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VwGH vom 22.05.2012, 2011/12/0181

VwGH vom 22.05.2012, 2011/12/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des M P in G, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. Präs. 19605/2011- 1, betreffend Feststellungen i.A. Dienstzeit und Überstundenabgeltung, zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Feuerwehrmann in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.

Im Sommer 2010 (im angefochtenen Bescheid wird als Datum sowohl der 30. Juli als auch der genannt) fasste der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz einen Beschluss, welcher auszugsweise wie folgt lautet:

"1. Den im 24-stündigen Branddienst stehenden

Bediensteten der Feuerwehr der Stadt Graz werden 43 dienstfreie Tage/Wechseldienste pro Jahr (im Jahr 2010 46 Wechseldienste) gewährt. Der Beschluss des Stadtsenates vom , GZ. Präs.-

K 41/1985-6 ('Erhöhung der dienstfreien Tage bei der Feuerwehr der Stadt Graz'), tritt mit Ablauf des außer Kraft.

2. Die Verordnung des Stadtsenates vom

betreffend die Nebengebühren der Beamten der Landeshauptstadt Graz (Nebengebührenordnung 1991), zuletzt geändert durch Stadtsenatsbeschluss vom , wird im 'BESONDEREN TEIL' wie folgt abgeändert:

Artikel I

Im Abschnitt '§ 31 b DO - Pauschalvergütung für verlängerte Wochenarbeitszeit' wird der Unterabschnitt 'Feuerwehr der Stadt Graz' durch folgenden Unterabschnitt ersetzt:

' Abteilung für Katastrophenschutz und Feuerwehr Bedienstete des Branddienstes (im '24-Stunden-Wechseldienst')


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Verw. gr. B .................................................................... ................
EUR 1.407,50 mtl.
Verw. gr. C .................................................................... ................
EUR 1.173,20 mtl.
Verw. gr. D .................................................................... ................
EUR 1.032,30 mtl.'

Artikel II

Artikel I tritt mit in Kraft.

...

4. Die bis zum angehäuften

Mehrdienstleistungen der Bediensteten des Branddienstes werden wahlweise wie folgt abgegolten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
o in Freizeit, und zwar
⅔ der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen im Verhältnis 1:1,
⅓ der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen im Verhältnis 1:1,5 o d e r
o in bar, und zwar
⅔ der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen mit der Grundvergütung für Überstunden gem. § 31a Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung,
⅓ der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen mit der Grundvergütung und einem Zuschlag in der Höhe von 50% der Grundvergütung."

In einer Eingabe vom wendete sich der Beschwerdeführer gegen die durch Punkt 1. dieses Beschlusses intendierte Erhöhung seines durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsausmaßes von 61,5 auf 64,4 Stunden, welche er als "einseitige und daher unzulässige Änderung des Vertrages" wertete. Weiters stehe die in Punkt 4. dieses Stadtsenatsbeschlusses vorgesehene Art der Vergütung von Mehrdienstleistungen im Widerspruch zu § 31a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 30/1957 (im Folgenden: DO Graz). Der Beschwerdeführer stellte in dieser Eingabe folgende Anträge:

"Ich beantrage daher bescheidmäßig darüber abzusprechen, dass mir der bisherige Anspruch auf die in Frage gestellten 6 'Freischichten' uneingeschränkt weiterhin zusteht.

Ich beantrage weiters darüber bescheidmäßig abzusprechen, dass

die Abgeltung von Mehrdienstleistungen (Überstunden) in

Freizeit in der Form von

- 2/3 der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen im

Verhältnis 1 : 1 und

- 1/3 der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen im

Verhältnis 1 : 1,5 o d e r

in bar, und zwar:

- 2/3 der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen

mit der Grundvergütung für Überstunden gem. § 31 a Abs 3 der

Dienst- und Gehaltsordnung der Stadt Graz

- 1/3 der jeweils angefallenen Mehrdienstleistungen

mit der Grundvergütung und einem Zuschlag in der Regel von 50 %

der Grundvergütung

nicht der diesbezüglichen Regelung der Dienst- und

Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz entspricht

und daher rechtswidrig ist."

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde der Antrag betreffend die "Freischichten" abgewiesen (Spruchpunkt I.), jener betreffend die Feststellungen zur Abgeltung von Mehrdienstleistungen hingegen zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde im Wesentlichen aus, der Antragsteller könne sich in Ansehung seines mit Spruchpunkt I. abgewiesenen Antrages auf keine gültige Rechtsgrundlage stützen, insbesondere sei der Beschluss des Stadtsenates vom nicht mehr in Kraft. Ein Vertrag komme als Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung auf Grund des öffentlich-rechtlichen Charakters des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Die Neufestsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit der im Branddienst stehenden Bediensteten der Berufsfeuerwehr der Stadt Graz sei "auf Grund bestehender Erfordernisse im Bereich der Budgetkonsolidierung" durchgeführt worden. Infolge einer Erhöhung der Vergütung für verlängerte Wochenarbeitszeit werde sie auch monetär abgegolten. Sie verkörpere eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende, durch § 17 Abs. 1 DO Graz gedeckte Neufestsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit und sei daher als rechtmäßig zu qualifizieren.

Die vom Beschwerdeführer zum Gegenstand des zu Spruchpunkt II. zurückgewiesenen Feststellungsantrages gemachte Rechtsfrage sei im Zuge eines Verfahrens zur Bemessung einer Überstundenvergütung gemäß § 31a DO Graz zu klären. Der subsidiäre Rechtsbehelf eines Feststellungsbescheides in Bezug auf diese Rechtsfrage stehe daher nicht offen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er insbesondere auch geltend machte, dass die nunmehr erhöhte durchschnittliche Wochendienstzeit eine gesundheitliche Gefährdung der Feuerwehrleute mit sich bringen könne.

Der mit Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides zurückgewiesene Feststellungsantrag sei zulässig, weil er eine entsprechende Klarstellung des Berechnungsmodus auch für zukünftige Zeiträume gestatte. Überdies sei es dem Beamten auch nicht zumutbar, eine konkrete Bezifferung seiner ihm zeitraumbezogen jeweils zustehenden Ansprüche auf Überstundenvergütung vorzunehmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers sowohl gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides (siehe Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides) als auch gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides (siehe Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides) als unbegründet abgewiesen.

In Ansehung des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde zunächst den Stadtsenatsbeschluss aus 2010 samt dem (letztlich beschlossenen) darauf gerichteten Antrag wieder. Letzterer geht davon aus, dass eine nach Unionsrecht erforderliche Zustimmung der Dienstnehmer zur Verlängerung ihrer Arbeitszeit erfolgen werde.

Sodann traf die belangte Behörde folgende Sachverhaltsannahmen:

"Der Berufungswerber ist in der Abteilung für Katastrophenschutz und Feuerwehr im Branddienst beschäftigt. Die organisatorische Diensteinstellung stellt sich für Bedienstete im Branddienst wie folgt dar:

Die Bediensteten des Branddienstes versehen ihren Dienst in sogenannten Wechseldiensten. Ein Wechseldienst dauert 24 Stunden. Ein Feuerwehrmann hat jeden zweiten Tag einen Wechsel/Schichtdienst. Der Dienst beginnt um 7.30 Uhr und endet um

7.30 Uhr des nächsten Tages. Dann hat ein Feuerwehrmann bis um

7.30 Uhr des darauffolgenden Tages frei. Ein Schichttag beginnt um

7.30 Uhr mit der Geräteübernahme. Zwischen 8.00 und 8.30 Uhr fängt der Arbeits- und Übungsdienst an, wobei die Bediensteten in Werkstätten eingeteilt sind. Zwischen 9.00 und 9.30 Uhr ist Pausenzeit. Auf den Arbeits- und Übungsdienst folgt eine von 12.00 und bis 14.00 Uhr dauernde Mittagspause an die wiederum ein bis 18.00 Uhr dauernder Arbeits- und Übungsdienst anschließt. Daran schließt sich bis 7.30 Uhr des nächsten Tages dauernder Bereitschaftsdienst an. Während der Nacht besteht in der einsatzfreien Zeit Schlaferlaubnis, an Samstagen findet der Übungs- /Arbeitsdienst zwischen 7.30 und 9.00 Uhr und 9.30 bis 12.00 Uhr statt. Nachmittags ist Bereitschaftsdienst. An Sonn- und Feiertagen gibt es keinen Übungs- und Arbeitsdienst.

Der Wechseldienst beinhaltet somit neben den Einsatzzeiten auch Bereitschaftszeiten und Ruhezeiten, bei denen die Intensität der Dienstleistungen der Beamten naturgemäß geringer ist als bei aktiven Dienstleistungen. Diese besonderen Umstände wurden generell gemäß § 31b Abs. 2 DO bei der Bemessung der Pauschalvergütung für verlängerte Wochenarbeitszeit berücksichtigt.

Mit Beschluss des Stadtsenates vom wurde der Beschluss des Stadtsenates der Stadt Graz vom , GZ.Präs.- K-41/1985-6, abgeändert. Der Beschluss aus 1994 gewährte 49 dienstfreie Tage/Wechseldienste. Mit der neuen Regelung aus 2010 wurden den Bediensteten des Branddienstes die dienstfreien Tage um sechs Freischichten gekürzt, sodass künftig von jedem Mitarbeiter des Branddienstes sechs Wechseldienste im Jahr mehr zu leisten sind, wodurch sich das durchschnittliche wöchentliche Arbeitsausmaß von 61,5 auf 64,4 Stunden erhöht.

Diese geringfügige Erhöhung der Wechseldienst - Arbeitszeit hatte zufolge, dass die sogenannte Wechseldienstzulage, die als Pauschalvergütung für verlängerte Wochenarbeitszeit gemäß § 31b DO im Branddienst gewährt wird, wie im Beschluss von 2010 ersichtlich, angehoben wurde."

Sodann gab die belangte Behörde den Wortlaut des § 17 Abs. 1 DO Graz wieder und führte weiters aus, dass die die Dienstzeit betreffenden Stadtsenatsbeschlüsse aus 1994 und 2010 nicht - wie gesetzlich vorgesehen - im Amtsblatt der Stadt Graz verlautbart worden seien. Daraus folge aber, dass ihnen nicht der Charakter einer Rechtsverordnung zukomme, weshalb der Beschwerdeführer insbesondere auch aus dem Stadtsenatsbeschluss aus dem Jahr 1994 keine subjektiven Rechte ableiten könne. Sodann heißt es im angefochtenen Bescheid:

"Hinsichtlich der Erhöhung der Wechseldienst - Wochenarbeitszeit von 61, 5 auf 64,4 Stunden wird auf die im Stadtsenatsbeschluss vom - und vom Antragsteller nicht in Frage gestellten erwähnten ausdrücklichen Zustimmung - der Bediensteten im Branddienst zu 61,5 Wechseldienst - Stunden, verwiesen; dabei wurde im Stadtsenatsbeschluss 2010 auch von einer fiktiven Zustimmung zur 64,4 Stunden ausgegangen, insb. weil sich dafür auch die Höhe der Pauschalvergütung für verlängerte Wochenarbeitszeit änderte, die den entsprechenden Ausgleich für die Erhöhung auf 64,4 Stunden und den dem Wesen des Branddienstes entsprechenden Rahmenbedingungen, wie zb Einsatz-, Bereitschafts- und Ruhezeiten während eines Wechseldienstes darstellt.

Dabei ist zu beachten, dass sich die Wechseldienstarbeitszeiten seit 1985 mehrmals änderten. 1985 gab es 44 Freischichten, 1994 wurde auf 49 Freischichten erhöht, 2010 wurden die Freischichten dann wieder um 6 reduziert. Den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid, dass die nunmehrige, geringfügige Erhöhung eine stichtagsbezogene, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Neufestsetzung der regelmäßigen Wechseldienst - Dienstzeit der im Branddienst stehenden Bediensteten darstellt, welcher auch durch eine entsprechende Erhöhung der Pauschalvergütung für verl. Wochenarbeitszeit entsprochen wurde, kann daher gefolgt werden.

Ein subjektives Recht auf Einhaltung der EU- Arbeitszeitrichtlinie wird nicht geltend gemacht, auch der Wechseldienst im Branddienst oder die diesbezügl.

besoldungsrechtlichen Rahmenbedingungen (Bezüge, Höhe der Nebengebühren etc.) sind nicht Antragsgegenstand. Der Antragsteller begehrt, wie bereits erwähnt, nur ein sich aus dem Stadtsenatsbeschluss von 1994 aufgrund einer Weisung sich ergebendes Recht.

Der auf eine Weisung gestützte Anspruch hinsichtlich der Anzahl an Freischichten bzw. Wechseldienst- Dienstzeit, wie sie der Berufungswerber im Ergebnis geltend machte, war daher mangels Vorliegens eines subjektiven Rechtes abzuweisen."

In Ansehung der Frage der Zulässigkeit des mit Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides zurückgewiesenen Feststellungsantrages teilte die belangte Behörde die Rechtsauffassung der erstinstanzlichen Behörde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 Abs. 1 DO Graz in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 65/2000 lautet:

"§ 17

Arbeitszeiten, Beschäftigungsausmaß

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit ist nach den besonderen Bedürfnissen für die einzelnen Verwendungen vom Stadtsenat festzusetzen."

Art. 1, Art. 6, Art. 15, Art. 17 und Art. 22 der nach ihrem Art. 28 am in Kraft getretenen Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL) lauten (auszugsweise):

"Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1) Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.

(2) Gegenstand dieser Richtlinie sind

a) die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten,

der Mindestjahresurlaub, die Ruhepausen und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie

...

Artikel 6

Wöchentliche Höchstarbeitszeit

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer:

a) die wöchentliche Arbeitszeit durch innerstaatliche

Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder in Tarifverträgen oder

Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern festgelegt wird;

b) die durchschnittliche Arbeitszeit pro

Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet.

...

Artikel 15

Günstigere Vorschriften

Das Recht der Mitgliedstaaten, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder die Anwendung von für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten, bleibt unberührt.

...

Artikel 17

Abweichungen

(1) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3 bis 6, 8 und 16 abweichen, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann, ...

...

(3) Gemäß Absatz 2 dieses Artikels sind Abweichungen von den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16 zulässig:

...

c) bei Tätigkeiten, die dadurch gekennzeichnet sind,

dass die Kontinuität des Dienstes oder der Produktion

gewährleistet sein muss, und zwar insbesondere bei

...

iii) ... Feuerwehr- oder Katastrophenschutzdiensten.

...

Artikel 22

Es ist einem Mitgliedstaat freigestellt, Artikel 6 nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass

a) kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt,

im Durchschnitt des in Artikel 16 Buchstabe b) genannten Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentagezeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich hierzu bereit erklärt;

b) keinem Arbeitnehmer Nachteile daraus entstehen,

dass er nicht bereit ist, eine solche Arbeit zu leisten;

c) der Arbeitgeber aktuelle Listen über alle

Arbeitnehmer führt, die eine solche Arbeit leisten;

d) die Listen den zuständigen Behörden zur Verfügung

gestellt werden, die aus Gründen der Sicherheit und/oder des Schutzes der Gesundheit der Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit unterbinden oder einschränken können;

e) der Arbeitgeber die zuständigen Behörden auf

Ersuchen darüber unterrichtet, welche Arbeitnehmer sich dazu bereit erklärt haben, im Durchschnitt des in Artikel 16 Buchstabe b) genannten Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentagezeitraums zu arbeiten."

In Ansehung des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, dass die durch die Kürzung der "Freischichten" bewirkte Erhöhung seiner durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 61,5 auf 64,4 Stunden ohne seine Zustimmung gegen den unmittelbar anwendbaren Art. 6 lit. b RL verstoße. Damit zeigt der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Bescheides auf:

Der Verwaltungsgerichtshof geht zunächst davon aus, dass der die sechs "Freischichten" betreffende Feststellungsantrag des Beschwerdeführers vom bei verständiger Würdigung dahingehend zu deuten war, es möge festgestellt werden, dass ihm die Einhaltung einer durch die Kürzung der in Rede stehenden "Freischichten" bewirkten durchschnittlichen wöchentlichen Dienstzeit von 64,4 Stunden in seinen Rechten verletze.

Anders als die belangte Behörde offenbar meint, war sie bei der von ihr vorgenommenen Prüfung der inhaltlichen Berechtigung des so zu verstehenden Antrages weder an die bestimmte Bezeichnung einzelner als verletzt behaupteter subjektiver Rechte (etwa in der Art der vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Rolle spielenden "Beschwerdepunkte") noch an bestimmte für die Unzulässigkeit der Erhöhung des durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsausmaßes im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführte rechtliche Gründe gebunden (als Geltendmachung solcher Gründe könnte die Berufung des Beschwerdeführers auf den Stadtsenatsbeschluss aus dem Jahr 1994, bzw. auf "Vertrag" allenfalls verstanden werden). Sie hatte vielmehr die Frage der Zulässigkeit der in Rede stehenden Erhöhung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit amtswegig anhand der gesamten Rechtsordnung zu prüfen, was auch die Frage ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht, im Besonderen mit Art. 6 lit. b RL umfasste (vgl. zur Verpflichtung von Verwaltungsbehörden, das Unionsrecht von Amts wegen zu beachten, etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0259).

Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der RL auf Einsatzkräfte einer staatlichen Feuerwehr genügt es auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom , C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg , Rz 61, und auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , Rs C- 243/09, Günter Fuß , Rz 44, zu verweisen. Das Vorliegen einer dort umschriebenen Ausnahmesituation ist aus den Feststellungen der Verwaltungsbehörden nicht abzuleiten. Der im angefochtenen Bescheid enthaltene Hinweis auf Zeiten einer (bloßen) Dienststellenbereitschaft verfängt nicht, weil auch solche Zeiten auf die in Art. 6 lit. b RL genannte durchschnittliche Arbeitszeit anzurechnen sind (vgl. hiezu das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur entsprechenden Rechtslage nach der Richtlinie 93/104/EG vom , Rs C-151/02, Norbert Jaeger , insbesondere Rz 100; sowie auch § 47a BDG 1979 idF BGBl. I Nr. 96/2007 und die hiezu veröffentlichten Gesetzesmaterialien, RV 296 BlgNR 23. GP zu Z. 1).

Zur Zustimmungsbedürftigkeit der Festlegung längerer als der in Art. 6 RL genannten durchschnittlichen Wochendienstzeiten vgl. im Übrigen Art. 22 Abs. 1 lit. a RL, wobei die Festlegung einer höheren Entschädigung für verlängerte Dienstzeit durch den Stadtsenat offenkundig nicht als "fiktive Zustimmung" einzelner Dienstnehmer im Verständnis der zitierten Richtlinienbestimmung gedeutet werden kann.

Schon indem die belangte Behörde in Verkennung der aufgezeigten Rechtslage die Vereinbarkeit der vom Beschwerdeführer bekämpften durchschnittlichen wöchentlichen Dienstzeit mit dem Unionsrecht ungeprüft ließ, belastete sie den Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben war.

In Ansehung des Spruchpunktes 2. des angefochtenen Bescheides vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides sei deshalb zulässig, weil die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen auch für die Bemessung seiner Überstundenvergütung für zukünftige Zeiträume von Bedeutung sein könnte. Dem ist Folgendes zu erwidern:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder - was hier nicht der Fall ist - im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/12/0209). Ein solcher Fall, in dem die Erlassung eines Feststellungsbescheides jedenfalls , also auch für den Fall, dass er für zukünftige Bemessungsakte von Bedeutung wäre, unzulässig ist, liegt hier vor, weil zu den "gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahren" im Verständnis der zitierten Vorjudikatur auch das Verfahren hinsichtlich einer in einem bestimmten Zeitraum konkret gebührenden Überstundenvergütung gehört (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/12/0095, und vom , Zl. 2010/12/0150).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie die Auffassung vertrat, dass die vom Beschwerdeführer aufgeworfene, für die Bemessung einer Überstundenvergütung für einen konkreten Zeitraum relevante Rechtsfrage nicht abgesondert feststellungsfähig ist. Zur Einleitung eines solchen Bemessungsverfahren für einen bestimmten Zeitraum ist es - anders als der Beschwerdeführer offenbar annimmt - auch nicht erforderlich im Antrag die Höhe der begehrten Überstundenvergütung zu beziffern.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gegen den Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Art. 6 EMRK steht dem nicht entgegen. Dies folgt für die Aufhebung des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Bescheides schon deshalb, weil dem Standpunkt des Beschwerdeführers vollinhaltlich Rechnung getragen wurde. In Ansehung des Spruchpunktes 2. ist darauf zu verweisen, dass der EGMR in seiner Entscheidung vom , Zl. 7401/04 ( Hofbauer Nr. 2/Österreich ), und vom , Nr. 17.912/05 ( Bösch/Österreich ), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es liegen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hochtechnische" Fragen betrifft. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine nicht komplexe durch die Vorjudikatur bereits geklärte rechtliche Frage der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides, sodass Art. 6 EMRK auch insoweit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegensteht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am