VwGH vom 22.02.2011, 2007/04/0001
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X OEG (nunmehr: OG) in Y, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Martin-Luther-Straße 154, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. A14-30-1478/2006-8, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin, die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine OEG (nunmehr OG) war, die Gewerbeberechtigung für das (freie) Gewerbe "Werbeagentur" gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 entzogen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass Anträge auf Eröffnung des Konkurses hinsichtlich jedes der beiden persönlich haftenden Gesellschafter der Beschwerdeführerin mangels Kostendeckung abgewiesen worden seien (Hinweis auf die Beschlüsse des Landesgerichtes Leoben vom und vom ). Auf Grund der selbständigen Vertretungsbefugnis der Gesellschafter einer OEG komme diesen ein maßgeblicher Einfluss auf die Beschwerdeführerin im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO 1994 zu. Mit Schreiben vom sei die Beschwerdeführerin (nach dem Akt: die Masseverwalterin der damals im Konkurs gewesenen Beschwerdeführerin) aufgefordert worden, die beiden persönlich haftenden Gesellschafter binnen gesetzter Frist gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 aus der Gesellschaft zu entfernen. Da die Beschwerdeführerin diesem Auftrag nicht entsprochen habe, sei ihr die Gewerbeberechtigung zu entziehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin war nach der Rechtslage bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine offene Erwerbsgesellschaft (OEG) und gilt gemäß § 907 Abs. 2 UGB in der Fassung des Handelsrechts-Änderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 120/2005, seit als offene Gesellschaft (OG).
Die Gewerbeordnung in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 84/2006 lautet auszugsweise:
"§ 9. (1) Juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) können Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben. Im übrigen gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über Personengesellschaften des Handelsrechtes auch für eingetragene Erwerbsgesellschaften. Dies gilt nicht in den Fällen des § 10, des § 63 Abs. 3 zweiter Satz und des § 85 Z 2.
…
§ 13. …
(3) Rechtsträger sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn
1. der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde und
2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.
(4) Rechtsträger sind von der Begründung eines Gewerberechts, das Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung beinhaltet, außer in den Fällen des Abs. 3 auch ausgeschlossen, wenn über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet wurde und der Zeitraum der Einsichtsgewährung in die Insolvenzdatei noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt auch bei Verwirklichung eines vergleichbaren Tatbestandes im Ausland. Der Ausschlussgrund liegt nicht vor, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluss eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist oder wenn im Rahmen des Konkursverfahrens das Gericht den Zahlungsplan des Schuldners bestätigt hat und der Zahlungsplan erfüllt worden ist oder nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens die Restschuldbefreiung erteilt wurde und unwiderrufen geblieben ist.
…
§ 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
…
2. einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt oder
…
§ 91. …
(2) Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen."
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde unter Hinweis auf den von ihr vorgelegten Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom geltend, das Konkursgericht habe in dem ihre Person (OEG) betreffenden Konkursverfahren den Zwangsausgleich bestätigt. Damit sei das Konkursverfahren gegen die Beschwerdeführerin rechtskräftig aufgehoben worden. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin folge daraus, dass nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Gesellschafter "völlig entschuldet" worden seien und damit die Entziehung der Gewerbeberechtigung unbegründet gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, dass einerseits zwischen dem Konkursverfahren, das die Beschwerdeführerin (damals OEG) betraf und das mit einem Zwangsausgleich geendet hat, und andererseits der Abweisung jener Konkursanträge, die ihre Gesellschafter betrafen, zu unterscheiden ist.
Die mit der vorliegenden Beschwerde bekämpfte Entziehung der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin erfolgte nach den wiedergegebenen Ausführungen des angefochtenen Bescheides nicht wegen des Konkursverfahrens gegen die damalige OEG, sondern weil die persönlich haftenden Gesellschafter der Beschwerdeführerin (somit Personen, denen im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO 1994 ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zukommt) einen Entziehungsgrund (hier: § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994) verwirklicht hatten und weil die Beschwerdeführerin daher dem Auftrag der Behörde, diese Gesellschafter zu entfernen, hätte entsprechen müssen (§ 91 Abs. 2 GewO 1994). Die letztgenannte Bestimmung galt nämlich zufolge § 9 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994 auch für eingetragene Erwerbsgesellschaften.
Die (mit der Aktenlage übereinstimmende) Feststellung, dass Konkursanträge gegen die beiden persönlich haftenden Gesellschafter der Beschwerdeführerin mangels hinreichenden Vermögens dieser Gesellschafter zur Deckung der Kosten der sie betreffenden Konkursverfahren abgewiesen wurden, bleibt in der Beschwerde unbekämpft. Vor diesem Hintergrund ist der Einwand der Beschwerdeführerin, durch den Zwangsausgleich der OEG seien auch deren Gesellschafter völlig entschuldet worden, nicht nur unzutreffend (der vorgelegte Beschluss über den Zwangsausgleich betrifft ausschließlich die OEG und nicht deren Gesellschafter), sondern im Hinblick auf die (nach dem Verwaltungsakt rechtskräftigen) Abweisungen der Konkursanträge betreffend die beiden Gesellschafter auch nicht zielführend.
Entscheidend ist zufolge § 91 Abs. 2 GewO 1994 vielmehr, dass die Beschwerdeführerin trotz des Vorliegens eines Umstandes im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 Z. 1 (Abweisung der Konkursanträge betreffend die Gesellschafter mangels hinreichenden Vermögens) und Z. 2 GewO 1994 (die Erfüllung der letztgenannten Ziffer wird in der Beschwerde nicht bestritten) und trotz der daran anknüpfenden Aufforderung der Gewerbebehörde, diese beiden Gesellschafter aus ihrer Funktion zu entfernen, diesem Auftrag unstrittig nicht nachgekommen ist. Durch eine weitere gewerbliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin könnten daher die beteiligten Wirtschaftskreise in ihrem Vertrauen auf die unbeschränkte Haftung der beiden Gesellschafter (§ 1 Z. 1 Erwerbsgesellschaftengesetz, nunmehr § 105 UGB) geschädigt werden.
Die Beschwerdeführerin meint jedoch, dass es nach österreichischem Gesellschaftsrecht gar nicht möglich sei, die beiden einzigen Gesellschafter einer OEG zu entfernen, weil dies die Auflösung der OEG zur Folge hätte.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, dass eine Aufforderung zur Entfernung einer Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 unabhängig davon zu ergehen hat, ob und auf welche Weise es dem Gewerbetreibenden möglich ist, der betroffenen Person die mit dem maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb verbundene Position zu entziehen. Gelingt die Entfernung von dieser Position - aus welchen Gründen immer - nicht fristgerecht, so ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0121, mwN).
Im vorliegenden Fall bedeutet dies: Da die Beschwerdeführerin ihre beiden Gesellschafter (nach ihrem Vorbringen offenbar wegen der damit verbundenen Konsequenzen für den Bestand der Gesellschaft) aus ihrer Funktion nicht abberufen hat, muss sie (da die beteiligten Wirtschaftskreise, die auf die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter vertrauen, vor der Schädigung ihres Vermögens zu schützen sind) die Rechtsfolge der Entziehung ihrer Gewerbeberechtigung tragen.
Soweit die Beschwerde im Übrigen auf § 13 Abs. 4 GewO 1994 Bezug nimmt, ist ein Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall schon deshalb nicht erkennbar, weil diese Bestimmung das Gewerbe der Versicherungsvermittlung betrifft.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
IAAAE-89164