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VwGH vom 17.12.2009, 2009/06/0253

VwGH vom 17.12.2009, 2009/06/0253

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der G GmbH in W, Tirol, vertreten durch Dr. Johannes Roilo, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve1-8-1/573-1, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides und den weiters vorgelegten Beilagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführer brachte am eine Bauanzeige für einen Umbau von Büroräumen zu Wohneinheiten in einem Gebäude im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein.

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom wurde gemäß § 22 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (TBO 2001), festgestellt, dass die Ausführung dieses Bauvorhabens gemäß § 20 Abs. 1 TBO 2001 bewilligungspflichtig sei. Das erforderliche Bauansuchen mit den entsprechenden Unterlagen und Plänen sei innerhalb von einem Monat einzureichen.

Zur Begründung heißt es (zusammengefasst), es liege eine gemäß § 20 Abs. 1 lit. c bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes vor.

Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom als unbegründet abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

In der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde unter anderem aus, X (Anm.: möglicherweise der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin) sei mit Schreiben der Gemeinde vom davon informiert worden, dass nach den derzeitigen Festlegungen im örtlichen Raumordnungskonzept und im Flächenwidmungsplan das Baugrundstück sowie die angrenzenden Grundstücke als Mischgebiet gemäß § 40 Abs. 2 und 6 TROG 2006 gewidmet seien. Dies bedeute, dass auf diesen Flächen als Wohnungen nur betriebstechnisch notwendige Wohnungen und Wohnungen für den Betriebsinhaber und das Aufsichts- und Wartungspersonal errichtet werden dürften, soweit dies erforderlich sei. Damit nicht Kosten für die Erstellung eines Bauansuchens samt den dafür erforderlichen Plänen und Unterlagen entstünden, die im Falle einer eventuellen Ablehnung eines Bauansuchens dennoch anfielen, sei empfohlen worden, bereits im Voraus eine Abklärung über die Genehmigungsfähigkeit von Wohneinheiten im bestehenden Betriebsgebäude vornehmen zu lassen.

Die Beschwerdeführerin habe berufen und darin vorgebracht, dass die Änderung der Widmung, sofern eine solche ordnungsgemäß beschlossen worden sei, dem Grundeigentümer nicht bekannt gegeben worden sei. Nachdem keine Baumaßnahmen geplant seien, die grundsätzlich bewilligungspflichtig seien, reiche auch eine Bauanzeige aus.

Der Gemeindevorstand habe mit Bescheid vom der Berufung keine Folge gegeben und darauf verwiesen, es sei auch § 20 Abs. 1 lit. a und b TBO 2001 zur Beurteilung der Bewilligungspflicht heranzuziehen. Durch den geplanten Umbau und die Verwendungszweckänderung würden wesentliche bautechnische Erfordernisse berührt. Der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid spreche weder eine Bewilligung zur Durchführung noch eine Untersagung der Durchführung der Umbaumaßnahmen aus. Es werde auch in keiner Weise etwas über die in der Berufung angeführten Ausführungen zu früheren Widmungsverfahren bzw. über die bestehende Flächenwidmung und damit verbunden einer Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens ausgesagt. Durch das Einbringen des erforderlichen Bauansuchens werde ein Bauverfahren eingeleitet und die Bewilligungsfähigkeit in einem entsprechenden Ermittlungsverfahren geprüft.

Die belangte Behörde führte sodann zusammengefasst aus, bei einem Umbau von Büroräumen in Wohneinheiten liege bereits aus baurechtlichen Gründen eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes vor, weil bautechnische Erfordernisse bezogen auf Brandschutz, gesundheitliche Verhältnisse, Energieeinsparung, Wärme- und Schallschutz und dergleichen berührt sein könnten. Somit sei das Vorhaben gemäß § 20 Abs. 1 lit. c TBO 2001 bewilligungspflichtig, weshalb die Behörde erster Instanz zutreffend gemäß § 22 Abs. 3 TBO 2001 vorgegangen sei.

Die Beschwerdeführerin vermöge mit ihren Einwendungen, dass sie erstmals durch den erstinstanzlichen Bescheid von einer Umwidmung ihres Grundstückes in Kenntnis gesetzt worden sei und ihr im Zuge der Flächenwidmungsplanänderung keine ordnungsgemäße Verständigung gemäß § 62 Abs. 2 TROG 2006 zugegangen sei, "im Bauverfahren" keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Grundsätzlich könne mittels Vorstellung nur ein individueller hoheitlicher Rechtsakt der Gemeindeorgane, nicht jedoch ein genereller Hoheitsakt, wie beispielsweise eine Verordnung, angefochten werden.

Da ein Flächenwidmungsplan Verordnungscharakter habe, sei es der belangten Behörde verwehrt gewesen, über einen in Geltung stehenden Flächenwidmungsplan im Rahmen einer erhobenen Vorstellung abzusprechen. Anfechtungen von Verordnungen wären viel mehr im Wege eines Verordnungsprüfungsverfahrens "vor dem zuständigen Höchstgericht" geltend zu machen. Den Baubehörden wie auch der belangten Behörde sei eine Berücksichtigung derartige Einwände im Rahmen des anhängigen Bauverfahrens verwehrt gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung - TBO 2001) in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009 anzuwenden.

§ 20 TBO 2001 nennt die bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauvorhaben; nach Abs. 1 lit. a - c sind bewilligungspflichtig


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"a)
der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;
b)
die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden;
c) die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn sie auf die Zulässigkeit des Gebäudes oder Gebäudeteiles nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften von Einfluss sein kann; hiebei ist vom bewilligten Verwendungszweck bzw. bei Gebäuden oder Gebäudeteilen, für die aufgrund früherer baurechtlicher Vorschriften ein Verwendungszweck nicht bestimmt wurde, von dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck auszugehen;"
§ 22 Abs. 3 TBO 2001 lautet:

"(3) Die Behörde hat das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Ist das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig oder liegt im Fall einer umfassenden Sanierung eines Gebäudes mit einer Nettogrundfläche von mehr als 1.000 m2 der Energieausweis nicht vor, so hat die Behörde die Ausführung des Vorhabens innerhalb derselben Frist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein solcher Feststellungs- oder Untersagungsbescheid nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe erstmals mit dem erstinstanzlichen Bescheid davon Kenntnis erlangt, dass der das Baugrundstück betreffende Flächenwidmungsplan im Jahr 2007 geändert worden sei (Änderung von allgemeinem Mischgebiet auf Mischgebiet eingeschränkt auf Wohnungen gemäß § 40 Abs. 6 TROG 2006). Auf Grund dieser Widmungsänderung "erfolgte auch die Aufforderung ein Bauansuchen abzugeben und die Bewilligungspflicht auszusprechen". Die Beschwerdeführerin sei rechtswidrig von dieser Widmungsänderung nicht verständigt worden, die Änderung sei daher gesetzwidrig. Damit sei auch der angefochtene Bescheid rechtswidrig, weil "von Seiten der Gemeinde" nicht angeordnet werden könne, ein Bauansuchen, welches "der nicht ordnungsgemäß kundgemachten Flächenwidmungsplanänderung entspreche", einzubringen. Derartiges wäre nur möglich, wenn die Widmungsänderung gegenüber der Beschwerdeführerin "rechtskräftig und rechtmäßig zustande gekommen" wäre.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Es trifft nicht zu, dass der (mit der Beschwerde vorgelegte) erstinstanzliche Bescheid die Bewilligungspflicht des Vorhabens mit der geltenden Flächenwidmung begründet oder auch auf die Änderung des Flächenwidmungsplanes verwiesen hätte; nach der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid wurde vielmehr in einem gesonderten Schreiben auf die Änderung des Flächenwidmungsplanes hingewiesen. Im Berufungsbescheid wurde die Baubewilligungspflicht des Vorhabens darauf gestützt, dass durch das Vorhaben allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt würden. Dieser Bewilligungstatbestand (§ 20 Abs. 1 lit. b TBO 2001) besteht unabhängig von der Flächenwidmung. Auch die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auf die nur baurechtlich relevanten Aspekte verwiesen (in § 20 Abs. 1 lit. c TBO 2001). Das bestreitet die Beschwerdeführerin auch nicht; die Argumentation der belangten Behörde, dass durch das Vorhaben bautechnische Erfordernisse bezogen auf Brandschutz, gesundheitliche Verhältnisse, Energieeinsparung, Wärme- und Schallschutz und dergleichen berührt sein könnten, ist schlüssig, die Beschwerdeführerin führt jedenfalls nicht aus, weshalb dies im Beschwerdefall nicht zutreffen sollte. Die Bewilligungspflicht des Vorhabens wurde daher unbedenklich bejaht. Auf die Flächenwidmung kommt es dabei nicht an, diese rein baurechtlichen Aspekte sind unabhängig von der Frage der Zulässigkeit des Vorhabens nach raumordnungsrechtlichen Vorschriften. Demnach bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Feststellung gemäß § 22 Abs. 3 zweiter Satz TBO 2001 (und um die Rechtmäßigkeit dieser Feststellung geht es hier). Die Frage der Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Flächenwidmungsplanänderung kann, worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat, in einem allfälligen anschließenden Bauverfahren an den Verfassungsgerichtshof herangetragen werden.

Da sich schon aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-88823