VwGH vom 26.06.2013, 2011/13/0114
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Fuchs und Hofrat Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/3921-W/10, betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008 (mitbeteiligte Partei: Dr. W in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung, somit betreffend Einkommensteuer 2008, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Erstmals mit Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 beantragte der Mitbeteiligte die Anerkennung von Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung seiner Tochter als außergewöhnliche Belastung mit dem Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988, deren Geltendmachung er bisher "verabsäumt" habe. Dazu brachte der Mitbeteiligte vor, seine Tochter studiere in Maastricht (Niederlande) internationales Hotelmanagement. Dabei handle es sich um ein in Österreich nicht angebotenes Universitätsstudium.
Wegen nicht vollständiger Beantwortung eines Vorhaltes gab das Finanzamt der Berufung mit Berufungsvorentscheidung keine Folge.
Dagegen richtete sich ein als Vorlageantrag gewerteter Schriftsatz des Mitbeteiligten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung betreffend Einkommensteuer 2008 Folge, betreffend Einkommensteuer 2007 wies sie die Berufung als unbegründet ab, weil für dieses Jahr Nachweise für die "Schulkosten" nicht vorgelegt worden seien.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, im Beschwerdefall sei lediglich strittig, ob die von der Tochter des Mitbeteiligten in den Niederlanden absolvierte Ausbildung an einer Fachhochschule auch an einer Privatuniversität im Einzugsbereich des Wohnortes des Mitbeteiligten möglich gewesen wäre. Zum Vergleich stehe "die Privatuniversität Modul Vienna ebenso 6semestrig" als Ausbildungsmöglichkeit im Nahebereich des Wohnortes in Wien. Die wesentlichen Unterschiede der Hotelmanagement-Ausbildung an der niederländischen "Zuyd University" in Maastricht zu der Wiener Tourismusfachhochschule bestünden "laut Abfrage des Studienlehrganges Hotelmanagement" in den speziell angebotenen Studienfächern bei der Absolvierung des Studiums in Maastricht mit den Spezialfächern in Hotelführung, -kommunikation und Architektur. Damit sei die im Inland gebotene Ausbildung an der Wiener Privatuniversität nicht mit der Fachhochschule in Maastricht vergleichbar. Die "Schulkosten" seien daher für das Jahr 2008 in Höhe des Pauschbetrages nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 anzuerkennen gewesen.
Dagegen richtet sich, im Umfang der Anfechtung betreffend Einkommensteuer 2008, die vom Finanzamt gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde (der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt) in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Berufsausbildungskosten eines Kindes können als Teil der Unterhaltsverpflichtung gemäß § 34 Abs. 7 EStG 1988 grundsätzlich keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden. Eine Ausnahme sieht Abs. 8 leg. cit. für Fälle der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes vor. Danach gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Es besteht in diesem Zusammenhang kein Grund, in- und ausländische Studien unterschiedlich zu behandeln (vgl. insoweit z.B. das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0167, VwSlg 7747/F).
Inwieweit zwei Studien ihrer Art nach vergleichbar sind, ist eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Frage (vgl. insoweit etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0169). Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid Sachverhaltsfeststellungen zur Vergleichbarkeit der in Rede stehenden Ausbildungsmöglichkeiten im Tourismusbereich getroffen, ohne nach der Aktenlage den Parteien des Berufungsverfahrens (zu denen nach § 276 Abs. 7 BAO auch die Abgabenbehörde erster Instanz gehört; vgl. Ritz, BAO4, § 276 Tz 51 ff) Parteiengehör (vgl. § 115 Abs. 2 BAO) zu gewähren. Dies wird in der Amtsbeschwerde zu Recht gerügt und zur Relevanz auch ausgeführt, dass die Feststellungen der belangten Behörde im Widerspruch zu den dem beschwerdeführenden Finanzamt vorliegenden Unterlagen stünden, zumal aus den "Homepages" der Bildungseinrichtungen die von der belangen Behörde angeführten Unterschiede zwischen den Studien nicht nachvollzogen werden könnten (so sei "ein Fach 'Architektur' in keinem Studienplan ersichtlich und ist hinsichtlich der 'Spezialfächer Hotelführung,-kommunikation' festzuhalten, dass diese Fächer - wenn auch nicht wortgleich - ebenfalls in den Studien an der Modul University Vienna vorkommen"). Bei Gewährung des Parteiengehörs hätte das beschwerdeführende Finanzamt auf die im angefochtenen Bescheid angeführten "Widersprüche zu den im Internet veröffentlichten Studienplänen und somit auf die Gleichwertigkeit der Studien hinweisen können" (wozu das Finanzamt weiters auf die Ausführungen in der Beschwerde zur seiner Ansicht nach auch inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides verwies).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Wien, am