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VwGH vom 10.04.2014, 2013/22/0326

VwGH vom 10.04.2014, 2013/22/0326

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2013/22/0380 E

2013/22/0323 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/29A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. HLS3-F-1222/002, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom wurde über den Beschwerdeführer, einen mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheirateten Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge und sie änderte den erstinstanzlichen Bescheid insoweit ab, als die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots mit fünf Jahren festgesetzt wurde.

Nach auszugsweiser Wiedergabe der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides und des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde aus (Schreibweise im Original):

"Hinsichtlich des dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhaltes kann auf die unstrittigen und zutreffenden Sachverhaltsdarstellungen des Erstbescheides verwiesen und konnten diese dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren zugrunde gelegt werden.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:"

Die belangte Behörde stellte sodann einige Bestimmungen des FPG (teilweise in historischer Fassung) dar und begründete weiter:

"Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu:

Grundsätzlich ist der behördlichen Würdigung der festgestellten Sach- und Rechtslage beizupflichten, welche aufgrund der bestehenden strafgerichtlichen Verurteilungen sowie des hervorgekommenen persönlichen Verhaltens des BW zur Feststellung gelangt, dass es im vorliegenden Fall der fremdenpolizeilichen Maßnahme des Aufenthaltsverbotes bedarf um einer vom BW ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit entgegenzuwirken.

Allerdings kann im vorliegenden Fall eine gewisse 'Art. 8 EMRK'-Relevanz (auch in Ansehung des eher in losen Bindungen gelebten Familienlebens des BW) nicht zur Gänze außer Acht gelassen werden, sodass mit einer Anpassung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes im spruchgegenständlichen Ausmaß vorgegangen werden konnte."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Beschwerdefall das FPG in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (August 2013) geltenden Fassung, BGBl. I Nr. 144/2013, zur Anwendung kommt.

Schon im Hinblick auf das berechtigte Beschwerdevorbringen, dass die belangte Behörde jegliche Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen vermissen lasse, kann der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach klargestellt hat, sind gemäß § 60 AVG in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies gilt auch für Berufungsbescheide, wobei die Berufungsbehörde auch auf Feststellungen der Unterinstanz verweisen kann, wenn sie in der Frage des Sachverhalts und der rechtlichen Beurteilung mit der ersten Instanz einer Meinung ist und der Berufungsinstanz keine durch die Begründung der Unterinstanz offen gelassene Frage vorgelegt worden ist. Auch in diesem Fall muss freilich aus der Begründung des Berufungsbescheides erkennbar sein, welche Sachverhaltsfeststellungen und/oder rechtliche Erwägungen der erstinstanzlichen Behörde die Berufungsbehörde übernimmt und die Berufungsbehörde muss zudem in der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennen lassen, in welcher Weise sie sich mit dem Berufungsvorbringen auseinander gesetzt hat oder auf Grund welcher Erwägungen sie entgegen dem Berufungsvorbringen an den Sachverhaltsfeststellungen und rechtlichen Ausführungen der ersten Instanz festhält (siehe das Erkenntnis vom , Zl. 2007/03/0041; vgl. auch das Erkenntnis vom , Zl. 2013/21/0198, wonach die bloße Wiedergabe des Inhalts des Verwaltungsaktes eine für die Parteien und den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbare Begründung nicht ersetzen kann).

Dem angefochtenen Bescheid fehlt es bereits an jeglicher nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen. Schon deshalb war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Fundstelle(n):
CAAAE-88959