VwGH vom 07.05.2014, 2013/22/0294
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/178.821/2012, betreffend Ausstellung eines Fremdenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (im Weiteren kurz "Behörde" genannt) einen Antrag des Beschwerdeführers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ab.
Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am nach Österreich gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, der am vom Asylgerichtshof rechtskräftig abgewiesen worden sei. Gleichzeitig habe der Asylgerichtshof festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan nicht zulässig sei, und es seien ihm befristete Aufenthaltsberechtigungen bis bzw. zuletzt bis erteilt worden.
Der Beschwerdeführer erfülle weder die Voraussetzungen eines der in § 88 Abs. 1 FPG angeführten Tatbestände noch habe er humanitäre Gründe im Sinne des § 88 Abs. 2 leg. cit. vorgebracht. Auch wenn ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukomme, habe er nicht dargelegt, warum seine Anwesenheit in einem anderen Staat erforderlich sei. Stattdessen habe er lediglich vorgebracht, sich als "legal Gefangener" zu betrachten, dem es verwehrt sei, sich mit seiner Familie auch außerhalb des Bundesgebietes aufzuhalten.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 868/12-6, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die nach Aufforderung ergänzte Beschwerde erwogen:
Gemäß § 8 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, hat der Verwaltungsgerichtshof in Beschwerdeverfahren, in denen der Verfassungsgerichtshof bis zum Ablauf des eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des B-VG und des VwGG weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Weiters sind angesichts der Zustellung des gegenständlichen Bescheides im Juli 2012 die Bestimmungen des FPG idF BGBl. I Nr. 112/2011 maßgebend.
Die Beschwerde bringt zunächst vor, der Beschwerdeführer sei staatenlos, da er von seinem "den Asyl-Grund geschaffenen Heimatland als dessen Staatsbürger nicht mehr geführt" werde. Dem ist im Lichte des Tatbestandes des § 88 Abs. 1 Z 1 FPG zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer in den Verwaltungsverfahren - wie auch in der Beschwerde an anderer Stelle - selbst vorbrachte, Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein. Darüber hinaus erweist sich die diesbezügliche Beschwerdebehauptung als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung.
Dem weiteren Beschwerdevorbringen, durch die "positive Entscheidung" des Asylgerichtshofes besitze der Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (was für den Tatbestand des § 88 Abs. 1 Z 2 FPG von Bedeutung wäre), ist entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer vom Asylgerichtshof zunächst eine bis und zuletzt mit Bescheid des Bundesasylamtes vom lediglich eine bis befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG als subsidiär Schutzberechtigtem erteilt wurde.
Nach § 88 Abs. 2 Z 2 FPG können für Fremde, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, Fremdenpässe auf Antrag ausgestellt werden, wenn humanitäre Gründe deren Anwesenheit in einem anderen Staat erfordern, es sei denn, dies wäre aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht geboten.
Die Beschwerde bringt diesbezüglich vor, der Beschwerdeführer habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt und bewiesen, dass er Lebensgefährte einer österreichischen Staatsbürgerin und leiblicher Vater des dieser Lebensgemeinschaft entstammenden Sohnes, welcher gleichfalls österreichischer Staatsbürger sei, sei. Er habe damit humanitäre Gründe vorgetragen.
Inwiefern die Anwesenheit des Beschwerdeführers in einem anderen Staat im Sinne des § 88 Abs. 2 Z 2 FPG erforderlich wäre, wurde nicht dargelegt. Die bloße Reisemöglichkeit mit der Familie in das Ausland stellt keinen solchen humanitären Grund dar. Die genannte innerstaatliche Bestimmung steht auch nicht Art. 25 der - im verfahrensrelevanten Zeitpunkt in Geltung gestandenen - Richtlinie 2004/83/EG (StatusRL) entgegen. Anders als Art 25 Abs. 2 der angeführten Richtlinie stellt § 88 Abs. 2 Z 2 auf "humanitäre Gründe" und nicht auf "schwerwiegende humanitäre Gründe" ab. Österreich ist somit über den von der Richtlinie vorgegebenen Mindeststandard hinausgegangen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0232). Dies verstößt nicht gegen die Richtlinie.
Soweit die Beschwerde eine Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, indem die Behörde "ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens" entschieden habe und die "bestehenden familiären Tatsachen erörtern" hätte müssen, legt sie nicht dar, welche Feststellungen die Behörde noch hätte treffen müssen, zumal sie ihrer rechtlichen Beurteilung ohnehin das vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen zu seinem Familienleben zugrunde legte. Somit fehlt es an der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang.
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am