VwGH 05.09.2012, 2011/15/0009
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
RS 1 | Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Wirtschaftsgut "gebraucht", wenn es schon in einer Weise verwendet wurde, dass darin eine seinen Wert mindernde Benutzung zu erblicken ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 93/15/0218, und vom , 98/15/0073). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2006/15/0130 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der H GmbH in D, vertreten durch Mag. Andreas Germann, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Scheffelstraße 7a, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0291-F/08, betreffend Investitionszuwachsprämie 2004, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH hat im Jahr 2004 von der Gebrauchtmaschinen GmbH eine Fräsmaschine gekauft. In der Rechnung vom ist u.a. angeführt "1 Messemaschine". Die Beschwerdeführerin hat u.a. für dieses Wirtschaftsgut Investitionszuwachsprämie 2004 geltend gemacht.
In der Folge führte das Finanzamt eine abgabenbehördliche Prüfung durch. Dabei teilte die Gebrauchtmaschinen GmbH dem Prüfer mit, dass die in Rede stehende Fräsmaschine eine Vorführmaschine gewesen sei.
Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass Vorführgeräte nicht als "ungebrauchte" Wirtschaftsgüter anzusehen seien und daher die für diese Maschine geltend gemachte Investitionszuwachsprämie nicht gewährt werden könne.
Den Feststellungen des Prüfers folgend setzte das Finanzamt im Bescheid vom die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 mit einem entsprechend verminderten Betrag fest.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie führte aus, der Prüfer habe sich bloß auf die Bezeichnung "Vorführmaschine" gestützt. Der Inhalt des Schreibens der Lieferantin Gebrauchtmaschinen GmbH zeige aber auf, dass diese Maschine nie in einen Produktionsprozess eingebunden gewesen sei und die für sie typische Tätigkeit, nämlich die Produktion von Werkstücken, vor der Lieferung an die Beschwerdeführerin nie durchgeführt worden sei. Als Vorführmaschine sei sie verwendet worden, um Besuchern vorzuführen, wie sich die Greifarme etc. bewegen könnten. Diese Art der Vorführung liege sogar unter der Schwelle des Probebetriebes, der nicht prämienschädlich sei. Es liege daher eine ungebrauchte Maschine vor. Zur Ergänzung der bereits vorgelegten Bestätigung werde ein Schreiben der Gebrauchtmaschinen GmbH vom vorgelegt. Aus diesem gehe zweifelsfrei hervor, dass die Maschine auch nicht zur Produktionsdemonstration von Werkstücken verwendet worden sei. Die typische Inbetriebnahme einer solchen Fräsmaschine, die Herstellung von Werkstücken, habe erst im Betrieb der Beschwerdeführerin stattgefunden. Die Fräsmaschine sei daher im Zeitpunkt der Lieferung im März 2004 ungebraucht gewesen.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, auf Grund der Auskunft der Gebrauchtmaschinen GmbH sei anzunehmen, dass es sich um eine Maschine mit bisher geringfügiger Verwendung als Vorführ- bzw. Schulungsgerät handle. Es könne nicht von einer fabriksneuen Maschine gesprochen werden, weil sie im Zeitpunkt der Anschaffung bereits mehr als zwei Jahre alt gewesen sei.
Im Vorlageantrag führte die Beschwerdeführerin u.a. aus, die Qualifikation als Ausstellungsstück verliere die Maschine auch nicht durch den Zeitrahmen von zwei Jahren.
Auf Vorhalt der Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde ein Schreiben der Gebrauchtmaschinen GmbH vom vorgelegt, in dem ausgeführt wird, dass die Maschine zu keiner Zeit im Anlagevermögen der Gebrauchtmaschinen GmbH geführt und damit abgeschrieben worden sei. Die Maschine habe lediglich zur optischen Ansicht und Steuerungsvorführung gedient und sei nicht zur Produktionsdemonstration verwendet worden. Damit habe sie dem damals neuesten Stand der Technik entsprochen und bei der Auslieferung den Zustand einer Neumaschine gehabt. Im Jahr 2002 habe der Neupreis der Maschine 696.000 EUR betragen. Die gewährte Rabattierung sei im Rahmen der damaligen Zeit gelegen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO idF des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes, BGBl. I Nr. 97/2002, stelle darauf ab, ob bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorlägen, ordne aber nicht die sinngemäße Anwendung der für amtswegige Wiederaufnahmen geltenden besonderen Bestimmungen an.
Dem Antrag zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie sei die Rechnung vom beigelegt gewesen. Aus der Rechnung gingen u.a. das Baujahr der Maschine (2002), der Status (Messemaschine) sowie die Dauer der Gewährleistung (6 Monate) hervor. Im Zuge der Prüfung habe sich ergeben, dass es sich "laut Lieferant" um eine Vorführmaschine gehandelt habe. Daraus habe das Finanzamt den Schluss gezogen, dass die Maschine nicht ungebraucht und damit nicht prämienbegünstigt gewesen sei. Der Umstand, dass es sich nicht um eine als ungebraucht geltende reine Ausstellungsmaschine, sondern um eine zu Vorführ- bzw. Schulungszwecken verwendete und damit als gebraucht anzusehende Maschine handle, sei dem Finanzamt erst bei der abgabenbehördlichen Prüfung zur Kenntnis gelangt. Damit seien die Voraussetzung des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO gegeben.
Prämienbegünstigt iSd § 108e EStG 1988 seien nur ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Wirtschaftsgut "gebraucht", wenn es schon in einer Weise verwendet worden sei, dass darin eine seinen Wert mindernde Benutzung zu erblicken sei.
In der Rechnung werde die Maschine, die im Jahr 2002 hergestellt und im Jahr 2004 von der Beschwerdeführerin erworben worden sei, als "Messemaschine" bezeichnet. Bezüglich der Verwendung der Maschine habe die Gebrauchtmaschinen GmbH mehrfach Stellung genommen. Zunächst sei auf Vorhalt des Prüfers mit E-Mail vom mitgeteilt worden, bei der Maschine handle es sich um eine Maschine mit bisher geringfügiger Verwendung als Vorführ- bzw. Schulungsgerät. In dem im Zuge des Prüfungsverfahrens vorgelegten, undatierten Schreiben der Gebrauchtmaschinen GmbH werde ausgeführt:
"Hiermit bestätigen wir, dass es sich bei der oben genannten Maschine (…) um eine Vorführmaschine (…) handelt, die im neuwertigen Zustand am an Sie ausgeliefert wurde.
Diese Maschine war nur für Vorführzwecke vorgesehen, stand nie in einer Produktionshalle und war nicht in einem Produktionsablauf eingebunden.
Die Maschine wurde nur zur Steuerungsvorführung verwendet, es wurden keinerlei Produktionsteile darauf gefertigt.
Sie entspricht in ihrer Klasse dem neuesten Stand der Technik und hatte bei der Auslieferung den Zustand einer Neumaschine."
Das mit der Berufung vorgelegte Schreiben der Gebrauchtmaschinen GmbH vom unterscheide sich davon lediglich insoweit, als ausgeführt werde, die Maschine habe nur für die optische Ansicht gedient und sei nicht zur Produktionsdemonstration von Werkstücken verwendet worden.
Auf Ersuchen der belangten Behörde vom , den Einsatz der Maschine im Zuge der Messe- und Schulungsveranstaltungen konkreter zu beschreiben, sei schließlich ein Schreiben der Gebrauchtmaschinen GmbH vom vorgelegt worden, aus dem wiederum hervorgehe, dass die Maschine lediglich zur optischen Ansicht und Steuerungsvorführung gedient habe und nicht zur Produktionsdemonstration verwendet worden sei.
Die belangte Behörde sehe keine Veranlassung, die Aussage, die Maschine sei nie in einer Produktionshalle gestanden und nicht in einen Produktionsablauf eingebunden gewesen bzw. sie sei nicht zur Produktionsdemonstration von Werkstücken verwendet worden, in Zweifel zu ziehen. Daraus allein könne aber nicht abgeleitet werden, dass die Maschine ungebraucht wäre. Ebenso wenig wie es für eine Unterscheidung zwischen Neufahrzeugen und Gebrauchtfahrzeugen ausschlaggebend sei, ob ein Fahrzeug schon für den Gütertransport oder Personentransport verwendet worden sei, könne bei einer Maschine entscheidend sein, ob sie in einem Produktionsablauf gestanden sei und darauf Werkstücke gefertigt worden seien. Entscheidend sei vielmehr, ob ein Wirtschaftsgut schon in einer Weise Verwendung gefunden habe, dass darin eine seinen Wert mindernde Benutzung zu erblicken sei. Während daher die Verwendung eines Gegenstandes zur Ausstellung, etwa auf Messen, für sich betrachtet keine wertmindernde Benutzung darstelle und reine Ausstellungsgegenstände oder im Probebetrieb eingesetzte Wirtschaftsgüter als ungebrauchte Wirtschaftsgüter angesehen würden, seien beispielsweise Vorführfahrzeuge als gebraucht einzustufen.
Aus den vorgelegten Bestätigungen gehe hervor, dass es sich nicht um eine reine Ausstellungsmaschine gehandelt habe, die nur der optischen Ansicht gedient habe. Sie sei zumindest auch zur Steuerungsdemonstration bzw. Schulung verwendet worden. Dass dadurch aber eine wertmindernde Nutzung erfolgt sei, ergebe sich schon aus der eingetretenen Preisminderung von 220.940 EUR, also 31,74% gegenüber dem Neupreis einer solchen Maschine im Jahr 2002 (696.000,00 EUR). Gegen das Vorliegen einer ungebrauchten Maschine spreche schließlich aber auch, dass nicht die für Neumaschinen übliche Gewährleistungsfrist von 12 Monaten eingeräumt worden sei, sondern laut Rechnung lediglich eine solche von 6 Monaten.
Die nur allgemein gehaltene und in keiner Weise belegte Aussage der Lieferantin, dass die "Rabattierung" im Rahmen der damaligen Zeit gelegen sei, möge für derartige Ausstellungsmaschinen zutreffen, dass Rabatte in dieser Höhe aber auch für fabriksneue bzw. in keinerlei Verwendung gestandene Maschinen gewährt würden, gehe daraus nicht hervor.
Damit liege im gegenständlichen Fall kein ungebrauchtes körperliches Wirtschaftsgut vor.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 konnte für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden.
Der Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ist die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002, 2003 bzw. 2004 und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem bzw. dem bzw. dem enden (§ 108e Abs. 3 EStG 1988).
Nur ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens zählen zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern (§ 108e Abs. 2 EStG 1988).
Im gegenständlichen Fall kommt es darauf an, ob die Beschwerdeführerin die Fräsmaschine als ungebrauchtes oder als gebrauchtes Wirtschaftsgut erworben hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Wirtschaftsgut "gebraucht", wenn es schon in einer Weise verwendet wurde, dass darin eine seinen Wert mindernde Benutzung zu erblicken ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0378, und vom , 2006/15/0130).
Im hg. Erkenntnis vom , 93/14/0145, hat der Verwaltungsgerichtshof einen vorher beim Händler als Vorführwagen eingesetzten Lkw als gebrauchtes Wirtschaftsgut beurteilt. Er hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass zwar reine Ausstellungsfahrzeuge als ungebraucht, Vorführfahrzeuge aber als gebraucht einzustufen sind. Es kommt nämlich darauf an, ob das Wirtschaftsgut eine seinen Wert mindernde Benutzung erfahren hat, wobei für Vorführwagen typisch ist, dass sie bei Kraftfahrzeughändlern in einer einen Wertverzehr des Kraftfahrzeuges bewirkenden Weise benutzt werden.
Das hg. Erkenntnis vom , 98/15/0073, Slg 7537/F, betraf einen Lkw, der zunächst auf die Herstellerfirma zum Verkehr zugelassen und von dieser zur Präsentation auf Fahrzeugmessen genutzt worden war. Im Rahmen dieser Präsentationen wurden mit dem Fahrzeug 20.700 km zurückgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof führte im Erkenntnis aus:
"Die Verwendung des gegenständlichen Fahrzeuges zur Ausstellung auf Fahrzeugmessen stellt für sich betrachtet keine wertmindernde Benutzung dar. Eine wertmindernde Benutzung ist jedoch darin zu erblicken, dass mit dem Fahrzeug vor seiner Anschaffung durch die Beschwerdeführerin bereits 20.700 km (durch eine Reihe von Überstellungen und durch Probefahrten) zurückgelegt worden waren. Der Wert eines Fahrzeuges wird nämlich wesentlich durch seinen Kilometerstand geprägt. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem gegenständlichen LKW um ein gebrauchtes Fahrzeug handelt, für das ein Investitionsfreibetrag nicht geltend gemacht werden darf."
Im gegenständlichen Fall steht fest, dass die Fräsmaschine nie in einen Produktionsablauf eingebunden gewesen ist und mit ihr niemals Produktionsteile gefertigt worden sind. Die Maschine hat also nicht zur Produktion von Werkstücken oder zur Produktionsdemonstration, sondern zur Vorführung in Form der "optischen Ansicht und Steuerungsvorführung" gedient.
Die belangte Behörde stützt ihre Beurteilung als gebrauchtes Wirtschaftsgut darauf, dass die Maschine zur Steuerungsdemonstration bzw. Schulung verwendet worden sei. Dem unwidersprochenen Berufungsvorbringen ist zu entnehmen, dass es bei dieser Nutzung darum gegangen ist, den Besuchern bzw. Interessenten vorzuführen, wie sich die Greifarme etc. der Maschine bewegen könnten. Eine solche Nutzung muss aber noch der Verwendung zu Ausstellungszwecken zugeordnet werden. Erst der Einsatz der Maschine zur Produktion von Werkstücken wäre dem für Vorführkraftfahrzeuge - auf diese nimmt der angefochtene Bescheid Bezug - typischen Zurücklegen von Straßenkilometern durch Kunden eines Fahrzeughändlers vergleichbar.
Da auch Waren, die auf Lager produziert worden sind, nicht schon durch den Ablauf der Zeit als gebraucht angesehen werden können, kommt es im gegenständlichen Fall nicht darauf an, dass die Maschine bereits im Jahr 2002 hergestellt worden ist. Auch die Vereinbarung über die Gewährleistungsfrist erweist sich als nicht entscheidend.
Bei dem gegebenen Gesamtbild der Verhältnisse spricht auch die Tatsache, dass die Lieferantin einen Kaufpreisrabatt von ca. 30% gegenüber dem Neupreis gewährt hat, nicht für ein gebrauchtes Wirtschaftsgut, geht doch die belangte Behörde davon aus, dass bei Ausstellungsstücken eine solche Rabattgewährung nicht unüblich ist.
Solcherart hat die belangte Behörde, indem sie die Fräsmaschine als gebrauchtes Wirtschaftsgut eingestuft hat, die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2011150009.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAE-89288