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VwGH vom 09.09.2014, 2013/22/0257

VwGH vom 09.09.2014, 2013/22/0257

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des I, vertreten durch die Janezic Schmidt Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Lagergasse 57a, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 160.025/3-III/4/13, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die Bundesministerin für Inneres (im Folgenden: Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am in das Bundesgebiet eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom in Verbindung mit einer Ausweisung rechtskräftig abgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer habe am einen (ersten) Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 NAG eingebracht, der auf Grund eines damals noch bestehenden Rückkehrverbotes rechtskräftig abgewiesen worden sei. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Steiermark vom sei dieses Rückkehrverbot aufgehoben worden.

Im Verfahren über den nunmehr gegenständlichen Antrag habe der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner beruflichen Integration eine Einstellungszusage vorgelegt, aus der ersichtlich sei, dass der Beschwerdeführer nach Vorlage einer Niederlassungsbewilligung mit einem Gehalt von monatlich EUR 900,-- eingestellt werden würde. Weiters habe der Beschwerdeführer auf seinen langjährigen Aufenthalt in Österreich und auf seine Bemühungen, sich trotz seiner Hörprobleme sprachlich zu integrieren, verwiesen. Darüber hinaus habe er vorgebracht, mit der Mutter des gemeinsamen, am geborenen Sohnes, Frau O-M, in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu leben. Seine Lebensgefährtin, die im Besitz einer italienischen Aufenthaltsberechtigung sei, würde unter der Woche einer Erwerbstätigkeit in Italien nachgehen und an den Wochenenden würden sie "das gemeinsame Familienleben" in G verbringen.

Zur Einstellungszusage hielt die Behörde fest, es sei nicht ersichtlich, ob es sich dabei um eine Vollzeitbeschäftigung oder eine Teilzeitbeschäftigung handle. Bis dato sei der Beschwerdeführer auf dem Arbeitsmarkt nicht integriert. Weiters führte die Behörde aus, dass in Österreich die "angebliche" Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und das gemeinsame Kind aufhältig seien. Allerdings seien diese nicht an der gleichen Wohnanschrift wie der Beschwerdeführer gemeldet. Das Vorbringen einer Lebensgemeinschaft könne daher nicht nachvollzogen werden. Zudem seien die Lebensgefährtin und der Sohn des Beschwerdeführers nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich. Insgesamt könne nicht von intensiven familiären oder beruflichen Bindungen in Österreich ausgegangen werden.

Die Behörde verwies darauf, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zunächst nur vorübergehend als Folge des Asylantrages rechtmäßig gewesen sei und seit der rechtskräftigen Abweisung dieses Antrages unrechtmäßig sei. Dadurch habe der Beschwerdeführer gegen fremdenrechtliche Bestimmungen verstoßen, deren Einhaltung ein sehr hoher Stellenwert zukomme. Es sei nicht erkennbar, dass seit der rechtskräftigen Ausweisung durch den Asylgerichtshof ein derart maßgeblich geänderter Sachverhalt eingetreten sei, dass dem Beschwerdeführer zwangsläufig der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen wäre. Somit sei den öffentlichen Interessen - nämlich der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen - der Vorrang einzuräumen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass es sich beim vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nicht um einen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Die Beurteilung des gegenständlichen Falles richtet sich im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides () nach den Bestimmungen des NAG idF BGBl. I Nr. 68/2013.

Gemäß § 43 Abs. 3 NAG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine "Niederlassungsbewilligung" zu erteilen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG vorliegt (Z 1) und dies gemäß § 11 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist (Z 2).

Zunächst ist Folgendes vorauszuschicken: Die Behörde hält in ihrer Begründung fest, seit der Erlassung der Ausweisung sei kein derart maßgeblich geänderter Sachverhalt eingetreten, dass dem Beschwerdeführer der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen wäre. Mit dieser Aussage verkennt die Behörde zwar, dass bei einer inhaltlichen Neubewertung gemäß Art. 8 EMRK (dass eine solche im vorliegenden Fall notwendig war, wird auch von der Behörde anerkannt) im Rahmen einer Gesamtbeurteilung alle relevanten Umstände seit der Einreise zu berücksichtigen sind (vgl. dazu das - einen Antrag nach § 41a Abs. 9 NAG betreffende - hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/22/0204). Das führt im vorliegenden Fall aber nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die Behörde der Sache nach den Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers seit seiner Einreise im Juli 2004 ohnehin in ihre Beurteilung einbezogen hat.

Der Beschwerdeführer rügt zum einen, dass die Behörde die von ihm im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführte, in der Vergangenheit erfolgte selbständige Tätigkeit als Zeitungszusteller sowie seine aktuelle Tätigkeit als Verkäufer einer Straßenzeitung nicht berücksichtigt habe.

Der Behörde ist zwar anzulasten, dass sie die vom Beschwerdeführer bereits in seinem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung angeführte und durch die Vorlage von Honorarnoten bescheinigte Tätigkeit als Zeitungszusteller im Rahmen ihrer Interessenabwägung nicht erkennbar berücksichtigt hat. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in mehreren Fällen in einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Zeitungszusteller für sich genommen noch keine entscheidungserhebliche berufliche Integration gesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/22/0192, mwN). Weiters ist zwar - wie auch in der Beschwerde moniert wird - nicht ersichtlich, weshalb die Behörde (wiederholt) darauf hingewiesen hat, dass der Einstellungszusage betreffend eine Tätigkeit mit einem Monatslohn von EUR 900,-- nicht entnommen werden könne, ob es sich dabei um eine Vollzeitbeschäftigung oder eine Teilzeitbeschäftigung handle. Allerdings lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen, dass die Einstellungszusage auf Grund dieses Umstandes von der Behörde nicht anerkannt worden wäre. Ausgehend von der vorgelegten Einstellungszusage musste - selbst bei Einbeziehung der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Zeitungszusteller - nicht von einer intensiven beruflichen Integration ausgegangen werden, weshalb die diesbezügliche Einschätzung der Behörde zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 2013/22/0192).

Der Beschwerdeführer macht zum anderen geltend, der bloße Umstand, dass er mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn eine "Wochenendbeziehung" führe, ändere nichts am Vorliegen eines Familienlebens.

Der Beschwerdeführer tritt der behördlichen Annahme, dass seine Lebensgefährtin und sein Sohn nicht über eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich verfügen, ebenso wenig entgegen wie den behördlichen Feststellungen, dass seine Lebensgefährtin unter der Woche mit dem Sohn in Italien aufhältig sei und dort arbeite sowie dass keine gemeinsame Meldeanschrift mit dem Beschwerdeführer bestehe. Ausgehend davon ist es aber nicht zu beanstanden, dass die Behörde intensive familiäre Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich verneint hat. Daran vermag auch der Umstand, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und der gemeinsame Sohn die Wochenenden in G verbringen, nichts zu ändern.

Die Behörde durfte in diesem Zusammenhang auch berücksichtigen, dass sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers auf einen - letztlich unbegründeten - Asylantrag gestützt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich wiederholt festgehalten, dass bei der Bewertung des persönlichen Interesses des Beschwerdeführers (an der Erteilung eines Aufenthaltstitels) iSd § 11 Abs. 3 Z 8 NAG zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer auf der Grundlage der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, die ihm während des Asylverfahrens zugekommen ist, nicht damit rechnen durfte, dauerhaft in Österreich bleiben zu können (vgl. das - ebenfalls familiäre Bindungen eines Fremden zu seiner Lebensgefährtin und zum gemeinsamen Sohn zum Inhalt habende - Erkenntnis vom , Zl. 2013/22/0027, sowie das Erkenntnis vom , Zl. 2013/22/0220). Dies gilt umso mehr für die Zeit ab der Rechtskraft der gegen den Beschwerdeführer erlassenen Ausweisung.

Ausgehend davon sind die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände insgesamt nicht von solchem Gewicht, dass ihm unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ein Aufenthaltstitel hätte erteilt und akzeptiert werden müssen, dass er mit seinem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen. Es ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die Behörde das Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich nicht schwerer gewichtete als das gegenläufige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Daran vermögen fallbezogen auch die (zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung) bestehende Aufenthaltsdauer in Österreich von knapp neun Jahren und die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Bemühungen, trotz seiner Schwerhörigkeit die deutsche Sprache zu erlernen, nichts zu ändern.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie § 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, iVm § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Fundstelle(n):
WAAAE-88799