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VwGH vom 27.02.2008, 2007/03/0222

VwGH vom 27.02.2008, 2007/03/0222

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner sowie die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A C in W, vertreten durch Dr. Manfred Winkler, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Henslerstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom , Zl M63-2543/2007, betreffend Entziehung eines Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 in Verbindung mit § 6 Abs 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl Nr 951/1993 (BO 1994), den Taxiausweis für die Dauer von 36 Monaten entzogen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides legte die belangte Behörde zunächst den Verfahrensgang sowie die anzuwendenden Rechtsvorschriften dar und verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der Vertrauenswürdigkeit. Sodann führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde festgestellt, dass der (Beschwerdeführer) rechtskräftig schuldig erkannt wurde

Vom Landesgericht für Strafsachen,

1.) Mit Urteil vom , Zl. ..., am in Wien M.S. durch die wiederholte Aufforderung, sie möge ihm 'einen blasen' und 'an ihm herumspielen', wobei er diese an deren Oberarmen packte und gewaltsam zum Taxi zurückzerrte, ihr dabei teilweise auch den Mund zuhielt, ihr sodann mit dem Taxi nachfuhr, sie mit diesem an den Beinen berührte und gegen einen Zaun drängte, sowie sich auch während dieser Gewaltanwendungen dahingehend äußerte, 'dass sie still sein solle, sonst würde ihr etwas passieren', sohin mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, zur Vornahme eines Oralverkehrs und Handverkehrs an ihm, demnach einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht zu haben und hierdurch das Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Absatz 1 StGB begangen zu haben (Strafe:

Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten, davon 10 (zehn) Monate bedingt).

Sachverhaltsmäßig ging das Gericht davon aus, dass der (Beschwerdeführer) am gegen 5.00 Uhr einen Fahrgast, nämlich Frau M.S., auf deren Wunsch heimwärts beförderte und diese während der Fahrt mit anstößigen Äußerungen provozierte. Auf Grund der ihm gegenüber 'abweisenden Reaktion' der Frau S. fuhr der (Beschwerdeführer) entgegen der vereinbarten Fahrroute in den Prater und verlangte dort in Form von geschlechtlichen Handlungen 'Gutmachung für seine verletzte Männlichkeit'. Dabei rückte er im bereits stehenden PKW von der Fahrerseite zu Frau S. auf die Beifahrerseite, woraufhin diese sofort das Taxi verließ. Der (Beschwerdeführer) folgte ihr, wollte ihr das Handy wegnehmen und zerrte sie schließlich unter Wiederholung seiner Forderung, sie solle ihm 'einen blasen und an ihm herumspielen' unter anderem durch gewaltsames Packen an beiden Oberarmen zurück zum Taxi, wobei er der sich vehement wehrenden und schreienden Frau S. zeitweise den Mund zuhielt. Auf Grund der heftigen Gegenwehr von Frau S. ließ der körperlich weit überlegene (Beschwerdeführer) von ihr ab und stieg ins Taxi, worauf Frau S. vom Taxi weglief. Der (Beschwerdeführer) setzte daraufhin sein doloses Vorhaben, Frau S. gegen deren Willen sei es mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Vornahme des Oral- und Handverkehrs zu nötigen, sogleich fort, folgte der flüchtenden Frau S. mit dem Taxi und drängte sie schließlich gegen einen Zaun, indem er das Taxi vor M.S. zum Zaun hinlenkte, sogar deren Beine berührte, sodass ihr die Fluchtrichtung versperrt war. Auch während dieser Verfolgung forderte der (Beschwerdeführer( den Oral- und Handverkehr. Zur Untermauerung dieser Forderung äußerte der (Beschwerdeführer) gegenüber Frau S. auch, dass dieser etwas passieren würde, sollte sie seiner Forderung nicht nachkommen. Da Frau S. sich nicht nur körperlich heftig wehrte, sondern auch die meiste Zeit schrie und sich bis zuletzt weigerte, der Forderung des (Beschwerdeführers) nachzukommen, ließ dieser von seinem Vorhaben ab und fuhr davon. Der (Beschwerdeführer) agierte bei sämtlichen geschilderten gewalttätigen und drohenden Handlungen auch in der Absicht, durch Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib - oder Leben mit Frau S. den Oral- und Handverkehr, sohin eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung, vorzunehmen."

Die belangte Behörde stellte weiters fest, dass der Beschwerdeführer näher dargestellte Verwaltungsübertretungen begangen habe.

In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei der Begehung der versuchten Vergewaltigung um eine besonders schwerwiegende Übertretung handle. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes stehe fest, dass der Beschwerdeführer bei der Begehung dieses Deliktes gerade seine Position als Taxilenker ausgenützt und das Vertrauen eines Fahrgastes, welches ihm dieser durch die Funktion als Taxilenker entgegengebracht habe, aufs Gröbste missbraucht habe. Er habe eine junge Frau, die mit dem Wunsch, heimwärts zu fahren, in sein Taxi gestiegen sei, zunächst während der Beförderung durch unsittliche und anstößige Bemerkungen provoziert und beleidigt. In der Folge habe er den Umstand, dass die ihm körperlich weit unterlegene Frau sich bereits in seinem Taxi befunden habe und ihm dadurch gewissermaßen "ausgeliefert" gewesen sei, insofern ausgenützt, als er ohne ihr Wissen und Einverständnis die ausgemachte Fahrtroute abgeändert und zu einer abgelegenen Stelle gefahren sei, die es ihm ermöglichen sollte, sie teilweise durch Anwendung von Gewalt und Vornahme von massiven Drohungen zu geschlechtlichen Handlungen zu zwingen. In diesem Sinne habe er die Verfügungsgewalt über das Taxi und den Verlauf der Fahrt für sein Vorhaben ausgenützt. Selbst der vehemente Widerstand seines Opfers habe ihn zunächst nicht von seinem Vorhaben abbringen können, er habe vielmehr seine Forderungen gegenüber dem Opfer auch dann noch wiederholt, als dieses sich schon auf der Flucht befunden habe. Überdies habe der Beschwerdeführer sein Taxi dazu benützt, seinem Opfer den Fluchtweg abzuschneiden und durch Berühren der Beine weitere Gewalteinwirkungen zu erzielen. Lediglich auf Grund der massiven Gegenwehr und des permanenten Schreiens seines Opfers habe der Beschwerdeführer erst nach einiger Zeit von seinem kriminellen Vorhaben abgelassen.

In diesem Geschehen manifestiere sich ein Persönlichkeitsbild, das auf unkontrollierte Triebhaftigkeit, große Unbeherrschtheit und völlige Gleichgültigkeit gegenüber der seelischen und körperlichen Integrität eines Menschen, insbesondere der von Frauen, und eine tiefe Aggressivität schließen lasse. Erschwerend komme hinzu, dass der Beschwerdeführer den "gesamten strafrechtswidrigen Sachverhalt" in Ausübung seines Berufes als Taxilenker verwirklicht und er überdies sein für die Ausübung seines Berufes bestimmtes Fahrzeug zur Begehung der Tat benützt und missbraucht habe.

Im Hinblick darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen habe, dass schon das Vergehen einer leichten Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB die Vertrauenswürdigkeit erschüttern könne, auch wenn dieses nicht im Zusammenhang mit der Ausübung des Taxilenkerberufes verwirklicht worden sei, könne kein Zweifel daran bestehen, dass dies umso mehr für das vom Beschwerdeführer begangene Delikt gelten müsse. Dazu kämen die vom Beschwerdeführer in den Jahren 2003, 2006 und zuletzt am begangenen Verstöße gegen Bestimmungen der StVO 1960 und des KFG 1967, die ein kontinuierliches Fehlverhalten sowie die Bereitschaft, Bestimmungen zur Wahrung der Verkehrssicherheit zu missachten, belegten. Angesichts der Schwere der verwirklichen Delikte und im Hinblick auf das kontinuierliche Fehlverhalten sei für die Wiedererlangung der Vertrauenswürdigkeit ein längerer Zeitraum des Wohlverhaltens erforderlich. Auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, der geltend gemacht habe, auf die Berufstätigkeit angewiesen zu sein, könne kein Bedacht genommen werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1850/07, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl Nr 951/1993 (BO 1994), ist der Taxilenkerausweis von der Behörde für einen angemessenen Zeitraum zu entziehen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, jedoch angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird.

§ 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 fordert als eine der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises die Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers; diese muss zumindest in den letzten fünf Jahren vor Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens des Antragstellers zu beurteilen. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Gleichklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf § 10 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl Nr 85/1952 (nunmehr § 13 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996) obliegt.

Bei der Beurteilung des Verhaltens eines Bewerbers um einen Taxilenkerausweis ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgt, feststeht. Im Falle der Begehung einer Verwaltungsübertretung ist für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 das dem Bescheid, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zu Grunde liegende Verhalten maßgeblich (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0159, mwN).

Angesichts der Bindung an das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom erweist sich das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, den materiellen Wahrheitsgehalt der gegen ihn erhobenen Vorwürfe von Amts wegen zu prüfen und sich mit dem Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung begnügt, als nicht zielführend.

Im Übrigen bemängelt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde die Dauer der Entziehung des Taxilenkerausweises von 18 Monaten (wie von der Erstbehörde verfügt) auf 36 Monate verlängert habe. Dadurch habe sie ihr Ermessen überschritten.

Auch damit ist die Beschwerde aber nicht im Recht:

Die belangte Behörde hat sich nicht etwa mit dem Hinweis auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers begnügt, sondern im Einklang mit der hg Rechtsprechung das der Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten festgestellt.

Vor dem Hintergrund, dass in § 6 Abs 1 Z 3 BO ein Beobachtungszeitraum von fünf Jahren für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Bewerbers um einen Taxilenkerausweis normiert wird und angesichts des besonders gravierenden, wiederholten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, der das in ihn gesetzte Vertrauen seines weiblichen Fahrgastes massiv missbraucht hat, kann die Entziehung des Taxilenkerausweises für eine Dauer von 36 Monaten nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am