

"§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

(...)

80. Waffengewerbe (Büchsenmacher) einschließlich des Waffenhandels

(...)

Überprüfung der Zuverlässigkeit

§ 95. (1) Bei den im § 94 Z. 5, 10, 16, 18, 25, 32, 36, 56, 62, 65, 75, 80 und 82 angeführten Gewerben ist von der Behörde zu überprüfen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft um die Gewerbeberechtigung bewirbt, die im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 87 Abs. 1 Z 3) besitzen. Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder erst mit der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 340 beginnen.

(2) Bei den im Abs. 1 angeführten Gewerben ist die Bestellung eines Geschäftsführers oder eines Filialgeschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes genehmigungspflichtig. Die Genehmigung ist auf Ansuchen des Gewerbeinhabers zu erteilen, wenn die im § 39 Abs. 2 bzw. § 47 Abs. 2 angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.

(...)

§ 139. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Waffengewerbe (§ 94 Z 80) bedarf es für folgende Tätigkeiten:

1. hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition

a) die Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung (einschließlich der Tätigkeit der Büchsenmacher),


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b)
den Handel,
c)
das Vermieten,
d)
die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes;
2.
hinsichtlich militärischer Waffen und militärischer Munition
a)
die Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung,
b)
den Handel,
c)
die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes.
(...)

(4) Das Vermieten und die Instandsetzung von Schusswaffen sowie der Verkauf des dazugehörigen Schießbedarfes auf behördlich genehmigten Schießstätten ist den gemäß Abs. 1 Z 1 lit. a, b oder c oder Z 2 lit. a oder b berechtigten Gewerbetreibenden gestattet. Ansonsten ist das Vermieten von militärischen Waffen unzulässig.

(...)

§ 141. (1) Die Erteilung einer Gewerbeberechtigung für die im § 139 Abs. 1 angeführten Waffengewerbe erfordert zusätzlich zur Überprüfung der Zuverlässigkeit (§ 95) folgende Voraussetzungen:

1. bei natürlichen Personen die österreichische Staatsbürgerschaft und ihren Wohnsitz im Inland und

2. bei juristischen Personen und eingetragenen Personengesellschaften


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a)
ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung im Inland und
b)
die österreichische Staatsbürgerschaft der Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder der geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter und deren Wohnsitz im Inland sowie
3.
dass die Gewerbeausübung vom Standpunkt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit keinen Bedenken begegnet. (...)

(2) (...)

(3) Die im Abs. 1 normierte Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft gilt in Bezug auf Staatsangehörige von EWR-Vertragsparteien nicht hinsichtlich der im § 139 Abs. 1 Z 1 genannten Tätigkeiten.

(...)

Zuständigkeit für Waffengewerbe betreffend militärische

Waffen und militärische Munition

§ 148. Zur Entscheidung über die Anmeldung eines Waffengewerbes gemäß § 139 Abs. 1 Z 2, über Ansuchen gemäß § 95 Abs. 2 und § 19 sowie über Anzeigen gemäß § 11 Abs. 5 und § 46 Abs. 2 betreffend ein solches Gewerbe ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres zuständig. Die auf eine derartige Entscheidung gerichteten Anbringen sind beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu erstatten.

(...)

§ 340. (1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. (...)

(2) (...)

(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen."

3. Aus Anlass des vorliegenden Beschwerdeverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl. EU 2012/0003, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Steht das Unionsrecht, insbesondere die Art. 18, 45 und 49 in Verbindung mit Art. 346 Abs. 1 lit. b AEUV, einer nationalen Vorschrift eines Mitgliedstaats wie jener im Ausgangsverfahren anzuwendenden Regelung entgegen, wonach die Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder der geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Gesellschafter von gewerbetreibenden Gesellschaften, die das Gewerbe des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition und der Vermittlung des Kaufes und Verkaufes militärischer Waffen und militärischer Munition ausüben wollen, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen müssen und die Staatsangehörigkeit zu einem anderen Mitgliedstaat des EWR nicht ausreicht?"

4. In dem dazu ergangenen , Schiebel Aircraft GmbH , führte der EuGH im Wesentlichen aus, dass eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine grundsätzlich sowohl durch Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) als auch durch Art. 45 AEUV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) verbotene Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit schaffe (Rn 29).

Zur Möglichkeit, diese Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf der Grundlage von Art. 346 Abs. 1 lit. b AEUV zu rechtfertigen (somit als für die Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen eines Mitgliedstaats erforderliche Maßnahmen betreffend die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit), führte der EuGH zunächst aus, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme im Einklang mit seiner ständigen Rechtsprechung zu Abweichungen von den Grundfreiheiten eng auszulegen sei (Rn 33) und nicht als Ermächtigung der Mitgliedstaaten verstanden werden könne, durch bloße Berufung auf die darin genannten Interessen von den Bestimmungen des Vertrags abzuweichen. Ein Mitgliedstaat, der sich auf diese Bestimmung berufe, müsse nämlich nachweisen, dass eine Inanspruchnahme der dort vorgesehenen Ausnahme erforderlich sei, um seine wesentlichen Sicherheitsinteressen zu wahren (Rn 34).

Zwar falle das Gewerbe, für dessen Ausübung die beschwerdeführende Partei eine Berechtigung begehre - der Handel mit militärischen Waffen und militärischer Munition und die Vermittlung des Kaufs und Verkaufs militärischer Waffen und militärischer Munition - in den Anwendungsbereich der in Art. 346 Abs. 1 lit. b AEUV vorgesehenen Ausnahme, doch ergebe sich weder aus der Vorlageentscheidung noch aus dem dem Gerichtshof vorliegenden Akt, dass die Republik Österreich, deren Regierung beim Gerichtshof keine Erklärungen eingereicht habe, den Beweis erbracht hätte, dass zur Wahrung ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen das dieser Gesellschaft auferlegte Staatsangehörigkeitserfordernis erforderlich sei, wobei es letztlich Sache des vorlegenden Gerichtes sei, dies zu prüfen (Rn 35).

Schließlich führte der EuGH aus:

"37. Sofern dargetan würde, dass die insbesondere von der tschechischen und der schwedischen Regierung sowie von der Europäischen Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen angesprochenen Ziele - das Ziel, die Zuverlässigkeit der zur Ausübung eines Gewerbes im Bereich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition und der Vermittlung des Kaufs und Verkaufs militärischer Waffen und militärischer Munition berechtigten Personen zu gewährleisten, das Ziel der Liefersicherheit bei Verteidigungsmaterial und wesentliche das Ziel, die Preisgabe strategischer Informationen zu verhindern - wesentliche Sicherheitsinteresse der Republik Osterreich im Sinne von Art. 346 Abs. 1 Buchst. b AEUV darstellen, dürfte zudem nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit das Staatsangehörigkeitserfordernis nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessene und erforderliche Maß hinausgehen (vgl. in diesem Sinne Urteile Johnston, 222/84, EU:C:1986:206, Rn. 38, und Albore, C-423/98, EU:C:2000:401, Rn. 19).

38. Wie die tschechische Regierung und die Kommission ausführen, könnten aber, selbst wenn das Staatsangehörigkeitserfordernis zur Verwirklichung der in der vorstehenden Randnummer genannten Ziele geeignet wäre, diese Ziele im konkreten Fall durch weniger einschränkende Maßnahmen wie etwa regelmäßige Kontrollen der Waffenproduktion und des Waffenhandels, eine verwaltungsrechtlich auferlegte Pflicht zur Vertraulichkeit oder auch die strafrechtliche Ahndung der Preisgabe strategischer Informationen erreicht werden.

39. Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Art. 45 AEUV und 49 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen, nach der die Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder der geschäftsführende Gesellschafter von Gesellschaften, die das Gewerbe des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition und der Vermittlung des Kaufs und Verkaufs militärischer Waffen und militärischer Munition ausüben wollen, die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besitzen müssen. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob der Mitgliedstaat, der sich auf Art. 346 Abs. 1 Buchst. b AEUV beruft, nachzuweisen vermag, dass eine Inanspruchnahme der dort vorgesehenen Ausnahme erforderlich ist, um seine wesentlichen Sicherheitsinteressen zu wahren."

5. Dem angeführten ist somit zu entnehmen, dass eine generell einen Vorbehalt zugunsten der Staatsbürger eines bestimmten Mitgliedstaates aussprechende Regelung betreffend die Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder der geschäftsführenden Gesellschafter von Gesellschaften, die das Gewerbe des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition und der Vermittlung des Kaufs und des Verkaufs militärischer Waffen und militärischer Munition ausüben wollen (wie hier § 141 Abs. 1 Z. 2 lit. b GewO 1994 zugunsten österreichischer Staatsbürger), dem Unionsrecht widerspricht. Allerdings kann ein Mitgliedstaat - bezogen auf den konkreten Fall - nachweisen, dass eine Inanspruchnahme der in Art. 346 Abs. 1 lit. b AEUV vorgesehenen Ausnahme (somit einer erforderlichen Maßnahme zur Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Mitgliedstaates) vorliegt; in diesem Fall wäre eine Einschränkung der Grundfreiheiten nach Art. 45 und 49 AEUV - nach Möglichkeit durch weniger einschränkende Maßnahmen als die Untersagung der Ausübung des Gewerbes - zulässig.

6. Nach Erlassung des Urteils des EuGH hat der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, eine Stellungnahme erstattet, in der er zur Erforderlichkeit der Regleung im Sinne des Urteils Schiebel Aircraft GmbH im Wesentlichen unter Verweis auf die verfassungsrechtlich gebotene Neutralität der Republik Österreich ausführt, diese sei ein wesentlicher Bestandteil der Landesverteidigung Österreichs und deren Aufrechterhaltung stelle ein wesentliches Sicherheitsinteresse Österreichs dar. Die aus der Neutralität erwachsende Pflicht zur Unparteilichkeit ziehe auch wirtschaftliche Pflichten in Bezug auf militärische Waffen nach sich, deren Ausgestaltung insbesondere aus dem Kriegsmaterialgesetz zu ersehen sei, welches etwa für die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie die Vermittlung von Kriegsmaterial eine Bewilligungspflicht normiere.

Diese "Unparteilichkeit gegenüber anderen Staaten mit militärischen Konflikten" begründe das Erfordernis einer besonderen Verbundenheit mit dem österreichischen Staat, wie sie "der Staatsangehörigkeit zu eigen" sei. Die Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft bei Ausübung des Waffengewerbes hinsichtlich militärischer Waffen und militärischer Munition werde als notwendig erachtet, damit gewährleistet sei, dass der Gewerbetreibende die sich aus dem Kriegsmaterialgesetz ergebenden Verpflichtungen zum Schutz des österreichischen Sicherheitsinteresses Neutralität einhalte. Im Übrigen komme der Frage der Staatsbürgerschaft auch mit Blick darauf Bedeutung zu, dass sich eine Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen aus anderen Ländern meist schwierig gestalte; Ziel der gewerberechtlichen Bestimmungen sei, dass nur jene Personen die entsprechenden Gewerbe ausüben dürften, die einerseits aus sicherheitspolizeilicher Sicht völlig unbedenklich seien, andererseits die entsprechenden fachlichen Qualifikationen aufwiesen.

Zusammenfassend vertrat der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft den Standpunkt, dass dem Entfall der österreichischen Staatsbürgerschaft als Erfordernis für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung für das Waffengewerbe hinsichtlich militärischer Waffen und militärischer Munition wesentliche Sicherheitsinteressen der Republik Österreich entgegenstünden.

7. Die Begründung des angefochtenen Bescheides stellte ausschließlich auf den (generellen) Staatsbürgerschaftsvorbehalt des § 141 Abs. 1 GewO 1994 ab und untersagte der beschwerdeführenden Partei - insoweit folgerichtig - die Ausübung des angemeldeten Gewerbes unter gleichzeitiger Versagung der Genehmigung der Bestellung des Mag. R.F. zum Geschäftsführer, weil der als handelsrechtlicher Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei im Firmenbuch eingetragene N.H. britischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger sei.

Mangels Erfüllung der durch § 141 Abs. 1 Z. 2 lit. b GewO 1994 gesetzlich normierten besonderen Voraussetzung für die Ausübung des angemeldeten Waffengewerbes erübrigten sich bei der Begründung des angefochtenen Bescheides weitere auf den konkreten Einzelfall - etwa auch auf den Geschäftsführer N.H. - bezogene Ausführungen.

Im Verfahren vor dem EuGH hat die Bundesregierung, wie dem Urteil des EuGH (Rn 35) zu entnehmen ist, keine Erklärungen abgegeben. Die (unter Punkt II.6.) wiedergegebenen Ausführungen des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nach Erlassung des Urteils des EuGH zeigen keine Sicherheitsinteressen Österreichs auf, die das Staatsbürgerschaftserfordernis in § 141 Abs. 1 Z 2 lit. b in Verbindung mit Abs. 3 GewO 1994 rechtfertigen würden, insbesondere ergibt sich aus diesen Ausführungen nicht die Verhältnismäßigkeit des genannten Erfordernisses zur Verfolgung der vom Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ins Treffen geführten Ziele. So ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, dass es zur Sicherung der Einhaltung der im Interesse der österreichischen Neutralität erlassenen Bestimmungen des Kriegsmaterialgesetzes notwendig ist, dass die Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder die geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter einer juristischen Person, die das Gewerbe des Handels mit militärischen Waffen ausüben will, die österreichische Staatsbürgerschaft aufweisen, zumal die Missachtung des Kriegsmaterialgesetzes gerichtlich und verwaltungsbehördlich strafbar ist. Ebenso wenig ist zu ersehen, dass die in Einzelfällen vielleicht bestehenden Schwierigkeiten bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, es zu rechtfertigen vermag, juristische Personen, deren vertretungsbefugte Organe nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, schlechthin vom Gewerbe des Handels mit militärischen Waffen auszuschließen. Diesbezüglich ist auf die in Randnummer 38 des oben angeführten Urteils des EuGH beispielsweise angeführten Möglichkeiten weniger einschränkender Maßnahmen hinzuweisen.

8. Aus der zitierten Vorabentscheidung des EuGH ist für den Beschwerdefall abzuleiten, dass die Anwendung der einen generellen Staatsbürgerschaftsvorbehalt für das angemeldete Gewerbe enthaltenden Regelung des § 141 Abs. 1 Z. 2 lit. b GewO 1994 infolge des Anwendungsvorrangs - und der damit verbundenen Verdrängungswirkung - des Unionsrechts zu unterbleiben hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/09/0086, mwN). Da sich der angefochtene Bescheid gerade auf diese Bestimmung der GewO 1994 stützt, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

9. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am