VwGH vom 24.03.2011, 2009/07/0017
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2009/07/0020
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerden
1. der Agrargemeinschaft A, vertreten durch Dr. Philipp Gruber und Dr. Bruno Pedevilla, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Rosengasse 13 (hg. Zl. 2009/07/0017), sowie 2. des LI in U (hg. Zl. 2009/07/0020), jeweils gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom , Zl. LAS-604/116-99, betreffend eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis (mitbeteiligte Parteien: zu Zl. 2009/07/0017: LI in U; zu Zl. 2009/07/0020:
Agrargemeinschaft A, vertreten durch Dr. Philipp Gruber und Dr. Bruno Pedevilla, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Rosengasse 13), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Agrargemeinschaft hat im Verfahren Zl. 2009/07/0017 dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
LI hat im Verfahren Zl. 2009/07/0020 dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 und der mitbeteiligten Agrargemeinschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
LI (in weiterer Folge: Antragsteller) ist Eigentümer der an den Agrargemeinschaften A (auch Agrargemeinschaft A - B - W; in weiterer Folge: AG ABW) in EZ 27 GB U und W Alpe (in weiterer Folge: AG W Alpe) in EZ 69 GB U anteilsberechtigten Stammsitzliegenschaft EZ 90028 GB U (Hof "N").
Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom , war festgestellt worden, dass für die Stammsitzliegenschaft EZ 90028 das Recht zum Auftrieb von 9 Rindern auf die Alm der AG ABW und zum Auftrieb von 5 Rindern auf die Alm der AG W Alpe (jeweils Galtrinder ohne Unterschied des Alters) besteht.
Zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ 27 gehören die Grst. Nrn. 1510 und 1511/1, die mit Hauptteilungsplan vom ins (Allein )Eigentum der AG ABW übertragen und mit Beschluss zu TZ 1773/1992 von der EZ 70 GB U abgeschrieben und der EZ 27 zugeschrieben wurden. Es handelt sich bei diesen Grundstücken von zusammen 48,0382 ha (Benützungsarten Alpe und Wald) um die R-Alm.
Zum Sachverhalt und zur Vorgeschichte dieser Beschwerdesachen wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2007/07/0150 und 0157, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis behob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom , Zl. LAS-604/62-99, auf Grund der Beschwerde des Antragstellers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
In seinen Entscheidungsgründen führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, dass Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der Antrag des Antragstellers vom , ergänzt mit Schriftsatz vom , sei.
Die Grst. Nrn. 1510 und 1511/1 (R-Weide) würden im Regulierungsplan der AG ABW vom bei der Umschreibung des Regulierungsgebiets nicht genannt. Mit Hauptteilungsplan vom sei eine Teilung der R-Alm dahingehend erfolgt, dass die Grst. Nrn. 1510 und 1511/1 in das Alleineigentum der AG ABW übertragen worden seien.
Der Regulierungsplan und die dort näher gestalteten Nutzungsrechte der Mitglieder der AG ABW bezögen sich nicht auf die Nutzung der Grst. Nrn. 1510 und 1511/1. Die Nutzung der R-Weide erfolge daher nicht auf der Rechtsgrundlage des Regulierungsplans. Aus dessen Bestimmungen könnten daher weder Rechte noch Pflichten der Mitglieder oder des Obmanns der AG ABW in Bezug auf die Nutzung der R-Weide abgeleitet werden.
Fraglich sei, wie - rechtlich betrachtet - die Nutzung der R-Weide gestaltet sei. In diesem Zusammenhang komme den über die Nutzung dieser Grundflächen gefassten Beschlüssen der Organe der AG ABW wesentliche Bedeutung zu.
Als Beweismittel führte der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungsgründen einen Aktenvermerk des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (im Folgenden: AB) vom sowie die Ausschussbeschlüsse der AG ABW vom zu TOP 2 und vom zu TOP 4 an.
Aus dem Aktenvermerk ergebe sich eine von der AB erhobene und damals unwidersprochene Darstellung der Nutzung der R-Weide in der Vergangenheit. Der Inhalt der beiden Ausschussbeschlüsse belege, dass eine Bewirtschaftung des R-Tals durch einzelne Mitglieder beschlossen worden wäre.
In Bezug auf die Weideberechtigung im R-Tal werde daher im fortgesetzten Verfahren zu klären sein, ob (auch) der Antragsteller zu den dort auftriebsberechtigten Mitgliedern zähle und ob die vom Antragsteller (als damaligen Obmann) gegenüber der AB genannten Auftriebszahlen von "10 bis 12 Rinder im Zeitraum Anfang/Mitte Juni bis Ende erste Septemberwoche" der "über einige Jahrzehnte lang ausgeübten Bewirtschaftung" entspreche. Diese Annahme liege zwar angesichts des Inhaltes des Aktenvermerkes und des zeitlichen Zusammenhanges zwischen diesem Aktenvermerk und dem Ausschussbeschluss vom nahe; dem Verwaltungsgerichtshof lägen die Aktenunterlagen aus diesem Jahr aber nicht vor, sodass diese Frage nicht endgültig beantwortet werden könne.
Es sei daher möglich, dass dem Antragsteller auf Grundlage des genannten Beschlusses ein Recht zur Beweidung der R-Alm in diesem Umfang und in diesem Zeitraum zukomme, und zwar unabhängig von einer Nutzung durch andere Mitglieder und auch unabhängig von einer "rechtzeitigen Auftriebsmeldung".
Der Auftrieb (Auffahren mit LKW) von 12 Rindern ins R-Tal - so führte der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungsgründen weiter aus - am durch den Antragsteller könnte daher durch den genannten Ausschussbeschluss rechtlich gedeckt sein und stellte dann keine Eigenmacht des Antragsstellers dar. Es sei also nicht auszuschließen, dass dem Antragsteller das Recht zugestanden wäre, 10 bis 12 Rinder ins R-Tal zu treiben und dort weiden zu lassen. Die Be- und Verhinderung dieses Auftriebes ins R-Tal durch den Obmann wäre diesfalls rechtswidrig gewesen.
Von der Berechtigung zur Beweidung des R-Tales sei die Berechtigung des Antragstellers zu unterscheiden, als Mitglied der AG ABW die G-Alpe für die Vor- und Nachweide (im Rahmen der ihm zustehenden Anteilsrechte, allenfalls auch freie Rechte) zu nutzen. Allerdings habe der Antragsteller Schadenersatz wegen der Verhinderung des Auftriebes ins R-Tal, nicht aber wegen Nichtbekanntgabe des Auftriebstermins auf die G-Alpe geltend gemacht.
Eine im Rahmen der Schadensminderungspflicht des § 1304 ABGB zu beachtende Möglichkeit des Auftriebes von Vieh des Antragstellers, das er im R-Tal nicht weiden hätte lassen können, habe ab dem 2. bzw. bestanden. Sei dem Antragsteller aber eine andere Auftriebsmöglichkeit offen gestanden, so wäre er verpflichtet gewesen, von dieser Auftriebsmöglichkeit Gebrauch zu machen, um den Schaden, den er durch das rechtswidrige Verhalten des Obmanns erlitten hätte, möglichst gering zu halten. Die Möglichkeit der Übersömmerung seiner Tiere zuerst auf der G-Alpe, dann auf der W-Alpe wäre dem Antragsteller offengestanden, sei jedoch von ihm nicht genützt worden.
Die Überlegung der belangten Behörde, nur den Zeitraum zwischen der Auftriebsverhinderung auf die R-Alm und die Ermöglichung eines Auftriebes auf die gemeinschaftliche Weide dem geltend gemachten Schadenersatzanspruch zugrundzulegen, begegne daher keinen Bedenken.
Zum Vorbringen des Antragstellers, dass er zum Auftrieb von 65 Stück Rindern laut seiner Anmeldung berechtigt gewesen wäre und ihm somit ein wesentlich höherer Schadenersatzbetrag zugesprochen hätte werden müssen, führte der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungsgründen aus, dass noch nicht feststehe, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller ein Auftriebsrecht ins R-Tal zugekommen wäre. Sollte dem Antragsteller eine solche Berechtigung zukommen, so könnte aber nur die Verhinderung des Auftriebes dieser noch zu ermittelnden Anzahl von Rindern auf die R-Alm zur Grundlage des Schadenersatzanspruches gemacht werden.
Nur im Rahmen der von der Weideordnung geregelten Verwendung freier Rechte hätte für den Antragsteller die Möglichkeit des Mehrauftriebs auf die G-Alm bestanden, was aber in keinem Zusammenhang mit der Berechtigung der Beweidung des R-Tals stünde.
Die vom Antragsteller unter Position 6 begehrten Verwaltungskosten seien nach § 74 AVG von diesem selbst zu tragen. Im Übrigen hänge die Höhe der einzelnen Rechnungspositionen von der Berechtigung des Antragstellers zur Weideausübung im R-Tal und vom Umfang dieser Berechtigung ab.
Im fortgesetzten Verfahren wurde von der belangten Behörde am eine örtliche Erhebung zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung durchgeführt. Insbesondere sollte der Bestand und Umfang eines Weiderechtes (Auftriebsrechtes) auf den Grst. Nrn. 1510 und 1511/1 (R-Weide) für die Stammsitzliegenschaft des Beschwerdeführers ermittelt werden.
Einem Aktenvermerk zu dieser örtlichen Erhebung vom ist zu entnehmen, dass der in der Verständigung ausgesprochenen Einladung, zweckdienliche Unterlagen mitzubringen, weder vom Antragsteller noch von der AG ABW entsprochen worden sei. Weitere Unterlagen (Beweismittel) als die im aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes genannten (Aktenvermerk der AB vom , Ausschussbeschlüsse vom und vom ) seien nicht vorgelegt worden.
Laut diesem Aktenvermerk habe der Antragsteller auf seiner Forderung von EUR 14.825,16 beharrt und sei zu keinem Kompromiss bereit gewesen. Dies gelte ebenso für die AG ABW; von dieser sei die Forderung des Antragstellers auch nicht teilweise anerkannt worden. Die AG ABW würde das Recht des Antragstellers zur Weideausübung im R-Tal nicht bestreiten, sondern habe lediglich vorgebracht, dass er im R-Tal nicht allein weideberechtigt sei. Nach Ansicht des Antragstellers biete die R-Weide die Futtergrundlage für die Übersömmerung von 30 Rindern. Der Obmann der AG ABW halte dem entgegen, dass 10 bis 15 Stück Vieh weiden könnten. Auf Grst. Nr. 1510 befinde sich noch ein Melkstand, der vom Antragsteller errichtet worden sei.
Mit Schriftsatz vom erstattete der Antragsteller ein Ergänzungsvorbringen, stellte Beweisanträge und legte Kopien von Urkunden vor. Der Antragsteller verwies in diesem Schriftsatz nochmals darauf, dass die verfahrensgegenständlichen Schadenersatzansprüche die Verweigerung des Almauftriebes von insgesamt 30 Stück Rindern auf die Weideflächen des R-Tals am durch die verantwortlichen Organe der AG ABW beträfen. Nachdem die mit dem ersten Transport in das R-Tal geführten 12 bis 15 Stück Rinder vom Obmann der AG ABW wieder in das Tal getrieben worden wären, habe der Antragsteller verständlicherweise von weiteren LKW-Transporten in das R-Tal Abstand genommen. Tatsache sei, dass die Weideflächen im R-Tal den Auftrieb von ca. 30 Stück Rindern im Zeitraum Anfang/Mitte Juni bis Ende erste Septemberwoche zulassen würden. Dass der Antragsteller im Jahr 2006 wie auch in den vorhergehenden Jahren dazu berechtigt gewesen sei, würde sich aus dem Ausschussbeschluss vom zu TOP 2 ergeben. Sei die Auftriebszahl für die Stammsitzliegenschaft "N" mit etwa 10 bis 12 Stück Rindern beschränkt gewesen, solange das R-Tal auch durch die Höfe "Gö" und "Mö" beweidet worden sei, hätte der Antragsteller die Stückzahl auf die höchstzulässige Beweidung mit 30 Stück aufstocken können, nachdem die Beweidung des R-Tales durch andere Agrargemeinschaftsmitglieder gänzlich aufgegeben worden wäre. Der beabsichtigte Auftrieb von insgesamt 30 Stück Rinder in das R-Tal am wäre daher rechtmäßig auf der Grundlage des Ausschussbeschlusses vom erfolgt.
Wie in der Alpsaison 2006 beabsichtigt - so führt der Antragsteller in dieser Eingabe weiter aus - habe er im Jahr 2005 30 Stück Rinder im Zeitraum Anfang/Mitte Juni bis Ende erste Septemberwoche auf die Weideflächen im R-Tal als "Einzelbewirtschaftung" aufgetrieben. Diesbezüglich seien die an die Agrarmarkt Austria gerichtete Alm-Auftriebsliste 2005 samt Flächenbögen 2005 und der Prüfbericht über die Vor-Ort-Kontrolle am 14. und durch ein Organ der AMA vorgelegt worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung des Antragstellers teilweise Folge gegeben und der Bescheid der AB vom dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom teilweise stattgegeben und die AG ABW verpflichtet wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Antragsteller den Betrag von EUR 312,28 samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen; im Übrigen wurde die Berufung des Antragstellers als unbegründet abgewiesen.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde begründend aus, dass der Lageplan, auf den im Wirtschaftsplan des Regulierungsplanes hinsichtlich des Servitutsweidegebietes, das Waldungen des R- und W-Tals umfasse, Bezug genommen werde, nicht aufgefunden worden sei. Zur örtlichen Erhebung am sei von der Dienststelle "Agrar L" ein Lageplan mit Darstellung des Servitutsweidegebietes im R-Tal beigebracht worden. Die Dienstbarkeit der Weide sei in EZ 14 (Eigentümerin Diözese B) unter C-LNr. 3 für die Nachbarschaft ABW einverleibt. Aus dem Lageplan gehe hervor, dass an die Grst. Nrn. 1510 und 1511/1 die servitutsbelasteten Grst. Nrn. 1504, 1506, 1588/7 und 1588/8 angrenzten. Auch diese (Wald )Grundstücke würde man, da sie mit den agrargemeinschaftlichen Grundstücken eine weidewirtschaftliche Einheit bildeten, als Teil der R-Weide bezeichnen können.
Auf Grund der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom genannten Aktenunterlagen und des Ergebnisses der örtlichen Erhebung am sei davon auszugehen, dass für die Stammsitzliegenschaft EZ 90028 des Antragstellers das Recht bestehe, in der Zeit von Anfang/Mitte Juni bis Ende der ersten Septemberwoche (jeden Jahres) bis zu 12 Stück Rinder auf die R-Weide aufzutreiben. Laut Aktenvermerk der AG vom sei vom Antragsteller selbst, der damals Obmann der AG ABW gewesen sei, die Auftriebszahl mit 10 bis 12 Stück Vieh angegeben worden. Aus dem Umstand, dass weitere Mitglieder der AG ABW die Weideausübung im R-Tal aufgegeben hätten, könne der Antragsteller nicht den Anspruch ableiten, die frei gewordenen Auftriebsrechte auszuüben. Dies aus zwei Gründen:
1. Die Weideordnung des Wirtschaftsplanes, die einen Bestandteil des Regulierungsplanes vom bilde, regle die Verwendung freier Rechte. Diese Regelung greife im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom der Wirtschaftsplan auf die Nutzung der R-Weide nicht anwendbar sei.
2. Weder aus dem TFLG 1996 noch aus einer anderen für die AG ABW geltenden Rechtsvorschrift lasse sich ableiten, dass im Fall der Nichtausübung eines Rechtes durch ein AG-Mitglied ein anderes AG-Mitglied Anspruch auf Ausübung des freien Rechtes erheben könne.
Dem Anspruch des Antragstellers auf ein höheres Auftriebsrecht als für höchstens 12 Rinder komme somit keine Berechtigung zu. Vor allem könne dieser Anspruch nicht auf den Beschluss eines AG-Organs gestützt werden. Die Nutzung der R-Weide betreffend sei jedoch den Beschlüssen der Organe der AG ABW wesentliche Bedeutung beizumessen, wie der Verwaltungsgerichtshof selbst betone. Um seinen Anspruch auf ein höheres Auftriebsrecht zu untermauern, sei vom Antragsteller die Alm-Auftriebsliste 2005 als Beweismittel vorgelegt worden. Daraus gehe zwar hervor, dass der Antragsteller auf die unter der Almbetriebsnummer 9589775 zusammengefassten Grst. Nrn. 1510, 1511/1 und 1588/8 mehr als zwölf Rinder aufgetrieben habe, und der Auftrieb vom Antragsteller als Bewirtschafter gemeldet worden sei. Die Eigenschaft als Bewirtschafter lasse jedoch keine Feststellung über den Rechtstitel für die Nutzung zu. Die Almauftriebsliste zur Erlangung der Alpungs- und Behirtungsprämie aus dem ÖPUL werde vom Bewirtschafter unterfertigt. Über das Recht zur Bewirtschaftung und zum Auftrieb sei daraus nichts zu gewinnen. Die Alm-Auftriebsliste sei kein Beweismittel für den Nachweis eines Rechtsanspruches.
Gemäß dem rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom bestehe für die Stammsitzliegenschaft EZ 90028 das Recht zum Auftrieb von 9 Rindern (Galtrinder ohne Unterschied des Alters) auf die Alm der AG ABW. Auch die R-Weide sei als Alm anzusprechen, wie sich nicht zuletzt aus dem Schriftsatz des Antragstellers vom ("Verweigerung des Almauftriebs", "R-Alm", Almbetriebsnummer X) und der angeschlossenen Alm-Auftriebsliste ergebe. Die Feststellung der Auftriebsrechte mit dem erwähnten Bescheid der belangten Behörde erfolge auf der Grundlage der Weideordnung und des Regulierungsplanes. Unter diesem Gesichtspunkt könne dieser Feststellung im vorliegenden Fall im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedeutung beigemessen werden, weil danach die Nutzung der R-Weide nicht durch die Weideordnung geregelt werde.
Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes - so führt die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus - sei davon auszugehen, dass die Schadenersatzforderung des Antragstellers dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die Höhe des Schadenersatzes sei auf der Grundlage der zum Auftrieb auf die R-Weide berechtigten Anzahl von Rindern und des Zeitraums zwischen Auftriebsverhinderung und Ermöglichung des Auftriebs auf andere agrargemeinschaftliche Weideflächen (zuerst G-Alpe, dann W-Alpe) zu ermitteln. Der Zeitraum von fünf Tagen (29. Juni bis ), der dem Bescheid der belangten Behörde vom zugrunde gelegen sei, begegne nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken.
Mit dem (vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen) Bescheid der belangten Behörde vom sei dem Antragsteller ein Schadenersatzbetrag von EUR 238,05 zuerkannt worden. Dieser Betrag sei auf der Grundlage des Auftriebsrechtes für 9 Rinder und eines Zeitraumes von 5 Tagen unter Berücksichtigung der unbestritten gebliebenen Stellungnahme des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom wie folgt ermittelt worden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Pos. 2: Futtergeld (9 x 12 Rg Heu/Rind täglich x 0,22 EUR/kg x 5) | EUR 118,80 |
Pos. 3: Arbeitskosten (2 h täglich x 10 EUR/h x 5) | EUR 100,-- |
Pos. 4: Maschinenkosten (10 min. bzw. 0,1667 h/Tag x 23,10 EUR /h x 5) | EUR 19,25 |
Summe | EUR 238,05 |
Unter Berücksichtigung des Auftriebsrechtes für 12 Rinder
ändere sich die Berechnung wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Pos. 2: Futtergeld (9 x 12 Rg Heu/Rind täglich x 0,22 EUR/kg x 5) | EUR 158,40 |
Pos. 3: Arbeitskosten (2,5 h täglich x 10 EUR/h x 5) | EUR 125,00 |
Pos. 4: Maschinenkosten (15 min bzw. 0,25 h/Tag x 23,10 EUR/ h x 5) | EUR 28,88 |
Summe | EUR 312,28 |
Der dem Antragsteller zuzusprechende Schadenersatzbetrag sei somit mit EUR 312,28 neu festzusetzen. Im Übrigen blieben im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2007/07/0150 und 0157, die im Bescheid der belangten Behörde vom angeführten Entscheidungsgründe unverändert aufrecht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich sowohl die Beschwerde der AG ABW (hg. Zl. 2009/07/0017) als auch die Beschwerde des Antragstellers (hg. Zl. 2009/07/0020).
Die Beschwerdeführer machen jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte zu Zl. 2009/07/0017 die Verwaltungsakten vor und erstattete je eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführer sind mitbeteiligten Parteien im jeweils anderen Beschwerdeverfahren. Als solche erstatteten sie Gegenschriften und beantragten die kostenpflichtige Abweisung der jeweiligen Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat hierüber erwogen:
I. Zur Beschwerde der Agrargemeinschaft (2009/07/0017):
1. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass für die Stammsitzliegenschaft EZ 90028 des Antragstellers das Recht besteht, Rinder auf die R-Alm aufzutreiben.
Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2007/07/0150 und 0157, wurde der belangten Behörde aufgetragen, in Bezug auf die Weideberechtigung im R-Tal im fortgesetzten Verfahren zu klären, ob (auch) der Antragsteller zu den dort auftriebsberechtigten Mitgliedern zähle. Diese Annahme liege zwar nahe, jedoch könne die Frage nicht endgültig beantwortet werden.
Für das Vorliegen eines Rechtes des Antragstellers auf Beweidung der R-Alm in dem von der belangten Behörde angenommenen Umfang und Zeitraum sprechen vorerst die bereits im ersten Verfahrensgang vorhandenen Beweismittel (Aktenvermerk der AB vom , Ausschussbeschlüsse der AG ABW vom und vom ).
Zudem hat die Beschwerdeführerin anlässlich der örtlichen Erhebung durch die belangte Behörde am das Recht des Antragstellers zur Weideausübung im R-Tal nicht bestritten. Sie hat vielmehr lediglich vorgebracht, dass der Antragsteller im R-Tal nicht allein weideberechtigt sei; alle Mitglieder mit Ausnahme jener aus der Fraktion K-Berg seien weideberechtigt. Damit bleibt festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in keiner Phase des fortgesetzten Verfahrens, obwohl ihr auf Grund des hg. Erkenntnisses vom , Zlen. 2007/07/0150 und 0157, und aus der Verständigung der belangten Behörde von der Anberaumung der örtlichen Erhebung am das wesentliche Beweisthema bekannt gewesen sein muss, das Auftriebsrecht des Antragstellers auf die R-Weide in Frage gestellt hat. Zudem hat die Beschwerdeführerin an der öffentlichenmündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am trotz ausgewiesener Ladung nicht teilgenommen. Dort wurde der Aktenvermerk, der das Ergebnis der örtlichen Erhebung am festhält, - wie alle maßgeblichen Aktenstücke - verlesen. Spätestens in dieser öffentlichenmündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am hätte sich die Beschwerdeführerin zu diesen Ermittlungsergebnissen äußern müssen.
2. Anlässlich der örtlichen Erhebung am bestand zwischen der Beschwerdeführerin und dem Antragsteller lediglich Uneinigkeit darüber, wie viele Rinder auf der R-Alm weiden könnten. Dass auf der R-Alm Weideflächen vorhanden sind, blieb unbestritten. Ebenso ist der vorhandene Melkstand ein Indiz dafür, dass Milchkühe aufgetrieben werden.
Die belangte Behörde ging somit in schlüssiger Beweiswürdigung davon aus, dass für den Antragsteller das Recht besteht, 12 Rinder auf die R-Alm aufzutreiben.
3. Wenn die Beschwerdeführerin nun erstmals in der Beschwerde versucht, unter Hinweis auf in Fotokopie vorgelegte Urkunden (Protokoll über den Ausschussbeschluss der Beschwerdeführerin vom ; Schreiben der Beschwerdeführerin an Siegmund B. vom und vom ) Widersprüchlichkeiten in der Begründung des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, stellt sich dieses Vorbringen als gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar. Dies hat auch für den von der Beschwerdeführerin behaupteten Widerspruch im Verhalten des Antragstellers, wonach dieser zumindest noch im Jahre 2002 den Standpunkt vertreten habe, dass die Nächtigung von Tieren auf der R-Weide unzulässig gewesen sei, zu gelten. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nämlich im zum angefochtenen Bescheid führenden Verfahren nicht thematisiert.
4. Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung zur Erkenntnis kommen müssen, dass von einer konkludenten Einbeziehung der Grst. Nrn. 1510 und 1511/1 (R-Weide) in die Bestimmungen des Regulierungsplanes und der Weideordnung auszugehen gewesen sei, ist die nach § 63 Abs. 1 VwGG bestehende Bindung der belangten Behörde an die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2007/07/0150 und 0157, enthaltene Rechtsanschauung entgegenzuhalten, wonach die Nutzung der R-Weide nicht auf der Rechtsgrundlage des Regulierungsplanes erfolgt.
Das Auftriebsrecht des Antragstellers wurde im fortgesetzten Verfahren von der Beschwerdeführerin sogar zugestanden (Aktenvermerk über die örtliche Erhebung am :
"Laut AG ist … (Antragsteller) … im R-Tal nicht allein weideberechtigt, sondern alle Mitglieder mit Ausnahme aus der Fraktion K-Berg.").
Daraus folgt im Sinne der Ausführungen des hg. Erkenntnisses vom , dass die Be- und Verhinderung dieses Auftriebs des Antragstellers ins R-Tal durch den Obmann der Beschwerdeführerin rechtswidrig war, stellte der Auftrieb (Auffahren mit LKW) von zwölf Rindern ins R-Tal am doch keine Eigenmacht des Antragstellers dar.
II. Zur Beschwerde des Antragstellers (Zl. 2009/07/00209):
1. Der Antragsteller war bei Einbringung seiner Beschwerde durch den Rechtsanwalt Dr. R. vertreten, der sich im Beschwerdeschriftsatz auf die ihm erteilte Vollmacht berief.
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass über das Vermögen des Antragstellers mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die der gegenständlichen Angelegenheit zugrunde liegenden Ansprüche fallen unter § 1 KO.
Mit Verfügung vom ersuchte der Verwaltungsgerichtshof den Masseverwalter im Konkurs des Antragstellers, Rechtsanwalt Mag. K., bekanntzugeben, ob die Beschwerde aufrechterhalten werde.
Mit Eingabe vom teilte der Masseverwalter mit, dass die Beschwerde aufrechterhalten werde.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom wurde der Konkurs aufgehoben. Die Aufhebung des Konkurses ist seit rechtskräftig.
Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Machtgebers beendet gemäß § 1024 ABGB das schon vor Konkurseröffnung begründete Vollmachtsverhältnis (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb , AVG (2004) § 10 Rz 27 sowie Walter/Thienel , Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band 1998 FN 7 zu § 10 AVG). Die Vollmacht erlischt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 93/09/0331, u.a.).
Das somit erloschene Vollmachtsverhältnis des Antragstellers zu Rechtsanwalt Dr. R. lebt nach rechtskräftiger Konkursaufhebung nicht wieder auf.
Für das vorliegende Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass der Antragsteller seine Sache vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst führt, hat dieser doch nicht mitgeteilt, sich neuerlich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen (vgl. dazu § 23 Abs. 1 VwGG). Die Beschwerde selbst wurde im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG durch einen vom Antragsteller bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht.
2. Zur Widerlegung des Beschwerdevorbringens, dass sich die Schadenersatzansprüche auf den Zeitraum vom 29. Juni bis , sohin auf einen Zeitraum von 89 Tagen, bezögen, sodass von der belangten Behörde zu Unrecht ein Zeitraum von nur fünf Tagen der Schadensberechnung zugrunde gelegt worden sei, genügt es, auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Vorerkenntnis vom , Zlen. 2007/07/0150 und 0157, zu verweisen. Demzufolge begegnet die Überlegung der belangten Behörde, nur den Zeitraum zwischen der Auftriebsverhinderung auf die R-Alm und der Ermöglichung eines Auftriebes auf die gemeinschaftliche Weide dem geltend gemachten Schadenersatzanspruch zugrunde zu legen, keinen Bedenken.
3. Dem Beschwerdevorbringen betreffend einzelne Rechnungspositionen ist mit der belangten Behörde zu entgegnen, dass hierüber im nunmehr angefochtenen Bescheid nur insoweit abzusprechen war, als der Schadensberechnung ein Auftriebsrecht für 12 Rinder statt 9 Rinder zugrunde gelegt wurde. Das höhere Auftriebsrecht hat nur Auswirkungen auf die Positionen 2, 3 und 4. Der Grund, aus welchem die Verwaltungskosten laut Position 6 vom Antragsteller selbst zu tragen sind, ergibt sich ebenfalls aus dem Vorerkenntnis vom .
4. Wenn in der Beschwerde erneut auf die Weideordnung als einen integrierten Bestandteil des Regulierungsplanes der AG ABW verwiesen wird, genügt es wiederum auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom zu verweisen. Dass die Nutzung der R-Weide nicht dieser Weideordnung unterliegt, ist diesem Erkenntnis zu entnehmen.
III. Aus dem Vorgesagten folgt, dass sich die Beschwerden als unbegründet erweisen, weshalb diese gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
Die Aussprüche über den Kostenersatz gründen sich - für die belangte Behörde im begehrten Ausmaß - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
AAAAE-88938