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VwGH vom 21.10.2010, 2009/07/0051

VwGH vom 21.10.2010, 2009/07/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

1. des FS und 2. der MS, beide in K, beide vertreten durch Mag. Dr. Christian Janda Rechtsanwalts KG in 4550 Kremsmünster, Herrengasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. IKD(Gem)-524521/9-2008- Si/Gan, betreffend Versagung einer Ausnahme vom Anschlusszwang nach dem Oö. Wasserversorgungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom ersuchten die Beschwerdeführer den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde um Befreiung von der Anschlussverpflichtung an deren öffentlicher Wasserversorgungsanlage. Die Beschwerdeführer führten begründend aus, dass sie über einen hauseigenen Brunnen zur Versorgung mit Trink- und Nutzwasser verfügte. Aus dem Anschluss an die gemeindeeigene Wasserversorgung erwachse ihnen keinerlei Nutzen. Zudem seien die Kosten für den Anschluss unverhältnismäßig hoch.

Die mitbeteiligte Gemeinde holte dazu eine Stellungnahme einer Ziviltechniker GmbH ein, in welcher ausgeführt wurde, dass das anzuschließende Objekt der Beschwerdeführer rund 5 m neben dem öffentlichen Gut (L.-Straße) liege, in der auch die öffentliche Wasserleitung verlaufe. Mit einer rund 12 m langen Hausanschlussleitung könne das Objekt erschlossen werden. Da dies dem üblichen Abstand in einem Ortsgebiet entspreche, könne auf keinen Fall davon ausgegangen werden, dass die Anschlusskosten gegenüber den üblichen Anschlusskosten in der mitbeteiligten Gemeinde unverhältnismäßig höher seien. An die öffentliche Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Gemeinde seien auch genügend Objekte angeschlossen, deren Hausanschlusslängen 20 bis 30 m oder mehr betrügen. Die unterschiedlichen Detaillösungen "für die jeweiligen Einleitungen und Durchführungen in das anzuschließende Objekt selber" könnten kein Entscheidungskriterium für die Ausnahme vom Anschlusszwang gemäß § 3 Abs. 2 Z. 3 Oberösterreichisches Wasserversorgungsgesetz (Oö. WasserversorgungsG), LGBl. Nr. 24/1997, darstellen.

Diese Stellungnahme wurde den Beschwerdeführern zum Parteiengehör übermittelt.

Mit Schriftsatz vom führten die Beschwerdeführer zur Stellungnahme der Ziviltechniker GmbH aus, dass diese als Entscheidungskriterium nur den Abstand der Liegenschaft der Beschwerdeführer zur öffentlichen Wasserversorgungsanlage herangezogen habe. § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG spreche von Anschlusskosten. Diese seien in § 1 Interessentenbeiträge-Gesetz (Oö. InteressentenbeiträgeG), LGBl. Nr. 28/1958 idF. LGBl. Nr. 57/1973, geregelt. Demnach dürfte die Höhe der Interessentenbeiträge nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies nicht zu den für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen stehen. Die Beschwerdeführer verfügten über einen eigenen Hausbrunnen. Auch sei das Haus der Beschwerdeführer kein "Normhaus", sondern ein altes, von dicken und hohen Gemäuern umgebenes Gebäude. Die beiden Aspekte des Oö. InteressentenbeiträgeG - nämlich der nicht vorhandene Nutzen aus dem Ortswasserleitungsnetz und die Eigenart des Gebäudes - begründeten eine Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG.

Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde das Ansuchen der Beschwerdeführer "um Ausnahme vom Anschlusszwang Ihrer Liegenschaft" ab.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung keine Folge gegeben.

Begründend wurde ausgeführt, dass § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG eine Ausnahme vom Anschlusszwang nur dann zulasse, wenn die Kosten für den Anschluss, gemäß den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde, unverhältnismäßig hoch wären. Es gehe um die "reinen technischen Anschlusskosten" und nicht um die nach dem Oö. InteressentenbeiträgeG bzw. der Wassergebührenordnung der mitbeteiligten Gemeinde nach Herstellung des Anschlusses vorzuschreibenden Wasserleitungs-Anschlussgebühren. Dass die technischen Anschlusskosten nicht unverhältnismäßig seien, belege die Stellungnahme der Ziviltechniker GmbH.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde.

Begründend führten sie darin aus, dass die Anschlusskosten im Sinne des § 3 Abs. 3 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG nicht nur "die technischen Aspekte" betreffen würden. Ansonsten würde dem § 1 Abs. 3 InteressentenbeiträgeG jeglicher Anwendungsbereich genommen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe der §§ 1 bis 3 Oö. WasserversorgungsG führte die belangte Behörde begründend aus, dass unter "Anschlusskosten" ausschließlich die Kosten zu subsumieren seien, die für den Anschluss eines Objektes an die Versorgungsleitung entstünden. Darunter fielen daher jedenfalls nicht die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Kosten, die aus der Herstellung der Zuleitung auf ihrem Grundstück bis zu ihrem Haus anfielen und schon gar nicht die durch den Anschluss bewirkten Wasserleitungs-Anschlussgebühren in Höhe von EUR 5.615,25.

In der Stellungnahme der Ziviltechniker GmbH werde ausgeführt, dass das anzuschließende Objekt rund 5 m neben dem öffentlichen Gut (L.-Straße) liege, in der auch die öffentliche Wasserleitung verlaufe und mit einer rund 12 m langen Hausanschlussleitung erschlossen werden könne. Da dies dem ortsüblichen Abstand entspreche, könne auf keinen Fall davon ausgegangen werden, dass die Anschlusskosten gegenüber den üblichen Anschlusskosten in der Gemeinde unverhältnismäßig höher wären.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit Beschluss vom , Zl. B 76/09 - 3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer führen aus, dass die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach unter den "Anschlusskosten" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG ausschließlich die Kosten zu subsumieren seien, die für den Anschluss eines Objektes an die Versorgungsleitung entstünden, unzutreffend sei. Die "Anschlusskosten" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG würden nicht nur die technischen Aspekte betreffen, da ansonsten § 1 Abs. 3 Oö. InteressentenbeiträgeG jeglicher Anwendungsbereich genommen würde. § 1 Abs. 3 Oö. InteressentenbeiträgeG sei vielmehr bei den Anschlusskosten im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG zu berücksichtigen.

In seinem Erkenntnis vom , Zlen. 2008/07/0143 bis 0146, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird und welchem ein der vorliegenden Rechtssache vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Begriff der "Anschlusskosten" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG auseinander gesetzt.

Nach § 2 Abs. 2 Oö. WasserversorgungsG iVm § 3 der Verordnung der zu den Zlen. 2008/07/0143 bis 0146 mitbeteiligten Gemeinde, mit der eine Wasserleitungsordnung für die dort mitbeteiligte Gemeinde erlassen wurde (WLO) - wobei dieser Bestimmung auch § 3 der WLO der nunmehr mitbeteiligten Gemeinde entspricht - sind unter den "Kosten für den Anschluss" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG die Kosten für den Anschluss (=Verbindung) an die Verbrauchsleitung, für die Errichtung der Anschlussleitung selbst bis zur Übergabestelle und für die Errichtung der Übergabestelle zu verstehen. Nach der Errichtung dieser Leitungen und Anlagen ist das Objekt an die Versorgungsleitung angeschlossen.

Nach § 1 Abs. 1 lit. b Oö. InteressentenbeiträgeG werden die Gemeinden auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung ermächtigt, den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage - Wasserleitungs-Anschlussgebühr zu erheben.

Nach § 1 Abs. 3 Oö. InteressentenbeiträgeG darf an Interessentenbeiträgen jeweils nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen entspricht. Die Höhe der Interessentenbeiträge darf ferner nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen stehen.

Bereits aus dem im zitierten hg. Erkenntnis vom grundgelegten Verständnis der Anschlusskosten im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG ergibt sich, dass die vom Beschwerdeführer angesprochenen Interessentenbeiträge nicht darunter zu subsumieren sind. Interessentenbeiträge sind nämlich wirtschaftlich gesehen als Entgelt für die von der Gemeinde erbrachten Leistungen - hier der Beitrag zu den Kosten der Errichtung der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage - zu verstehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0192, mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes). Dieser Interessentenbeitrag zu den Errichtungskosten der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage hat nichts mit den Kosten für die Errichtung der Leitungen und Anlagen zum Zwecke des Anschlusses an die Versorgungsleitung der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage zu tun.

Mit der im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht, wonach unter "Anschlusskosten" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 3 Oö. WasserversorgungsG jedenfalls nicht die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Kosten, die aus der Herstellung der Zuleitung auf ihrem Grundstück bis zu ihrem Haus anfielen, zu verstehen seien, hat die belangte Behörde jedoch ihren Bescheid aus den im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom genannten Gründen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am