VwGH vom 04.03.2011, 2007/02/0376
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des V S in E, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Felix Jurak, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Osterwitzgasse 6/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-1237- 1238/6/2007, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR ?? 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am gegen 07.30 Uhr ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher bezeichneten Ort gelenkt und es, obwohl sein Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen, 1. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er nicht an die Unfallstelle zurückgekehrt sei und 2. die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein Nachweis seines Namens und seiner Anschrift gegenüber dem Geschädigten unterblieben sei.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. c bzw. § 4 Abs. 5 StVO 1960 wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe von EUR 150,-- (Spruchpunkt 1) und EUR 110,-- (Spruchpunkt 2), sowie Ersatzfreiheitsstrafen von zwei Tagen (zu Spruchpunkt 1) und 36 Stunden (Spruchpunkt 2) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer sieht Verfahrensvorschriften verletzt, weil die Berufungsbehörde weder ihn noch die die Amtshandlung hinsichtlich des gegenständlichen Verkehrsunfalles durchführenden Polizeibeamten zur mündlichen Verhandlung geladen habe.
Die Berufung des Beschwerdeführers, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt ist am bei der Erstbehörde eingelangt und wurde am (einlangend) der belangten Behörde vorgelegt. Der Beschwerdeführer brachte darin lediglich vor, dass er die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen habe und kündigte an, nach erfolgter Akteneinsicht in der Sache ein ergänzendes Vorbringen zu erstatten. Beweisanträge wurden nicht gestellt und auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Berufungsschriftsatz nicht beantragt. Am langte bei der Erstbehörde die Bekanntgabe von der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses der o. g. Rechtsanwälte ein, am wurde sodann die Vollmachtsbekanntgabe des auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgewiesenen Vertreters RA Dr. Jurak übermittelt. Diese beiden Schriftsätze wurden seitens der Erstbehörde nicht an die Berufungsbehörde weitergeleitet, eine Ergänzung der Berufung (wie zunächst angekündigt) erfolgte ebenfalls nicht, sodass die Berufungsbehörde in Unkenntnis der Tatsache des Vollmachtswechsels die Ladung des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung vom an die (ursprünglich einschreitenden) Rechtsanwälte Dr. Rack und Mag. Tazol veranlasste (Zustellung ausgewiesen). Nach dem Inhalt der Verwaltungsstrafakten sind zu dieser Verhandlung weder der Beschwerdeführer noch sein Vertreter erschienen.
Nach § 51f Abs. 2 VStG hindert es weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses, wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Da § 51f Abs. 2 VStG ausdrücklich auf die ordnungsgemäße Ladung abstellt, ist die Verhandlung in Abwesenheit der betreffenden Partei nur zulässig, wenn die Ladung fehlerfrei erfolgt ist; das heißt, jeglicher Mangel der Ladung hindert die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit der Partei (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/02/0032, mwN).
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung sind Schriftsätze wie die Erteilung oder der Widerruf einer Vollmacht bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, Rn 109 zu § 63 AVG, mwN), sodass die vor Erlassung der Berufungsentscheidung eingelangte Anzeige der Vertretungsvollmacht auch von der belangten Behörde zu berücksichtigen war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/20/0140, mwN). Damit hatte - nach dem erfolgten Vollmachtswechsel - die Ladung zur mündlichen Verhandlung des (im Verwaltungsstrafverfahren vertretenen) Beschuldigten zu Handen seines nunmehr ausgewiesenen Rechtsvertreters zu ergehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/02/0233, mwN).
Im Beschwerdefall kann daher von einer ordnungsgemäßen Ladung zur Verhandlung über die dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht gesprochen werden, sodass die Durchführung der Verhandlung in seiner Abwesenheit unzulässig war.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am