VwGH vom 26.02.2015, 2013/22/0299
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag.a Lehner, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch MMag. Philip Hoflehner, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-FRG/23/680/2013- 16, betreffend Rückkehrverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen russischen Staatsangehörigen, gemäß "§ 54 Abs. 2 iVm § 53 Abs. 3 Z 1 und § 54 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG)" ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.
Der dagegen erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (im Folgenden als "Behörde" bezeichnet) insofern Folge, als das Rückkehrverbot auf die Dauer von fünf Jahren befristet wurde; im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer sei im August 2007 in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Der am eingebrachte Asylantrag sei am rechtskräftig negativ mit Erlassung einer Ausweisung abgeschlossen worden. Ein am neuerlich eingebrachter Asylantrag sei zugelassen worden und das diesbezügliche Verfahren noch anhängig.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom sei der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der teils versuchten, teils schweren Körperverletzung, der fahrlässigen Körperverletzung, der gefährlichen Drohung sowie der Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden.
Weiters sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83, 84 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, wobei der Vollzug eines Teiles der Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten unter Setzung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei.
Zuletzt sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wegen des Vergehens einer schweren Körperverletzung, diesmal zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, verurteilt worden. Weiters sei die zum Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ausgesprochene bedingte Strafnachsicht widerrufen worden.
Der Beschwerdeführer lebe - so die Behörde in ihrer Bescheidbegründung weiter - seit ungefähr zwei Jahren mit Frau V.R., einer österreichischen Staatsbürgerin, in einer Lebensgemeinschaft. Am sei der Beschwerdeführer von der gemeinsamen Wohnadresse in L abgemeldet worden. Seit seiner Haftentlassung am habe sich der Beschwerdeführer weiterhin in L aufgehalten, jedoch auch in Wien an einer nicht näher bekannten Adresse, wo er zeitweise auch genächtigt habe. Zweck des Aufenthaltes in Wien sei die Begründung eines neuen Wohnsitzes sowie die Arbeitssuche gewesen. Der Beschwerdeführer habe seinen Wohnsitz in L nach seiner Haftentlassung im Juli 2012 nicht mehr aufrechterhalten.
In ihrer Beweiswürdigung führte die Behörde aus, die Feststellungen betreffend den Aufenthalt des Beschwerdeführers nach seiner Entlassung aus der Strafhaft im Juli 2012 gründeten sich weitgehend auf die diesbezüglich übereinstimmenden Darlegungen des Beschwerdeführers und der als Zeugin einvernommenen V.R. in der mündlichen Verhandlung. Insbesondere hätten die einvernommenen Personen übereinstimmend dargelegt, dass man in Wien eine Wohnung in Aussicht gehabt hätte. Somit könne eindeutig festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung nicht beabsichtigt habe, sich erneut an der Anschrift seiner Freundin in L niederzulassen. Dies lasse sich auch durch die ebenfalls übereinstimmenden Ausführungen des Beschwerdeführers und der einvernommenen Zeugin, wonach der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum zeitweise in Wien genächtigt hätte, problemlos in Einklang bringen, wobei auch aufgefallen sei, dass die einvernommene Zeugin anfangs schlüssig keine näheren Angaben dazu machen hätte können, wo sich der Beschwerdeführer im Falle einer "auswärtigen Nächtigung konkret" aufgehalten habe bzw. bei wem er genächtigt habe. Auch sei aufgefallen, dass sich beide Personen im Hinblick auf die Anzahl der "auswärtigen Nächtigungen teilweise" widersprochen hätten, habe der Beschwerdeführer doch angegeben, er sei an "drei Nächten auswärts gewesen", während die Zeugin sich erst nach mehrmaligem Nachfragen auf die Angabe "nicht mehr als zehn Mal" festgelegt habe. Schlüssig sei damit auch in Einklang zu bringen, dass der Beschwerdeführer kurz nach seiner Inhaftierung im Mai 2012 an der gegenständlichen Anschrift zwar abgemeldet, hernach jedoch nicht erneut dort angemeldet worden sei. Auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse liege es auf der Hand, dass der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum "zwar teilweise noch an seiner ehemaligen Meldeanschrift genächtigt" habe, er sich jedoch "größtenteils in Wien" aufgehalten und "an einer nicht bekannten Anschrift dort auch zeitweise Unterkunft genommen" habe. Somit stehe fest - so die Behörde in ihrer Bescheidbegründung weiter -, dass der ehemals begründete Wohnsitz des Beschwerdeführers in L nicht mehr aufrechterhalten worden sei und insbesondere eine weitere Aufrechterhaltung dieses Wohnsitzes nach seiner erneuten Verhaftung im September 2012 keinesfalls mehr beabsichtigt gewesen sei.
In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde zur Zuständigkeit der Landespolizeidirektion Wien aus, der Beschwerdeführer habe nach seiner Entlassung aus der Justizanstalt St. Pölten im Juli 2012 über keinen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 6 Meldegesetz mehr verfügt. Zwar stehe unbestritten fest, dass er zeitweise an seiner alten Meldeanschrift genächtigt hätte, jedoch habe eine "Niederlassungsabsicht" im Sinne der zitierten Norm an der gegenständlichen Anschrift in L nicht festgestellt werden können.
Somit sei die örtliche Zuständigkeit nach § 6 Abs. 2 FPG zu beurteilen. Nach dieser Norm richte sich die (vorläufige) örtliche Zuständigkeit nach dem Aufenthalt des Fremden im Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens nach dem FPG. Dem Akteninhalt sei entnehmbar, dass die Landespolizeidirektion Wien am durch Aufnahme einer fremdenpolizeilichen Niederschrift, somit nach der Festnahme des Beschwerdeführers und seiner Einlieferung in die Justizanstalt Josefstadt am , gegen den Beschwerdeführer im Sinne des FPG eingeschritten sei. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Wohnsitz des Beschwerdeführers nicht begründet gewesen und es sei die örtliche Zuständigkeit nach seinem Aufenthalt zu beurteilen gewesen. Da er im Zeitpunkt des bezeichneten behördlichen Einschreitens augenscheinlich in Wien aufhältig gewesen sei, sei die Zuständigkeit der Landespolizeidirektion Wien zweifelsfrei gegeben. Ein zwangsweise begründeter Aufenthalt eines Häftlings stelle keinen Wohnsitz dar, sodass sich auch im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die örtliche Zuständigkeit gemäß § 6 Abs. 2 FPG nach dem Aufenthalt des Beschwerdeführers richte. Auf Grund seiner Inhaftierung sei der Beschwerdeführer zu den genannten Zeitpunkten in Wien aufhältig gewesen und es habe daher die Landespolizeidirektion Wien ihre Zuständigkeit zur Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu Recht in Anspruch genommen.
Weiters führte die Behörde nach Darstellung der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers aus, dass aus der Vielzahl der einschlägigen Tathandlungen, die sich mit großer Regelmäßigkeit über die letzten zwei Jahre hingezogen hätten, die große kriminelle Energie des Beschwerdeführers und damit einhergehend auch die massive Gefahr für die öffentliche Sicherheit ersichtlich seien. Der Beschwerdeführer sei trotz Verurteilung wegen einschlägiger Delikte und Verbüßung einer Strafhaft unmittelbar nach seiner Haftentlassung erneut einschlägig strafbar geworden und habe einer anderen Person das Unterkiefer gebrochen. Auf Grund der festgestellten Malversationen, der Vielzahl der einschlägigen Delikte und der offensichtlichen Wirkungslosigkeit strafrechtlicher Sanktionen sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer erneut einschlägige Delikte begehen werde.
Verstärkt sei dieser Eindruck durch die Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde worden. Anstatt sich mit seinen Taten kritisch auseinander zu setzen, habe der Beschwerdeführer lediglich ausgeführt, seine erste Verurteilung sei durch seinen damaligen Alkoholabusus zu erklären, eine Therapie habe jedoch Abhilfe geschaffen. Die zweite Verurteilung sei auf den gewalttätigen Lebensgefährten der Mutter seiner Freundin, der die Auseinandersetzung auch angefangen habe, zurückzuführen und die dritte Malversation sei auf Grund einer Intrige eines ehemaligen Mithäftlings zustande gekommen, der ihn ersucht habe, eine angeblich fingierte Situation "zu regeln".
In ihrer Abwägung berücksichtigte die Behörde, dass der Beschwerdeführer die Straftaten teilweise in jugendlichem Alter, teilweise im Alter von unter 21 Jahren begangen habe. Weiters sei der Beschwerdeführer seit "ungefähr zwei Jahren" mit der österreichischen Staatsbürgerin V.R. liiert und es habe eine Lebensgemeinschaft "seit April 2011 bis jedenfalls Ende Mai 2012" bestanden. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin hätten ihre Lebensgemeinschaft begründet, nachdem der erste Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden sei, sodass sie nicht von einem gesicherten Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ausgehen hätten dürfen. Die so begründete Integration sei durch diesen Umstand als weitgehend relativiert anzusehen. Auch sei festzuhalten, dass erhebliche Zweifel daran bestünden, dass die Lebensgemeinschaft nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft im Juli 2012 weiterhin aufrecht gewesen sei, zumal ein Wohnsitz des Beschwerdeführers an der Wohnadresse der V.R. nicht mehr begründet worden sei.
Zur vorgebrachten psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers führte die Behörde aus, dass eine solche nicht ansatzweise konkretisiert oder bescheinigt worden sei. Weiters könne davon ausgegangen werden, dass entsprechende Programme und Therapien zur Gewaltprävention auch in Russland bekannt seien und dort eine entsprechende Behandlung stattfinden könne.
In Russland lebten die Mutter sowie die Schwester des Beschwerdeführers und das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat nicht entsprechend sozialisiert sei.
Weiters sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer über gute Deutschkenntnisse verfüge. Beruflich sei er nicht integriert.
Unter Berücksichtigung all dessen erscheine der Ausspruch des vorliegenden Rückkehrverbotes als zulässig und stehe § 61 FPG dieser Maßnahme nicht entgegen.
Zur Dauer des Rückkehrverbotes führte die Behörde aus, dass trotz des Umstandes, dass die aktuelle Gefährlichkeitsprognose für den Beschwerdeführer als hoch einzustufen sei, innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren bei der vorliegenden Sachlage von einer entsprechenden Festigung des Beschwerdeführers ausgegangen werden könne, welche hinkünftig ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers im Fall seines (allenfalls erneut) entfalteten Aufenthaltes in Österreich als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lasse.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete Beschwerde nach Aktenvorlage durch die Behörde erwogen:
Soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im März 2013 sind die Bestimmungen des FPG idF vor BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden.
§ 6 FPG lautete auszugsweise:
"§ 6. (1) Die örtliche Zuständigkeit im Inland richtet sich nach dem Hauptwohnsitz im Sinn des § 1 Abs. 7 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetzes 1991 - MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, in Ermangelung eines solchen nach einem sonstigen Wohnsitz des Fremden im Bundesgebiet. Bei Vorliegen mehrerer sonstiger Wohnsitze ist jener maßgeblich, welcher zuletzt begründet wurde.
(2) Hat der Fremde keinen Wohnsitz im Bundesgebiet, richtet sich die Zuständigkeit nach seinem Aufenthalt zum Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens nach diesem Bundesgesetz.
..."
§ 1 des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, lautet
auszugsweise:
"...
(6) Ein Wohnsitz eines Menschen ist an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.
(7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.
..."
Die Beschwerde bestreitet, dass die Landespolizeidirektion Wien für die Erlassung des erstinstanzlichen Rückkehrverbotes zuständig gewesen ist und bringt vor, der Beschwerdeführer sei vor seiner neuerlichen Inhaftierung (am ) bei seiner Freundin in L wohnhaft gewesen und am auf Grund seiner Anhaltung in Strafhaft bis "amtswegig" abgemeldet worden.
Für die örtliche Zuständigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 FPG ist primär der Hauptwohnsitz, allenfalls der Wohnsitz zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides maßgeblich. Ein - wie im Falle eines Untersuchungshäftlings oder Strafhäftlings - zwangsweise begründeter Aufenthaltsort stellt keinen Wohnsitz dar. Umso weniger kann in solchen Fällen das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes angenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/18/0794).
Die Behörde führte aus, die Feststellungen ergäben sich aus den übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und der als Zeugin einvernommenen Lebensgefährtin in der Verhandlung vor der Behörde. Damit legte die Behörde jedoch nicht dar, inwiefern diese Aussagen die Annahme der Behörde, wonach der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung im Juli 2012 keinen Wohnsitz mehr in L innegehabt hätte, decken.
Der Beschwerdeführer sagte nämlich aus, dass er nach seiner Haftentlassung (im Juli 2012) wieder bei seiner Freundin in L gelebt habe. Er sei aber auch sehr oft in Wien gewesen, um eine Wohnung und Arbeit zu suchen, und habe zeitweise während dieses Zeitraumes auch in Wien etwa dreimal bei einer ihm bekannten Familie übernachtet. Die Aussage der Zeugin, wonach der Beschwerdeführer sicher nicht öfter als zehnmal "auswärts genächtigt" habe, steht nicht im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers, zumal kurzfristige Unterbrechungen der Anwesenheit dem beabsichtigten Mittelpunkt der Lebensbeziehungen und somit der Annahme eines Hauptwohnsitzes nicht schaden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2003/21/0237).
Ebenso führte die Zeugin V.R. aus, dass der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung wieder bei ihr gelebt hätte. Sie sagte weiters, dass der Beschwerdeführer schon vor seiner Haft (vom bis ) zusammen mit ihr in L gewohnt habe. Sie hätten sich im März oder April 2011 kennengelernt und seien nach ca. einem halben Jahr zusammengezogen. Diese Angaben stimmen mit den Eintragungen im Zentralen Melderegister überein. Der Beschwerdeführer war an der Wohnadresse der Zeugin von bis mit Hauptwohnsitz gemeldet. Weiters scheint im Zentralen Melderegister vom bis die Justizanstalt St. Pölten als Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers auf. Danach weist der Beschwerdeführer bis zu seiner neuerlichen Inhaftierung am keine Wohnsitzmeldung auf.
Eine polizeiliche Meldung ist zwar ein wichtiges Indiz für das Bestehen eines inländischen Hauptwohnsitzes, jedoch nicht eine notwendige Voraussetzung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/10/0004). Sowohl der Beschwerdeführer als auch die Zeugin sagten über diesbezüglichen Vorhalt der Behörde aus, nicht gewusst zu haben, dass der Beschwerdeführer am bei seiner Lebensgefährtin abgemeldet worden sei. Vor dem Hintergrund, dass gemäß § 16 Abs. 3 letzter Satz MeldeG Angehaltene von der Anstaltsleitung den Meldebehörden zu melden sind, sind diese Aussagen glaubhaft. Die von der Behörde aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung nicht wieder bei seiner Freundin angemeldet hat, gezogene Schlussfolgerung, er habe nach dem nicht mehr bei seiner Freundin gewohnt, ist daher nicht nachvollziehbar. Weiters geht die Behörde selbst davon aus, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Inhaftierung am bei seiner Freundin gewohnt hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Inhaftierung des Beschwerdeführers der "Mittelpunktcharakter" des Hauptwohnsitzes in L verloren gegangen ist.
Vielmehr ist im polizeilichen Anhalteprotokoll vom die Anschrift der Zeugin als Wohnort des Beschwerdeführers angegeben. Ebenso ist in der polizeilichen Niederschrift vom diese Adresse als Anschrift des Beschwerdeführers vermerkt.
Soweit die Behörde aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe in Wien eine Wohnung und Arbeit gesucht, ableitet, dass er seinen Hauptwohnsitz in L nicht mehr aufrechterhalten habe wollen, ist darauf zu verweisen, dass selbst die (bloße) Absicht, einen anderen Wohnsitz zu begründen, noch nicht die Aufgabe des aktuellen Wohnsitzes bedeutet.
Die Annahme der Behörde, der Beschwerdeführer habe bei seiner Anhaltung in Wien keinen inländischen Wohnsitz gehabt, ist daher nicht begründet. Aus der Aktenlage und den angeführten Aussagen des Beschwerdeführers und der V.R. vor der Behörde ergibt sich vielmehr, dass der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum mit seiner Lebensgefährtin in L gewohnt hat.
Im Hinblick darauf hat die Behörde die Zuständigkeit der Erstinstanz zu Unrecht auf § 6 Abs. 2 FPG gestützt.
Auf Grund des Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers in Niederösterreich hätte die Behörde die sich demnach ergebende Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde aufgreifen und deren Bescheid ersatzlos beheben müssen. Da dies unterblieb, war der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am