VwGH vom 01.07.2009, 2007/03/0077
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des E B in S, Deutschland, vertreten durch Dr. Christian Hopp, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Ambergpark, Reichsstraße 126, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom , Zl UVS- 1-477/E6-2006, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom wurde dem Beschwerdeführer Folgendes angelastet:
"Sie haben nachstehende Verwaltungsübertretung(en) begangen:
Fahrzeug: ND-, ND-
1: Sie haben als Geschäftsführer und daher gemäß § 9 VStG Verantwortlicher der Firma B in S, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ zu verantworten, dass diese Firma nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten wurden. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von B W J gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass das gegenständliche KFZ zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendet wurde, obwohl außer österreichischen Güterbeförderungsunternehmern die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland nur Unternehmern gestattet ist, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind: Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92, oder einer Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom , oder einer Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich, oder auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.
Das KFZ war auf der Fahrt von - nach - und hatte Folgendes geladen: Leerfahrt.
Der Lenker hat keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt.
Tatzeit: , 10:45 Uhr
Tatort: Mäder, Mäderer Straße L58 KM: 06,150"
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs 1 Z 3 in Verbindung mit § 9 Abs 1 in Verbindung mit § 7 Abs 1 Z 1 GütbefG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 23 Abs 1 und 4 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt wurde.
In der Berufung gegen dieses Straferkenntnis wandte der Beschwerdeführer ein, er verfüge über eine CEMT-Genehmigung.
In der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung vom machte der Beschwerdeführer weiter geltend, er habe entgegen der Auffassung der Erstbehörde § 23 Abs 1 Z 3 GütbefG nicht verletzt, weil er keine Beförderung ohne die dafür erforderliche Berechtigung durchgeführt habe, habe er doch über entsprechende CEMT-Bewilligungen, die zum Zeitpunkt des Transportes gültig gewesen seien und das Unternehmen zur Durchführung von internationalen Umzügen und auch zur allfälligen Durchführung von Leerfahrten berechtigt hätten, verfügt. Er habe seinen verantwortlichen Mitarbeiter, den Disponent R. H. angewiesen, die jeweils notwendigen Unterlagen für die Fahrt vorzubereiten. Dieser habe irrtümlich übersehen, den Unterlagen die CEMT-Bewilligung beizufügen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit folgender Maßgabe bestätigt:
"In der Tatumschreibung (erster Satz) (hat) an die Stelle des Wortes 'Geschäftsführer' das Wort 'Inhaber' zu treten und an die Stelle der Worte 'Firma B in S, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ zu verantworten,' die Worte: 'Firma ABC Umzüge Bucher e.K. in D- S, und als Zulassungsbesitzer des angeführten Lkws mit dem Kennzeichen ND- zu verantworten,' zu treten. Weiters hat an die Stelle des vorletzten Satzes der Tatumschreibung folgender Satz zu treten: 'Der Kraftwagenzug, der sich auf einer gewerbsmäßigen Fahrt von Deutschland - über Österreich - in die Schweiz befand, war unbeladen (Leerfahrt).' Die Übertretungsnorm hat zu lauten: '§ 23 Abs 1 Z 8 iVm § 9 Abs 1 des Güterbeförderungsgesetzes (GütbefG) iVm Art 3 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr 484/2002'."
Nach einer Wiedergabe des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, des Inhalts der Berufung und des in der mündlichen Berufungsverhandlung erstatteten ergänzenden Berufungsvorbringens traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:
Der Lenker des LKWs mit dem Kennzeichen ND-, mit welchem der Anhänger mit dem Kennzeichen ND- gezogen wurde, J W B, wurde am um 10:45 Uhr vom Anzeigeleger Inspektor A G in Eider, LA 58, Höhe KM 6,150, anlässlich der Ausreise in die Schweiz einer Kontrolle unterzogen. Der genannte Kraftwagenzug war im gewerbsmäßigen Güterverkehr - von Deutschland kommend - in die Schweiz unterwegs, um in St. Moritz Umzugsgut zu laden, welches nach Deutschland zu verbringen war. Bei dieser Kontrolle konnte festgestellt werden, dass der Lenker keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt hat.
Zulassungsbesitzer des in Verwendung gestandenen LKWs war der Beschwerdeführer, der auch Inhaber der Firma A B e.K. ist.
In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, nach Art 3 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 881/92 idF VO (EG) Nr 484/2002 unterliege der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.
Nach § 9 Abs 1 GütbefG habe der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 GütbefG angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Als Nachweis der erforderlichen Berechtigung sei in § 7 Abs 1 Z 1 GütbefG u.a. die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 angeführt.
Nach § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG idF BGBl I Nr 23/2006 begehe, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwatungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-- zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.
Unternehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 GütbefG sei im gegenständlichen Fall die Firma A B e.K., dessen Inhaber der Beschwerdeführer sei.
Dieser sei als Inhaber zur Vertretung nach Außen berufen und daher nach § 9 Abs 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich (ein verantwortlicher Beauftragter sei nicht bestellt worden).
Unbestritten sei, dass der Lenker im Zuge der in Rede stehenden Fahrt keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt habe. Der Beschwerdeführer mache in diesem Zusammenhang geltend, dass der Disponent irrtümlich übersehen habe, die CEMT-Bewilligung den dem Fahrer mitzugebenden Unterlagen beizufügen. Der Dispont sei jedenfalls angewiesen worden, die jeweils notwendigen Unterlagen für die Fahrt vorzubereiten, weshalb den Beschwerdeführer selbst, so dessen Auffassung, kein Verschulden treffe.
Mit diesem Vorbringen habe der Beschwerdeführer aber, so die belangte Behörde, nicht einmal ansatzweise dargelegt, welche Maßnahme er konkret getroffen habe, um die Einhaltung der dem Disponenten erteilten Weisungen zu gewährleisten. Die bloße Erteilung von Weisungen ohne notwendige Kontrollen genüge jedenfalls nicht, mangelndes Verschulden darzutun.
Die Tatumschreibung sei ebenso wie die Übertretungsnorm nach dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung zu präzisieren gewesen. Eine unzulässige Auswechslung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung sei damit entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht verbunden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Die maßgebenden Bestimmungen des Güterbeförderungesgesetzes 1995, BGBl Nr 593/1995 idF BGBl I Nr 23/2006 (GütbefG), lauten - auszugsweise - wie folgt:
"Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs oder solchen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3 500 kg übersteigt, durch Beförderungsunternehmen und für den Werkverkehr mit solchen Kraftfahrzeugen. Es gilt nicht für Fuhrwerksdienste, auf die die Gewerbeordnung 1994 gemäß ihrem § 2 Abs. 1 Z 2 nicht anzuwenden ist.
...
Verkehr über die Grenze
§ 7. (1) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland ist außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:
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1. | Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92, | |||||||||
2. | Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom , | |||||||||
3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich, | ||||||||||
4. auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. | ||||||||||
Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs. 4 ergangen ist. | ||||||||||
... |
§ 9. (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.
...
§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer
(...)
3. Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;
(...)
6. § 9 Abs. 1 oder 3 zuwiderhandelt;
(...)
8. nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden;
(...)
(3) Strafbar nach Abs. 1 Z 3, Z 6, Z 8 oder Z 11 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.
(4) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sowie
Z 5 bis 7 hat die Geldstrafe mindestens 363 Euro zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 3 und Z 8 bis 11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 hat die Geldstrafe mindestens 1 453 Euro zu betragen."
2. Die Beschwerde macht unter anderem geltend, der Beschwerdeführer habe die ihm von der Erstbehörde vorgeworfene Übertretung des § 23 Abs 1 Z 3 GütbefG nicht begangen, weil sein Unternehmen über eine Genehmigung nach § 7 Abs 1 Z 2 GütbefG (CEMT-Genehmigung) verfüge, daher über eine von mehreren möglichen Berechtigungen für eine internationale Güterbeförderung.
Die von der belangten Behörde vorgenommene Änderung des Tatvorwurfs (Übertretung des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG) stelle eine unzulässige Auswechslung der Verwaltungsstraftat dar.
3. Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend:
3.1. § 7 Abs 1 GütbefG fordert für die Zulässigkeit der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern "über die Grenze" alternativ eine der in Z 1 bis Z 4 genannten Berechtigungen.
§ 9 Abs 1 GütbefG knüpft an diese Bestimmung an und verpflichtet den Unternehmer, dafür Sorge zu tragen, dass die Nachweise über die entsprechenden Berechtigungen mitgeführt werden.
Die Strafnorm des § 23 Abs 1 GütbefG wiederum differenziert im gegebenen Zusammenhang zwischen der Durchführung von Beförderungen ohne die erforderliche Berechtigung (Z 3) und dem Unterlassen, für das Mitführen der notwendigen Unterlagen zu sorgen (Z 6, Z 8).
3.2. Im letzten Satz der Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt "Der Lenker hat keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt". Damit korrespondiert die von der belangten Behörde genannte Übertretungsnorm des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG (iVm § 9 Abs 1 GütbefG iVm Art 3 Abs 1 VO (EWG) Nr 881/92): "Wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß
der VO ... erforderlichen Gemeinschaftslizenzen ... mitgeführt
werden".
Die belangte Behörde hat dabei aber verkannt, dass die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass der Lenker eine Gemeinschaftslizenz mitführt, nur dann besteht, wenn die Beförderung auf Basis einer Gemeinschaftslizenz (§ 7 Abs 1 Z 1 GütbefG) erfolgt.
Wird hingegen - wie im Beschwerdefall - die Beförderung im Rahmen einer CEMT-Genehmigung durchgeführt (§ 7 Abs 1 Z 2 GütbefG), trifft den Unternehmer zwar auch gemäß § 9 Abs 1 GütbefG die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die betreffende Berechtigung mitgeführt werden. Er hätte dann aber für das Mitführen eines Nachweises über die erteilte CEMT-Genehmigung zu sorgen; für eine Verpflichtung, für das Mitführen einer Gemeinschaftslizenz zu sorgen (eben dies wurde dem Beschwerdeführer allerdings vorgeworfen), besteht dann kein Raum.
Insofern ist sowohl die genannte Wendung im Spruch des angefochtenen Bescheides als auch die Nennung der auf Gemeinschaftslizenzen bezugnehmenden Übertretungsnorm des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG verfehlt.
4. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-88939