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VwGH vom 28.04.2011, 2009/07/0019

VwGH vom 28.04.2011, 2009/07/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des JS in I, vertreten durch Dr. Gernot Gasser und Dr. Sonja Schneeberger, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Beda-Weber-Gasse 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom , Zl. LAS - 938/3-08, betreffend Behebung eines Bescheides und Zurückverweisung einer Angelegenheit der Bodenreform gemäß § 66 Abs. 2 AVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Bringungsgemeinschaft R-Weg, vertreten durch den Obmann BS und 2. FW), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (im Folgenden: AB) vom wurde das Parteienübereinkommen vom über die Einräumung landwirtschaftlicher Bringungsrechte (mit der Berechtigung zur Errichtung, Ausgestaltung, Erhaltung und Benützung eines ca. 3 m breiten nicht-öffentlichen Fahrweges) zugunsten der erstmitbeteiligten Partei in der KG I. genehmigt. Deren Mitglieder sind unter anderem die jeweiligen Eigentümer von Grundstücken in EZ 90081 KG I. (Beschwerdeführer) und EZ 90084 KG I. (zweitmitbeteiligte Partei und Miteigentümer). Als belastete Grundstücke sind im Bescheid unter anderem die Grst. Nrn. 1900 und 1926 in EZ 90084 KG I. angeführt. Mit Bescheid der AB vom wurden nach Maßgabe der Anlage "Verzeichnis der Vorteilsgrundstücke und der Beitragsanteile" weitere Grundstücke in die erstmitbeteiligte Partei einbezogen und das Anteilsverhältnis neu bestimmt.

Mit Eingabe an die AB vom brachte die zweitmitbeteiligte Partei vor, dass der Beschwerdeführer seinen Gästen, die in seiner Almhütte auf Grst. Nr. 1899 in EZ 90081 KG I. eingemietet seien, erlaube, den R.-Weg mit Kraftfahrzeugen zu befahren. Dieser Weg führe unter anderem über die Grst. Nrn. 1900 und 1926. Neben Haftungsproblemen würde durch das laufende Befahren ein unverhältnismäßiger hoher Erhaltungsaufwand entstehen. Die zweitmitbeteiligte Partei habe gegen den Beschwerdeführer eine Klage auf Unterlassung eingebracht. Diese Klage sei sowohl vom Bezirksgericht L (Urteil vom ) als auch vom Landesgericht I als Berufungsgericht (Urteil vom ) abgewiesen worden. Die Urteile würden aber keine Rechtssicherheit bieten. Beantragt werde daher die Feststellung durch die AB, dass die Befahrung des R.-Weges durch Gäste, die auf der Almhütte des Beschwerdeführers eingemietet seien, nicht gestattet werde. Weiters werde begehrt, dem Beschwerdeführer aufzutragen, dies künftig zu unterlassen und den R.-Weg nur in Umfang der landwirtschaftlichen Bringungsrechtseinräumung zu benützen.

Der Beschwerdeführer erstattete dazu die Stellungnahmen vom und vom . In seiner Stellungnahme vom stellte der Beschwerdeführer seinerseits mehrere Anträge. In einem Antrag begehrte er die Feststellung, dass bei der Festsetzung der Beitragsanteile die Vermietung seiner Almhütte an Gäste zur Sommerszeit berücksichtigt worden sei. Er habe somit einen gegenüber Außerachtlassung dieses Umstandes höheren Beitrag zu leisten.

Mit Bescheid der AB vom wurde über die Anträge des Zweitmitbeteiligten vom und des Beschwerdeführers vom dahingehend entschieden, dass


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-
der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Mitglied der erstmitbeteiligten Partei es zu unterlassen habe, die Befahrung des R.-Weges durch Gäste, die auf seiner Almhütte eingemietet seien, zu gestatten, und dafür zu sorgen habe, dass solches nicht geschehe (Spruchpunkt A I.);
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der Feststellungsantrag des Zweitmitbeteiligten als unzulässig zurückgewiesen wurde (Spruchpunkt A II.);
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festgestellt wurde, dass bei der Neufestsetzung der Beitragsanteile durch den Bescheid vom gemäß der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Anlage "Verzeichnis der Vorteilsgrundstücke und der Beitragsanteile" berücksichtigt worden sei, dass die Almhütte des Beschwerdeführers zur Sommerszeit an Gäste vermietet werde, indem bei der Berechnung der Beitragsanteile der durch den R.-Weg erschlossenen Almhütten ein höherer Waldgleichwert (Äquivalent) von 6 ha Wald guter Bonität zugrunde gelegt worden sei (Spruchpunkt B I.);
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die weiteren Feststellungsanträge des Beschwerdeführers gemäß § 8 AVG zurückgewiesen wurden (Spruchpunkt B II.).
Die AB begründete ihre Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt A I. damit, dass die Benützung des R.-Weges durch Gäste des Beschwerdeführers, welche in seiner Almhütte eingemietet seien, bescheid- und satzungswidrig erfolge. Die Rechtmäßigkeit der Benützung des Güterweges (mit PKW) auf den im Miteigentum der zweitmitbeteiligten Partei befindlichen Grundflächen durch Gäste des Beschwerdeführers würde die (gegenwärtig nicht vorhandene) Zustimmung der zweitmitbeteiligten Partei voraussetzen. Um künftig zu befürchtenden Störungen des Bringungsrechtes wirksam begegnen zu können, sei mit der Stattgebung des Unterlassungsbegehrens infolge des zu bejahenden Rechtschutzbedürfnisses der zweitmitbeteiligten Partei und der Wiederholungsgefahr vorzugehen. Die Unterlassungspflicht erfordere von dem zur Unterlassung Verpflichteten, auf Dritte (Gäste) im Sinne der Unterlassung einzuwirken.
Hinsichtlich Spruchpunkt B II. führte die AB begründend aus, dass - was die übrigen Anträge des Beschwerdeführers betreffe - einerseits über jene zum Unterlassungsbegehren der zweitmitbeteiligten Partei diametralen Anträge nicht abzusprechen sei, da diese mit der Stattgebung des Unterlassungsbegehrens miterledigt würden. Andererseits seien die weiteren Feststellungsanträge gemäß § 8 AVG mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung und infolge Fehlens eines erkennbaren, an den Bestimmungen des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung zu messenden Rechtsanspruches oder rechtlichen Interesses einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich.
Die "übrigen Anträge" des Beschwerdeführers, die unter Spruchpunkt B II. zurückgewiesen würden, während unter Spruchpunkt B I. einem der Feststellungsanträge entsprochen werde, seien, wie sich aus dem Zusammenhalt von Präambel und Spruch des Bescheides ergebe, der Antrag auf Feststellung, dass gegenständlich die Entscheidungskompetenz der AB nicht vorliege, Almhütten im V.-Tal und auch anderswo in Tirol vermietet würden und im Zusammenhang mit der Vermietung zur Sommerszeit ein Zufahrtsrecht bestehe.
An der Zuständigkeit der Agrarbehörde - so führte die AB schließlich begründend aus - vermöge das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes I vom nichts zu ändern. Dieses entfalte im gegebenen Zusammenhang vor dem Hintergrund des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes keine Bindungswirkung.
Gegen diesen Bescheid der AB vom erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Die Berufung richtet sich gegen die Spruchpunkte A I. und B II. Nach Ansicht des Beschwerdeführers stehe gemäß dem nicht in Berufung gezogenen Spruchpunkt B I. fest, dass die Vermietung seiner Almhütte zur Sommerszeit an Gäste bei der Berechnung der Beitragsanteile berücksichtigt und dieser zugrunde gelegt worden sei. Er betreibe auf seiner Almhütte weder einen Gast- noch einen Schankgewerbebetrieb. Die von ihm vorgenommene Vermietung stelle keine gewerbliche Tätigkeit dar. Das Angebot "Urlaub am Bauernhof" sei ein gesetzlich zulässiger bäuerlicher Nebenerwerb. Dieser sei auf insgesamt 10 Betten begrenzt und umfasse auch die Verabreichung von Speisen sowie nicht-alkoholischer Getränke und selbsterzeugter alkoholischer Getränke. Dies sei als "häusliche Nebenbeschäftigung" anzusehen und stelle daher kein Gewerbe dar. Ob es sich "darüber hinaus" um eine Privatzimmervermietung handle, sei irrelevant.
Der Gesetzgeber stelle - so führt der Beschwerdeführer in seiner Berufung weiter aus - bei Festsetzung des Anteilsverhältnisses innerhalb einer Bringungsgemeinschaft auf die (mögliche) Nutzbarkeit und nicht die tatsächliche Nutzung des Grundstückes ab. Bei der Beurteilung des Vorteils sei die Möglichkeit der Vermietung der Almhütten an Sommergäste (Nutzbarkeit) bereits berücksichtigt worden. Dies würde sich aus Spruchpunkt B I. des AB-Bescheides und aus dem vom Bezirksgericht L abgeführten Beweisverfahren ergeben.
Die Gäste, an die im Sinne des landwirtschaftlichen/häuslichen Nebenerwerbes ("Urlaub am Bauernhof") Almräume vermietet würden, seien unter den Begriff "Nutzungsberechtigte" im Sinne der Satzung der Bringungsgemeinschaft und des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes zu subsumieren. Die Art der Bewirtschaftung der Almhütte im bäuerlichen bzw. häuslichen Nebenerwerb (häusliche Nebenbeschäftigung) sei vom Zweck der Errichtung der Bringungsgemeinschaft gedeckt, was sich auf Grund der Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der Neuberechnung der Beitragsanteile ergeben würde. Zudem sei die Almhütte des Beschwerdeführers auf Grst. Nr. 1899 hinsichtlich ihres Verwendungszweckes noch nie eingeschränkt gewesen.
Wesentlich sei auch, dass sich die zweitmitbeteiligte Partei bei der Beitragsfestsetzung nicht gegen die Vermietung von Almhütten ausgesprochen und auch kein Rechtsmittel ergriffen habe. Die zweitmitbeteiligte Partei habe auch gegen die Zufahrt von Gästen über den R.-Weg zu anderen Almhütten keinen Einwand erhoben.
Der Antrag der zweitmitbeteiligten Partei hätte zurückgewiesen werden müssen, weil die Zuständigkeit der Agrarbehörde nicht gegeben sei. Auf Grund des bindenden Urteils des Bezirksgerichtes L und wegen Schikane seien seine Anträge unberechtigt. Da er - so führte der Beschwerdeführer schließlich in seiner Berufung aus - den Weg nur im Rahmen seiner Rechte benütze, sei der Antrag der zweitmitbeteiligten Partei mangels Beschwer zurückzuweisen. Die Zurückweisung seiner Feststellungsanträge (Spruchpunkt B II.) sei unbegründet erfolgt und rechtsirrig, weil die begehrten Feststellungen zur rechtlichen Beurteilung unabdingbar seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers Folge, behob den Bescheid der AB vom und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die AB zurück.
Nach Zitierung der bezughabenden Bestimmungen des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes führte die belangte Behörde begründend aus, dass die Rechtsansicht des Beschwerdeführers zur Zuständigkeit der AB nicht zu teilen sei. Das Klagebegehren, das dem Urteil des Bezirksgerichtes L, welches vom Landesgericht I als Berufungsgericht bestätigt worden sei, zugrunde gelegen sei, sei mit dem Antrag der zweitmitbeteiligten Partei vom nicht identisch. Zudem könne mit einem Gerichtsurteil die der Agrarbehörde nach dem Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetz eingeräumte Zuständigkeit nicht ausgeschlossen werden.
Der Spruch des Bescheides der AB vom gliedere sich in mehrere Punkte. Vom Beschwerdeführer würden mit der vorliegenden Berufung die Spruchpunkte A I. und B II. bekämpft. Die einzelnen Spruchpunkte stünden jedoch in einem inneren Zusammenhang. Es gehe nämlich um die Kernfrage des am R.-Weg berechtigten Benutzerkreises. Daher sei eine Trennbarkeit der Spruchpunkte in der Form, dass hinsichtlich der nicht bekämpften Spruchpunkte Teilrechtskraft des AB-Bescheides eingetreten sei, zu verneinen. Damit sei jedoch die unter Spruchpunkt B I. getroffene Feststellung nicht rechtskräftig. Wollte man nämlich eine Teilrechtskraft des AB-Bescheides vom hinsichtlich Spruchpunkt B I. annehmen, würde damit ein Widerspruch zum Spruchpunkt A I. erzeugt, weil dann im Zusammenhalt mit dem Bescheid vom die Feststellung unter Spruchpunkt B I. so zu verstehen wäre, dass die Benützung des R.-Weges durch die Mieter der Almhütte des Beschwerdeführers Inhalt des dem Beschwerdeführer als Eigentümer des berechtigten Grundstückes zustehenden Bringungsrechtes sei, sodass auch die in der Almhütte eingemieteten Gäste dorthin zufahren dürften. Mit diesem Ergebnis sei jedoch Spruchpunkt A I. nicht vereinbar.
Mit Bescheid der AB vom - so führte die belangte Behörde in der Begründung ihres angefochtenen Bescheides weiter aus - sei gemäß § 15 Abs. 2 und 4 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes das Anteilsverhältnis an der erstmitbeteiligten Partei nach Einbeziehung weiterer Grundstücke neu bestimmt worden. Aus der Begründung des Bescheides der AB vom gehe hervor, dass die AB davon ausgehe, bei Erlassung des Bescheides vom sei bei der Beurteilung des Vorteiles auf die Nutzbarkeit von Grundstücken durch Vermietung von Almhütten als einen den Umfang der Benützung der Bringungsanlage beeinflussenden Umstand durch einen entsprechend höheren Beitragsanteil Bedacht genommen worden. Zur Bekräftigung dieser Annahme werde durch die AB auf die Begründung des Urteils des Bezirksgerichtes L Bezug genommen.
Das Verständnis, das die Agrarbehörde dem Bescheid vom beimesse, lasse sich jedoch weder aus dem Bescheid selbst (einschließlich der Anlage "Verzeichnis der Vorteilsgrundstücke und der Beitragsanteile") noch aus dem vorausgegangenen Ermittlungsverfahren gewinnen. Mit Schreiben vom hätte die Dienststelle "Agrartechnik und Agrarförderung L" an die AB den von den Mitgliedern der erstmitbeteiligten Partei unterfertigten Antrag auf Einbeziehung weiterer Grundstücke und Neufestsetzung der Beitragsanteile nach Maßgabe der neuen Anteilsberechnung des Amtes für Agrartechnik und Agrarförderung L weitergeleitet und die "Unterlagen für Neuregelung" vorgelegt. Diese enthielten auch eine "Situationsbeschreibung", in der laut Schreiben der genannten Dienststelle die Gründe für die Neuregelung näher dargelegt seien. Hierüber sei am eine örtliche mündliche Verhandlung durchgeführt worden.
In der Verhandlungsschrift vom würde festgehalten, dass es innerhalb der erstmitbeteiligten Partei seit Jahren geübte Praxis sei, Almgebäude zu vermieten. Die zweitmitbeteiligte Partei habe erklärt, dass die Eigentümer von vermieteten Hütten einen Beitrag in die Kassa der erstmitbeteiligten Partei zu leisten hätten. Dazu habe der Verhandlungsleiter erklärt, dass über diese Frage in der Vollversammlung der Bringungsgemeinschaft abzusprechen sei. Dass bei der Neufestsetzung (Neufeststellung) der Beitragsanteile auf die Vermietung der Almhütte des Beschwerdeführers Bedacht genommen worden sei und sämtliche durch den R.-Weg erschlossenen Almhütten in die Beitragsberechnung mit einem Äquivalent von 6 ha Wald guter Bonität eingerechnet worden seien, wie in der Begründung des Bescheides der AB ausgeführt worden sei, lasse sich weder der Verhandlungsschrift noch den "Unterlagen für Neuregelung" entnehmen.
Die dem Spruchpunkt B I. zugrundeliegende Annahme stütze sich somit auf einen nicht hinreichend geklärten Sachverhalt. Sei der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine, so könne gemäß § 66 Abs. 2 AVG die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Von dieser Ermächtigung sei im vorliegenden Fall Gebrauch zu machen.
Abschließend verwies die belangte Behörde in ihrer Begründung auf die hg. Judikatur, wonach die Mitgliedschaft an einer Bringungsgemeinschaft und die damit verbundene Berechtigung der Benützung der Bringungsanlage inhaltlich darauf beschränkt sei, die Bringungsanlage zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen. Für ein Abgehen von diesem Grundsatz müssten - nach Ansicht der belangten Behörde - "wohl besondere Gründe vorliegen".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Beschwerdeführer äußerte sich in einer weiteren Eingabe zur Gegenschrift der belangten Behörde und erstattete eine Urkundenvorlage.
Die zweitmitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.
Das Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetz (GSLG), LGBl. Nr. 40/1970 idF LGBl. Nr. 57/2001, lautet auszugsweise:
"§ 1
Begriffsbestimmungen

(1) Ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes ist das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen.

(2) Bringungsrechte können auch die Berechtigung umfassen,

a) eine Bringungslage zu errichten, auszugestalten, zu erhalten, zu benützen und zu verwalten;


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b)
eine fremde Bringungsanlage zu benützen und auszugestalten;
c)
die zu bringenden Sachen auf fremdem Grund zu lagern;
d)
die zur Errichtung, Ausgestaltung und Erhaltung einer Bringungsanlage notwendigen Sachen über fremden Grund zu bringen und auf fremdem Grund zu lagern.
§ 14
Bildung von Bringungsgemeinschaften

(1) Wird ein Bringungsrecht, das die Berechtigung zur Errichtung einer Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 lit. a) oder zur Benützung einer fremden Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 lit. b) umfasst, zugunsten mehrerer Grundstücke von mindestens drei verschiedenen Eigentümern gemeinsamen eingeräumt, so bilden die Eigentümer dieser Grundstücke eine Bringungsgemeinschaft.

§ 15

Mitgliedschaft und Kostentragung

(1) …

(2) Das Ausmaß, in dem das einzelne Mitglied im Verhältnis zu den anderen Mitgliedern an der Erfüllung der Aufgaben der Bringungsgemeinschaft teilnimmt, bestimmt sich nach dem Anteilsverhältnis; es ist, sofern es nicht zwischen den Mitgliedern vereinbart wird, nach Maßgabe des Vorteils, den die Bringungsanlage dem Grundstück gewährt, von Amts wegen festzusetzen. Bei der Beurteilung des Vorteils ist auf alle den Umfang der Benützung beeinflussenden Umstände, insbesondere auf das Ausmaß und die Nutzbarkeit des Grundstückes sowie auf die benützte Streckenlänge, Bedacht zu nehmen.

(4) Wenn sich die für die Festlegung des Anteilsverhältnisses maßgebend gewesenen Umstände geändert haben, so ist in sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 das Anteilsverhältnis neu zu bestimmen.

§ 19

Zuständigkeit

Die Agrarbehörde hat neben den ihr in diesem Gesetz ausdrücklich übertragenen Aufgaben auf Antrag unter Ausschluss des Rechtsweges über Streitigkeiten zu entscheiden, die

a) Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines Bringungsrechtes oder

b) Entschädigungs- oder Beitragsleistungen nach diesem Gesetz betreffen oder

c) zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen."

2. Gemäß § 19 lit. c GSLG hat die Agrarbehörde neben den ihr in diesem Gesetz ausdrücklich übertragenen Aufgaben auf Antrag unter Ausschluss des Rechtsweges über Streitigkeiten zu entscheiden, die zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen. Wesentlich für die Zuständigkeit der Agrarbehörde ist, dass es sich um eine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis handelt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 8682). Streitigkeiten aus dem Gemeinschaftsverhältnis sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Rechte und Pflichten der Gemeinschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber der Gemeinschaft und Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft zum Gegenstand haben. Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis kann nur sein, was das GSLG 1970 und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Gemeinschaftsverhältnis bestimmen. Eine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis liegt vor, wenn das Gemeinschaftsverhältnis für die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestimmend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/07/0037, und vom , Zl. 97/07/0071).

Eindeutig liegt im Beschwerdefall eine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis über Bestand und Umfang eines Bringungsrechtes und damit nach § 19 GSLG 1970 die Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über diese Streitigkeit vor (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0019). Zutreffend führt die belangte Behörde daher aus, dass im Beschwerdefall die AB in Angelegenheiten entschieden hat, die unter § 19 lit. a und c GSLG 1970 subsumiert werden können. In solchen Angelegenheiten ist die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges zur Entscheidung zuständig. Damit erübrigte es sich auch seitens der Agrarbehörden auf die Beweisergebnisse im Zivilverfahren der zweitmitbeteiligten Partei gegen den Beschwerdeführer auf Unterlassung vor dem Bezirksgericht L und dem Landesgericht I einzugehen. Die Anträge, über die die AB in ihrem Bescheid vom abgesprochen hat, sind als Verwaltungsrechtssache den ordentlichen Gerichten entzogen.

3. Der Beschwerdeführer bekämpfte mit seiner Berufung an die belangte Behörde die Spruchpunkte A I. und B II. des Bescheides der AB vom . Der Beschwerdeführer meint, dass hinsichtlich des von ihm nicht bekämpften Spruchpunktes B I. Teilrechtskraft des Bescheides der AB vom eingetreten sei.

Nach der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht stünden hingegen die einzelnen Spruchpunkte des Bescheides der AB vom in einem inneren Zusammenhang. Es gehe nämlich bei diesen um die Frage des am R.-Weg berechtigten Benutzerkreises. Damit sei aber die Trennbarkeit der Spruchpunkte in der Form, dass hinsichtlich der nicht bekämpften Spruchpunkte Teilrechtskraft des Bescheides der AB vom eingetreten sei, zu verneinen. Damit könne die unter Spruchpunkt B I. von der AB getroffene Feststellung ungeachtet dessen, dass sie vom Beschwerdeführer nicht in Berufung gezogen worden sei, nicht rechtskräftig werden. Eine Teilrechtskraft des Bescheides der AB hinsichtlich Spruchpunkt B I. würde nämlich einen Widerspruch zu Spruchpunkt A I. erzeugen. Die Feststellung unter Spruchpunkt B I. habe zur Folge, dass die Benützung des R.-Weges durch die Mieter der Almhütte des Beschwerdeführers Inhalt des dem Beschwerdeführer als Eigentümer des berechtigten Grundstückes zustehenden Bringungsrechtes sei, sodass auch die in der Almhütte eingemieteten Gäste dorthin zufahren dürften. Mit diesem Ergebnis sei jedoch Spruchpunkt A I. nicht vereinbar.

4. Mit diesen Ausführungen hat die belangte Behörde die mangelnde Trennbarkeit der Spruchpunkte A I. und B I. des Bescheides der AB vom nur unzureichend dargelegt. In Spruchpunkt B I. wird nämlich lediglich festgestellt, dass bei der Neufestsetzung der Beitragsanteile durch den Bescheid der AB vom "berücksichtigt wurde, dass die Almhütte des … (Beschwerdeführer) … zur Sommerzeit an Gäste vermietet wird".

Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, dass die Sommergäste des Beschwerdeführers ein Recht hätten, den R.-Weg zu benützen. Ein solches Verständnis mag der Berechnung der Beitragsanteile zugrunde gelegt worden sein. Aus dem Wortlaut von Spruchpunkt B I. sind indessen keine Schlussfolgerungen über den Umfang der Bringungsrechtseinräumung und den Kreis der Benutzungsberechtigten zu ziehen. Die belangte Behörde unterlässt es auch nachvollziehbar darzulegen, warum es entgegen dem eindeutigen Wortlaut von Spruchpunkt B I. "um die Kernfrage des am … (R.-Weg) … berechtigten Benützerkreises geht". Dabei übersieht sie die Begründungsausführungen der AB in ihrem Bescheid vom (Seite 10 dieses Bescheides), wonach sich auf Grund ihrer Entscheidung zu A I. "mit Rechtskraft der normativen Erledigung dieser Streitfrage durch den gegenständlichen Bescheid … die für die Festlegung der Anteilsverhältnisse maßgebenden Umstände geändert" hätten. Die Vollversammlung der erstmitbeteiligten Partei werde sich demnach mit einer Beschlussfassung über die "Neubestimmung des Anteilsverhältnisses" auf Grund der Änderung der für dessen Festlegung maßgebend gewesenen Umstände zu befassen haben. In letzter Konsequenz wäre von Amts wegen eine Neufestsetzung der Beitragsanteile nach § 15 Abs. 2 GSLG vorzunehmen.

Damit geht jedoch die AB in der Begründung ihres Bescheides selbst von einer Trennbarkeit der Spruchpunkte A I. und B I. aus. Ein innerer Zusammenhang zwischen diesen Spruchpunkten ist demnach nicht gegeben.

5. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Berufungsbehörde nur in jenen Fällen kassatorisch nach § 66 Abs. 2 AVG vorgehen, in welchen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/07/0013, mwN). Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0079, mwN).

Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung nach § 66 Abs. 2 AVG auf den Umstand, dass die Spruchpunkt B I. zugrunde liegende Annahme auf einem nicht hinreichend geklärten Sachverhalt gründen würde. Dieser Verweis geht schon deswegen ins Leere, da - wie sich aus dem Vorgesagten ergibt - Spruchpunkt B I. in Folge seiner Trennbarkeit von Spruchpunkt A I. und der Tatsache, dass Spruchpunkt B I. nicht Gegenstand der Berufung des Beschwerdeführers an die belangte Behörde gewesen ist, in Rechtskraft erwachsen ist.

Damit genügt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht den Anforderungen, die ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG rechtfertigen würden.

6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-88946