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VwGH vom 22.11.2011, 2007/04/0078

VwGH vom 22.11.2011, 2007/04/0078

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend in 1010 Wien, Stubenring 1, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , Zl. N/0097-BVA/14/2006-44, betreffend Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung (mitbeteiligte Partei: X Installationsgesellschaft m.b.H. in Y, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Die Republik Österreich (Bund, vertreten durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend und dessen nachgeordnete Dienststelle Burghauptmannschaft Österreich; im Folgenden kurz: Auftraggeber) hat im Rahmen des Gesamtbauvorhabens der Sanierung der Hofburg I das Gewerk Heizung-Lüftung-Sanitär im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Nach einem Widerruf der ersten Ausschreibung (keiner der Bieter hatte das verlangte Vadium erlegt) wurden alle Bieter, darunter die mitbeteiligte Partei, zur Angebotsabgabe ohne Vadium bei sonst im Wesentlichen unverändert gebliebenen Ausschreibungsbedingungen eingeladen. Die Vergabe sollte nach dem Billigstbieterprinzip erfolgen.

Am traf der Auftraggeber die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der E. GmbH. Gegen diese Entscheidung brachte die mitbeteiligte Partei bei der belangten Behörde einen Nachprüfungsantrag ein. Mit dem angefochtenen Bescheid erklärte die belangte Behörde die Zuschlagsentscheidung vom für nichtig (Spruchpunkt I.) und verpflichtete den Auftraggeber zum Ersatz der von der mitbeteiligten Partei für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf einstweilige Verfügung entrichteten Pauschalgebühren (Spruchpunkt II.).

In der Begründung führte die belangte Behörde nach ausführlicher Darstellung des Verfahrensganges - hier auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, das Vergabeverfahren sei nach dem genannten Widerruf der Ausschreibung vom Auftraggeber als nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt worden. Der Auftraggeber habe in der Ausschreibung Abänderungsangebote zugelassen, anstelle des in der Ausschreibung genannten Fabrikates H. hätten auch andere Fabrikate angeboten werden können.

Die mitbeteiligte Partei habe im Vergabeverfahren sowohl ein Hauptangebot (beinhaltend das Fabrikat H.) als auch ein weiteres, von der mitbeteiligten Partei im Begleitschreiben als "Alternativangebot" bezeichnetes Angebot (beinhaltend das Fabrikat S.) gelegt. Das letztgenannte Angebot (Fabrikat S.) habe den niedrigsten Preis aufgewiesen. Der vom Auftraggeber mit der Angebotsprüfung beauftragte Zivilingenieur habe in einer Aktennotiz festgehalten, dass (1.) das von der mitbeteiligten Partei angebotene Fabrikat S., bezogen auf die gegenständliche Ausschreibung Heizung-Lüftung-Sanitär "technisch gleichwertig" sei, dass (2.) das weitere Gewerk Elektrotechnik bereits vergeben worden sei und mit dem Fabrikat H. ausgeführt werde und dass

(3.) eine Rücksprache mit dem Auftraggeber ergeben habe, dass wegen der gewerkübergreifenden Steuerungsanlage nur ein Fabrikat, also H. oder S., aber keine Mischung dieser Fabrikate gewünscht sei. Weiters wurde (4.) festgehalten, dass beim bereits vergebenen Gewerk Elektrotechnik Mehrkosten von etwa EUR 20.000,-- (exklusive Mehrwertsteuer) entstünden, wenn dort anstelle des Fabrikates H. das Fabrikat S. zum Einsatz käme.

Der Auftraggeber habe die Zuschlagsentscheidung vom zu Gunsten der E. GmbH gegenüber der mitbeteiligten Partei wie folgt begründet:

"Ausschlaggebend dafür ist:

Das Angebot der Firma E. stellt unter Berücksichtigung der bereits getätigten Auftragserteilungen in der Elektrotechnik das billigste Angebot dar.

Durch Ihr Alternativangebot kommt es zu einer Kombination von Geräten der Fa. H. und S., die vom Auftraggeber ausdrücklich abgelehnt wird.

Damit hat dieses Angebot im Hinblick auf die von uns gewählte Bewertungsmethode gemäß den in der Ausschreibung festgelegten Kriterium die höchste Wertung unter den eingegangenen Angeboten erreicht und war daher als wirtschaftlich günstigstes Angebot zu bewerten."

Im Nachprüfungsantrag habe die mitbeteiligte Partei gegen diese Zuschlagsentscheidung vorgebracht, es sei in der Ausschreibung nicht verlangt worden, dass das angebotene Fabrikat für das Gewerk Heizung-Lüftung-Sanitär mit dem vergebenen Auftrag Elektrotechnik bzw. dem dort verwendeten Fabrikat H. kompatibel sein müsse. Weiters habe die mitbeteiligte Partei im Nachprüfungsantrag ausgeführt, sie habe jenes Angebot, welches das Fabrikat S. beinhaltet habe, irrtümlicherweise als "Alternativangebot" bezeichnet, weil in der Ausschreibung von einem zulässigen "Alternativfabrikat" die Rede sei. In Wahrheit handle es sich dabei um ein nach der Ausschreibung zulässiges Abänderungsangebot.

Gegen den Nachprüfungsantrag habe der Auftraggeber vorgebracht, das Fabrikat H. sei wegen der Kompatibilität der Anlagenteile zwingend vorgegeben gewesen. Das "Alternativangebot" der mitbeteiligten Partei (Fabrikat S.) sei im Verfahren nach dem Billigstbieterprinzip unzulässig und wäre daher auszuscheiden gewesen, sodass der mitbeteiligten Partei im Verfahren vor der belangten Behörde keine Antragslegitimation zukomme. Eine nachträgliche Umdeutung dieses Alternativangebotes in ein Abänderungsangebot sei nicht zulässig.

Im angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde folgende Ausschreibungsbestimmungen als entscheidungswesentlich fest:

"Pos. 00.11.19 E Z ('Abänderungsangebote') der Ausschreibung lautet:

'Ein Abänderungsangebot ist nur in Verbindung mit einem ausschreibungsgemäßen, vollständigen Angebot zulässig. Das Abänderungsangebot ist auf Firmenpapier des Anbieters, und als solches gekennzeichnet, einzureichen. Die sich aus dem Abänderungsangebot neu ergebende Gesamtsumme für eine gleichwertige (oder höherwertige) Leistung ist unbedingt anzugeben. Die Gleichwertigkeit, sowie entscheidende Differenzen zum ausschreibungsgemäßen Angebot sind vom Bieter eindeutig mit Abgabe des Abänderungsangebotes nachzuweisen. Alle Bedingungen des Hauptangebotes gelten auch für ein Abänderungsangebot. Der AG behält sich vor, bei Ausscheiden des ausschreibungsgemäßen Angebotes ein Abänderungsangebot auszuscheiden oder nicht.'

Pos. 00.11 19 Z 1. Satz der Ausschreibung lautet:

'Abänderungsangebote sind als solche zu kennzeichnen und in einer eigenen Ausarbeitung einzureichen.'

Pos. 85 der Ausschreibung lautet:

'…

Die Positionen der nachfolgenden Leistungsgruppen sind auf

die Spezifika des Fabrikats H. abgestimmt.

Dieses Fabrikat ist beispielhaft ausgeschrieben und muss auch angeboten werden.

Alternativfabrikate sind zulässig, sind jedoch in Form einer separaten Beilage als Angebot zu stellen.

Grundlagen für die Gleichwertigkeit sind die Anzahl der Feldgeräte und Datenpunkte und die in Abschnitt C) gegebenen Beschreibungen.

Gegebenenfalls angebotenes Alternativ-Fabrikat: …'

Unter Punkt 5 ('Anlagenbeschreibung') des Abschnittes C - Technische Beschreibung HLS der Technischen Vorbemerkungen HLS gewerksbezogen, Seite 46, lautet es unter 'Vorwort zur Regelungs- und Steuerungstechnik' wie folgt:

'Vorwort zur Regelungs- und Steuerungstechnik:

Im Bereich Haustechnik HLS wird in Abstimmung mit dem elektronischen Projekt ein Gesamt System für ein Netzwerk mit freier Netzwerktopologie ausgeschrieben werden, das ausschließlich aus systemkonformen Modulen besteht und das über LON Gateways eine Übertragung der LON Busdaten in Ethernet Netzwerke ermöglicht.

Näheres dazu ist dem elektronischen Projekt zu entnehmen.' "

Die belangte Behörde habe eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ein (im angefochtenen Bescheid wiedergegebenes) Sachverständigengutachten habe ergeben, dass einerseits in der Ausschreibung betreffend das gegenständliche Gewerk (Heizung-Lüftung-Sanitär) nicht verlangt worden sei, dasselbe Fabrikat wie im Gewerk Elektrotechnik zu liefern. Außerdem sei der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass das von der mitbeteiligten Partei angebotene Fabrikat S. in technischer Hinsicht die Leistungsanforderungen der Ausschreibung erfülle und mit dem in der Ausschreibung beispielhaft angeführten Fabrikat H. "technisch gleichwertig" sei (auch was die in der Ausschreibung verlangte Anzahl der Feldgeräte und Datenpunkte betreffe).

In ihrer rechtlichen Beurteilung setzte sich die belangte Behörde mit der Frage der Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei auseinander und behandelte den Einwand des Auftraggebers, die mitbeteiligte Partei habe ein (im Vergabeverfahren nach dem Billigstbieterprinzip) unzulässiges Alternativangebot gelegt. Es sei zwar zutreffend, dass Alternativangebote gemäß § 81 Abs. 1 BVergG 2006 nur bei Aufträgen, die nach dem Bestbieterprinzip vergeben würden, zulässig seien. Zwar habe die mitbeteiligte Partei im gegenständlichen Fall nicht nur ein Hauptangebot (beinhaltend das Fabrikat H.) gelegt, sondern auch ein in einem Begleitschreiben als "Alternativangebot" bezeichnetes Angebot (mit dem Fabrikat S.). Bei Letzterem handle es sich nach Ansicht der belangten Behörde aber nicht um ein Alternativangebot, sondern um ein Abänderungsangebot im Sinne des § 2 Z. 1 BVergG 2006. Dafür spreche zunächst, dass der Auftraggeber in der zitierten Ausschreibung ausdrücklich auch andere Fabrikate ("Alternativfabrikate") zugelassen und das Fabrikat H. ausdrücklich nur als "beispielhaft" angeführt habe. Daher sei es nach der Ausschreibung zulässig gewesen, neben einem Angebot mit dem Fabrikat H. auch ein weiteres Angebot mit einem anderen Fabrikat zu legen. Die mitbeteiligte Partei habe von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und auch ein Angebot mit dem Fabrikat S. gelegt, das, wie sich aus dem Sachverständigengutachten ergebe, eine geringfügige technische, aber "gleichwertige" Änderung gegenüber dem Fabrikat H. darstelle, sodass dieses Angebot als Abänderungsangebot anzusehen sei (Hinweis auf die Materialien zu § 2 Z. 1 BVergG 2006 zur "Gleichwertigkeit"). Auch der vom Auftraggeber mit der Angebotsprüfung beauftragte Zivilingenieur sei in seinem Aktenvermerk zum Ergebnis gelangt, dass das Fabrikat S. gleichwertig mit dem Fabrikat H. sei. Insbesondere sei der Auftraggeber auch bei Verwendung des Fabrikates S. im Rahmen des Gewerks Heizung-Lüftung-Sanitär nicht zu einer Planungsänderung beim Gewerk Elektrotechnik gezwungen, weil nach dem Sachverständigengutachten die beiden Fabrikate über entsprechende Schnittstellen Daten austauschen könnten.

Auch der Einwand des Auftraggebers, das Angebot der mitbeteiligten Partei wäre auszuscheiden gewesen, weil eine "Abstimmung" des angebotenen Fabrikates mit dem beim Gewerk Elektrotechnik verwendeten Fabrikat hätte erfolgen müssen, treffe nicht zu. In der gegenständlichen Ausschreibung finde sich nämlich keine Festlegung dahin, dass beim hier gegenständlichen Gewerk Heizung-Lüftung-Sanitär dieselbe Produktlinie anzubieten wäre, wie sie im bereits vergebenen Gewerk Elektrotechnik zum Einsatz komme. Eine solche Vorgabe könne auch nicht aus dem Hinweis der Ausschreibung "Näheres ist dem elektrotechnischen Projekt zu entnehmen" abgeleitet werden.

Zusammengefasst stelle daher das Angebot der mitbeteiligten Partei, beinhaltend das Fabrikat S., ungeachtet der falschen Bezeichnung (falsa demonstratio non nocet) im Begleitschreiben der mitbeteiligten Partei ein zulässiges Abänderungsangebot dar und hätte daher bei der Zuschlagsentscheidung Berücksichtigung finden müssen.

Wenn der Auftraggeber dieses - den niedrigsten Preis aufweisende - Abänderungsangebot der mitbeteiligten Partei nach der Begründung der Zuschlagsentscheidung deshalb nicht berücksichtigt habe, weil das Angebot des Zuschlagsempfängers "unter Berücksichtigung der bereits getätigten Auftragserteilungen in der Elektrotechnik" das billigste Angebot gewesen sei, so stelle dies ein unzulässiges Abgehen von den Ausschreibungsbestimmungen, konkret von den Zuschlagskriterien, dar. Nach diesen sei auf das billigste Angebot im verfahrensgegenständlichen Gewerk abzustellen und nicht auf die Auswirkungen auf andere, hier nicht verfahrensgegenständliche Gewerke.

Daher sei die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären und der mitbeteiligten Partei als Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren der Ersatz der Pauschalgebühren zuzusprechen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat. Der Auftraggeber hat dazu repliziert. Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie aber nicht auf die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente einging, sondern darauf hinwies, dass ihr als Folge des angefochtenen Bescheides der Zuschlag erteilt worden und die Arbeiten zwischenzeitig abgeschlossen seien, sodass die Beschwerde ihres Erachtens gegenstandslos geworden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall sind folgende Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17/2006, von

Bedeutung:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende

Begriffsbestimmungen maßgebend:

1. Abänderungsangebot ist ein Angebot eines Bieters, das im Hinblick auf die ausgeschriebene Leistung eine lediglich geringfügige technische, jedoch gleichwertige Änderung, etwa bei der Materialwahl, in der Regel auf Positionsebene, beinhaltet, das von der ausgeschriebenen Leistung aber nicht in einem so weitgehenden Ausmaß wie ein Alternativangebot abweicht.

2. Alternativangebot ist ein Angebot über einen alternativen Leistungsvorschlag des Bieters.

Inhalt der Ausschreibungsunterlagen

§ 80. …

(3) In der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen ist anzugeben, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder - sofern der Qualitätsstandard der Leistung in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen klar und eindeutig definiert ist - dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden soll. Soll der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden, so hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. Diese Angabe kann auch im Wege der Festlegung einer Marge, deren größte Bandbreite angemessen sein muss, erfolgen. Ist die Festlegung der Zuschlagskriterien im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung aus nachvollziehbaren Gründen nach Ansicht des Auftraggebers nicht möglich, so hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. Sofern in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen keine Festlegung betreffend das Zuschlagsprinzip erfolgt, ist der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.

Alternativangebote

§ 81. (1) Nur bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben werden sollen, kann der Auftraggeber Alternativangebote zulassen. Der Auftraggeber hat in der Ausschreibung ausdrücklich anzugeben, ob und welche Art von Alternativangeboten zugelassen sind. Falls der Auftraggeber keine Angabe über die Zulässigkeit von Alternativangeboten gemacht hat, so sind Alternativangebote nicht zugelassen. Ist die Abgabe von Alternativangeboten zulässig, so sind Alternativangebote überdies, soweit in der Ausschreibung nicht ausdrücklich anderes festgelegt wurde, nur neben einem ausschreibungsgemäßen Angebot zulässig.

Abänderungsangebote

§ 82. (1) Sofern der Auftraggeber in der Ausschreibung nicht anderes festlegt, sind Abänderungsangebote zulässig. Der Auftraggeber kann die Zulässigkeit von Abänderungsangeboten auf bestimmte Positionen beschränken und die Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen vorschreiben. Ist die Abgabe von Abänderungsangeboten zulässig, so sind Abänderungsangebote überdies, soweit in der Ausschreibung nicht ausdrücklich anderes festgelegt wurde, nur neben einem ausschreibungsgemäßen Angebot zulässig.

(2) Der Auftraggeber hat in den Ausschreibungsunterlagen zu bezeichnen, in welcher Art und Weise diese Angebote einzureichen sind.

...

Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers

§ 325. (1) Das Bundesvergabeamt hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller in dem von ihm nach § 322 Abs. 1 Z 5 geltend gemachten Recht verletzt, und

2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist."

1. Zur Frage der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde :

Wie aus den Ausführungen des Auftraggebers in seiner Replik (Stellungnahme) zur Gegenschrift der belangten Behörde und aus der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei übereinstimmend hervorgeht, hat der Auftraggeber als Folge der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung durch den angefochtenen Bescheid eine neue (zweite) Zuschlagsentscheidung, dieses Mal zu Gunsten des Angebotes der mitbeteiligten Partei, getroffen und dieser den Zuschlag erteilt.

Ein weiter bestehendes rechtliches Interesse des Auftraggebers an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides (Nichtigerklärung der ersten Zuschlagsentscheidung) kann im vorliegenden Beschwerdefall schon deshalb nicht verneint werden, weil von der Beurteilung dieser Frage, wie eingangs dargestellt, die Rechtmäßigkeit des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides (Verpflichtung des Auftraggebers zum Ersatz der Pauschalgebühren) abhängt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0080, mwN).

2. Zur Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei im Nachprüfungsverfahren :

Der im vorliegenden Fall strittigen Frage, ob die mitbeteiligte Partei ein unzulässiges Alternativangebot oder ein zulässiges Abänderungsangebot gelegt hat, kommt, was zunächst die Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei im Nachprüfungsverfahren betrifft, keine Bedeutung zu, weil die mitbeteiligte Partei unstrittig auch ein ausschreibungskonformes (Haupt )Angebot gelegt hat. Daher ist die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend von der gegebenen Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei im Nachprüfungsverfahren ausgegangen (vgl. zum Fehlen der Antragslegitimation von Bietern, deren Angebot auszuscheiden wäre, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0200, und die daran anschließende Folgejudikatur).

3. Angebotenes "Alternativfabrikat" :

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist von den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde auszugehen, dass die mitbeteiligte Partei im Vergabeverfahren sowohl ein Hauptangebot (beinhaltend das Fabrikat H.) als auch ein weiteres, von der mitbeteiligten Partei im Begleitschreiben als "Alternativangebot" bezeichnetes Angebot (beinhaltend das Fabrikat S.) gelegt hat. Strittig ist die rechtliche Beurteilung des letztgenannten Angebotes, nämlich ob dieses als Änderungsangebot oder als Alternativangebot zu qualifizieren und zuschlagsfähig gewesen sei:

Der Auftraggeber vertritt dazu in der Beschwerde den Standpunkt, dieses den niedrigsten Preis aufweisende Angebot der mitbeteiligten Partei stelle kein Abänderungsangebot sondern ein Alternativangebot dar, sei somit im gegenständlichen Verfahren nach dem Billigstbieterprinzip gemäß § 81 Abs. 1 BVergG 2006 unzulässig gewesen und dürfe von der belangten Behörde nicht in ein gemäß § 82 Abs. 1 BVergG 2006 bzw. nach der Ausschreibung zulässiges Abänderungsangebot umgedeutet werden. Gegen ein Abänderungsangebot spräche im vorliegenden Fall nicht nur der Umstand, dass die mitbeteiligte Partei ihr Angebot selbst als "Alternativangebot" bezeichnet habe. Auch die Materialien zu § 2 Z. 1 BVergG 2006 sprächen für die Rechtsansicht des Auftraggebers, weil nach den Erläuternden Bemerkungen Abänderungsangebote nicht dazu führen dürften, dass der Auftraggeber zu Änderungen in seiner Planung (z.B. bei Anschlüssen) gezwungen werde. Im vorliegenden Fall wäre der Auftraggeber aber im Falle des Zuschlages auf jenes Angebot der mitbeteiligten Partei, mit dem diese für das gegenständliche Gewerk Heizung-Lüftung-Sanitär das Fabrikat S. angeboten habe, zur Änderung seiner Planung, und zwar beim bereits vergebenen Gewerk Elektrotechnik, gezwungen. Um nämlich die beiden genannten Gewerke aufeinander abzustimmen, müsste auch beim bereits vergebenen Gewerk Elektrotechnik das Fabrikat S. (anstelle Fabrikat H.) verwendet werden. Diese nachträgliche Abänderung des bereits vergebenen Auftrages für das Gewerk Elektrotechnik hätte Mehrkosten in Höhe von EUR 20.000,-- zur Folge.

Ob das in Rede stehende, das Fabrikat S. beinhaltende und unstrittig den niedrigsten Preis aufweisende Angebot der mitbeteiligten Partei als Alternativangebot oder als Abänderungsangebot zu qualifizieren ist, kann im vorliegenden Beschwerdefall dahingestellt bleiben. Gegenständlich ist nämlich von der Bestandskraft der Ausschreibung und ihrer (oben wiedergegebenen) Position 85 auszugehen, nach der Bieter das Fabrikat H. anzubieten hatten, das aber "beispielhaft" sei, sodass zusätzlich in einer separaten Beilage auch "Alternativfabrikate", die im Hinblick auf dort genannte Kriterien gleichwertig seien, angeboten werden könnten. In der Ausschreibung sind daher in der Position 85 bestandsfest all jene Kriterien genannt, bei deren Erfüllung neben dem Fabrikat H. auch andere Fabrikate angeboten werden können. Entgegen der Annahme der Beschwerde wird hier aber nicht verlangt, dass die ein anderes Fabrikat beinhaltenden Angebote nur in Form eines Abänderungsangebotes zulässig wären (die Beschwerde behauptet auch nicht, dass die Ausschreibungsposition 85 im angefochtenen Bescheid unvollständig wiedergegeben wäre; diesbezüglich ergeben sich auch nach dem Akteninhalt keine Bedenken).

Daher kommt es fallbezogen nicht darauf an, ob das Angebot der mitbeteiligten Partei, in dem das Fabrikat S. angeboten wurde, den Kriterien eines Abänderungsangebotes, wie sie in § 2 Z. 1 BVergG 2006 bzw. in den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien (RV 1171 B1gNR XXII. GP, 11) genannt werden, entspricht. Es ist hier somit entgegen der Beschwerdemeinung, die auf diese Gesetzesmaterialien Bezug nimmt, auch nicht von Bedeutung, ob die Zuschlagsentscheidung zugunsten des Angebotes mit dem Fabrikat S. Änderungen in der Planung beim Auftraggeber, konkret bei einem anderen, bereits vergebenen Gewerk, erforderlich gemacht hätten. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, ob die Regelungen des BVergG 2006 betreffend Abänderungsangebote mit dem Unionsrecht (insbesondere Art. 24 der Richtlinie 2004/18/EG) im Einklang stehen (vgl. dazu Schiefer/Feuchtmüller in Heid/Preslmayr , Handbuch Vergaberecht, 3. Auflage (2010), Rz 1156).

Im vorliegenden Fall wird nicht bestritten, dass die mitbeteiligte Partei neben dem Fabrikat H. in einem separaten Angebot auch das Fabrikat S. angeboten hat. Die Gleichwertigkeit des Fabrikates S. hat die belangte Behörde in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Sachverständigen und des vom Auftraggeber bestellten Zivilingenieurs angenommen, die Beschwerde tritt dem nicht konkret entgegen.

Die Beschwerde meint weiters, das gegenständliche Angebot eines Alternativfabrikates der mitbeteiligten Partei sei ausschreibungswidrig, weil nach der Ausschreibung eine Abstimmung mit dem elektrotechnischen Projekt hätte erfolgen müssen. Eine konkrete Bestimmung der Ausschreibung, die eine solche Festlegung enthält, wird in der Beschwerde jedoch nicht genannt. Demgegenüber hat die belangte Behörde festgestellt, in der gegenständlichen Ausschreibung sei nicht verlangt worden, dasselbe Fabrikat wie im Gewerk Elektrotechnik zu liefern. Ein solcher Inhalt ist im Übrigen auch nicht dem zitierten Punkt 5. der Ausschreibung ("Anlagenbeschreibung") zu entnehmen, weil die dort (unter der Überschrift "Vorwort") erwähnte "Abstimmung" nicht als zwingende Vorgabe für den Bieter zu verstehen ist. Abgesehen davon verdeutlicht die schon erwähnte Position 85 der Ausschreibung ("Alternativfabrikate sind zulässig"), dass selbst eine vom Bieter verlangte "Abstimmung" nicht ausgeschlossen hätte, andere Fabrikate anzubieten.

Vor diesem Hintergrund ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass der Auftraggeber das Angebot eines Alternativfabrikates der mitbeteiligten Partei, somit jenes Angebot mit dem niedrigsten Preis, im Rahmen der Zuschlagsentscheidung hätte berücksichtigen müssen.

4. Begründung der Zuschlagsentscheidung :

Mit der Begründung der Zuschlagsentscheidung, das Angebot der E. GmbH stelle "unter Berücksichtigung der bereits getätigten Auftragserteilungen in der Elektrotechnik" das billigste Angebot dar (wie erwähnt wird dies in der Beschwerde dahin erläutert, dass das Angebot der mitbeteiligten Partei zu einer Abänderung des Gewerkes Elektrotechnik und - dort - zu Mehrkosten führen würde), hat der Auftraggeber außerdem, worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist, das Billigstbieterprinzip verkannt. Bei diesem wird nämlich gemäß § 80 Abs. 3 BVergG 2006 der Zuschlag dem "Angebot mit dem niedrigsten Preis" erteilt. Bei der Beurteilung des niedrigsten Preises im Rahmen des Billigstbieterprinzips dürfen jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0104, ausgeführt hat, Qualitätsmerkmale oder Folgekosten nicht einbezogen werden. Im vorliegenden Beschwerdefall durfte der Auftraggeber daher im Rahmen der Zuschlagsentscheidung nur auf den niedrigsten Preis für die konkret ausgeschriebene Leistung (Heizung-Lüftung-Sanitär) abstellen und nicht, wie die Begründung der Zuschlagsentscheidung zum Ausdruck bringt, auf Folgekosten in einem anderen Gewerk (hier: Folgekosten beim Gewerk Elektrotechnik).

Zusammenfassend ist der belangten Behörde daher zuzustimmen, dass die gegenständliche Zuschlagsentscheidung deshalb rechtswidrig war, weil der Auftraggeber das Angebot der mitbeteiligten Partei unberücksichtigt ließ und trotz des bestandfest ausgeschriebenen Billigstbieterprinzips nicht ausschließlich auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis abgestellt hat, sondern auf Kriterien (Folgekosten bei einem anderen Projekt) Bedacht genommen hat, die im Rahmen des Billigstbieterprinzips außer Betracht zu bleiben haben.

Soweit die Beschwerde im Übrigen die nicht korrekte Wiedergabe von Aussagen des Vertreters der beschwerdeführenden Partei im angefochtenen Bescheid rügt, zeigt sie die Relevanz dieses Umstandes nicht auf.

Ebensowenig vermag der Umstand, dass die belangte Behörde die ihrer Entscheidung zu Grunde liegende Bestimmung des § 325 Abs. 1 BVergG 2006 nicht ausdrücklich als Rechtsgrundlage ihres Bescheides angeführt hat, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Was Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides betrifft, so gleicht der vorliegende Fall sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch rechtlicher Hinsicht jenem Beschwerdefall, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/04/0116, zu Grunde lag. Es kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz an die nach dem Gesagten teilweise obsiegende beschwerdeführende Partei (§ 50 VwGG) kommt schon mangels eines diesbezüglichen Antrages nicht in Betracht (vgl. auch hierzu das zitierte Erkenntnis Zl. 2007/04/0116).

Wien, am