VwGH vom 25.01.2012, 2011/12/0133
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der M P in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 135.752/4-I/1/10, betreffend Zurückweisung eines Antrages nach dem Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Revierinspektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Am erlitt sie im Zuge einer Amtshandlung Verletzungen. Das Bezirksgericht Donaustadt sprach der Beschwerdeführerin mit Urteil vom EUR 5.620,31 samt Nebengebühren an Schadenersatz sowie den Ersatz von Verfahrenskosten zu, die jedoch bislang nur zum Teil einbringlich waren.
In ihrer Eingabe vom begehrte sie Hilfeleistung nach dem Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz - WHG im Gesamtbetrag von EUR 5.630,31 und beantragte in weiteren Eingaben die bescheidmäßige Absprache hierüber und schließlich den Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag vom "auf Auszahlung des entgangenen Verdienstentgang" nach § 9 WHG gemäß § 1 leg. cit. als unzulässig zurück. Aus § 1 leg. cit. - so die wesentliche Begründung - sei klar zu ersehen, dass hier der Bund ausschließlich als Träger von Privatrechten auftrete und in keiner Weise hoheitlich tätig werde. Auf Anträge nach diesem Gesetz seien daher weder das AVG noch im Besonderen das DVG anzuwenden. Eine bescheidmäßige Absprache über derartige Anträge sei daher unzulässig und diese seien daher zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom , B 1184/10, mit folgender tragenden Begründung ablehnte:
"Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (§ 1 Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, BGBl. 177/1992 idF BGBl. I 135/2009) behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es steht dem Bund gemäß Art. 17 B-VG grundsätzlich frei, Leistungen allenfalls auch im Rahmen des Privatrechts zu erbringen.
Soweit in der Beschwerde die Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 4 WHG behauptet wird, wendet sie sich gegen von der Behörde nicht angewendete und auch nicht anzuwendende Rechtsvorschriften. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität von Rechtsvorschriften (z.B. VfSlg. 11.401/1987, 11.979/1989, 14.078/1995, 15.634/1999 und 15.673/1999) lässt das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
…"
Mit einem weiteren Beschluss vom trat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten, über Auftrag ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Sachentscheidung über den von ihr gestellten Antrag verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat - unter Anschluss einer Ablichtung des zitierten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet unter Zuerkennung der Kosten des Verfahrens beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hält an ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Ansicht fest, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz sei verfassungskonform dahingehend zu interpretieren, dass für den von ihr geltend gemachten Anspruch der Verwaltungsrechtsweg zulässig sei.
Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage kann zunächst gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0024, verwiesen werden.
Die Bundesminister für Finanzen, für Inneres und für Justiz haben in ihrer Kundmachung BGBl. Nr. 544/1992 gemäß § 1 Abs. 1 WHG den Bund nach § 860 ABGB verpflichtet, Wachebediensteten und deren Hinterbliebenen nach diesem Bundesgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung Hilfe zu leisten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom ausgeführt hat, ergibt sich aus § 1 WHG und - darüber hinaus - aus den Materialien zu dieser Gesetzesbestimmung, dass Ansprüche nach diesem Gesetz ausschließlich auf Grund einer Auslobung (§ 860 ABGB) zustehen, somit in einem einseitigen Rechtsgeschäft des Privatrechts wurzeln und (folglich) vom Bund als Träger von Privatrechten zu erfüllen sind. Daraus folgt wiederum, dass der Verwaltungsrechtsweg zur Durchsetzung behaupteter, auf dieses Gesetz gegründeter Ansprüche nicht offen steht.
Vor dem Hintergrund des zitierten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom sieht sich der Verwaltungsgerichtshof in Ansehung der gegenständlichen Beschwerde nicht dazu veranlasst, von seiner Auslegung des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes abzugehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz für die Erstattung der Gegenschrift gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455; weder hatte die belangte Behörde Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt noch einen Aufwandersatz für eine solche Vorlage begehrt.
Wien, am