VwGH vom 17.12.2014, 2011/13/0090
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Mag. L in W, vertreten durch die Stapf Neuhauser Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Esslinggasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3195-W/09, betreffend Einkommensteuer 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom zur Einkommensteuer mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit veranlagt (die Einkommensteuer wurde mit 976,57 EUR festgesetzt). Als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fanden in die Berechnung des Einkommens Bezüge laut einem übermittelten Lohnzettel betreffend "Bundesdienst" in Höhe von 51.208,45 EUR ("steuerpflichtige Bezüge" gemäß Kennzahl 245 von 51.340,45 EUR abzgl. "Pauschbetrag für Werbungskosten" von 132 EUR) Eingang.
In einer gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Einkommensteuer mit einer Gutschrift von 8.465,54 EUR. Er sei vom 1. Juli bis als Justizexperte beim "EU Planungsteam" für den Kosovo tätig gewesen. Für diese Tätigkeit sei der Beschwerdeführer vom Bundesministerium für Justiz (im Folgenden: BMJ) nach dem "KSE-BVG" entsandt worden. Der Inhalt der Tätigkeit sei der angeschlossenen Kopie des vom Hauptausschuss des Nationalrats genehmigten "Vortrags an den Ministerrat" zu entnehmen. Demnach habe es sich insbesondere um eine Tätigkeit im "Bereich Konfliktprävention und interethnische Kooperation" gehandelt. Diese Themen bildeten einen Bestandteil des Dreijahresprogrammes 2006 - 2008 der österreichischen Entwicklungspolitik für den Kosovo. Nachdem der Kosovo im Anhang zu diesem Dreijahresprogramm aufgezählt sei, habe es sich um ein Entwicklungsland im Sinne des § 3 Abs. 1 EZA-G (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz) gehandelt. Im genannten Zeitraum ab dem sei der Beschwerdeführer als Bediensteter des BMJ und damit einer "Einrichtung des Bundes" ausschließlich im Kosovo als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen und er habe dafür die in seinem Lohnzettel angeführten Einkünfte bezogen. Nach § 3 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 seien derartige Einkünfte als Experte für Entwicklungsorganisationen im Sinne des § 3 Abs. 2 EZA-G steuerfrei. § 3 Abs. 2 EZA-G definiere u.a. alle öffentlichrechtlichen Körperschaften, also auch den Bund und dessen Einrichtungen, genauso als Entwicklungsorganisationen wie gemeinnützige juristische Personen des privaten Rechts. Da es sich um eine Tätigkeit in einem Entwicklungsland bei einem dem Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik entsprechenden Vorhaben gehandelt habe, lägen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit vor. Damit sei die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer nicht richtig ermittelt worden, weil auch für den Zeitraum seiner Entwicklungshilfetätigkeit Einkommensteuerpflicht angenommen worden sei. Richtigerweise hätte der Gesamtbetrag der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit "statt EUR 51.208,45 nur EUR 25.604,23" betragen dürfen. Im Ergebnis ergebe sich daraus eine Gutschrift zu seinen Gunsten in Höhe von 8.465,54 EUR.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung im Instanzenzug keine Folge.
Der in der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 genannte Begriff der "Fachkraft der Entwicklungshilfe (Entwicklungshelfer oder Experte)" sei im Sinne des § 1 Abs. 1 iVm § 2 Entwicklungshelfergesetz zu verstehen. Darin werde bestimmt, dass Fachkräfte eigenberechtige Personen seien, die im Auftrag einer österreichischen Entwicklungshilfeorganisation in Entwicklungsländern zu dem Zweck tätig seien, im Rahmen eines Vorhabens (Projektes), das den Grundsätzen des Entwicklungshilfeprogramms entspreche, an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dieser Länder mitzuarbeiten. Zwischen der Entwicklungshilfeorganisation und der Fachkraft müsse eine schriftlicher Dienstvertrag ("Einsatzvertrag") abgeschlossen werden (vgl. § 4 leg. cit.). Nach § 13 Entwicklungshelfergesetz unterlägen die Fachkräfte hinsichtlich ihrer Einkünfte aus dem Einsatzvertrag den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Z 14a EStG 1972 bzw. § 3 Abs. 1 Z 11 EStG 1988. Daraus ergebe sich, dass sich die Steuerbefreiung nur auf die Einkünfte aus Einsätzen beziehe, die aus einem Einsatzvertrag im Sinne des Entwicklungshelfergesetzes resultierten.
Im Beschwerdefall sei Entwicklungszusammenarbeit im Sinne des § 2 Abs. 2 EZA-G unmittelbar durch den Bund (konkret das BMJ) durch die Entsendung von Personal geleistet worden. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Entsendung habe § 1 Z 1 lit. a iVm § 2 Abs. 1 KSE-BVG (Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland) gebildet. Der Beschwerdeführer sei zwar als Justizexperte entsendet worden, aber nicht als Arbeitnehmer oder im Auftrag einer österreichischen Entwicklungsorganisation im Sinne des § 3 Abs. 2 EZA-G, sondern im Auftrag des Bundes. Er habe für den Zeitraum seiner Entsendung die (nach dem Tarif zu versteuernden) monatlichen Gehälter auf Grund seiner dienstrechtlichen Stellung im BMJ sowie entsprechende (als steuerfrei behandelte) Auslandszulagen (in Höhe von rund 18.870 EUR) gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 AZHG bezogen. Weder der Bund selbst als Gebietskörperschaft noch das BMJ als Einrichtung des Bundes zählten weiters zu den sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften im Sinne des § 3 Abs. 2 EZA-G.
Die Beschwerde sieht die Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid darin, dass dieser in unzulässiger Weise "in das in § 3 Abs 1 Z 11 EStG gesetzlich gewährleistete Recht des Beschwerdeführers auf Befreiung seiner Einkünfte von der Einkommensteuer" eingreife.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Nach § 3 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 sind Einkünfte, die Fachkräfte der Entwicklungshilfe (Entwicklungshelfer oder Experten) als Arbeitnehmer von Entwicklungsorganisationen im Sinne des § 3 Abs. 2 des Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes (EZA-G), BGBl. I Nr. 49/2002, für ihre Tätigkeit in Entwicklungsländern bei Vorhaben beziehen, die dem Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik (§ 9 EZA-G) entsprechen, von der Einkommensteuer befreit.
Für die Einbeziehung der Entwicklungshelfer in den Katalog der Steuerbefreiungen erstmals durch das AbgÄG 1981, BGBl. Nr. 620, in § 3 Z 14a EStG 1972 waren soziale Gründe maßgebend (vgl. die EB zum AbgÄG 1981, RV 850 BlgNR 15. GP 15, sowie Hofstätter/Reichel , Kommentar zum EStG 1972,§ 3 Tz 14a; zu dem im Rahmen der Steuerbefreiungen zu beachtenden verfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebot vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2013/15/0183).
Die gesetzliche Grundlage für die Entsendung von Fachkräften der Entwicklungshilfe durch österreichische Entwicklungsorganisationen bildet das Entwicklungshelfergesetz, BGBl. Nr. 574/1983 (vgl. Hofstätter/Reichel , Kommentar zum EStG 1988,§ 3 Tz 18). Auch in den EB zu diesem Gesetz wird die soziale Komponente angesprochen, wenn es z.B. heißt, dass es sich beim Einsatz der Fachkräfte zweifelsohne um eine vornehmlich idealistisch motivierte, also nicht auf Erwerb abzielende Tätigkeit handle, die aber ohne materielle Grundlage auch nicht denkbar sei (vgl. RV 36 BlgNR 16. GP 5).
§ 4 Entwicklungshelfergesetz sieht den Abschluss eines schriftlichen Dienstvertrages über den Einsatz (Einsatzvertrag) zwischen der Entwicklungshilfeorganisation und der Fachkraft vor, der u.a. Angaben zur Höhe des Entgeltes zu enthalten hat (§ 4 Z 2 leg. cit.).
In der Beschwerde wird zwar vorgebracht, dass der Beschwerdeführer "durch das BMJ mit Zustimmung des Ministerrats und des Hauptausschusses des Nationalrats nach dem KSE-BVG entsendet worden" sei (wofür offensichtlich auch steuerfreie Auslandszulagen nach dem Auslandszulagen- und -hilfegesetz - AZHG, BGBl. I Nr. 66/1999 idgF, gewährt wurden). Dass eine Entsendung nach Maßgabe des Entwicklungshelfergesetzes (auf Grund eines Einsatzvertrages) vorgelegen wäre, geht allerdings auch aus der Beschwerde nicht hervor (der Beschwerdeführer begehrte laut Berufung auch nur die Steuerfreistellung rund der Hälfte seiner laufenden Einkünfte aus dem "Bundesdienst" wegen des halbjährigen Aufenthaltes im Kosovo). Damit gelingt es der Beschwerde aber schon deshalb nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die in der Beschwerde allein thematisierte Frage, ob dem Bund (dem BMJ) auch die Stellung einer Entwicklungsorganisation iSd § 3 Abs. 2 EZA-G (als sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaft) zukommen kann, kann damit dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am