VwGH vom 29.10.2009, 2007/03/0050
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A M in L, vertreten durch Neudorfer Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Eßlinggasse 9, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom , Zl 4a-A-J8522/1-2006, betreffend Bewilligung der Errichtung eines Jagdgeheges nach dem Burgenländischen Jagdgesetz 2004 (mitbeteiligte Partei: Jagdgesellschaft D, vertreten durch den Obmann E C, D), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Am langte bei der Bezirkshauptmannschaft Güssing (BH G) ein mit "Antrag auf Errichtung eines Jagdgatters" betitelter Schriftsatz ein, der im Briefkopf die "Forstverwaltung P, H, Gut L, S" als Absender nennt und lautet: "Die FV P beantragt die Bewilligung zu Errichtung eines Jagdgatters im Eigenjagdrevier
B auf sämtlichen im Antrag auf Eigenjagdrecht angeführten Parzellen. Ein Gutachten betreffend wildökologischer und jagdwirtschaftlicher Beurteilung der geplanten Jagdgattererrichtung wird nachgereicht, ebenso ein Lageplan."
Unter der Unterschrift trägt der Schriftsatz den Stampiglienaufdruck "Forstverwaltung K, P, L".
Auf der Rückseite dieses Antrags (Aktenseite 2) ist ein handschriftlicher Vermerk des Inhalts "Der umseitige Antrag wird als von Herrn A M eingebracht bestätigt und zwar als Bevollmächtigter des C", mit Beifügung von Ort und Datum ("G, am "), vom Beschwerdeführer unterschrieben, angebracht.
Darunter befindet sich der - undatierte - Vermerk: "Seit ist Herr M Eigentümer der Gatterfläche. Antrag bleibt aufrecht.", samt einer nichtleserlichen Paraphe.
In der Folge wurde der BH G am ein Gutachten betreffend die jagdlichen Auswirkungen der Einzäunung des Jagdgatters vorgelegt, das als Auftraggeber die "Forstverwaltung A M, S, L" nennt.
Die BH G beraumte daraufhin mit Ladung vom unter dem Betreff "A M, Jagdgatter ..." eine mündliche Verhandlung für den an.
In der darüber aufgenommenen Verhandlungsschrift wird als Antragsteller der Beschwerdeführer genannt, für ihn nahmen Ing S und Ing G an der Verhandlung teil.
Mit Schriftsatz vom wurden seitens der "Forstverwaltung M, H" unter dem Betreff "Nachreichung von Antragsunterlagen zum Jagdgatteransuchen vom " weitere Unterlagen vorgelegt.
Schließlich erfolgte mit einem am bei der BH G eingelangten, mit "Nachtrag bzw. Flächenberichtigung zum Jagdgatteransuchen vom " betitelten Schriftsatz seitens der "Forstverwaltung M H" eine Konkretisierung der vom beantragten Jagdgatter umfassten Flächen.
2. Mit Bescheid der BH G vom (in der Fassung des Berichtigungsbescheids vom ) wurde unter dem Betreff "A M, L, Jagdgatter ..." wie folgt abgesprochen:
"Herr A M, L, hat um die Bewilligung für die Errichtung eines Jagdgeheges in der KG P und Kr. Ehr angesucht.
Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens ergeht nachstehender Spruch:
Gemäß § 11 Abs. 1, 2, 3 und 10 Bgld. Jagdgesetz 2004, LGBl. Nr. 11/2005, wird Herrn A M die Errichtung eines Jagdgeheges mit der Gesamtgröße von 167,8119 ha auf den Grundstücken ... bewilligt:
..."
In der Begründung dieses Bescheides wird einleitend ausgeführt, der Beschwerdeführer habe "namens des damaligen Eigentümers C" mit Schriftsatz vom den Antrag um Bewilligung eines Jagdgeheges eingebracht; er habe nach Übergang des Eigentums an den Grundstücken auf ihn den Antrag aufrecht gehalten, und mit Schriftsatz vom die beantragte Fläche eingeschränkt.
3. In der von der mitbeteiligten Partei gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wird unter anderem vorgebracht, dass der Antrag vom schon wegen der Regelung des § 1 Abs 2 des Burgenländischen Jagdgesetzes (JG), wonach das Jagdrecht untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden sei, zweifelsfrei "dem Antragsteller C" zuzuordnen sei. Ein "automatischer" Rechtsübergang lasse sich für den Akt der Antragstellung auf Bewilligung eines Jagdgeheges aus dem Gesetz nicht ableiten. Die bloße Aufrechterhaltung des vom Voreigentümer eingebrachten Antrags reiche für die Erlangung eines subjektiven Rechts auf Bewilligung der Errichtung eines Jagdgeheges nicht aus. Der Beschwerdeführer hätte deshalb einen neuen Antrag bei der Behörde einbringen müssen, was er aber unterlassen habe.
4. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid der BH G vom gemäß § 66 Abs 4 AVG ersatzlos behoben.
Begründend führte die belangte Behörde, nach einer vollinhaltlichen Wiedergabe des Berufungsvorbringens, Folgendes aus:
Gemäß § 11 Abs 1 JG bedürfe die Anlegung von Jagdgehegen der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde; der Antrag sei spätestens im ersten Halbjahr des vorletzten Jagdjahres der laufenden Jagdperiode zu stellen und werde mit Beginn der folgenden Jagdperiode wirksam. Es handle sich somit um einen antragsbedürftigen Akt, Antragslegitimation komme dem Eigentümer der Fläche zu.
Daran anschließend finden sich folgende Erwägungen:
"Im gegenständlichen Fall liegt ein Antrag auf Errichtung eines Jagdgatters des P C vom , eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Güssing am , vor.
Im erstinstanzlichen Akt findet sich ein Aktenvermerk vom , der lautet: 'Der umseitige Antrag wird als von Herrn A M eingebracht bestätigt und zwar als Bevollmächtigter des C' (Unterschrift: M).
Ein weiterer 'Vermerk' lautet folgendermaßen: 'Seit ist Herr M Eigentümer der Gatterfläche. Antrag bleibt aufrecht.'
Dieser Vermerk ist aus folgenden Gründen nicht als Antrag, wie ihn § 11 Abs. 1 des Bgld. Jagdgesetzes fordert, zu werten:
Gem. § 16 AVG ist ein Aktenvermerk nur zulässig für amtliche Wahrnehmungen und Mitteilungen, die der Behörde telefonisch zugehen, für mündliche Belehrungen, Aufforderungen und Anordnungen, über die keine schriftliche Ausfertigung erlassen wird und schließlich über Umstände, die für den inneren Dienst der Behörde in Betracht kommen, wenn nichts anderes bestimmt und kein Anlass zur Aufnahme einer Niederschrift gegeben ist. Der Inhalt des Aktenvermerkes ist vom Amtsorgan durch Beisetzung von Datum und Unterschrift zu bestätigen (vgl. VwGH 92/09/0070).
Der vorliegende 'Vermerk' entspricht schon rein formal diesen Anforderungen nicht. Es fehlt das Erfordernis des Datums. Der zitierte Vermerk weist daher nicht einmal die Qualifikation eines Aktenvermerkes auf.
Im gegenständlichen Fall ist keiner der angeführten Tatbestände des § 16 AVG dokumentiert, weshalb er auch inhaltlich nicht als Aktenvermerk zu werten ist. Es kann aus diesem Grund dahingestellt bleiben, ob ein Aktenvermerk überhaupt geeignet ist, den für einen antragsbedürftigen Akt erforderlichen Antrag zu ersetzen.
Auf Grund der bisher ausgeführten Erwägungen liegt daher ein Antrag des P C, vertreten durch Herrn M vor. Dieser Antrag wäre von der Behörde 1. Instanz mangels Antragslegitimation als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Da ein Antrag des Herrn M im gegenständlichen Fall nicht vorliegt, war daher der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden."
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Burgenländischen Jagdgesetzes 2004, LGBl Nr 11/2005 (JG), von Bedeutung:
"Jagdrecht und Jagdausübungsrecht
Begriff des Jagdrechtes
§ 1. (1) Das Jagdrecht besteht in der ausschließlichen Befugnis, innerhalb eines bestimmten Jagdgebietes unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen das Wild zu hegen, ihm nachzustellen, es zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; es umfasst ferner die ausschließliche Befugnis, sich verendetes Wild, Fallwild, Abwurfstangen und die Eier des Federwildes anzueignen.
(2) Das Jagdrecht ist untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden. Es steht daher der jeweiligen Grundeigentümerin oder dem jeweiligen Grundeigentümer zu und kann als selbständiges Recht nicht begründet werden.
...
Wildgehege
§ 11. (1) Wildgehege sind Jagd-, Schau- oder Zuchtgehege. Sie dürfen nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde angelegt werden. Die Bewilligung zur Anlage von Jagdgehegen ist spätestens im ersten Halbjahr des vorletzten Jagdjahres der laufenden Jagdperiode zu beantragen und wird mit Beginn der folgenden Jagdperiode wirksam.
(2) Jagdgehege sind der Wildhege gewidmete und hiefür geeignete zusammenhängende Grundflächen von mindestens 300 ha - wenn sie in der abgelaufenen Jagdperiode als Eigenjagdgebiete gemäß § 5 Abs. 2 anerkannt waren, von mindestens 115 ha Jagdfläche -, die gegen das Aus- und Einwechseln von Schalenwild abgeschlossen sind. Der Eigentümerin oder dem Eigentümer eines Jagdgeheges steht die Befugnis zur Eigenjagd zu.
...
Feststellung der Eigenjagd- und Genossenschaftsjagdgebiete
§ 14. (1) Die Jagdgebiete werden von der Bezirksverwaltungsbehörde für die kommende Jagdperiode festgestellt.
(2) Grundeigentümerinnen oder Grundeigentümer haben ihren Anspruch auf Anerkennung der Befugnis zur Eigenjagd (§§ 5 und 11 Abs. 2) für die kommende Jagdperiode binnen sechs Wochen nach dem 1. Februar des vorletzten Jagdjahres der laufenden Jagdperiode anzumelden. Die Anmeldung hat die beanspruchten Vorpachtrechte zu enthalten. Dem Antrag sind beizulegen:
..."
2.1. Die belangte Behörde hat, wie dargestellt, die Auffassung vertreten, der Antrag auf Bewilligung der Anlage eines Jagdgeheges sei deshalb zurückzuweisen, weil er nicht vom dazu berechtigten Eigentümer, dem nunmehrigen Beschwerdeführer, gestellt worden sei, sondern vom Voreigentümer. Der nach Eigentumsübergang erstellte Vermerk "Antrag bleibt aufrecht" entspreche nicht den Anforderungen eines Aktenvermerks nach § 16 AVG; der für einen antragsbedürftigen Akt erforderlichen Antrag könne durch ihn nicht ersetzt werden.
2.2. Dem gegenüber vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, dass bei Bescheiden, die dingliche Wirkung hätten, auch eine Rechtsnachfolge in der Parteistellung anzunehmen sei. In Verwaltungsrechtssachen, die sich auf unbewegliches Gut bezögen, müsse sich der Erwerber des Grundstücks auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage Verfahrenshandlungen seines Rechtsvorgängers im Verwaltungsverfahren zurechnen lassen. Zudem sei der Beschwerdeführer von der Behörde erster Instanz "als Antragsteller geführt" und als Partei anerkannt worden.
3. Dieses Vorbringen ist zielführend.
3.1. Lehre und Rechtsprechung verstehen unter der "dinglichen Wirkung" bestimmter Bescheide, dass (infolge ihrer Projekt- bzw Sachbezogenheit) die durch den Bescheid begründeten Rechte und Pflichten an der Sache haften und durch einen Wechsel in der Person des Eigentümers nicht berührt werden. Davon ausgehend wird die Möglichkeit einer abgeleiteten Parteistellung unter Gesichtspunkten der Rechtsnachfolge bejaht. Von dinglicher Wirkung eines Bescheides kann dann gesprochen werden, wenn dieser jedem gegenüber wirkt, der entsprechende Rechte an der "betroffenen" Sache hat; dingliche Wirkung eines Bescheides bedeutet daher regelmäßig die Erstreckung der Bescheidwirkungen auf die Rechtsnachfolger der Partei in dem zur Erlassung des betreffenden Bescheides führenden Verwaltungsverfahren (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2006/03/0151, mwN).
Bescheiden kann auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung dingliche Wirkung zukommen, nämlich dann, wenn der Bescheid zwar an eine bestimmte Person ergeht, sich jedoch derart auf eine Sache bezieht, dass es lediglich auf die Eigenschaften der Sache und nicht die der Person ankommt, der gegenüber der Bescheid erlassen wurde (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0219, mwN).
Dingliche Wirkung äußert sich nicht erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens, vielmehr kann in den Fällen, in denen ein - erst zu erlassender - Bescheid dingliche Wirkung hat, eine Rechtsnachfolge in die Parteistellung eintreten.
Tritt in einem antragsbedürftigen Verfahren eine Änderung in der Person des Bewilligungswerbers, dessen Sachlegitimation an die Rechtsbeziehung zu einem bestimmten Objekt geknüpft wird, ein, so kann der neue Sachinhaber als Rechtsnachfolger in das noch nicht zu Ende geführte Genehmigungsverfahren eintreten. Es bedarf allerdings einer ausdrücklichen Erklärung des Eintretenden, durch welche das Genehmigungsansuchen in Ansehung der Person des Genehmigungswerbers geändert wird (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 93/04/0055, mwN).
3.2. Das Anlegen dieser Grundsätze führt zunächst zum Ergebnis, dass ein Bescheid über die Bewilligung der Anlage eines Jagdgeheges nach § 11 JG (als Ausfluss des gemäß § 1 Abs 2 JG untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbundenen Jagdrechtes) dingliche Wirkung hat.
Die Parteien des Verwaltungsverfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass im Zeitpunkt der Einleitung des beschwerdegegenständlichen Verfahrens durch den Antrag des Voreigentümers der Beschwerdeführer noch nicht Eigentümer der in Rede stehenden Grundflächen war, dass er aber noch vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides deren Eigentümer wurde (ausdrückliche Feststellungen dazu fehlen).
Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte "einen neuen Antrag einbringen" müssen (der im Übrigen gemäß § 11 Abs 1 JG fristgebunden ist, weshalb einem nach Ablauf der gesetzlichen Frist gestellten "neuen Antrag" kein Erfolg beschieden sein könnte), verfehlt. Vielmehr bestand für den Beschwerdeführer (Einzelrechtsnachfolger des früheren Antragstellers), der während des Verfahrens Eigentümer der fraglichen Flächen wurde, die Möglichkeit eines Eintritts in das vom Voreigentümer anhängig gemachte Verfahren.
Unabhängig von der Beurteilung des Vermerks "Antrag bleibt aufrecht" durch die belangte Behörde muss im Beschwerdefall jedenfalls auf Grund der späteren Verfahrenshandlungen des Beschwerdeführers von seinem Eintritt in das Verwaltungsverfahren an Stelle des Voreigentümers ausgegangen werden: Er hat nicht nur -
als Antragsteller - an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, sondern auch weitere Beweismittel vorgelegt und den zu Grunde liegenden Sachantrag (hinsichtlich der einzubeziehenden Gatterfläche) eingeschränkt; damit wurde mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, in das Verfahren einzutreten und dieses fortsetzen zu wollen.
3.3. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am