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VwGH vom 18.12.2014, 2011/12/0112

VwGH vom 18.12.2014, 2011/12/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Zens sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Czakler, über die Beschwerde des G A in L, vertreten durch Dr. Günter Gsellmann, Rechtsanwalt in 8041 Graz, Raiffeisenstraße 138 A, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom , Zl. PRB/PEV-611073/10-A05, betreffend Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war der Österreichischen Post Aktiengesellschaft zur Verwendung zugewiesen.

Mit Bescheid der erstinstanzlichen Dienstbehörde vom wurde er gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), amtswegig mit Ablauf des in den Ruhestand versetzt.

Begründend führte die erstinstanzliche Dienstbehörde im Wesentlichen aus, der in die Verwendungsgruppe PT 8 ernannte Beschwerdeführer sei nach den Ergebnissen des Gutachtens der Pensionsversicherungsanstalt vom in Ansehung seines ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzes "Gesamtzustelldienst - Code 802" dauernd dienstunfähig, weil ihm überwiegend schwere körperliche Beanspruchung, fallweise schwere Hebe- und Tragetätigkeiten, häufiges Bücken und Strecken, sowie Arbeiten unter häufiger Kälte- und Nässeexposition nicht mehr möglich seien.

Sodann führte die erstinstanzliche Behörde mehrere Verweisungsarbeitsplätze, darunter auch "Mitarbeiter Jobcenter D4 - Code 7727", an, und legte dar, dass der Beschwerdeführer auch in Ansehung dieser Arbeitsplätze dauernd dienstunfähig sei, weil sie entweder mit überwiegend schwerer körperlicher Beanspruchung, fallweise schweren Hebe- und Tragetätigkeiten, häufigem Bücken und Strecken, oder mit häufiger Kälte- und Nässeexposition verbunden seien. Als Verweisungsarbeitsplätze kämen lediglich die Arbeitsplätze "Verteildienst für Inlandspostsendungen (ausgenommen Geld-Wertsendungen) - Code 0809" und Fachpostverteildienst - Code 0835" in Betracht, die jedoch derzeit besetzt seien und auch in absehbarer Zeit nicht frei werden würden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er - soweit für das Beschwerdeverfahren noch wesentlich - vorbrachte, dass sich für ihn als Möglichkeit vor einer Ruhestandsversetzung auch die Verwendung im Polizeiinnendienst, für den er die volle gesundheitliche Eignung aufweise, ergebe, zumal der Ressortwechsel durch die Zahlung von Geldprämien an versetzungswillige Beamte gefördert werde. Weiters habe die Dienstbehörde keine Feststellungen zu der im Karriere- und Entwicklungscenter (KEC) in der Verwendung "Mitarbeiter Jobcenter D4 - Code 7727" zu verrichtenden Aufgaben und Tätigkeiten getroffen, sodass eine Beurteilung seiner dauernden Dienstunfähigkeit insoweit nicht möglich sei.

In seiner im Berufungsverfahren erstatteten Stellungnahme vom behauptete der Beschwerdeführer, durch die Verweigerung der von ihm angestrebten Verwendung im Polizeiinnendienst, für den er die volle gesundheitliche Eignung besitze, ebenso diskriminiert zu werden wie durch die Verweigerung seiner Verwendung als Mitarbeiter Jobcenter D4, Code 7727, PT 8 gemäß § 4a der Post-Zuordnungsverordnung 2003 (im Folgenden: P-ZV 2003). Dazu führte er näher aus, dass er als Mitarbeiter der Verwendungsgruppe PT 8 nur bei einer Verwendung als Springer und als Urlaubs- und Krankenersatz im Zustelldienst nicht mehr geeignet sei (Punkt 1. des § 4a P-ZV 2003), jedoch für die übrigen aufgezeigten Verwendungen betreffend die Mitarbeit bei Prozess-, Projekt- und Qualitätsentwicklungen (Punkt 2. leg. cit.) und bei der Hereinnahme neuen Geschäftes (Punkt 3. leg. cit.) noch die volle gesundheitliche Eignung besitze, wobei diese Verwendungsmöglichkeiten bei der Sekundärprüfung gesondert vom Punkt 1. zu beurteilen seien. Davon gehe auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2006/12/0209, aus, indem er von den im KEC eingerichteten Arbeitsplätzen der jeweiligen Verwendungsgruppe spreche und nicht von einem einzigen Arbeitsplatz, der alle drei in § 4a P-ZV 2003 genannten Aufgabenbereiche umfasse.

Mit Schreiben vom brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das über ihren Auftrag eingeholte orthopädische Gutachten Dris. P. vom sowie die Anforderungsprofile der seiner dienstrechtlichen Stellung entsprechenden Verweisungsarbeitsplätze zur Kenntnis.

Hierzu erstattete der Beschwerdeführer am eine Stellungnahme, in welcher er vorbrachte, dass sich das für die Organisationseinheit Jobcenter erstellte Anforderungsprofil mit den Angaben zur körperlichen Beanspruchung ("mittel/schwer"), zu den Hebe- und Trageleistungen ("überwiegend mittelschwer" und "fallweise schwer") sowie zu den Zwangshaltungen Bücken und Strecken ("häufig") nur auf die im Punkt 1. des § 4a P-ZV 2003 angeführte Verwendung als "Springer, KEK, UEK, Spitzenabdeckung" beziehe. Die in § 4a P-ZV 2003 weiters aufgezählten und für ihn als Mitarbeiter Jobcenter D4 ebenfalls in Betracht kommenden Verwendungsmöglichkeiten betreffend die Mitarbeit bei Prozess-, Projekt- und Qualitätsentwicklungen und bei der Hereinnahme neuen Geschäftes, für welche Aufgaben er noch die volle gesundheitliche Eignung besitze und die bei der Sekundärprüfung gesondert vom Punkt 1. zu beurteilen seien, seien außer Betracht gelassen worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung mit der Maßgabe keine Folge gegeben, dass der Beschwerdeführer mit Ablauf des in den Ruhestand versetzt werde.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend tauglicher Verweisungsarbeitsplätze im Bereich des KEC entgegnete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Folgendes:

"Zu ihrer Behauptung, dass die Prüfung der Verweisungsarbeitsplätze als Mitarbeiter Jobcenter D4 mangelhaft sei, ist festzuhalten, dass wie oben ausgeführt alle in Frage kommenden Arbeitsplätze der Verwendungsgruppe PT 8 in die Verweisungsprüfung miteinbezogen wurden. Das Ergebnis der durchgeführten Sekundärprüfung wurde im Parteiengehör vom , GZ (...), ausführlich dargestellt und sind Ihnen neben dem Anforderungsprofil 'Code 7727 - Mitarbeiter Jobcenter D4' sämtliche Anforderungsprofile von den Ihrer dienstrechtlichen Stellung entsprechenden Verweisungsarbeitsplätzen zur Kenntnis übermittelt worden. Die von Ihnen im Schreiben vom vorgebrachten Zweifel betreffend die Prüfung der Verweisungsarbeitsplätze gehen daher ins Leere. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass das Karriere- und Entwicklungscenter (KEC) mit Ende des Jahres 2010 aufgelöst worden ist und auch aus diesem Grund eine Verwendung als 'Mitarbeiter Jobcenter D4' nicht möglich ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den Beschwerdefall zu.

Im Übrigen wird zur maßgeblichen Rechtslage auf deren Darstellung im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/12/0054, verwiesen.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es seien sich ihm in anderen Ressorts des Bundes bietende Verwendungen zu Unrecht nicht herangezogen worden, ist auszuführen, dass dem Beamten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Vorhandensein freier Arbeitsplätze in anderen Ressorts des Bundes kein Abwehrrecht gegen seine amtswegige Ruhestandsversetzung erwächst (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/12/0050, mwN).

Der Beschwerdeführer behauptet weiters, dass ihm ein gleichwertiger Arbeitsplatz hätte zugewiesen werden können, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande sei, nämlich im sogenannten "PAM" ("Postarbeitsmarkt"), vormals Karriere- und Entwicklungscenter (Jobcenter), Code 7727, PT 8, Mitarbeiter Jobcenter D4, mit Verwendung gemäß § 4a P-ZV 2003, Punkt 2. und 3. Bei Klärung seiner tatsächlichen Verwendungsmöglichkeiten wäre die belangte Behörde zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis, nämlich zu seiner Verwendung im Karriere- und Entwicklungscenter, gelangt.

Der Beschwerdeführer hatte bereits in seinen im Berufungsverfahren erstatteten Stellungnahmen mehrfach behauptet, grundsätzlich für Arbeitsplätze der in § 4a P-ZV 2003, zweiter und dritter Gedankenstrich, angeführten Art dienstfähig zu sein. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt und ihm insbesondere weder entgegengehalten, dass dieses Vorbringen aus arbeitsmedizinischer Sicht unzutreffend sei, noch dass derart organisatorisch eingerichtete Arbeitsplätze im Bereich des KEC nicht bestünden bzw. nicht frei seien. Dieser Verfahrensmangel ist relevant, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis vom mit eingehender Begründung, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt hat - (manche) Tätigkeiten gemäß dem ersten Gedankenstrich des § 4a P-ZV 2003 keinen Teil der Dauerverwendung des Beamten (also seines Arbeitsplatzes) darstellen und folglich eine sich darauf beziehende gesundheitliche Unfähigkeit des Beschwerdeführers bei der Prüfung der Verweisungstauglichkeit außer Betracht zu bleiben hätte (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/12/0173).

Daran vermag auch die im angefochtenen Bescheid unter Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 3 AVG iVm § 1 Abs. 1 DVG erstmals und ohne vorherigen Vorhalt im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführte Behauptung der belangten Behörde, dass das KEC mit Ablauf des Jahres 2010 aufgelöst worden und auch aus diesem Grund eine Verwendung als "Mitarbeiter Jobcenter D4" nicht möglich sei, nichts zu ändern.

Im Hinblick auf die bloß pauschal und ohne nähere Begründung erhobene Behauptung einer Auflösung des KEC mit Ablauf des Jahres 2010 und der damit verbundenen Unmöglichkeit der Verwendung des Beschwerdeführers auf den in Rede stehenden Verweisungsarbeitsplätzen stellt das Beschwerdevorbringen, aus welchem sich ergibt, dass nach Ansicht des Beschwerdeführers diese zuvor im KEC bestehenden Arbeitsplätze nach dessen Auflösung nunmehr im Bereich des PAM vorgelegen hätten, eine ausreichend substanziierte Bestreitung dieser Bescheidannahme dar. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des aufgezeigten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der Einwand des Beschwerdeführers, wonach die Auslastung seines Arbeitsplatzes durch einen nicht-amtlichen Sachverständigen zu beurteilen gewesen wäre, ist nicht berechtigt. Die belangte Behörde war nicht verpflichtet, einen berufskundlichen Sachverständigen zur näheren Ausleuchtung der dem Beschwerdeführer auf seinem bisherigen Arbeitsplatz zugewiesenen Aufgaben beizuziehen, weil es sich dabei um seine Verwendung auf einem von der Dienstbehörde organisatorisch eingerichteten und ihr folglich von den Anforderungen her bekannten Arbeitsplatz handelt, sodass von einem Mangel der erforderlichen Sachkunde im Sinn des § 52 AVG und damit von der Notwendigkeit der Beiziehung eines Sachverständigen nicht gesprochen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/12/0209, mwN).

Aus den oben dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
WAAAE-88773