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VwGH vom 27.06.2007, 2007/04/0028

VwGH vom 27.06.2007, 2007/04/0028

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des Bundes, vertreten durch Sundström/Rohrer, Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Schreyvogelgasse 3, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , Zl. 15N-26/05-32, betreffend Kostenersatz im Vergabenachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei:

Bietergemeinschaft bestehend aus T GmbH und B J, Bodenuntersuchungen, beide in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesvergabeamtes vom wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, der mitbeteiligten Partei den Betrag von EUR 5.000,-- für die gemäß § 177 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99, von der mitbeteiligten Partei als Antragstellerin im Verfahren vor der belangten Behörde gestellten Anträge gemäß § 171 Abs. 1 leg. cit. entrichteten Gebühren, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Zur Begründung dieses Spruchpunktes führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer als Auftraggeber im verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich ausgeschrieben habe. Die nicht als Zuschlagsempfängerin in Aussicht genommene mitbeteiligte Partei habe einen Nachprüfungsantrag und einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebracht. Die begehrte einstweilige Verfügung sei für die gesetzliche Höchstdauer von einem Monat erlassen worden. Kurz vor Ablauf habe die mitbeteiligte Partei neuerlich die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt. Auch diese einstweilige Verfügung sei antragsgemäß für die Dauer von einem Monat erlassen worden. Für die beiden Anträge habe die Mitbeteiligte gemäß § 177 Abs. 2 BVergG iVm dem Anhang X dieses Gesetzes und der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes (mit der die Anpassung der im Anhang X des BVergG enthaltenen Gebührensätze geregelt wird) je eine Pauschalgebühr von EUR 2.500,-- entrichtet. Gemäß § 177 Abs. 5 BVergG habe die mit ihren Anträgen durchgedrungene mitbeteiligte Partei Anspruch auf Ersatz dieser Gebühr durch den Beschwerdeführer.

2. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Spruchpunkt II. dieses Bescheides zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom , B 609/05).

Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik auf diese Gegenschrift.

3. Am hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren zur Zl. A 2006/0022 gemäß Art. 140 Abs. 1 und Abs. 4 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, auszusprechen, dass die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 BVergG verfassungswidrig war.

In der Begründung dieses Antrages führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen Folgendes aus: Die Ansicht der belangten Behörde, wonach die Vergabekontrollbehörde auch über den Anspruch der (teilweise) obsiegenden Partei gegen den Antragsgegner gemäß § 177 Abs. 5 BVergG zu entscheiden habe, entspreche der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0091). Bei der Überprüfung der Entscheidung über den Kostenersatz habe der Verwaltungsgerichtshof neben den für Bauaufträge im unterschwellenden Bereich geltenden Gebührensätzen im Anhang 10 des BVergG und in der Verordnung betreffend die Gebühren (welche Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 154/05, V 118/05, aufgehoben worden, jedoch mangels Erstreckung der Anlassfallwirkung im gegenständlichen Fall weiter anzuwenden seien) auch § 177 Abs. 1 BVergG anzuwenden.

Nach dieser Bestimmung sei u.a. für Anträge auf Erlassung von einstweiligen Verfügungen gemäß § 171 Abs. 1 BVergG vom Antragsteller eine Pauschalgebühr zu entrichten. Dagegen bestünden die selben Bedenken, die der Verfassungsgerichtshof in seinem dem zitierten Erkenntnis vom vorangegangenen Prüfungsbeschluss vom geäußert habe.

4. Mit dem in der nichtöffentlichen Sitzung vom ergangenen Erkenntnis, G 124/06, V 44/06, hat der Verfassungsgerichtshof u.a. ausgesprochen, dass die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 BVergG verfassungswidrig war.

Da der Verfassungsgerichtshof nichts anderes ausgesprochen hat, ist diese Wortfolge gemäß § 140 Abs. 7 B-VG auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiter anzuwenden.

5. Mit Erkenntnis vom , G 198/06 u. a. Zahlen, hat der Verfassungsgerichtshof den im gegenständlichen Verfahren gestellten Gesetzesprüfungsantrag vom , Zl. A 2006/0022, mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieser Antrag erst am beim Verfassungsgerichtshof eingelangt sei und eine Einbeziehung in das Verfahren G 124/06, V 44/06, nicht mehr möglich gewesen sei.

Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sind einem Anlassfall im engeren Sinn jene Fälle gleichzuhalten, die zu Beginn der mündlichen Verhandlung (bei deren Unterbleiben zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) im Gesetzesprüfungsverfahren bereits anhängig waren (vgl. etwa die bei Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8, Rz 1170, zitierte Judikatur).

Da der im gegenständlichen Verfahren gestellte Gesetzesprüfungsantrag vom am beim Verfassungsgerichtshof eingelangt ist und die nichtöffentliche Beratung dieses Gerichtshofes über das zu den Zlen. G 124/06, V 44/06, ergangene Erkenntnis erst am begonnen wurde, ist der gegenständliche Fall im Sinn der dargestellten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes einem Anlassfall gleichzuhalten.

Die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 BVergG ist daher vorliegend nicht anzuwenden.

6. Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 177 Abs. 5 BVergG zum Ersatz der von der mitbeteiligten Partei gemäß § 177 Abs. 1 leg. cit. für die Anträge gemäß § 171 Abs. 1 leg. cit. entrichteten Pauschalgebühren.

Da die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 BVergG - wie oben dargestellt - im vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist, handelt es sich bei den für die Anträge auf Erlassung von einstweiligen Verfügungen gemäß § 171 Abs. 1 BVergG entrichteten Pauschalgebühren um keine gemäß § 177 Abs. 5 leg. cit. vom Auftraggeber zu ersetzenden "gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 entrichteten Gebühren".

7. Der auf der Auffassung, dass der Beschwerdeführer gemäß § 177 Abs. 5 BVergG verpflichtet sei, die für die Anträge der mitbeteiligten Partei auf Erlassung von einstweiligen Verfügungen entrichteten Pauschalgebühren zu ersetzen, beruhende Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

8. Der Antrag des beschwerdeführenden Bundes auf Zuspruch von Aufwandersatz war abzuweisen, weil der Bund auch Rechtsträger der belangten Behörde ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0048).

Wien, am