VwGH vom 25.01.2012, 2011/12/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Zens sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des EP in U, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BGD-010444/1-2011-Lm, betreffend Abgeltung von Mehrdienstleistungen bzw. Überstunden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Sonderschuldirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich. Er leitet die Sonderschule L und das Sonderpädagogische Zentrum P.
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die sich aus einer von ihm rechnerisch ermittelten "Negativlehrverpflichtung" ergebenden Stunden, soweit sie noch nicht verjährt seien, abzugelten. Im Februar 2010 ersuchte er um bescheidförmige Absprache bezüglich dieses Ansuchens.
Mit Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.
Begründend führte die erstinstanzliche Dienstbehörde im Wesentlichen aus, gemäß § 50 Abs. 1 bis 6 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 (im Folgenden: LDG 1984), gebühre eine Vergütung für Mehrdienstleistungen nur in den Fällen, in denen durch gehaltene Unterrichtsstunden das in § 43 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 geregelte oder das in § 43 Abs. 2 LDG 1984 festgelegte Stundenausmaß überschritten werde. Die vom Beschwerdeführer errechnete "negative Lehrverpflichtung" sei tatsächlich gehaltenen Unterrichtsstunden nicht gleichgestellt. Das Entstehen eines Abgeltungsanspruches für Überstunden gemäß § 16 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 scheitere demgegenüber schon daran, dass keine Anordnung von Überstunden erfolgt sei. Allein in der Übertragung eines bestimmten Tätigkeitsbereiches sei eine solche auch nicht zu erblicken.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er im Wesentlichen die Auffassung vertrat, die Anrechnungsregel gemäß § 51 Abs. 3 und 4 LDG 1984 sowie die Festlegung der Anzahl der zu betreuenden Integrationsklassen beinhalteten eine Anordnung von Überstunden.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde diese Berufung abgewiesen und ausgesprochen, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Abgeltung der sich aus der behaupteten "Überschreitung" seiner Jahresnorm ergebenden, noch nicht verjährten Stunden als Mehrdienstleistungen oder als Überstunden gemäß § 50 LDG 1984 sowie gemäß § 16 GehG abgewiesen werde.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen Folgendes aus:
"Sie wollen den angeführten Bestimmungen des § 51 LDG 1984 nunmehr eine Bedeutung dahingehend beimessen, dass Sie, als ein gemäß § 51 Abs. 6 LDG 1984 von der regelmäßigen Unterrichtserteilung befreiter Leiter einer Sonderschule bzw. eines Sonderpädagogischen Zentrums, neben der Befreiung von der regelmäßigen Unterrichtserteilung auch noch einen Anspruch auf Reduktion der Unterrichtsverpflichtung gemäß § 51 Abs. 3 und 4 LDG 1984 hätten.
Basierend auf dieser Überlegung stellen Sie folgende Berechnung an:
Nach § 51 Abs. 3 LDG 1984 wären für die Leitung der Sonderschule L 72 Jahresstunden in Abzug zu bringen, für die sechs Klassen der Sonderschule L 324 Jahresstunden (54 Jahresstunde je Klasse) und nach § 51 Abs. 4 LDG 1984 für die im Zuständigkeitsbereich des Sonderpädagogischen Zentrums betreuten Klassen 1890 Jahresstunden (54 Jahresstunde für je 2 Klassen, wobei bei einer ungeraden Klassenzahl eine unberücksichtigt bleibt). Damit ergebe sich eine Reduzierung der Jahresnorm, die minus 2286 Jahresstunden bzw. eine wöchentliche 'negative Jahresnorm' von minus 63,5 Stunden betragen hätte.
Wie Ihrem Vorbringen zu entnehmen ist, besteht Ihrer Ansicht nach hinsichtlich der sich aus der oben dargelegten Berechnung errechneten Absetzstunden aus Lehrtätigkeit ein Anspruch auf Abgeltung dieser Absetzstunden als Mehrdienstleistungen gemäß § 50 LDG 1984 und § 16 GehG.
Vorweg ist zu Ihrem oben dargelegten Berechnungsmodell festzuhalten, dass nach Ansicht der Berufungsbehörde schon allein die Wortinterpretation der Bestimmung des § 51 Abs. 6 LDG 1984 gegen die von Ihnen vertretene Auffassung spricht. § 51 Abs. 6 LDG 1984 normiert, dass abweichend von den Abs. 1 bis 5 Leiter von allgemein bildenden Schulen mit mehr als sieben Klassen von der regelmäßigen Unterrichtserteilung befreit sind. Aus der Formulierung 'abweichend von den Abs. 1 bis 5' geht eindeutig hervor, dass der Gesetzgeber für Leiter von allgemein bildenden Pflichtschulen mit mehr als sieben Klassen eine andere - von einer bloßen Verringerung der Lehrverpflichtung abweichende - Regelung treffen wollte. Nach Ansicht der Berufungsbehörde hat der Gesetzgeber durch die Formulierung 'abweichend von den Abs. 1 bis 5' aber auch zum Ausdruck gebracht, dass die Bestimmungen des § 51 Abs. 1 bis 5 betreffend eine Verminderung der Lehrverpflichtung im Fall einer gänzlichen Freistellung des Leiters von der Unterrichtserteilung nicht mehr (zusätzlich) Anwendung finden sollen und demgemäß von einer auf Null reduzierten Lehrverpflichtung keine weiteren Stunden in Abzug gebracht werden können.
Das von Ihnen dargelegte Berechnungsmodell einer 'negativen Lehrverpflichtung bzw. negativen Jahresnorm' findet daher in den Bestimmungen des § 51 Abs. 1 bis 6 LDG 1984 keine Deckung.
Abgesehen davon, kommt eine besondere Vergütung nach § 50 Abs. 1 LDG 1984 bzw. eine Überstundenvergütung nach § 16 GehG aber auch aus nachstehenden Gründen nicht in Betracht:
Die Lehrverpflichtung für Leiter von allgemein bildenden Pflichtschulen beträgt nach § 51 Abs. 1 LDG 1984 20 Wochenstunden und ist in Ihrem Fall aufgrund der Anzahl der Klassen gemäß § 51 Abs. 6 LDG 1984 bereits auf Null reduziert. Gemäß § 50 Abs. 1 LDG 1984 gebührt eine besondere Vergütung dann, wenn durch dauernde Unterrichtserteilung das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten wird.
Aus Ihrem Vorbringen geht nicht hervor bzw. haben Sie nicht einmal die Behauptung aufgestellt, dass Sie über das Ausmaß Ihrer Lehrverpflichtung hinaus (tatsächlich) Unterrichtsstunden gehalten hätten. Sie verweisen zur Begründung Ihres Anspruches lediglich auf das oben dargelegte Berechnungsmodell und die sich daraus ergebenden Absetzstunden.
Da Sie demnach über das Ausmaß Ihrer Lehrverpflichtung hinausgehend Unterrichtstunden nicht erbracht haben, scheidet eine Vergütung von Mehrdienstleistungen nach § 50 LDG 1984 aus.
Da aus den angeführten Gründen ein Anspruch auf Vergütung von Mehrdienstleistungen nach § 50 LDG 1984 nicht besteht, ist in weiterer Folge zu prüfen, ob allenfalls ein Anspruch auf Abgeltung von Überstunden nach § 16 GehG in Frage kommt.
§ 16 Abs. 1 GehG normiert, dass dem Beamten für Überstunden, die nicht in Freizeit oder in Freizeit und zusätzlich nach besoldungsrechtlichen Vorschriften ausgeglichen werden, eine Überstundenvergütung gebührt.
Für Beamte, auf die das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) anzuwenden ist, liegt eine Überstunde nur vor, wenn sie gemäß § 49 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 angeordnet wurde oder aus den Gründen des zweiten Satzes leg. cit. einer angeordneten Überstunde gleichzuhalten ist. Gemäß § 106 Abs. 2 Z. 5 LDG 1984 würde an Stelle des § 49 Abs. 1 BDG 1979 die entsprechende Bestimmung des LDG 1984 treten. Eine solche unmittelbar entsprechende Vorschrift für die Anordnung von Überstunden im Tätigkeitsbereich gemäß § 51 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 findet sich in dem zuletzt genannten Gesetz aber nicht.
In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2009/12/0105, ausgeführt, dass man nun entweder vertreten könnte, dass in Entsprechung der Gedanken des § 50 Abs. 1 LDG 1984 Mehrdienstleistungen, welche einen Anspruch nach §§ 16 ff GehG in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 auslösen könnten, gleichfalls in der Diensteinteilung selbst angeordnet werden müssten.
Wollte man diese Entsprechung nicht annehmen - so führt der Verwaltungsgerichtshof weiter aus - so wäre demgegenüber in Anwendung des (von § 16 GehG durch Gebrauch des Begriffes Überstunde gleichsam vorausgesetzten und damit rezipierten) § 49 Abs. 1 BDG 1979 zumindestens eine Anordnung der Überstunden oder das Vorliegen eines ihr gleichzuhaltenden Falles erforderlich.
In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2009/12/0173, vertritt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr unter Bezugnahme auf sein oben zitiertes Erkenntnis vom die Auffassung, dass die Gesetzesmaterialien zu § 106 Abs. 2 Z. 5 LDG 1984 nahe legen, dass der Anwendung einer der für Bundesbeamte geltenden, im GehG verwiesenen dienstrechtlichen Norm (auch nur annähernd) entsprechenden Norm des LDG 1984 der Vorzug gegenüber der (entsprechenden) Anwendung der im GehG 1956 verwiesenen für andere Bundesbedienstete geltenden dienstrechtlichen Norm selbst zu geben ist.
Die der in § 16 GehG (implizit) verwiesenen Norm des § 49 BDG 1979 noch am ehesten entsprechende Bestimmung des Landeslehrerdienstrechtes stellt somit § 50 Abs. 1 erster Satz LDG 1984 dar, welcher die Anordnungsbefugnis für Mehrdienstleistungen im Tätigkeitsbereich A regelt. Nach dieser Norm setzt eine Abgeltung derartiger Mehrdienstleistungen jedenfalls voraus, dass sie 'aufgrund der am Beginn des Unterrichtsjahres erstellten Lehrfächerverteilung bzw. Diensteinteilung' erfolgte, die gemäß § 43 Abs. 1 vierter und fünfter Satz LDG 1984, vom landesgesetzlich zuständigen Organ unter Einhaltung der Schriftform zu erfolgen hat.
Dass eine solche schriftliche Anordnung erfolgt wäre, wurde von Ihnen nicht vorgebracht; es bestehen auch keine wie immer gearteten Hinweise auf eine solche Anordnung.
Sie verweisen in diesem Zusammenhang lediglich auf Ihre oben dargelegten Berechnungsmodalitäten betreffend die Ermittlung der 'negativen Jahresnorm bzw. negative Lehrverpflichtung' und die sich daraus ergebenden Absetzstunden.
Die Berufungsbehörde gelangte daher in Übereinstimmung mit der Erstbehörde zu der Auffassung, dass ein Überstundenvergütungsanspruch gemäß § 106 LDG 1984 in Verbindung mit § 16 GehG für die sich aus Ihrer Berechnung (von Ihnen als 'negativen Lehrverpflichtung bzw. negative Jahresnorm' bezeichnet) ergebenden Absetzstunden mangels einer wirksamen Anordnung nicht besteht.
Eine Ermittlung der genauen Stundenanzahl konnte unterbleiben, da nach Ansicht der Berufungsbehörde der Anspruch auf Abgeltung dieser Stunden schon dem Grunde nach nicht besteht.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der einem Leiter anlässlich der Leitung der Schule entstehende zusätzlich zeitliche Mehraufwand neben der Berücksichtigung in seiner Lehrverpflichtung ohnehin in der hiefür gebührenden Leiterzulage, die je nach Schulgröße eine Erhöhung der Abgeltung vorsieht, ihre Entsprechung findet.
Die Berufungsbehörde kann darin auch keine Ungleichbehandlung erkennen, da das Sachlichkeitsgebot lediglich erfordert, dass der Gesetzgeber das System des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes derart gestaltet, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Dienstpflichten steht (Vfslg. 12.154/1989)."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur maßgebenden Rechtslage wird auf deren Wiedergabe im hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2011/12/0090, verwiesen.
Ergänzend lautet § 51 Abs. 4 LDG 1984 in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 52/2009:
"(4) Die Unterrichtsverpflichtung der Leiter an Sonderpädagogischen Zentren (§ 27a des Schulorganisationsgesetzes) vermindert sich über das gemäß Abs. 1 und 2 errechnete Ausmaß in der Weise, dass zwei im Zuständigkeitsbereich des betreffenden Sonderpädagogischen Zentrums liegende Klassen mit Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemein bildenden Pflichtschulen sowie an der Unterstufe der allgemein bildenden höheren Schulen zusätzlich als eine Klasse der Sonderschule berechnet werden. Sofern die Aufgaben des Sonderpädagogischen Zentrums vom Bezirksschulrat wahrgenommen werden (§ 27a Abs. 2 dritter Satz des Schulorganisationsgesetzes), vermindert sich die Unterrichtsverpflichtung des für die Erfüllung dieser Aufgaben herangezogenen Lehrers für je fünf im Schulbezirk zu betreuende Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf um je 36 Jahresstunden. Werden mehrere Lehrer für die Erfüllung dieser Aufgaben herangezogen, so gebührt die Verminderung der Unterrichtsverpflichtung nur im anteiligen Ausmaß."
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in allen entscheidungserheblichen Umständen jenem, welcher mit dem eben zitierten hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2011/12/0090, entschieden wurde. Auf die Gründe dieses Erkenntnisses wird daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG mit der Maßgabe verwiesen, dass die Besonderheiten der Belastung von Leitern eines Sonderpädagogischen Zentrums in der gebührenden Dienstzulage gemäß § 4 Z. 11 der Schulleiter-Zulagenverordnung 1966, BGBl. Nr. 192, Berücksichtigung finden.
Aus diesen Erwägungen war auch die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am