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VwGH vom 15.11.2007, 2007/03/0127

VwGH vom 15.11.2007, 2007/03/0127

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2007/03/0128 E

2007/03/0129 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl VwSen- 110729/2/Kl/Rd/Pe, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: BS in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, er habe als Unternehmer mit Sitz in M am gegen

6.20 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, Amtsplatz der Zollstelle Suben, mit einem nach den Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeug eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt worden sei (der Lenker des Fahrzeuges sei Staatsangehöriger eines Drittstaates gewesen). Er habe dadurch § 23 Abs 1 Z 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl Nr 593/1995 in der Fassung BGBl I Nr 23/2006, iVm Art 3 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 881/92 des Rates vom über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten verletzt; über den Mitbeteiligten wurde gemäß § 23 Abs 1 Einleitungssatz und § 23 Abs 4 GütbefG in der Fassung BGBl I Nr 23/2006 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden) verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid - der Sache nach ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe - erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dahingehend entschieden, dass der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde der dem Mitbeteiligten zur Last gelegte Tatvorwurf nicht unter § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG zu subsumieren sei, sondern unter § 7 Abs 1 iVm § 23 Abs 1 Z 3 GütbefG, da der Mitbeteiligte am Tattag über keine Fahrerbescheinigung für den Lenker verfügt habe. Die Bestimmung des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG ziele darauf ab, dass der Unternehmer im Besitz einer Berechtigung, hier der Fahrerbescheinigung, sei, jedoch nicht dafür gesorgt habe, dass diese auch mitgeführt werde. Der Mitbeteiligte habe die ihm vorgeworfene Tat daher nicht begangen. Hinsichtlich des nach Ansicht der belangten Behörde zutreffenden Tatvorwurfs, dass der Mitbeteiligte überhaupt nicht im Besitz einer Fahrerbescheinigung gewesen sei, sei keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt worden, sodass es der belangten Behörde verwehrt sei, eine dahingehende Spruchberechtigung vorzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 131 Abs 2 B-VG iVm § 21a GütbefG gestützte Amtsbeschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wurde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Der Mitbeteiligte hat keine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 23 Abs 1 Z 3 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung BGBl I Nr 23/2006 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-- zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 leg. cit. ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

Gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-

- zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

2. Die belangte Behörde geht davon aus, dass die dem Mitbeteiligten vorgeworfene Tathandlung unter § 23 Abs 1 Z 3 GütbefG iVm § 7 Abs 1 GütbefG zu subsumieren sei, da nach § 7 Abs 1 Z 1 GütbefG die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 GütbefG auch Unternehmern gestattet ist, die nach dem im Staat des Standorts ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 sind. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, vertritt sie dazu die Auffassung, dass mit dem Begriff der Gemeinschaftslizenz in § 7 Abs 1 Z 1 GütbefG auch die Fahrerbescheinigung gemäß Art 3 und 6 der Verordnung (EWG) Nr 881/92 (geändert durch die Verordnung (EG) Nr 484/2002) umfasst sei, dies jedenfalls seit durch die Novelle BGBl I Nr 23/2006 in § 25 Abs 2 GütbefG ausdrücklich auf die durch die Verordnung (EG) Nr 484/2002 geänderte Fassung der Verordnung (EWG) Nr 881/92 verwiesen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl 2004/03/0087 - für das zwar hinsichtlich des GütbefG noch die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 23/2006, hinsichtlich der Verordnung (EWG) Nr 881/92 jedoch bereits die Rechtslage nach deren Änderung durch die Verordnung (EG) Nr 484/2002 maßgebend war - festgehalten, dass eine Fahrerbescheinigung keine Gemeinschaftslizenz darstellt; auf die nähere Begründung in diesem Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden Güterbeförderung, ohne dass - obgleich der Fahrer Drittstaatsangehöriger ist - eine Fahrerbescheinigung vorliegt, sei § 23 Abs 1 Z 3 iVm § 7 Abs 1 GütbefG zu subsumieren, erweist sich daher als nicht zutreffend. Auch der Umstand, dass in § 25 Abs 2 GütbefG nunmehr die geänderte Fassung der Verordnung (EWG) Nr 881/2002 ausdrücklich zitiert ist, vermag daran nichts zu ändern, da bereits vor dieser Novelle des GütbefG mit der Bezugnahme auf die Verordnung (EWG) Nr 881/92 (ohne einzelne Änderungen ausdrücklich anzuführen) eine im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zulässige dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Fassung dieser Verordnung gegeben war, wie sich auch aus dem zitierten hg Erkenntnis vom ergibt (vgl ausdrücklich zur dynamischen Verweisung auf gemeinschaftsrechtliche Verordnungen das hg Erkenntnis vom , Zl 2004/02/0130).

3. Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift auch vor, dass nach § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG das demnach gebotene "Mitführen" der Fahrerbescheinigung voraussetze, dass eine solche überhaupt bestehe.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Nach der Verordnung (EWG) Nr 881/92 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist - mit einer Fahrerbescheinigung. Mit den Strafbestimmungen des GütbefG soll die Einhaltung der Verordnung (EWG) Nr 881/92 sichergestellt werden. Dabei pönalisiert § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG das Verhalten des Güterverkehrsunternehmers, der nicht dafür sorgt, dass erforderlichenfalls Gemeinschaftslizenzen und Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden. Schon aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass der Unternehmer der ihn treffenden Verpflichtung auch dann nicht nachkommt, wenn er eine erforderliche Fahrerbescheinigung gar nicht besorgt hat, sodass er sie dem Fahrer bei der Güterbeförderung auch nicht übergeben kann. Auch in diesem Fall hat er nicht dafür gesorgt, dass eine erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

Zwar trifft es zu, dass für die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden grenzüberschreitenden Güterbeförderung, ohne dass der Unternehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügt, eine gesonderte Strafnorm in § 23 Abs 1 Z 3 iVm § 7 Abs 1 Z 1 GütbefG vorgesehen ist; da jedoch im Hinblick auf die Fahrerbescheinigung keine dieser Bestimmung entsprechende Spezialnorm vorliegt, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht der Rechtsansicht der belangten Behörde anzuschließen, wonach in diesem Fall eine Bestrafung nach § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG ausgeschlossen wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am