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VwGH vom 22.02.2011, 2007/04/0003

VwGH vom 22.02.2011, 2007/04/0003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X Gesellschaft m.b.H. in Y, vertreten durch Brandstetter Pritz Partner Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , Zl. N/0084-BVA/03/2006-17, betreffend Nachprüfung nach dem BVergG 2006 (erstmitbeteiligte Partei: W, zweitmitbeteiligte Partei: M GmbH in Y; weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) hat mit Schreiben vom die Zuschlagsentscheidung in einem Vergabeverfahren zu Gunsten der zweitmitbeteiligten Partei getroffen. Dagegen richtete die Beschwerdeführerin einen Nachprüfungsantrag an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der genannten Zuschlagsentscheidung ab (Spruchpunkt I.) und gab den Anträgen der Beschwerdeführerin auf Ersatz der für den Nachprüfungsantrag entrichteten Pauschalgebühren (Spruchpunkt II.) und auf Ersatz der für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühren (Spruchpunkt III.) nicht statt.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Auftraggeberin habe im März 2006 einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich im offenen Verfahren ausgeschrieben. Gegenstand dieses Dienstleistungsauftrages sei die Unterhaltsreinigung (Leistungsteil A), die Tätigkeit eines Hausarbeiters (Leistungsteil B) und die Tätigkeit einer Wäschebeschließerin (Leistungsteil C). Nach den Ausschreibungsbestimmungen solle der Leistungsteil A definitiv, die Leistungsteile B und C jedoch optional vergeben werden. Von den Bietern seien aber alle drei Leistungsteile zwingend anzubieten. Die Vergabe solle nach dem Bestbieterprinzip erfolgen, Zuschlagskriterien seien Preis und Qualität der angebotenen Leistungen (Gewichtung dieser Kriterien im angefochtenen Bescheid wiedergegeben). Hinsichtlich des Leistungsteiles B (Tätigkeit eines Hausarbeiters) sei in den Ausschreibungsbestimmungen die erfolgreich abgeschlossene Lehrausbildung (Schlosser, Elektriker oder Installateur) als "Musskriterium" (bei sonstiger Ausscheidung des Angebotes) verlangt. Hinsichtlich der Zuschlagskriterien für den Leistungsbereich B sei in der Ausschreibung u.a. Folgendes vorgesehen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"3.2.6 Zuschlagskriterien Leistungsbereich B
a) Der angebotene Hausarbeiter verfügt über einschlägige Berufserfahrung als Hausarbeiter im Ausmaß von mindestens 2 Jahren
5 Punkte
b) Der angebotene Hausarbeiter verfügt über einschlägige Berufserfahrung als Hausarbeiter im Ausmaß von mindestens 12 Monaten in einem Krankenhaus, Spital, Pflegeheim oder einer vergleichbaren medizinischen Einrichtung.
5 Punkte"

Mit Schreiben vom habe die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung betreffend alle drei genannten Leistungsbereiche zu Gunsten der zweitmitbeteiligten Partei bekannt gegeben. Nach dem Ergebnis der Angebotsprüfung habe die Beschwerdeführerin zwar hinsichtlich des Zuschlagskriteriums Preis einen Punktevorsprung gegenüber den anderen Bietern gehabt, sie sei aber unter weiterer Berücksichtigung des Zuschlagskriteriums Qualität an dritter Stelle gereiht worden. Die Beschwerdeführerin habe insgesamt (nach den Zuschlagskriterien Preis und Qualität) 85,15 Punkte erreicht, die Bestbieterin (zweitmitbeteiligte Partei) 87,78 Punkte (Abstand somit 2,63 Punkte).

Mit Schriftsatz vom 17. und habe die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung beantragt und dies einerseits damit begründet, dass die Angaben der Bieter zu den Qualitätskriterien bei der Angebotsöffnung rechtswidriger Weise nicht verlesen worden seien. Andererseits sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin die Bewertung der Angebote, soweit es die Qualitätskriterien betreffe, nicht nachvollziehbar und unrichtig.

In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin erstmals vorgebracht, dass ihrem Angebot ein Begleitschreiben vom beigelegen sei, in dem sie festgehalten habe, dass der von ihr namhaft gemachte Hausarbeiter 12 Monate Berufserfahrung in einem Objekt mit Sanitätscharakter habe. Daher hätten dem Angebot der Beschwerdeführerin fünf Punkte für die Qualifikation dieses Hausarbeiters zuerkannt werden müssen, sodass dieses an erster Stelle zu reihen gewesen wäre.

Dieses Begleitschreiben sei, so die belangte Behörde in ihren Feststellungen, den ihr vom Auftraggeber vorgelegten Vergabeakten nicht beigelegen. Die Beschwerdeführerin habe eine Kopie dieses Begleitschreibens erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegt, weil sie nach eigenen Angaben davon ausgegangen sei, dass sich dieses Schreiben bereits bei den Originalunterlagen befinde. Zum Beweis für die Plausibilität ihrer Angaben habe die Beschwerdeführerin weiters die Kopie eines Schreibens des Hausarbeiters vom , in dem dieser bestätigt habe, als Hausarbeiter zur Verfügung zu stehen, samt Kopie eines Zeugnisses und eines Lehrbriefes dieses Hausarbeiters vorgelegt. Auch dieses Schreiben vom sei, so die belangte Behörde, nicht in den Originalunterlagen des Vergabeverfahrens enthalten, nach den Angaben der Beschwerdeführerin hätte dieses Schreiben erst auf Verlangen bei einer vertieften Angebotsprüfung vorgelegt werden sollen.

Die Auftraggeberin habe im Nachprüfungsverfahren bestritten, dass den Angebotsunterlagen das genannte Begleitschreiben der Beschwerdeführerin (sowie ein von der Beschwerdeführerin behauptetes Indexblatt, in dem das genannte Begleitschreiben erwähnt sei) beigelegen sei, gleichzeitig aber bestätigt, dass deren Angebot an erster Stelle zu reihen gewesen wäre, wenn die Beschwerdeführerin fünf Punkte für die Erfahrung des Hausarbeiters erhalten hätte. Daher habe die belangte Behörde in einem Beweisverfahren Zeugen zu diesem Beweisthema vernommen. Auf Grund der Ergebnisse dieses Beweisverfahrens gelange die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass das von der Beschwerdeführerin genannte Begleitschreiben vom (sowie das auf dieses verweisende Indexblatt) zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung den Originalunterlagen der Beschwerdeführerin nicht angeschlossen gewesen sei. In der Beweiswürdigung führte sie u.a. aus, das Angebot der Beschwerdeführerin sei laut Eingangsstempel am Tag der Angebotsöffnung () um 10.33 Uhr bei der Auftraggeberin eingelangt und 32 Minuten später der Angebotsöffnungskommission vorgelegt worden. Laut übereinstimmenden Aussagen der zwei vernommenen Zeuginnen seien die Originalunterlagen des Angebotes der Beschwerdeführerin unmittelbar nach der Öffnung des Kartons mit einer Plombe versehen worden. Die bei der Angebotsöffnung anwesende Vertreterin der Beschwerdeführerin habe eine Verlesung des angeblich beigelegenen Begleitschreibens nicht verlangt.

Auf Grund des Fehlens des Begleitschreibens betreffend die Qualifikation des Hausarbeiters ging die belangte Behörde erkennbar davon aus, dass der Beschwerdeführerin die in der Ausschreibung vorgesehenen fünf Punkte für die Qualifikation des Hausarbeiters nicht zuzuerkennen gewesen seien, sodass deren Reihung an dritter Stelle nicht zu beanstanden sei.

Soweit die Beschwerdeführerin aber meine, die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil bei der Angebotsöffnung die Angaben der jeweiligen Bieter betreffend die verlangten Qualitätskriterien nicht verlesen worden seien, werde übersehen, dass gemäß § 118 Abs. 4 (richtig: Abs. 5) Z. 4 BVergG 2006 sonstige im Hinblick auf andere Zuschlagskriterien als dem Preis relevante in Zahlen ausgedrückte Bieterangaben nur dann vorzulesen seien, wenn deren sofortige Verlesung möglich und zumutbar sei und in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt worden sei, was gegenständlich aber nicht der Fall sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten (nicht aber die Vergabeakten) vorgelegt, auf eine Gegenschrift verzichtet und einen allgemeinen Kostenantrag gestellt. Die erstmitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, lauten auszugsweise:

"Vertraulichkeit von Unterlagen betreffend ein Vergabeverfahren, Verwertungsrechte

§ 23. (1) Auftraggeber, Bewerber und Bieter haben den vertraulichen Charakter aller den Auftraggeber als auch die Bewerber und Bieter und deren Unterlagen betreffenden Angaben zu wahren.

(2) Sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, dürfen Auftraggeber keine ihnen von Unternehmern übermittelten und von diesen als vertraulich bezeichneten Informationen weitergeben. Dies betrifft insbesondere technische Geheimnisse, Betriebsgeheimnisse sowie vertrauliche Aspekte der Angebote.

Öffnung der Angebote

§ 118. (1) Bei offenen und bei nicht offenen Verfahren sind die Angebote am festgesetzten Ort und zur festgesetzten Zeit, unmittelbar nach Ablauf der Angebotsfrist, zu öffnen. Die Öffnung hat durch eine Kommission zu erfolgen, die aus mindestens zwei sachkundigen Vertretern des Auftraggebers besteht. Die Bieter sind grundsätzlich berechtigt, an der Öffnung teilzunehmen. Sie dürfen nur aus triftigen Gründen von der Öffnung der Angebote ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist die Öffnung durch eine aus mindestens drei sachkundigen Vertretern des Auftraggebers bestehende Kommission vorzunehmen.

(2) Bei Verhandlungsverfahren ist keine formalisierte Öffnung der Angebote erforderlich. Den Bietern ist die Teilnahme an der Öffnung nicht zu gestatten. Das Ergebnis der Öffnung ist geheim zu halten.

(3) Vor dem Öffnen eines Angebotes ist festzustellen, ob es ungeöffnet und vor Ablauf der Angebotsfrist eingelangt ist. Nach Ablauf der Angebotsfrist eingelangte Angebote sind nicht zu öffnen und als verspätet eingelangt zu kennzeichnen.

(4) Die geöffneten Angebote sind in der Reihenfolge, in der sie in das Eingangsverzeichnis eingetragen wurden, mit fortlaufenden Nummern zu versehen. Es ist festzustellen, ob das Angebot unterfertigt ist, aus wie vielen Teilen es besteht und ob die als Anlagen angeführten sowie in der Ausschreibung verlangten Bestandteile des Angebotes (zB Kalkulationsunterlagen, Nachweis des Vadiums) tatsächlich vorhanden sind. Alle bei der Öffnung des Angebotes vorliegenden Teile sind während der Angebotsöffnung von der Kommission so eindeutig zu kennzeichnen, zB so zu lochen, dass ein nachträgliches Auswechseln feststellbar wäre.

(5) Aus den Angeboten - auch Alternativ- und Abänderungsangeboten - sind folgende Angaben vorzulesen und in der Niederschrift festzuhalten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Name und Geschäftssitz des Bieters;
2.
der Gesamtpreis oder der Angebotspreis mit Angabe des Ausmaßes allfälliger Nachlässe und Aufschläge und, wenn die Vergabe in Teilen oder für die ganze Leistung oder für Teile derselben Varianten vorgesehen waren, auch die Teilgesamtpreise oder Teilangebotspreise sowie die Variantenangebotspreise;
3.
wesentliche Erklärungen der Bieter;
4.
sonstige im Hinblick auf andere Zuschlagskriterien als dem Preis relevante in Zahlen ausgedrückte Bieterangaben, deren sofortige Verlesung möglich und zumutbar ist und in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt wurde.
Aus Schreiben der Bieter, mit welchen einzelne Preise oder der Gesamtpreis des Angebotes abgeändert werden, dürfen nur die geänderten einzelnen Einheits- oder Positionspreise sowie der geänderte Gesamtpreis oder Angebotspreis bekannt gegeben werden. Andere Angaben dürfen den Bietern nicht zur Kenntnis gebracht werden. Wenn auf Grund der Vielzahl der Preise ein Verlesen derselben untunlich wäre, so sind den Bietern, die dies beantragen, die Preise binnen drei Arbeitstagen nachweislich bekannt zu geben.

(6) Es ist eine Niederschrift aufzunehmen, in welche zusätzlich zu den nach Abs. 3 bis 5 erforderlichen Angaben einzutragen ist:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Öffnung;
2.
Geschäftszahl, Gegenstand und Hinweis auf die Art des Verfahrens;
3.
die Namen der Anwesenden;
4.
zwingend verlangte, aber nicht vorhandene Beilagen;
5.
Vermerke über offensichtliche Angebotsmängel.
Die Niederschrift ist von den Mitgliedern der Kommission zu unterfertigen. Auf Verlangen ist den Bietern - so sie an der Öffnung teilnahmeberechtigt waren - eine Abschrift der Niederschrift auszufolgen.

(7) Nach Abschluss der Öffnung sind die Niederschrift, die Angebote und deren Umschläge so zu verwahren, dass sie Unbefugten unzugänglich sind."

Die Beschwerdeführerin vertritt auch in der Beschwerde zusammengefasst den Standpunkt, die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin sei unter zweierlei Gesichtspunkten rechtswidrig gewesen und hätte daher von der belangten Behörde für nichtig erklärt werden müssen: Einerseits wäre das Angebot der Beschwerdeführerin bei richtiger Bewertung an erster und nicht an dritter Stelle zu reihen gewesen. Andererseits habe das Nichtverlesen der in den Angeboten enthaltenen Angaben zu den Qualitätskriterien die nachfolgende Zuschlagsentscheidung mit Rechtswidrigkeit behaftet.

1. Zur Bewertung des Angebotes der Beschwerdeführerin:

Vorweg ist auf Grund der insoweit unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Angebot hinsichtlich des in der Ausschreibung genannten "Musskriteriums" (fachliche Ausbildung des Hausarbeiters) unstrittig angegeben hat, dass der Hausarbeiter eine fachliche Ausbildung als Elektriker habe. Die belangte Behörde ist daher gegenständlich implizit davon ausgegangen, dass das Angebot der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Qualitätskriterien des Hausarbeiters den Anforderungen der Ausschreibung entsprach und daher ein Ausscheidungsgrund im Sinne des § 129 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006 nicht vorlag. Dies wird in der Beschwerde auch nicht thematisiert.

Im Beschwerdefall geht es vielmehr um die Frage der Bewertung des Angebotes der Beschwerdeführerin, das unstrittig an erster Stelle zu reihen gewesen wäre, wenn es fünf zusätzliche Punkte erhalten hätte, was insbesondere dann der Fall gewesen wäre, wenn es eines der beiden Qualitätskriterien betreffend die Berufserfahrung des Hausarbeiters (vgl. den bereits zitierten Punkt 3.2.6. der Ausschreibung) erfüllt hätte.

Die Beschwerdeführerin vertritt dazu in ihrer Beschwerde die Auffassung, dass ihr diese zusätzlichen Punkte für die Berufserfahrung des Hausarbeiters zu Unrecht vorenthalten worden seien. Sie begründet dies zunächst damit, dass ihr - schon alleine auf Grund der Abgabe eines ausschreibungskonformen Angebotes - zehn Punkte für die Erfahrung des Hausarbeiters zuerkannt hätten werden müssen. Nach den Ausschreibungsunterlagen sei das Angebot nämlich "durch Ausfüllen der Vordrucke … ohne Korrekturen" zu erstellen gewesen. Da unter Punkt 3.2.6. des Ausschreibungstextes kein Platz vorgesehen sei, um eines der beiden Qualitätskriterien als zutreffend zu bestätigen, habe ein durchschnittlich fachkundiger Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt davon ausgehen können, dass schon mit der Unterfertigung des Angebotes die Erklärung verbunden sei, der Hausarbeiter verfüge über sämtliche der unter Punkt 3.2.6. der Ausschreibung genannten Erfahrungen.

Abgesehen davon, dass es sich bei diesem Vorbringen um eine unzulässige Neuerung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren handelt (§ 41 VwGG), ist der Beschwerdeführerin zu entgegnen, dass durch den zitierten Punkt 3.2.6. der Ausschreibung unmissverständlich zum Ausdruck kommt, dass jeweils fünf Punkte nur bei entsprechender Berufserfahrung des Hausarbeiters vergeben werden, sodass es zur Erlangung der entsprechenden Punktezahl zweifellos einer ausdrücklichen Erklärung des Bieters bedurfte, ob die entsprechende Erfahrung gegeben ist. Dass eine solche Erklärung gegebenenfalls auch in Ergänzungsblättern zum Angebot abgegeben werden konnte, wird nicht nur in der Beschwerde (Seite 18) bestätigt, sondern auch durch das Vorbringen der Beschwerdeführerin über das angebliche Begleitschreiben.

Hinsichtlich des genannten Begleitschreibens vom hält die Beschwerde - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde - die Behauptung aufrecht, dass dieses dem Angebot der Beschwerdeführerin angeschlossen gewesen sei. Die Beschwerde setzt sich in diesem Zusammenhang eingehend mit der Beweiswürdigung der belangten Behörde auseinander und bringt u.a. vor, die belangte Behörde habe ihre Feststellung über das Fehlen dieses Begleitschreibens auf Zeugenaussagen gestützt, die sich in dieser Form nicht im Verhandlungsprotokoll fänden.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die freie Beweiswürdigung der Behörde nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegt, wohingegen vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen ist, ob die Beweiswürdigung im Einzelfall zu einem richtigen Ergebnis geführt hat (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 265 zu § 45 AVG referierte Judikatur).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Feststellung, dass dem Angebot der Beschwerdeführerin das von ihr behauptete Begleitschreiben nicht angeschlossen gewesen sei, vor allem auf die (der Verhandlungsschrift zu entnehmenden) Zeugenaussagen gestützt, dass die Originalunterlagen des Angebotes der Beschwerdeführerin ungeöffnet und unbeschädigt beim Auftraggeber eingelangt und unmittelbar nach dem Öffnen durch die Angebotsöffnungskommission mit einer Plombe versehen worden seien. Gegen das Vorhandensein des Begleitschreibens spreche nach Ansicht der belangten Behörde außerdem, dass trotz der behaupteten Wichtigkeit desselben eine Verlesung von der Beschwerdeführerin nicht verlangt bzw. die Nichtverlesung dieses Schreibens von der Beschwerdeführerin nicht gerügt worden sei. Vor diesem Hintergrund vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht zu erkennen.

Die Beschwerde meint weiters, dass das Fehlen ihres Begleitschreibens gemäß § 118 Abs. 6 Z. 4 BVergG 2006 in der Niederschrift betreffend die Angebotsverlesung hätte vermerkt werden müssen, das Fehlen eines solchen Vermerkes spreche demnach für das Vorhandensein des Begleitschreibens. Dem ist zu entgegnen, dass nach der letztzitierten Bestimmung in der Niederschrift zu vermerken ist, wenn zwingend verlangte Beilagen nicht vorhanden sind. Daher ist im gegebenen Zusammenhang aus § 118 Abs. 6 Z. 4 BVergG 2006 für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil sie weder behauptet noch sonst ersichtlich ist, dass das genannte Begleitschreiben "zwingend" beizulegen gewesen sei. Die Angaben zur Berufserfahrung des Hausarbeiters stellten nach der Ausschreibung, wie bereits ausgeführt, lediglich eine Möglichkeit dar, zusätzliche Bewertungspunkte zu erlangen.

2. Zur Verlesung der Angebotsteile betreffend Qualitätskriterien:

Wie erwähnt hat die belangte Behörde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Auftraggeberin hätte gemäß § 118 Abs. 5 BVergG 2006 auch jene Teile der Angebote, die die Qualitätskriterien betreffen, verlesen müssen, entgegen gehalten, dass dies nur unter den Voraussetzungen der Z. 4 dieser Bestimmung geboten gewesen wäre.

Dem tritt die Beschwerde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2004/04/0100, entgegen, in dem der Verwaltungsgerichtshof vergleichbare Angaben in den Angeboten als "wesentliche Erklärungen der Bieter" gemäß § 88 Abs. 5 Z. 3 BVergG 2002 (dieser entspreche nunmehr § 118 Abs. 5 Z. 3 BVergG 2006) eingestuft habe, die zu verlesen seien.

Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis Zl. 2004/04/0100 zur Rechtslage des § 88 Abs. 5 BVergG 2002 ausgesprochen hat, dass der Gesetzgeber in dieser Bestimmung jene Teile der Angebote taxativ aufgezählt hat, die bei der Angebotsöffnung zu verlesen sind und dass der Verwaltungsgerichtshof die im damaligen Fall relevanten Angaben der Bieter (betreffend Leistungsfristen und allenfalls angebotene Verlängerungen der Mängelvermutungsfrist) als "wesentliche Erklärungen der Bieter" angesehen hat, die gemäß § 88 Abs. 5 Z. 3 BVergG 2002 zu verlesen seien.

Diese Rechtsansicht kann aber aus folgenden Gründen nicht auf die Rechtslage des BVergG 2006 übertragen werden:

Der Gesetzgeber hat nämlich im zitierten § 118 Abs. 5 BVergG 2006 (im Vergleich zu § 88 Abs. 5 BVergG 2002) mit Z. 4 eine weitere Kategorie von Bieterangaben aufgezählt, die im Rahmen der Öffnung der Angebote vorzulesen sind.

In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV 1171 BlgNR XXII. GP, 82 f) ist wie folgt ausgeführt:

"Anwesenheitsberechtigt gemäß § 118 Abs. 1 sind Bieter oder deren Bevollmächtigte. Durch die in Abs. 5 neu eingefügte Z 4 wird klargestellt, dass sich die Z 3 nicht mehr auf neben dem Preis festgelegte Zuschlagskriterien bezieht (siehe noch ); diesbezügliche Angaben in den Angeboten stellen damit keine wesentlichen Erklärungen des Bieters im Sinne des § 118 Abs. 5 Z 3 dar, die jedenfalls zu verlesen sind; durch die ausdrückliche Regelung für derartige quantifizierbare Angaben zu den Zuschlagskriterien (wie Kraftstoffverbrauch, Bauartgeschwindigkeit, o.ä.) sind derartige Angaben nur dann zu verlesen, wenn dies der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt hat."

Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls davon auszugehen, dass im gegenständlichen Fall die auf die Qualitätskriterien bezogenen Angaben der Bieter (speziell die Angaben über Art und Dauer der Berufserfahrung des Hausarbeiters) nicht als "wesentliche Erklärungen der Bieter" im Sinne des § 118 Abs. 5 Z. 3 BVergG 2006 zu verlesen waren (vgl. auch Pachner in Schramm/Öhler/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006, Rz 46 zu § 118).

Zu prüfen ist, ob die Verlesung der gegenständlichen Angaben gemäß § 118 Abs. 5 Z. 4 leg. cit. geboten war. Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den die Berufserfahrung des Hausarbeiters betreffenden Angaben um "in Zahlen ausgedrückte" Bieterangaben im Sinne der letztgenannten Bestimmung handelt (der oben wiedergegebene Punkt 3.2.6. der Ausschreibung scheint vom Bieter lediglich eine Bejahung oder Verneinung der dort genannten Kriterien des Hausarbeiters zu verlangen, nicht aber eine Konkretisierung in Zahlen). Die Verlesung der in § 118 Abs. 5 Z. 4 BVergG 2006 genannten Angaben kommt nach dieser Bestimmung nämlich nur dann in Betracht, wenn dies bereits in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt wurde. Das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung hat die belangte Behörde verneint, die Beschwerde tritt dem nicht entgegen.

Die Beschwerde meint allerdings, dass die verfassungskonforme Auslegung des § 118 Abs. 5 Z. 4 BVergG 2006 die Verlesung der in Rede stehenden Bieterangaben verlangt, weil es keine sachliche Rechtfertigung dafür gebe, dass Bieterangaben zu anderen Kriterien als dem Preis nicht bzw. nur dann zu verlesen seien, wenn dies in der Ausschreibung angekündigt werde.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 118 Abs. 5 vorletzter Satz BVergG 2006 (ebenso wie bereits § 88 Abs. 3 BVergG 2002) anordnet, dass andere Angaben in den Angeboten, als in dieser Bestimmung genannt sind, den Bietern nicht zur Kenntnis gebracht werden dürfen. Diese Einschränkung ist im Zusammenhang mit § 23 Abs. 1 BVergG 2006 zu lesen, wonach Auftraggeber, Bewerber und Bieter den vertraulichen Charakter aller den Auftraggeber als auch die Bewerber und Bieter und deren Unterlagen betreffenden Angaben zu wahren haben (vgl. in diesem Zusammenhang auch Pachner, ZVB 2005/2).

Ausgehend vom Gebot der Vertraulichkeit (vgl. dazu auch das , Varec SA, Randnr. 34 ff) erscheint es aber nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern auch notwendig, dass der Gesetzgeber die Verlesung von Bieterangaben zu anderen Zuschlagskriterien als dem Preis nur dann zulässt, wenn der Bieter mit der Verlesung dieser Angaben rechnen muss, weil deren Verlesung schon in der Ausschreibung angekündigt ist.

Im Übrigen vermag der Verwaltungsgerichtshof in der gesetzlich normierten Einschränkung der Verlesung von Bieterangaben die in der Beschwerde ins Treffen geführte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichbehandlungsgebotes nicht zu erkennen, gilt § 118 Abs. 5 BVergG 2006 doch in gleicher Weise für die Angebote aller Bieter in einem Vergabeverfahren.

Soweit die Beschwerde geltend macht, dem Auftraggeber werde damit die Möglichkeit zur Willkür eröffnet, wesentliche Teile der Angebote der Verlesung und damit der Nachkontrolle zu entziehen, so ist darauf hinzuweisen, dass gerade die taxative Aufzählung jener Bieterangaben, die (zwingend) zu verlesen sind, die willkürliche Auswahl der zu verlesenden Angaben verhindert.

Die Beschwerde meint schließlich, die belangte Behörde habe die Rechtmäßigkeit der Nichtverlesung der in Rede stehenden Bieterangaben über die Qualitätskriterien deshalb bejaht, weil die Beschwerdeführerin eine diesbezügliche Rüge gegenüber der Auftraggeberin unterlassen habe. Die belangte Behörde gehe damit von der Rügepflicht des Bieters bei einem Verstoß gegen § 118 Abs. 5 BVergG 2006 aus, eine solche Pflicht sei dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen.

Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob im Fall des rechtswidrigen Unterlassens der Verlesung der in § 118 Abs. 5 BVergG 2006 genannten Angaben eine Geltendmachung dieses Verstoßes nur dann möglich ist, wenn dieser vom Bieter gegenüber dem Auftraggeber gerügt wird (vgl. zur Frage der Rügepflicht auch das Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0289). Aus dem Gesagten ergibt sich nämlich, dass die belangte Behörde bei der rechtlichen Beurteilung des § 118 Abs. 5 BVergG 2006 nicht auf die Rügepflicht abgestellt hat, sondern einen Verstoß gegen diese Bestimmung durch die Auftraggeberin deshalb verneint hat, weil die in Rede stehenden Angaben zu den Qualitätskriterien nicht unter die taxative Aufzählung dieser Bestimmung fallen.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die Gegenschrift der mitbeteiligten Partei wurde nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht (§ 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG), sie hat einen Schriftsatzaufwand auch nicht begehrt.

Wien, am