VwGH vom 21.11.2014, 2014/02/0051

VwGH vom 21.11.2014, 2014/02/0051

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2014/02/0052 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer, Dr. N. Bachler und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Revision von Mag. M in W, vertreten durch die Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W107 2000366-1/11E, betreffend Übertretung des BWG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Finanzmarktaufsichtsbehörde; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber als Mitglied des Vorstandes der A Investment Bank AG (in der Folge: AIB) gemäß § 9 Abs. 1 VStG als zur Vertretung nach außen Berufenem Folgendes vorgeworfen:

"Die A Lebensversicherungs-AG (kurz AEL) vertreibt seit Juli 2003 Versicherungsverträge im Rahmen der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (in folgendem 'PVZ'). Gemäß § 108h Abs. 1 Z 1 lit. c iVm Z 3 EStG garantiert die AEL ihren Versicherungsnehmern (kurz VN), dass der zur Verfügung stehende Auszahlungsbetrag nicht geringer ist als die Summe der vom VN eingezahlten Beträge zuzüglich der für diese Beträge gutgeschriebenen staatlichen Prämien (Kapitalgarantie).

Die Kapitalgarantie für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge wurde von der AIB am durch Abschluss eines Mandatsvertrages sowie einer Kapitalgarantievereinbarung übernommen. Die AEL reicht die eingezahlten und die staatlichen Prämien an die A Kapitalanlagegesellschaft m.b.H. (in der Folge: KAG) weiter, die diese Gelder, unter Abzug der Kosten, in derzeit 4 Investmentfonds (in folgendem 'Veranlagungsvehikel') veranlagt. Die Kapitalgarantie deckt jene Fälle ab, in denen die AEL die einem VN zugesagte Leistung aus dem Fondsvermögen nicht decken kann. Mit der Garantieübernahme wurde das Risiko der AEL aus den einzelnen Versicherungsverträgen auf die AlB übertragen. In weiterer Folge wurde die Kapitalgarantie der AIB per von der D Bank AG übernommen.

Gegenständliche Kapitalgarantie der AIB auf das Produkt PZV der AEL unterliegt den Bestimmungen des § 27 BWG in Bezug auf Großveranlagungen (in folgendem 'GVA'). Daraus ergibt sich, dass die Meldebestimmungen des § 74 BWG betreffend GVA's zur Anwendung kommen.

Von der FMA wurde festgestellt, dass die AIB, sowohl auf Einzelinstitutsebene wie auf Ebene der Kreditinstitutsgruppe ('KL-Gruppe'), ihrer GVA-Meldeverpflichtung gemäß § 74 BWG, in Bezug auf der sich aus der Durchschau der Veranlagungsvehikel ergebenden GVA's, betreffend folgender vier Veranlagungen nicht nachgekommen ist:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Erste Bank der Oesterreichischen Sparkassen
Die AIB hat es entgegen § 74 BWG unterlassen, die in den Anlagen ./1 und ./1a, welche einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bilden, gelisteten GVA's zu den jeweils dort angeführten Meldestichtagen im Rahmen des monatlichen Meldewesens der Österreichischen Nationalbank (OeNB) vorzulegen.
-
OMV AG
Die AIB hat es entgegen § 74 BWG unterlassen, die in den Anlagen ./2 und ./2A, welche einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bilden, gelisteten GVA zu den jeweils dort angeführten Meldestichtagen im Rahmen des monatlichen Meldewesens der OeNB vorzulegen.
-
Telekom Austria AG
Die AlB hat es entgegen § 74 BWG unterlassen, die in den Anlagen ./3 und ./3A, welche einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bilden, gelisteten GVA zu den jeweils dort angeführten Meldestichtagen im Rahmen des monatlichen Meldewesens der OeNB vorzulegen.
-
Voestalpine AG
Die AIB hat es entgegen § 74 BWG unterlassen, die in den Anlagen ./4 und ./4A, welche einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bilden, gelisteten GVA zu den jeweils dort angeführten Meldestichtagen im Rahmen des monatlichen Meldewesens der OeNB vorzulegen.
In sämtlichen Fällen erfolgten bis dato keine Nachmeldungen an die OeNB."
Der Revisionswerber habe dadurch § 74 Abs. 2 BWG iVm § 74 Abs. 3 Z 1 BWG verletzt und wurde dafür gemäß § 98 Abs. 2 Z 8 BWG zu einer Geldstrafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Stunden) bestraft.
In der Begründung gab das Verwaltungsgericht den Gang des Verfahrens sowie die im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht getätigten Angaben wieder und ging von folgendem Sachverhalt aus:

"Der Beschwerdeführer war im Zeitraum vom bis

Vorstandsmitglied der AIB, eines konzessionierten

Kreditinstitutes mit Sitz in ... W... Von bis

fand in der AIB eine Vor-Ort-Prüfung (in Folge:

VOP 2010) zwecks Prüfung der Gestion der Kapitalgarantie im

Zusammenhang mit der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (PZV),

die die AIB gegenüber ihrer Schwestergesellschaft ... (AEL)

übernommen hat, statt. Diese Kapitalgarantie stellt den

Hauptrisikofaktor für die AIB dar.

Die AIB hat am eine Kapitalgarantievereinbarung

mit der ... KAG als Garantiegeberin und einen Mandatsvertrag vom

mit der AEL und der ... KAG abgeschlossen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die AEL vertrieb seit Juli 2003 Versicherungsverträge im Rahmen dieser prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (PZV), wobei als Garant für gegenständliche Kapitalgarantie die AIB fungierte, die AEL die eingezahlten und die staatlichen Prämien an die KAG weiterleitete, die diese Gelder wiederum in vier Spezialfonds veranlagte. Mit der Garantieübernahme wurde die Abwälzung des Risikos der AEL aus den einzelnen Versicherungsverträgen auf die AIB bewerkstelligt.
Im Rahmen der VOP 2010 wurde von den Prüfern der OeNB festgestellt, dass die Kapitalgarantie bis dato nicht als Großveranlagung erfasst, bewilligt und überwacht worden war. Am wurden der FMA von der AIB Daten zu vier Investmentfonds übermittelt, die 115 Veranlagungen zu 90 Meldestichtagen im Zeitraum bis beinhalteten. Eine Analyse der von der AIB gemeldeten Daten sowie eine vertiefte Prüfung der vier o.a. Fonds ergab, dass im Zeitraum bis meldepflichtige GVA vorlagen und die AIB sowohl auf Einzelinstitutsebene wie auch auf Ebene der Kreditinstitutsgruppe diese Meldungen gemäß § 74 Abs. 2 BWG zu den angeführten Meldestichtagen nicht durchgeführt hatte.
Die AIB nahm mit Schreiben vom zum Prüfbericht der OeNB Stellung und führte begründend im Wesentlichen aus, dass die Kapitalgarantie nicht als unter die Großveranlagungsvorschriften fallend gesehen worden sei und daher die dafür geltenden Vorschriften weder formal noch materiell angewendet worden seien. Dieser Stellungnahme wurden mehrere Gutachten verschiedener Professoren angeschlossen zum Beweis für diese von AlB vertretenen Rechtsmeinung.
Mit Rahmenvertragsdatum und Abschlussdatum wurde die Kapitalgarantie der AIB von der D Bank AG übernommen."
Nach Wiedergabe der vom Verwaltungsgericht als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften führte es in rechtlicher Hinsicht aus, die AIB habe die Kapitalgarantie in der mündlichen Verhandlung als Kreditrisiko im Sinne der §§ 22 und 27 BWG identifiziert und nicht als Marktrisiko. Der Katalog der außerbilanziellen Geschäfte gemäß Anlage 1 zu § 22 BWG erfahre unmittelbare Anwendung bei der Würdigung von Großveranlagungen. Die FMA habe mit Schreiben vom die Kapitalgarantie als außerbilanzmäßiges Geschäft gemäß Anlage 1 Z 1 lit. c zu § 22 BWG klassifiziert und diese Ansicht beibehalten. Rundschreiben der FMA seien unverbindlich und stellten keinen Rechtsakt mit Bindungswirkung dar. Die FMA habe dem Revisionswerber gegenüber nie zum Ausdruck gebracht, dass die Kapitalgarantie nicht dem Großveranlagungsregime unterzuordnen sei. Eine Diskussion sei dahin geführt worden, welche Methode (Durchschau und/oder Draufschau) hinsichtlich der Durchführung anzuwenden sei bzw. hinsichtlich der Ermittlung auf die hinter der Kapitalgarantie stehenden Fonds zu erfolgen habe. Die der Großveranlagung zu unterwerfenden Aktivposten umfassten sowohl Forderungsrechte als auch Anteilsrechte, weshalb eine Beteiligung und folglich auch eine Garantie für eine Beteiligung jedenfalls den Bestimmungen über die Großveranlagung zu unterwerfen sei. Durch die nicht vollständigen Meldungen sei ein Dauerdelikt verwirklicht, bei dem nicht nur die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes, sondern auch die Aufrechterhaltung desselben pönalisiert sei, weshalb die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt an zu berechnen sei, an dem das strafbare Verhalten aufgehört habe. Eine unvollständig vorgelegte Monatsmeldung verwirkliche daher das Tatbild des § 98 Abs. 2 Z 8 BWG so lange, bis sie entsprechend ergänzt worden sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0238). Die vollständigen Meldungen seien erst nach Erlassung des Straferkenntnisses vom erstattet worden, weshalb die Verjährungsfrist von 18 Monaten nicht vor diesem Zeitpunkt habe zu laufen beginnen können. Die Verfolgungsverjährung sei deshalb nicht eingetreten.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite, die der Revisionswerber wegen widersprüchlicher Rundschreiben der FMA nicht erfüllt haben wolle, sei darauf hinzuweisen, dass der ins Treffen geführte Rechtsirrtum dem Revisionswerber als zur Vertretung nach außen Berufenem zuzurechnen sei, weil es bei der Einhaltung der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung durch geeignete Maßnahmen bedürfe. Damit eine solche Maßnahme dem Revisionswerber von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung hätte befreien können, hätte er konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen worden seien, um einen derartigen Verstoß zu vermeiden. Dahingehend habe der Revisionswerber keinerlei Behauptungen aufgestellt.
Ein gemäß § 1 Abs. 2 VStG angestellter "Günstigkeitsvergleich" führe zu keinem anderen Ergebnis, zumal das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht im Vergleich zu dem zur Zeit der Tat geltenden Recht für den Revisionswerber nicht günstiger sei. Eine Tat sei nur dann nicht mehr strafbar, wenn die Strafvorschrift im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz zur Gänze durch ersatzlose Aufhebung seitens des Gesetzgebers außer Kraft getreten sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Das Verwaltungsgericht ist auf Grund der Übertragung der von der AEL ihren Versicherungsnehmern zu gewährenden gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalgarantie auf die AIB von einer Großveranlagung durch die AIB ausgegangen, die entgegen § 74 BWG von der AIB - wie sich aus den Anlagen zum erstinstanzlichen Straferkenntnis ergibt zwischen Juni 2006 und März 2010 - nicht monatlich an die OeNB gemeldet worden sei.

Gemäß § 98 Abs. 2 Z 8 BWG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 48/2006 begeht, wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Kreditinstitutes die in § 74 BWG vorgesehenen Meldungen der FMA oder der Oesterreichischen Nationalbank nicht innerhalb der vorgesehenen Fristen oder nicht den gesetzlichen oder durch Verordnung festgelegten Formvorschriften entsprechend oder wiederholt unrichtig oder unvollständig vorlegt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis EUR 30.000,-- zu bestrafen.

Folgende Rechtslage ist im Revisionsfall für den oben angeführten Zeitraum maßgebend:

§ 74 BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2004 (in Kraft vom bis zum ) lautet auszugsweise:

"§ 74. (1) Die Kreditinstitute haben unverzüglich nach Ablauf eines jeden Kalendermonates der FMA Monatsausweise entsprechend der in der Verordnung gemäß Abs. 5 vorgesehenen Gliederung zu übermitteln.

...

(4) Die Kreditinstitute haben in den Monatsausweisen (Abs. 1) auch auszuweisen: 1. Die Höhe der einzelnen Großveranlagungen, sowohl gemäß § 27 Abs. 2 berechnet, als auch nach Anwendung der in § 27 Abs. 3 genannten Gewichtungen, sowie die Verpflichteten gesondert."

§ 74 Abs. 2 und Abs. 3 Z 1 BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 141/2006 (in Kraft vom bis zum ) lautet:

"(2) Die Kreditinstitute haben unverzüglich nach Ablauf eines jeden Kalendermonats der FMA Meldungen über die Einhaltung der Ordnungsnormen gemäß §§ 22 bis 22q, 23 bis 25, 27 und 29 zu übermitteln. Diese Meldungen haben sowohl Angaben zur Kontrolle der Einhaltung dieser Ordnungsnormen als auch die für ihre Herleitung maßgeblichen Angaben zu umfassen. Übergeordnete Kreditinstitute haben diese Meldungen für die Kreditinstitutsgruppe vorzunehmen.

(3) Die Kreditinstitute haben in den Meldungen nach Abs. 2 auch auszuweisen:

1. die Höhe der einzelnen Großveranlagungen, sowohl gemäß § 27 Abs. 2 berechnet, als auch nach Anwendung der in § 27 Abs. 3 genannten Gewichtungen, sowie bei den Gruppen verbundener Kunden und Anwendung der Zurechnungswahlrechte des § 27 Abs. 5 die einzelnen Verpflichteten (Dritte, Wertpapierschuldner) gesondert."

Gemäß § 74 Abs. 7 fünfter Satz BWG kann die FMA, soweit sie dadurch in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem oder anderen Bundesgesetzen nicht beeinträchtigt wird, durch Verordnung vorsehen, dass die Übermittlung der Meldungen gemäß den Abs. 1 bis 5 ausschließlich an die OeNB erfolgt.

Nach § 4 der auf Grund des § 74 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 74 Abs. 7 erlassenen Ordnungsnormenausweis-Verordnung (ONA-V), BGBl. II 472/2006, sind die Meldungen in standardisierter Form mittels elektronischer Übermittlung an die OeNB zu erstatten.

§ 27 BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 48/2006 (in Kraft vom bis zum ) lautet auszugsweise:

"§ 27. (1) Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen haben das besondere bankgeschäftliche Risiko einer Großveranlagung jederzeit angemessen zu begrenzen. ...

(2) Eine Großveranlagung liegt vor, wenn die gemäß den Z 1 bis 4 berechneten Posten bei einem Kunden oder bei einer Gruppe verbundener Kunden 10 vH der anrechenbaren Eigenmittel des Kreditinstitutes bzw. der anrechenbaren konsolidierten Eigenmittel der Kreditinstitutsgruppe erreichen und mindestens 500 000 Euro betragen. Bei der Berechnung der Großveranlagung sind anzusetzen:

1. Die im § 22 Abs. 3 genannten Aktivposten mit ihren Buchwerten nach Abzug von Wertberichtigungen;

2. die außerbilanzmäßigen Geschäfte gemäß Anlage 1 zu

§ 22 mit 100 vH gewichtet"

§ 27 BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 141/2006 (in Kraft vom

bis zum ) lautet auszugsweise:

"§ 27. (1) Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen haben das besondere bankgeschäftliche Risiko einer Großveranlagung jederzeit angemessen zu begrenzen. ...

(2) Eine Großveranlagung liegt vor, wenn die gemäß den Z 1 und 2 berechneten Posten bei einem Kunden oder bei einer Gruppe verbundener Kunden 10 vH der anrechenbaren Eigenmittel des Kreditinstitutes oder der anrechenbaren konsolidierten Eigenmittel der Kreditinstitutsgruppe erreichen und mindestens 500 000 Euro betragen. Bei der Ermittlung von Großveranlagungen sind anzusetzen:

1. Aktivposten, außerbilanzmäßige Geschäfte gemäß Anlage 1 zu

§ 22 und Derivate gemäß Anlage 2 zu § 22 mit 100 vH gewichtet; jeweils nach Abzug von Wertberichtigungen."

§ 22 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2005 (in Kraft vom bis zum ) lautet auszugsweise:

"§ 22. (1) Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen haben jederzeit über anrechenbare Eigenmittel in Höhe der Summe der Beträge gemäß den Z 1 bis 4 zu verfügen: 1. 8 vH der Bemessungsgrundlage gemäß Abs. 2;

...

(2) Die gewichteten Aktivposten, die außerbilanzmäßigen Geschäfte und die besonderen außerbilanzmäßigen Finanzgeschäfte bilden mit Ausnahme der Positionen, für die das Eigenmittelerfordernis gemäß § 22b Abs. 1 berechnet wird, die Bemessungsgrundlage."

§ 22 in der Fassung BGBl. I Nr. 141/2006 (in Kraft vom bis zum ) lautet auszugsweise:

"§ 22. (1) Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen haben jederzeit über anrechenbare Eigenmittel zumindest in Höhe der Summe der Beträge gemäß Z 1 bis Z 5 zu verfügen:

1. 8 vH der gemäß Abs. 2 ermittelten Bemessungsgrundlage für das Kreditrisiko;

...

(2) Die Bemessungsgrundlage für das Kreditrisiko ist die Summe der gewichteten Forderungswerte und umfasst Forderungen in Form von Aktivposten, außerbilanzmäßigen Geschäften gemäß Anlage 1 zu § 22 und Derivaten gemäß Anlage 2 zu § 22."

Anlage 1 zu § 22 BWG in der Fassung BGBl. Nr. 532/1993

lautete auszugsweise:

"Klassifizierung der außerbilanzmäßigen Geschäfte

1. Hohes Kreditrisiko:

a) Akzepte mit Kreditsubstitutscharakter und Wechselverbindlichkeiten in Form von eigenen Ziehungen im Umlauf;


Tabelle in neuem Fenster öffnen
b)
Indossamentverbindlichkeiten aus weitergegebenen Wechseln;
c)
Bürgschaften (einschließlich 'standby letters of credit', die als finanzielle Garantie für Kredite und Wertpapiere dienen) und Garantien für Aktivposten;
..."
In den Erläuterungen zu Anlage 1 zu § 22 BWG (1130 BlgRV XVIII. GP, S 128) heißt es:
"Z 1 lit. a:
Eigene Akzepte im Umlauf sind nur dann als außerbilanzmäßiges Geschäft zu gewichten, wenn sie nicht bilanziell erfasst werden. Z 1 lit. b:
Besteht bei einer Indossamentverbindlichkeit die Möglichkeit eines Rückgriffes auf ein anderes Kreditinstitut der Zone A, so ist dieses Regressrecht im Rahmen der Adressengewichtung zu berücksichtigen (Gewichtung 100 % x 20 %).
Z 1 lit. c:
In der Regel haben Bürgschaften und Garantien 'Kreditsubstitutscharakter', wenn sie für Risikoaktiva übernommen werden, die ihrerseits - unbeschadet ihrer Gewichtung nach dem Vertragspartner - zu 100 % ihrer Bemessungsgrundlage anzurechnen sind.
Zu den Bürgschaften und Garantien im Sinne von Z 1 lit. c zählen alle Gewährleistungsverpflichtungen, die das Kreditinstitut dem selben Risiko aussetzt, als hätte es das Aktivum, auf das sich die Gewährleistung bezieht, im eigenen Bestand. Das Risiko einer solchen Bürgschaft (Garantie) ist nicht geringer als das des Kreditgebers. Unter die Z 1 lit. c fallen auch Gewährleistungen für wertpapierrechtlich verbriefte Forderungen, Gewährleistungen für Aktien und andere festverzinsliche Wertpapiere, die kein Optionsrecht verbriefen, sowie Gewährleistungen für sonstige Vermögensgegenstände (somit auch Wechsel- und Scheckbürgschaften).
Die Risikogewichtung von Haftungen (Rückgarantien), die zugunsten anderer Kreditinstitute als Deckung für die zu erstellenden Garantien abgegeben werden, richtet sich nach der Art der Haftung (und somit der Zuordnung innerhalb der Anlage 1), die die beauftragte Bank erstellt."
Mit der Novelle BGBl. Nr. 445/1996 wurde Z 1 lit. c in Anlage 1 zu § 22 BWG wie folgt geändert:
"Bürgschaften und Garantien für solche Aktivposten (einschließlich 'standby letters of credit', die als finanzielle Garantie für Kredite und Wertpapiere dienen sowie Wechsel- und Scheckeinlösungsgarantien)."
Die Erläuterungen (vgl. 94 BlgRV XX. GP) weisen darauf hin, dass diese Änderung der Klarstellung diene.
Die angeführten außerbilanzmäßigen Geschäfte sind solche, die wegen ihres Eventualcharakters (vgl. § 51 Abs. 13 BWG) in der Bilanz keinen Niederschlag finden, sondern als "Posten unter der Bilanz" (vgl. Anlage 2 zu § 43 BWG Teil 1) anzugeben sind. Die Garantie nach Z 1 lit. c in Anlage 1 zu § 22 BWG ist eine auf der Passivseite unter der Bilanz anzuführende Eventualverbindlichkeit (vgl. neuerlich Anlage 2 zu § 43 BWG Teil 1). "Garantien für solche Aktivposten" sind nach den Erläuterungen solche, die dasselbe Risiko aufweisen, als wäre der entsprechende Aktivposten im Bestand des Kreditinstitutes. Übernimmt das Kreditinstitut etwa eine Garantie für die Rückzahlung eines Kredites, ist das Ausfallsrisiko nicht geringer, als stünde dieser Kredit als "Forderung an Kunden" als Aktivposten in der Bilanz des Kreditinstitutes.
Im Revisionsfall garantierte die AIB der AEL nach Punkt 3. der Kapitalgarantievereinbarung vom (deren Inhalt vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt wurde, die jedoch im vorgelegten Akt enthalten ist), für den Fall, dass der einem Versicherungsnehmer der AEL zustehende Auszahlungsbetrag geringer ist als die von diesem eingezahlten Beiträge zuzüglich der für diesen Versicherungsnehmer gutgeschriebenen Prämien im Sinne des § 108g EStG, den Fehlbetrag binnen acht Werktagen zu erstatten.
Diese Garantie betrifft unmittelbar keine "Forderungen in Form von Aktivposten" (§ 22 Abs. 2 BWG), sondern sichert der AEL schlicht die Erstattung einer allenfalls von ihr zu schließenden Lücke bei der Rückzahlung an den Versicherungsnehmer. Das Verwaltungsgericht sieht die Meldepflicht gemäß § 74 BWG nicht dadurch verletzt, dass diese Kapitalgarantie nicht als Großveranlagung gemeldet worden ist, sondern dadurch, dass die AIB "die sich aus der Durchschau der Veranlagungsvehikel ergebenden GVA's (Großveranlagungen)" nicht gemeldet hat. Das Risiko wird demnach in den Veranlagungen gesehen, die die KAG in Form von Fondsbeteiligungen mit den Versicherungsprämien erworben hat bzw. erwerben wird.
Betrachtete man - mit der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde - die Fondsveranlagungen als Gegenstand der vertraglichen Garantie, ließe sich die Kapitalgarantievereinbarung vom auch als "Garantie" nach Z 1 lit. c in Anlage 1 zu § 22 BWG verstehen, weil die Garantie in diesem Fall "für solche Aktivposten", nämlich für die Fondsbeteiligungen eingegangen worden wäre.
Allerdings sieht die Kapitalgarantievereinbarung eine Garantie hinsichtlich des Risikos, das sich bei der Veranlagung der Gelder der Versicherungsnehmer durch die KAG ergibt, nicht vor. Eine Begründung für den vom Verwaltungsgericht vorgenommenen "Durchgriff" auf die Fondsbeteiligungen der KAG, mit der - entscheidungswesentlichen - Konsequenz, die AIB hätte die bei der KAG bilanzierten Fondspositionen ("Veranlagungsvehikel") als Großveranlagungen melden müssen, blieb das Verwaltungsgericht schuldig. Auch in § 108h EStG finden sich für diese Ansicht keine Anhaltspunkte.
Nach dem nicht näher begründeten "Durchgriff" auf die Fondsbeteiligungen führte das Verwaltungsgericht in einem nächsten Schritt eine "Durchschau auf die Veranlagungsvehikel" durch und folgte dabei erkennbar der von der FMA im Straferkenntnis vom vertretenen Rechtsauffassung. In diesem Straferkenntnis findet sich im Zusammenhang mit der "Durchschau" ein Hinweis auf die Bestimmung des § 27 Abs. 11 letzter Satz BWG, die offenbar von der FMA ihrer Rechtsansicht zu Grunde gelegt worden ist.
Allerdings erweist sich die von der FMA und mit ihr vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, zum Zwecke der Ermittlung von Großveranlagungen sei eine "Durchschau durch die Investmentfonds" ("Veranlagungsvehikel") gemäß § 27 Abs. 11 letzter Satz BWG vorzunehmen, für den hier interessierenden Zeitraum als rechtswidrig. Jene Bestimmung, die als Grundlage für die "Durchschau" herangezogen wurde, ist erst am in Kraft getreten, somit nach dem Ende des hier interessierenden Zeitraumes von Juni 2006 bis März 2010 (vgl. § 27 Abs. 11 letzter Satz BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2010 sowie das "Rundschreiben der FMA zu § 27 Abs. 11 letzter Satz BWG"). Eine rückwirkende Anwendung wurde nicht vorgesehen (vgl. § 103n BWG) und wäre als Grundlage für ein strafbegründendes Verhalten auch unzulässig (§ 1 Abs. 1 VStG).
Daraus folgt, dass es für die vom Verwaltungsgericht gezogene Schlussfolgerung, die AIB hätte gemäß § 74 BWG Großveranlagungen zu melden gehabt, an einer nachvollziehbar dargestellten Sach- und Rechtslage fehlt.
Aber auch der vom Verwaltungsgericht angestellte "Günstigkeitsvergleich" erfolgte auf einer rechtswidrigen Grundlage: Das Verwaltungsgericht hat zwar die ab von ihm als anwendbar erachteten Bestimmungen der EU-Verordnung Nr. 575/2013 vom (Capital Requirements Directive - CRD), die die bis geltenden entsprechenden Bestimmungen des BWG ersetzten, zur Darstellung gebracht, ist allerdings auf Grund einer außer Kraft getretenen Rechtslage zum Schluss gekommen, es käme für den "Günstigkeitsvergleich" auf das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht an.
Tatsächlich richtet sich die Strafe gemäß § 1 Abs. 2 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 (in Kraft getreten am ) nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Die Einschränkung auf das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht ist weggefallen
(vgl. Lewisch/Fister/Weilguni , Verwaltungsstrafgesetz, Rn 9 ff zu § 1).
Im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht am wäre unter Anwendung dieser Rechtslage zu prüfen gewesen, ob das zu diesem Zeitpunkt bereits in Geltung befindliche Unionsrecht in seiner Gesamtauswirkung für den Revisionswerber günstiger wäre, als die außer Kraft getretenen Bestimmungen des BWG. Diese Prüfung hat das Verwaltungsgericht unterlassen, obwohl Teile der der Bestrafung zu Grunde gelegten Bestimmungen mit außer Kraft getreten waren.
Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Ergänzend ist noch auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an Entscheidungen der Verwaltungsgerichte im Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/03/0076, hinzuweisen, wonach die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung und drittens in der rechtlichen Beurteilung bestehen. Die bloße Zitierung von Beweisergebnissen wie zB von Zeugenaussagen ist weder erforderlich noch hinreichend, eine Aufzählung aufgenommener Beweise mag zweckmäßig sein. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund. Gleiches gilt, wenn eine solche maßgebliche Beeinträchtigung sonst in einem Mangel an Klarheit bzw. Übersichtlichkeit der Zusammenfassung iSd § 60 AVG gründet. Die Anordnung der sinngemäßen Anwendung in § 17 VwGVG bedeutet insbesondere, dass bei der Anwendung der verwiesenen Vorschriften die besondere Stellung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen ist. Angesichts ihrer sich aus Art 130 B-VG ergebenden Zuständigkeit werden die Verwaltungsgerichte den sich aus §§ 58, 60 AVG ergehenden Anforderungen dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben.
Das vorliegende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes entspricht mit nachgenannten Einschränkungen diesen Anforderungen. Zum besseren Verständnis der vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsmeinung hätte allerdings die Wiedergabe von und die Auseinandersetzung mit den tragenden Rechtsvorschriften beigetragen; zu Anlage 1 zu § 22 BWG etwa finden sich im Erkenntnis weder der Gesetzestext noch eine eigenständige rechtliche Wertung. Auch ist die ausführliche Darstellung der Verfahrensergebnisse des vorangegangenen Verfahrens mit teilweiser wörtlicher Wiedergabe von Aussagen eingangs des Erkenntnisses entbehrlich, sie trägt auch nicht zur Übersichtlichkeit und Klarheit des Erkenntnisses bei.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am