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VwGH vom 21.04.2010, 2007/03/0206

VwGH vom 21.04.2010, 2007/03/0206

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2007/03/0207 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des T B in B, Deutschland, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom , Zl UVS-1-243/E4-2007, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer dreier Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) für schuldig erkannt. Die mit dem angefochtenen Bescheid neu gefassten Schuld- sowie

Strafaussprüche lauten wie folgt:

"...

Sie haben Folgendes Gefahrgut befördert: LEERES TANKFAHRZEUG,

LETZTES LADEGUT: UN 1173 ETHYLACETAT 3, II.

Sie haben sich als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung der Firma B GmbH Co KG in B, diese ist Beförderer von Gefahrgut, im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG nicht vergewissert,

1: ob die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen angebracht sind.

Am Fahrzeug waren seitlich und hinten keine Großzettel/Placards angebracht. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie II einzustufen.

2: dass die Beförderungseinheit mit orangefarbenen Tafeln - mit Zahl - gekennzeichnet ist. Am Fahrzeug fehlten die erforderlichen orangefarbenen Tafeln zw. waren nicht aufgeklappt, sodass die Nummern zur Kennzeichnung der Gefahr und die UN Nummer nicht sichtbar waren.

Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie I einzustufen.

3: dass das erforderliche Beförderungspapier ordnungsgemäß mitgeführt wurde. Es wurde kein richtig ausgefülltes Beförderungspapier mitgeführt, da der Lenker lediglich ein Beförderungspapier für das voll geladene Tankfahrzeug mitführte. Für das leere ungereinigte Tankfahrzeug fehlte ein Beförderungspapier mit den wie folgt angeführten und geforderten Angaben: 'leeres Tankfahrzeug, letztes Ladegut:

UN 1173 ETHYLACETAT, 3, II'

Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen

und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung

in die Gefahrenkategorie I einzustufen.

Tatzeit: , 09.10 Uhr

Tatort: Dornbirn, A 14/Rheintalautobahn, Höhe Ausfahrt

Dornbirn Nord, Richtungsfahrbahn Tirol

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1: § 27 Abs. 3 Ziffer 5 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1a Ziffer 6 GGBG iVm. ... ADR

2: § 27 Abs. 3 Ziffer 5 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1a Ziffer 6 GGBG iVm. ... ADR

3: § 27 Abs. 3 Ziffer 5 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1a Ziffer 2 GGBG iVm. ... ADR

Wegen dieser/diesen Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zu
Geldstrafe Euro
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Gemäß
1
200,00
50 Stunden
§ 27 Abs. 3 lit b GGBG
2
1.100,00
24 Stunden
§ 27 Abs. 3 lit b GGBG
3
800,00
16 Stunden
§ 27 Abs. 3 lit b GGBG"

Nach Darlegung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sowie des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B GmbH, die Komplementärin der Firma B GmbH Co KG sei, welche das gegenständliche - näher bestimmte - Gefahrgut befördert habe. Im Zuge einer Gefahrgutkontrolle am beim Zollamtsplatz beim Güterbahnhof Wolfurt sei festgestellt worden, dass das Fahrzeug nicht als Gefahrgutfahrzeug gekennzeichnet gewesen sei - es hätten die orangefarbenen Tafeln im Sinne des Unterabschnitts 5.3.2.1.1 ADR sowie die Großzettel (Placards) gefehlt und sei das mitgeführte Beförderungspapier nicht richtig ausgefüllt gewesen, weil die Worte "leeres Tankfahrzeug" und der Ausdruck "letztes Ladegut" sowie die in Absatz 5.4.1.1.1 a bis d vorgeschriebenen Angaben nach ADR für das letzte Ladegut gefehlt hätten.

Der Einwand des Beschwerdeführers, die Erstbehörde sei zur Durchführung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht zuständig gewesen, sei unberechtigt, weil nach § 27 Abs 7 GGBG in den Fällen des § 27 Abs 2 Z 3 GGBG und des § 27 Abs 3 Z 5 GGBG, also hinsichtlich der Strafbarkeit des Beförderers, wenn dieser die Gefahrgutbeförderung entgegen der in diesen Rechtsvorschriften enthaltenen Vorschriften durchführe, der Ort der Betretung als Tatort gelte. Der Ort der Betretung liege im Verwaltungsbezirk der Erstbehörde, weshalb zum einen der Tatort im Inland gelegen sei und zum anderen die Erstbehörde zur Durchführung des gegenständlichen Strafverfahrens örtlich zuständig sei.

Der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementärin der die gegenständliche Beförderung durchführenden Gesellschaft sei für die unterlassene Kennzeichnung des Fahrzeugs und das Nichtmitführen eines den Vorschriften des ADR entsprechenden Beförderungspapiers verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Wenn er sich auf ein in der Firma eingerichtetes Kontrollsystem berufe, so sei dieses nicht effektiv genug gewesen, um Mängel der gegenständlichen Art hintanzuhalten: Der Beschwerdeführer habe lediglich geltend gemacht, es seien die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel und Kennzeichnungen angebracht, die Beförderungseinheit mit orangefarbenen Tafeln sowie mit Zahlen gekennzeichnet gewesen und die erforderlichen Beförderungspapiere ordnungsgemäß mitgegeben worden, als die Fahrzeuge den Unternehmenssitz verlassen hätten. Der Beschwerdeführer habe "sämtliche in Rede stehenden Fahrzeuge und Ladungen, soweit es in seinem Machtbereich gestanden sei, allen Vorschriften des GGBG und den einschlägigen Verordnungen und Erlässen entsprechend bestückt"; er habe "in seinem Unternehmen ein System installiert, bei dem mit gutem Grund davon ausgegangen werden habe können, dass Übertretungen des GGBG auszuschließen sind".

Ein Beförderer habe aber auch sicherzustellen, dass das Fahrzeug und die notwendigen Unterlagen während der ganzen Fahrt den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Unterlassungen nach den Spruchpunkten 2 und 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses seien der Gefahrenkategorie I, die Unterlassung nach Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Gefahrenkategorie II zuzuordnen (was jeweils näher begründet wurde).

Der Beschwerdeführer habe hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Unterlassungen ein zumindest grob fahrlässiges Verhalten zu vertreten. Auf Grund des zu berücksichtigen Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit erscheine es vertretbar, hinsichtlich der fehlenden Großzettel (Spruchpunkt 1) die gesetzlich vorgeschriebene Mindeststrafe zu verhängen. Dies sei bei der mit Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (fehlende Kennzeichnung mit den orangefarbenen Tafeln) verhängten Strafe im Hinblick darauf, dass die Nichtkennzeichnung des Fahrzeugs als Gefahrgutfahrzeug im Fall eines Unfalles schwerwiegende Folgen haben könnte, aber nicht möglich. Unter Berücksichtigung eines bis EUR 50.000,-- reichenden Strafrahmens sei die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe keinesfalls als überhöht anzusehen. Eine Anwendung des § 21 VStG sei schon wegen des erheblichen Verschuldens des Beschwerdeführers nicht möglich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Die maßgebenden Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, BGBl I Nr 145/1998 idF BGBl I Nr 118/2005 (GGBG), lauten auszugsweise wie folgt:

"Pflichten von Beteiligten

§ 7. (1) Die an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten haben die nach Art und Ausmaß der vorhersehbaren Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Schadensfälle zu verhindern und bei Eintritt eines Schadens dessen Umfang so gering wie möglich zu halten. Sie haben jedenfalls die für sie jeweils geltenden Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften einzuhalten. ...

(2) Der Beförderer hat im Rahmen des Abs. 1 insbesondere die im 4., 5. und 6. Abschnitt angeführten Pflichten des Beförderers.

...

Besondere Pflichten von Beteiligten

§ 13. ...

(1a) Der Beförderer hat im Rahmen des § 7 Abs. 1

...

2. sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden;

...

6. sich zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen angebracht sind;

...

Strafbestimmungen, besondere Vorschriften für das Strafverfahren

§ 27. ...

(3) Wer

...

5. als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs 1a Z 2, 3, 4, 6, 7, 9 oder 10 oder § 23 Abs 2 Z 2,3 oder 6 oder § 24a Abs 1 Z 2, 3, 4, 5, 6 oder 7 befördert oder

...

begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist,

a) wenn gemäß § 15a in Gefahrenkategorie I einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 750 Euro bis 50.000 Euro oder

b) wenn gemäß § 15a in Gefahrenkategorie II einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 100 Euro bis 4000 Euro oder

...

im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe zu bestrafen, die bei Geldstrafen gemäß lit. a oder b bis zu sechs Wochen betragen kann.

...

(7) In den Fällen des Abs. 2 Z 3 und Abs. 3 Z 5 gilt als Tatort der Ort der Betretung."

2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe grundsätzlich "ein Recht auf eine volksöffentliche mündliche Verhandlung vor einem in der Sache entscheidenden Tribunal". Die Unterlassung der Durchführung einer solchen Verhandlung verstoße gegen Art 6 EMRK und begründe einen relevanten Verfahrensmangel, der zwingend zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses zu führen habe.

Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht zielführend, weil die belangte Behörde der Aktenlage nach eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, zu der der Beschwerdeführer geladen worden war und auch erschienen ist. Dass die Öffentlichkeit von dieser Verhandlung ausgeschlossen gewesen sei, ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich; solches wird von der Beschwerde auch gar nicht behauptet.

2.2. Die Beschwerde macht weiter geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, konkrete Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu treffen. Sie habe sich mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten schuldausschließenden, rechtfertigenden und entschuldigenden Umständen nicht auseinander gesetzt.

Bei den in Rede stehenden Übertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs 1 VStG.

Der Beschwerdeführer hätte daher glaubhaft machen müssen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Es wäre ihm oblegen, zur Umsetzung seiner gegenüber seinen Hilfsorganen bestehenden Kontrollpflichten ein wirksames begleitendes Kontrollsystem einzurichten, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden kann. Damit ein solches Kontrollsystem den Beschwerdeführer von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung hätte befreien können, hätte er konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden.

Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer ein zur Glaubhaftmachung, es treffe ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden, taugliches Vorbringen erstattet hat. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren lediglich vorgebracht, bei Verlassen des Unternehmenssitzes seien die notwendigen Kennzeichnungen an den Fahrzeugen angebracht und die erforderlichen Beförderungspapiere ordnungsgemäß mitgegeben worden. Er habe als nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs 1 VStG "sämtliche in Rede stehenden Fahrzeuge und Ladungen, soweit es in seinem Machtbereich stand, allen Vorschriften des GGBG und den einschlägigen Verordnungen und Erlässen entsprechend bestückt". Er habe "in seinem Unternehmen ein System installiert, bei dem mit gutem Grund davon ausgegangen werden konnte, dass Übertretungen des GGBG auszuschließen sind."

Dass mit diesem - nicht weiter konkretisierten - Vorbringen das Bestehen eines tauglichen Kontrollsystems nicht dargelegt wird, bedarf keiner weitwendigen Ausführungen. Im Hinblick darauf kommt auch den diesbezüglich geltend gemachten Verfahrensmängeln keine Relevanz zu. Nur der Vollständigkeit halber ist klarzustellen, dass der vorliegende Beschwerdefall die Veranlassung einer Rückfahrt (Leerfahrt mit ungereinigtem Tankwagen) betrifft, weshalb das Vorbringen, "bei Verlassen des Unternehmenssitzes" hätten das Fahrzeug und die Beförderungspapiere den gesetzlichen Vorschriften entsprochen, nicht zielführend ist.

2.3. Hinsichtlich der Argumentation der Beschwerde, der Sitz des vom Beschwerdeführer vertretenen Beförderungsunternehmens liege in Deutschland, weshalb davon auszugehen sei, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung nicht im Inland begangen wurde und weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde zuständig gewesen seien, reicht ein Hinweis auf § 27 Abs 7 GGBG:

Danach gilt in den Fällen des § 27 Abs 2 Z 3 und Abs 3 Z 5 GGBG - also (ua) bei Beförderung gefährlicher Güter entgegen § 13 Abs 1a Z 2 und 6 GGBG - als Tatort der Ort der Betretung. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bezieht sich diese Bestimmung nicht etwa auf den Lenker des Fahrzeugs, sondern (die Fälle des § 27 Abs 2 Z 3 und Abs 3 Z 5 GGBG normieren Strafbestimmungen gegen den Beförderer gefährlicher Güter) auf den Beförderer.

2.4. Eine Anwendbarkeit des § 21 VStG, wie die Beschwerde schließlich meint, scheidet schon wegen des Fehlens bloß geringfügigen Verschuldens aus.

3. Die Beschwerde erweist sich daher als insgesamt unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil eine solche bereits vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne des Art 6 EMRK, stattgefunden hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am