VwGH vom 24.03.2010, 2007/03/0069
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des C S in K, vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Meinhardstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl BMVIT-53.513/0001-II/L1/2006, betreffend Aufhebung eines Bescheides in einer luftfahrtrechtlichen Angelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde als Luftfahrtaufsichtsbehörde hatte mit Bescheid vom dem Luftfahrtunternehmen T. gemäß § 141 Abs 3 Luftfahrtgesetz (LFG) iVm § 57 AVG aufgetragen, den Beschwerdeführer bis zur endgültigen Klärung seiner körperlichen und geistigen Tauglichkeit sowie der Verlässlichkeit nicht zum Flugdienst einzusetzen. Dieser aufsichtsbehördlichen Maßnahme war ein Selbstmordversuch des Beschwerdeführers vorausgegangen. Seitens T. war gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel erhoben worden.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom war die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom erhobene Vorstellung wegen fehlender Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Zl 2003/03/0303, die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung als unbegründet abgewiesen, dass der Beschwerdeführer im Aufsichtsverfahren nach § 141 LFG nicht Partei sei, ihm daher auch keine Rechtsmittelegitimation zukomme.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer daraufhin, den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben. Er brachte dazu insbesondere Folgendes vor:
Sämtliche vorliegenden (sowohl vor als auch nach dem eingeholten) Gutachten bestätigten die Flugtauglichkeit des Beschwerdeführers. Dessen ungeachtet sei die Aufsichtsbehörde Austro Control GmbH nicht bereit, sich sachlich damit auseinander zu setzen; vielmehr beharre sie darauf, einen weiteren Flugeinsatz des Beschwerdeführers zu verhindern.
Es bestehe aber "auf Grund der neuen Rechtslage gemäß § 5 Abs 4 AOCV 2004" ausdrücklich Parteistellung für einen Piloten, dessen Verwendung im Rahmen des Stellenbesetzungsplans seitens der Aufsichtsbehörde untersagt werde. Darauf gestützt stelle der Beschwerdeführer unter Berufung auf die genannten Gutachten den Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom . Insbesondere auf Grund eines anhängigen arbeitsgerichtlichen Kündigungsverfahrens sei entscheidend, ob durch Aufhebung des genannten Bescheides die Weiterverwendung des Beschwerdeführers als Linienpilot ermöglicht werde.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom wies die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom gemäß § 8 AVG iVm § 141 Abs 1 und 3 LFG iVm § 5 der Luftverkehrsbetreiberzeugnisverordnung 2004 (AOCV 2004), BGBl II Nr 425/2004, ab.
Nach einer Wiedergabe des Verfahrensgangs und der maßgebenden Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde aus, dass sich die Parteistellung der betroffenen Person gemäß § 5 Abs 4 AOCV 2004 nur auf jene Verfahren beziehe, die eine Untersagung des Einsatzes von im Stellenbesetzungsplan benannten Personen zum Gegenstand hätten. Mit dem in Rede stehenden Bescheid vom sei jedoch - abgesehen davon, dass bei Erlassung dieses Bescheides die AOCV 2004 noch gar nicht existiert habe - keine Untersagung gemäß den Bestimmungen der AOCV ausgesprochen, vielmehr eine Maßnahme gemäß § 141 Abs 3 LFG vorgeschrieben worden. Dass in Verfahren gemäß § 141 Abs 3 LFG eine Parteistellung lediglich den aufsichtspflichtigen Unternehmen und nicht Dritten zukomme, habe der Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Erkenntnis vom , Zl 2003/03/0303, bestätigt.
§ 5 Abs 4 AOVC 2004 könne nicht dahin verstanden werden, dass eine Parteistellung von Personen auch in anderen Verfahren, selbst wenn diese eine Untersagung des Einsatzes dieser Person zum Gegenstand hätten, gegeben sei. Schon gar nicht begründe diese Bestimmung einen Anspruch auf Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung, die vor Rechtsbestand der AOCV 2004 auf Grundlage einer anderen Rechtsnorm ergangen sei. Der Antrag vom sei deshalb abzuweisen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Gemäß § 141 Abs 1 LFG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom geltenden Fassung BGBl. I Nr. 105/1999 unterliegen Zivilluftfahrschulen, Zivilflugplätze, Luftfahrzeug-Vermietungsunternehmen und Luftverkehrsunternehmen der Aufsicht der Behörde, die zur Bewilligung des Betriebes zuständig ist (Aufsichtsbehörde).
Gemäß § 141 Abs 2 LFG haben Unternehmer von Zivilluftfahrschulen, Halter von Zivilflugplätzen, Luftfahrzeug-Vermietungsunternehmer und Luftverkehrsunternehmen der Aufsichtsbehörde jede im Interesse der Verkehrssicherheit oder der Luftverkehrsstatistik erforderliche Auskunft über ihren Betrieb zu erteilen.
Gemäß § 141 Abs 3 LFG hat die Aufsichtsbehörde den in § 141 Abs 2 erster Satz LFG bezeichneten Personen die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich sind.
§ 4 der Verordnung über die Erteilung des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC), BGBl II Nr 181/1998, aufgehoben durch BGBl II Nr 425/2004, lautete auszugsweise wie folgt:
"Organisation von Luftfahrtunternehmen
§ 4. (1) Das Unternehmen hat für die Bereiche Flugbetrieb und Technik einen Organisationsplan und einen Stellenbesetzungsplan zu erstellen und diese sowie in der Folge deren Änderungen und Ergänzungen der Obersten Zivilluftfahrtbehörde zur Bewilligung vorzulegen.
(2) Die Bewilligung ist zu versagen oder zu widerrufen, wenn Bedenken bestehen, daß durch die Organisation und der damit eingerichteten Weisungsrechte oder die Nominierung einzelner Personen im Stellenbesetzungsplan die Sicherheit des Flugbetriebes oder des technischen Bereiches beeinträchtigt werden könnte.
(3) Der Organisationsplan hat zumindest nachstehende Angaben zu enthalten:
...
4. für die einzelnen Aufgaben innerhalb der Organisation sind die Qualifikationserfordernisse festzulegen und hiefür geeignete Personen in einem Stellenbesetzungsplan bekanntzugeben.
(4) Der Stellenbesetzungsplan hat zumindest einen Flugbetriebsleiter als Leiter der flugbetrieblichen Abteilung, einen technischen Leiter als Leiter der technischen Abteilung, deren Stellvertreter und, soweit gemäß Abs. 7 und 8 erforderlich, Flottenchefs sowie die im Luftfahrtunternehmen eingesetzten Piloten namentlich zu enthalten. Die geforderten Qualifikationen des Flugbetriebsleiters und dessen Stellvertreters sowie des sonstigen flugbetrieblichen Personals sind im Anhang 1 geregelt. Bei Luftfahrtunternehmen, die mehr als 100 Piloten beschäftigen, kann im Einvernehmen mit der Obersten Zivilluftfahrtbehörde ein vereinfachtes Verfahren hinsichtlich der Bewilligung von Piloten und sonstigem flugbetrieblichen Personal vereinbart werden."
Am trat die vom Beschwerdeführer berufene Verordnung betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) 2004, BGBl II Nr 425/2004, (AOCV 2004), in Kraft.
Dessen § 5 lautete auszugsweise wie folgt:
"Organisation von Luftfahrtunternehmen
§ 5. (1) Das Unternehmen hat unbeschadet der Bestimmungen der JAR-OPS 1 und JAR-OPS 3 einen Organisations- und Stellenbesetzungsplan zu erstellen.
(2) Der Stellenbesetzungsplan hat aus zwei Teilen zu bestehen:
1. Benennung der Fachbereichsleiter (nominated postholder), deren Stellvertreter, der technischen Piloten, der Fluglehrer und soweit gemäß Abs. 7 und 8 erforderlich der Flottenchefs. Dieser Personenkreis hat seiner Bestellung nachweislich zuzustimmen. Die geforderten Qualifikationen des Fachbereichsleiters Flugbetrieb und dessen Stellvertreters sowie des sonstigen flugbetrieblichen Personals sind im Anhang 2 geregelt.
2. Benennung des sonstigen flugbetrieblichen und technischen Personals.
(3) Der Organisationsplan sowie der unter Abs. 2 Z 1 genannte Teil des Stellenbesetzungsplans und in der Folge deren Änderungen und Ergänzungen sind der zuständigen Behörde zur Bewilligung vorzulegen. Der in Abs. 2 Z 2 genannte Teil ist der zuständigen Behörde zu melden.
(4) Die Bewilligung gemäß Abs. 3 ist zu versagen oder zu widerrufen, wenn Bedenken bestehen, dass durch die Organisation und der damit eingerichteten Weisungsrechte oder die Nominierung einzelner Personen im Stellenbesetzungsplan die Sicherheit des Flugbetriebes oder des technischen Bereiches zum Zeitpunkt der Meldung oder zu einem späteren Zeitpunkt beeinträchtigt werden könnte. Sofern Bedenken gegen einzelne gemäß Abs. 2 Z 2 zu meldende Personen bestehen, hat die zuständige Behörde deren Einsatz zu untersagen oder sonstige Maßnahmen zu treffen, damit die Sicherheit des Flugbetriebes oder des technischen Bereiches nicht beeinträchtigt wird. Wird der Einsatz einer gemäß Abs. 2 Z 2 zu meldenden Person untersagt, hat neben dem Luftfahrtunternehmen auch die betroffene Person Parteistellung in diesem Verfahren.
..."
2. Die Beschwerde beruft sich auf die Bestimmung des § 5 Abs 4 letzter Satz AOCV 2004 und macht (zusammengefasst) geltend, die durch die genannte Regelung normierte Parteistellung bestehe auch in Fällen wie dem beschwerdegegenständlichen, wo auf Basis von § 141 LFG der Einsatz eines Piloten untersagt wurde, zumal als Rechtsgrundlage für § 5 Abs 4 AOCV 2004 nur die "Generalklausel" des § 141 LFG in Betracht komme.
3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Die Bestimmung des § 5 Abs 4 letzter Satz AOCV 2004 trat - wie die übrigen Bestimmungen dieser Verordnung - an dem der Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag, also am , in Kraft (§ 20 Abs 1 AOCV 2004). Schon deshalb kann diese Regelung keine Parteistellung in dem durch Erlassung des Bescheids vom rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren begründen.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.
Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-88926