VwGH vom 19.11.2009, 2009/07/0136
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des Mag. K F in H, vertreten durch Dr. Herbert Heigl, Mag. Willibald Berger und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-AM-09-0171, betreffend ein Verfahren nach § 54b Abs. 3 VStG (weitere Partei:
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In einer an die Bezirkshauptmannschaft A (BH) gerichteten Eingabe vom führte der Beschwerdeführer aus, dass er mit Straferkenntnis der BH vom "wegen einer angeblichen Verwaltungsübertretung" nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (PMG) bestraft worden sei. Er habe dagegen Berufung an die belangte Behörde erhoben. Dieser sei mit Bescheid der belangten Behörde vom insofern Folge gegeben worden, "als die Geldstrafe auf EUR 1.000,00 und der Kostenbeitrag auf EUR 100,00" herabgesetzt worden sei. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom habe er Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Darin seien u.a. zahlreiche Argumente "gegen die Verfassungskonformität und gegen die EU-Rechtskonformität" einzelner Bestimmungen des PMG vorgebracht worden. Sollten die Strafbestimmungen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden, wäre eine Bestrafung schon aus diesem Grunde unzulässig.
Darüber hinaus wäre für ihn - so führte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe weiter aus - die sofortige, vollständige Entrichtung der Geldstrafe samt Nebenkosten aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar und mit ungebührlichen Härten verbunden. Dies folge schon daraus, dass nicht nur eine Strafe in Höhe von EUR 1.000,--, sondern zusätzlich noch erhebliche Nebenkosten gefordert würden, sodass sich insgesamt ein wesentlich höherer Betrag ergebe.
In dieser Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer schließlich folgende Anträge:
"die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz möge
a. dem Antragsteller Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über die von ihm eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bewilligen; in eventu
b. dem Antragsteller die Abstattung der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen in monatlichen Raten zu je EUR 100,00 beginnend mit Juni 2009 bewilligen."
Die BH erließ darauf hin den Bescheid vom mit
folgendem Spruch:
"Teilzahlungsbescheid
Die Bezirkshauptmannschaft ... bewilligt Ihr Ansuchen um
Teilzahlung.
Der aushaftende Gesamtbetrag von Euro 1.505,70 ist in monatlichen Teilbeträgen von je Euro 100,00 zu entrichten.
Der Anzahlungsbetrag von Euro 105,07 ist am fällig, die weiteren Teilbeträge sind jeweils ab monatlich fällig.
Rechtsgrundlagen
§ 54b des Verwaltungsstrafgesetzes 1991
Sollten Sie Ihren Zahlungen unentschuldigt nicht termingerecht nachkommen, müssten Zwangsmaßnahmen (gerichtliche Exekution bzw. Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe) ergriffen werden."
Gegen diesen Bescheid der BH erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Darin führte er aus, dass er in seiner Eingabe vom "primär" die Gewährung von Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über die von ihm eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof beantragt habe. Der Antrag auf Abstattung "der Geldstrafe samt Kostenbeiträgen in monatlichen Raten" sei ausdrücklich als Eventualantrag formuliert worden. Die BH wäre daher verpflichtet gewesen, zunächst über den Primärantrag auf Gewährung von Zahlungsaufschub zu entscheiden. Für eine sofortige Entscheidung über den Eventualantrag hätte es an einer entsprechenden Zuständigkeit der BH gemangelt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Zudem wurde der Spruch des Erstbescheides dahingehend ergänzt, dass der "Antrag auf Zahlungsaufschub" abgewiesen werde. Die Fälligkeit des Anzahlungsbetrages wurde mit , die der weiteren Teilbeträge ab monatlich neu festgesetzt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich in der Eingabe des Beschwerdeführers vom lediglich Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit einiger Bestimmungen des PMG finden würden. Der Beschwerdeführer bringe zwar vor, dass die sofortige Entrichtung der Geldstrafe aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sei. Dazu fänden sich jedoch weder konkrete Angaben noch irgendwelche Bescheinigungsmittel. Die verfassungsrechtlichen Ausführungen könnten jedoch die Glaubhaftmachung entsprechender wirtschaftlicher Gründe nicht ersetzen. Ein Zahlungsaufschub sei somit mangels näher vorgebrachter wirtschaftlicher Gründe nicht zu bewilligen gewesen.
Die BH habe jedoch über den Antrag auf Zahlungsaufschub "insoferne indirekt entschieden, als eben die Teilzahlung bewilligt" und somit dem Eventualantrag stattgegeben worden sei. Lediglich "zur Klarstellung bzw. Konkretisierung" sei eine "spruchgemäße Ergänzung" vorzunehmen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 54b Abs. 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.
Wie sich aus der Wiedergabe des Bescheides der BH vom ergibt, hat diese lediglich über das "Ansuchen um Teilzahlung" abgesprochen. Allein der Eventualantrag war somit Gegenstand des mit "Teilzahlungsbescheid" überschriebenen Bescheidspruches. Auch der "Betreff" dieses Bescheides bezieht sich ausschließlich auf die "Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen". Damit steht der Auslegung der belangten Behörde, wonach die BH über den Primärantrag des Beschwerdeführers auf Zahlungsaufschub "indirekt" entschieden habe, bereits der eindeutige Wortlaut des Bescheidspruches der BH vom , der keine Zweifel an seinem Inhalt aufkommen lässt, entgegen. Der Primärantrag des Beschwerdeführers war somit nicht Gegenstand dieses Bescheidspruches der BH.
Das Wesen eines Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzuständigkeit der BH hätte die belangte Behörde von Amts wegen aufzugreifen gehabt. Der erstinstanzliche Bescheid wäre von der belangten Behörde ersatzlos zu beheben gewesen (vgl. u.v.a. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/12/0148, und vom , Zl. 2007/12/0078, sowie den hg. Beschluss vom , Zl. 2008/12/0224). Keinesfalls war die belangte Behörde befugt, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Abänderung des Bescheides der BH im Instanzenzug erstmals den Primärantrag des Beschwerdeführers abzuweisen.
Abschließend sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgender Feststellung veranlasst: Die Auffassung, dass die Anhängigkeit von Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes einen Aufschubgrund iSd § 54b Abs. 3 VStG darstellt - wie der Beschwerdeführer in seinem Primärantrag vom offenbar meint -, findet im Gesetz keine Deckung (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/17/0364, und vom , Zl. 94/17/0423).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am