VwGH vom 21.05.2014, 2011/13/0045
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0202-G/07, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0095, zu verweisen, mit dem ein Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland u.a. insoweit, als er die nunmehr noch strittige Einkommensteuer für das Jahr 1996 betraf, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.
Die Einkommensteuer für das Jahr 1996 war nach einer abgabenbehördlichen Prüfung mit Bescheid vom unter Zugrundelegung eines Gesamtbetrages der Einkünfte von S 0,00 mit S 0,00 festgesetzt worden. Im Berufungsverfahren hatte der Beschwerdeführer u.a. geltend gemacht, er habe neben anderen Einkünften auch solche als Geschäftsführer einer deutschen GmbH bezogen, an der er auch zur Hälfte beteiligt gewesen sei. Durch die Insolvenz dieser GmbH im Juli 1996 seien Bürgschaften und Haftungen in Millionenhöhe wirksam geworden, deren steuerliche Berücksichtigung als Verluste zu prüfen sei. Im Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion war dazu ausgeführt worden, die in Deutschland erzielten Einkünfte seien nach dem DBA-Deutschland von der österreichischen Besteuerung freizustellen und damit zusammenhängende Verluste gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 nicht abzugsfähig. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom musste auf diesen Streitpunkt nicht eingegangen werden. Der Aufhebung des Berufungsbescheides lag in Bezug auf die Einkommensteuer zugrunde, dass die belangte Behörde die verlustbringende Tätigkeit des Beschwerdeführers als Gastronom in Wien mit unzureichender Begründung als Liebhaberei eingestuft hatte.
Mit Berufungsvorentscheidung vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 1996 erneut mit EUR 0,00 fest, wobei es nun aber negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 665.179,00 feststellte. Es war dies der Betrag, den die Berufungsbehörde im ersten Rechtsgang als Verlust aus der als Liebhaberei gewerteten Tätigkeit als Gastronom ermittelt hatte.
In der als Vorlageantrag gewerteten "Berufung" gegen die Berufungsvorentscheidung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die "Nichtberücksichtigung von beantragten Anlaufverlusten" in Deutschland. Er legte eine Aufstellung vor, aus der die Höhe seiner schlagend gewordenen Haftungen aus Bürgschaften einerseits und als Geschäftsführer für Steuern und Abgaben andererseits hervorging, und brachte in der Berufungsverhandlung u.a. vor, "wegen der Geschäftsführerhaftung betreffend die Sozialabgaben in Deutschland" habe er "von den Kassen" entsprechende Zahlungsaufforderungen erhalten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid vom ohne Auseinandersetzung mit dem Auslandsbezug des Falles als unbegründet ab, wozu sie in ihren Erwägungen ausführte, strittig sei "nunmehr allein, ob die Übernahme von Bürgschaften" für die GmbH in Deutschland, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführer gewesen sei, berücksichtigt werden könne. Nach der - im angefochtenen Bescheid ausführlich wiedergegebenen - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei dies zu verneinen, weil die Übernahme der Bürgschaften in einem Fall wie dem vorliegenden durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch die Tätigkeit als Geschäftsführer veranlasst sei.
Ausführungen dazu, dass und weshalb die im ersten Rechtsgang ermittelten, in der Berufungsvorentscheidung erstmals berücksichtigten Verluste aus Gewerbebetrieb nicht festzustellen seien, traf die belangte Behörde nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wendet sich weiterhin gegen die Nichtberücksichtigung der in Deutschland erlittenen Verluste, womit er in Bezug auf die im angefochtenen Bescheid behandelten Bürgschaften aus den schon von der belangten Behörde dargelegten Gründen keine Rechtswidrigkeit aufzeigt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die dem angefochtenen Bescheid insoweit zugrunde liegt, zuletzt etwa die Hinweise im Erkenntnis vom , 2009/13/0071). Auf die Haftungen für Steuern und Abgaben, die den Beschwerdeführer im Streitjahr als Geschäftsführer trafen und mit denen sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt hat, treffen die für die Bürgschaften maßgeblichen Erwägungen nicht in gleicher Weise zu (vgl. insoweit etwa das hg. Erkenntnis vom , 95/13/0288, VwSlg 7618/F), sodass der angefochtene Bescheid in diesem Punkt eine in der Beschwerde zutreffend kritisierte Begründungslücke aufweist.
Durch die Abweisung der Berufung gegen den Bescheid vom hat die belangte Behörde aber auch den in der Berufungsvorentscheidung vom festgestellten Verlust aus der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Gastronom in Wien nicht mehr berücksichtigt, ohne dies - in Auseinandersetzung mit dem Vorerkenntnis vom - zu begründen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am