VwGH vom 13.10.2010, 2009/06/0189

VwGH vom 13.10.2010, 2009/06/0189

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der Salzburger Rechtsanwaltskammer in Salzburg, vertreten durch Sluka Hammerer Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Alpenstraße 26, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zlen. UVS-5/13226/17-2009, UVS-12/10046/11-2009, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 57 Abs. 2 RAO und des Art III Abs. 1 Z. 1 EGVG (weitere Partei:

Bundesministerin für Justiz; mitbeteiligte Partei: Dr. UP in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kostenersatzbegehren der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei werden abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom an den Magistrat der Stadt S. erhob die Beschwerdeführerin Anzeige gegen die Mitbeteiligte wegen Verletzung des § 57 Abs. 1 RAO sowie des Art. IX (nunmehr: Art. III) Abs. 1 Z. 1 EGVG. Diesem Schreiben waren unter anderem die Kopie eines Antrages des Wohnungseigentümers RF (als Vermieter) an die Schlichtungsstelle vom , vertreten durch die Mitbeteiligte, Funktionärin des Vereins W., auf vorläufige Erhöhung der Hauptmietzinse gemäß § 18a MRG und auf Anhebung der monatlichen Hauptmietzinse gemäß § 18 MRG sowie ein Vereinsregisterauszug des Vereins W. angeschlossen. Die Beschwerdeführerin führte dazu im Wesentlichen aus, der Verein W. verfüge über keine eigene Internet-Plattform, es bestehe eine automatische Verbindung zur Website der Einzelfirma P. der Mitbeteiligten. Sowohl der Verein W. als auch das Einzelunternehmen P. seien an der Privatadresse der Mitbeteiligten situiert. Der Verein W. sei nicht berechtigt, in Mietrechtssachen rechtlich zu vertreten und zu beraten. Auch der Geschäftszweig "Unternehmensberatung" schließe eine Vertretung und Beratung in rechtlichen Angelegenheiten nicht ein. Die Mitbeteiligte übe, wie sich aus dem Schriftsatz vom ergebe, eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit aus. Sie übe diese Tätigkeit gewerbsmäßig für Dritte aus; die gewerbsmäßige Begehung sei bereits dann verwirklicht, wenn sich der Beschuldigte zumindest irgendeinen Vorteil aus seiner Tätigkeit erhoffe.

Mit einem weiteren Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin dem Magistrat der Stadt S. ein Schreiben der Mitbeteiligten vom zur Kenntnis. In diesem wurde bekannt gegeben, dass die Mitbeteiligte das Vereinsmitglied DM für den Verein W. in einer Mietrechtsangelegenheit (offenbar einer Kündigung) vertrete.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt S. vom wurde das Strafverfahren gegen die Mitbeteiligte gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. Der normative Teil dieses Bescheides lautet wie folgt:

" Bescheid

Mit Schreiben vom hat die Salzburger Rechtsanwaltskammer, vertreten durch die S(...) Rechtsanwälte GmbH, folgende Anzeige an den Magistrat S(...) gerichtet:

'In der Beilage werden in Kopie des Schreibens der S(...) Rechtsanwälte vom sowie der Antrag an das Magistrat S vom sowie ein Vereinsregisterauszug zum Stichtag über den Verein 'W(...)' übermittelt. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Verein 'W(...)' keine eigene Internet-Plattform hat und automatisch eine Verbindung zur Einzelfirma 'p(...)' besteht. Sowohl der Verein 'W(...)' als auch die Einzelfirma 'p(...)' sind an der Privatadresse der (Mitbeteiligten) situiert. Der Verein 'W(...)' ist nicht berechtigt, in Mietrechtssachen rechtlich zu vertreten und zu beraten. Auch der Geschäftszweig der Unternehmensberatung schließt eine Vertretung und Beratung in rechtlichen Angelegenheiten nicht ein. Unter Heranziehung des Antrags vom , in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Antragsteller von (der Mitbeteiligten) vertreten wird, welche als 'W' auftritt, übt diese unberechtigt eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig aus. Da (die Mitbeteiligte) nicht in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen ist, ergibt sich, dass sie in den Vertretungsvorbehalt der Rechtsanwälte im Sinne des § 8 RAO eingegriffen hat. Das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 1 Abs. 2 GewO ist dadurch indiziert, dass auf eine Vollmacht verwiesen wird und daher ein Einschreiten für einen Dritten vorliegt und die gewerbsmäßige Begehung der Tat bereits dann verwirklicht ist, wenn sich der Beschuldigte zumindest irgendeinen Vorteil aus seiner Tätigkeit erhofft. (Die Mitbeteiligte) hat somit den Straftatbestand der Winkelschreiberei sowohl objektiv als auch subjektiv verwirklicht. Die Zuständigkeit des Magistrats S(...) als Verwaltungsstrafbehörde gründet sich auf § 27 VStG.

Gemäß § 58 RAO kommt der Salzburger Rechtsanwaltskammer im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung zu. Es wird ersucht, zur Wahrung des Parteiengehörs, den Ausschuss der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu verständigen, um insbesondere Beweisanträge und ergänzende Vorbringen zu ermöglichen. Im Hinblick auf die im § 58 RAO normierte Rechtsmittelbefugnis wird in der Folge auch um Zustellung des Straferkenntnisses ersucht.'

In dieser Verwaltungsstrafsache ergeht folgender Spruch

Das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 57 Abs. 2 i.V.m.

§ 8 Rechtsanwaltsordnung bzw. Art. III Abs. 1 Z. 1 EGVG wird gegen (die Beschwerdeführerin) gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt."

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Mitbeteiligte sei im gegenständlichen Fall bei der Schlichtungsstelle der Stadt S. für den Verein W. als Interessenvertreterin im Sinne des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG aufgetreten. Nach der geltenden Rechtslage stelle diese Tätigkeit keine Winkelschreiberei dar.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Strafbehörde erster Instanz habe es unterlassen, den Verein W. dahingehend zu überprüfen, welchen Vereinszweck er verfolge, ob er in mehr als zwei Bundesländern tätig sei bzw. ob für die Leistungen der Mitbeteiligten irgendwelche Gegenleistungen erfolgt seien. Weiters sei von der Behörde nicht gewürdigt worden, dass am Briefpapier des Vereins W. nicht nur mit der Vertretung von Mietern, sondern auch mit "Eigentum, Kauf oder Vertragsgestaltung" geworben werde, was keinesfalls mit den Zielen eines "Vereines zum Mieterschutz" im Zusammenhang stehe, und es sei auch nicht die nachgereichte Urkunde (Schreiben der Mitbeteiligten vom ), aus der eine vorprozessuale Vertretung durch die Mitbeteiligte in einer streitigen Mietrechtssache hervorgehe, im Ermittlungsverfahren berücksichtigt worden.

Die Bundespolizeidirektion S. übermittelte der belangten Behörde die Statuten des Vereins W. § 2 der Statuten lautet:

" § 2 Vereinszweck

Die Vereinstätigkeit ist nicht auf Gewinn ausgerichtet und in allen Belangen gemeinnützig im Sinne der Bundesabgabenordnung. Der Verein ist eine gemeinnützige Gemeinschaft für soziales Wohnrecht. Er bezweckt und verfolgt als überparteilicher Verein innerhalb seines Wirkungsbereiches die Vertretung der Mieter von Privat- und Gemeindewohnungen, der Genossenschaftsmieter, der Wohnungseigentümer, der Kleingärtner und der Eigenheimbesitzer sowie sonstiger Wohnungsinhaber oder sonstiger Nutzungsberechtigter in anderer Form an Wohnungen, Geschäftsflächen und sonstigen Objekten. Der Verein bezweckt und verfolgt diese Interessen zu fördern, zu vertreten und zu wahren. Der Verein wird stets darum bemüht sein bestehende Unklarheiten im Miet-, Wohnungsrecht und damit verbundenen Angelegenheiten aufzuzeigen und Änderungsvorschläge zu formulieren.

Zu diesem Zweck veranstaltet der Verein aus jeweils gegebenem Anlass Veranstaltungen und Diskussionen, gibt periodische Zeitschriften heraus, gewährt seinen Mitgliedern unentgeltliche Rechtsberatung und adäquate Unterstützung in den Agenden des Miet- und Wohnrechtes und damit verbundenen rechtlichen Fragen.

Die Art und Form der Unterstützung wird durch rechtliche Beratung und rechtsfreundliche Vertretung der Mitglieder in Behördenverfahren, in allen Belangen des Miet- und Benützungsrechtes, des Wohnungseigentümerrechts und des Wohnrechts sowie durch Vorsprache bei diversen behördlichen Stellen geleistet, soweit dem nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, für die Vertretungsbefugnis der Mitbeteiligten als Funktionärin des Vereins W. sei die Frage maßgeblich, ob dieser Verein die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG erfülle. Dies sei zu bejahen. Die Statuten des Vereins W. entsprächen den Anforderungen der Bestimmung, und der Verein befasse sich mit der Beratung seiner Mitglieder in mehr als zwei Bundesländern (mit näherer Begründung). RF sei im Zeitpunkt des inkriminierten Einschreitens der Mitbeteiligten Mitglied des Vereins W. gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die Mitbeteiligte - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde im Wesentlichen geltend, dadurch, dass ihr im Berufungsverfahren keine Akteneinsicht zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eingeräumt worden sei, sei ihr jegliche Möglichkeit genommen worden, sach- und zweckdienliche Stellungnahmen zum Vorbringen der Mitbeteiligten und zu den von dieser vorgelegten Urkunden zu erstatten. Die belangte Behörde habe auch die Beweisanträge der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Vorwurfs, dass der Verein W. eine Umgehungskonstruktion zum besseren Fortkommen der Familie der Mitbeteiligten darstelle, als reine Mutmaßungen verworfen. Sie hätte aber insofern den wahren Sachverhalt festzustellen gehabt. Beim Verein W. handle es sich um keine Interessenvertretung im Sinne des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG. Die Feststellungen, dass der Verein W. 92 Mitglieder in sechs Bundesländern habe und dass für die Beratung Räumlichkeiten in drei Bundesländern zur Verfügung stünden, seien aktenwidrig. Für das Tätigwerden in sechs Bundesländern gebe es keine Beweise. Hinsichtlich der behaupteten Gemeinnützigkeit des Vereines W. sei kein Beweisverfahren vorgenommen worden, obwohl von Mitgliedseinnahmen von mehreren EUR 10.000 pro Jahr ausgegangen werden müsse, welchen sehr geringe Ausgaben für Personal, Räumlichkeiten und dergleichen gegenüberstünden. Über die weiteren vorgeworfenen Tätigkeiten (vorprozessuale Vertretung der DM in einem - streitigen - Kündigungsverfahren durch die Mitbeteiligte sowie das Anbieten von "Vertragsgestaltung" auf Geschäftspapieren und der Website des Vereins W.) sei nicht abgesprochen worden, was den angefochtenen Bescheid unvollständig und daher rechtswidrig mache.

§ 45 Abs. 1 VStG lautet auszugsweise:

"(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

..."

§ 8 RAO idF BGBl. I Nr. 111/2007 lautet auszugsweise:

"§ 8. (1) Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfaßt die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

(2) Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des Abs. 1 ist den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse, die sich aus den österreichischen Berufsordnungen für Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker ergeben, werden hiedurch nicht berührt.

(3) Jedenfalls unberührt bleiben auch die in sonstigen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechts eingeräumten Befugnisse von Personen oder Vereinigungen zur sachlich begrenzten Parteienvertretung, der Wirkungsbereich von gesetzlichen Interessenvertretungen und von freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer, die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen, sowie in sonstigen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechts eingeräumte Befugnisse, die in den Berechtigungsumfang von reglementierten oder konzessionierten Gewerben fallen.

...".

§ 57 RAO idF BGBl. I Nr. 111/2007 lautet auszugsweise:

"

...

(2) Wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 16 000 Euro zu bestrafen. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.

...".

§ 58 RAO lautet:

"Im Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 sowie in einem anderen Verfahren wegen Winkelschreiberei durch unbefugte Ausübung einer den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit hat die Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel die zur Verfolgung zuständige Behörde ihren Sitz hat, Parteistellung einschließlich der Rechtsmittelbefugnis und des Rechtes auf Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG."

§ 37 MRG idF BGBl. I Nr. 124/2006 lautet auszugsweise:

"§ 37. (1) Über die Anträge in den im folgenden genannten Angelegenheiten entscheidet das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Miethaus gelegen ist:

...

10. Erhöhung der Hauptmietzinse (§§ 18, 18a, 18b, 19) sowie Höhe und Zuordnung der Kosten von Baumaßnahmen gemäß § 18c (§ 18c Abs. 4);

...

(3) Für das Verfahren über die in Abs. 1 genannten Angelegenheiten gelten die allgemeinen Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen mit folgenden Besonderheiten:

...

9. In erster und zweiter Instanz können die Parteien selbst vor Gericht handeln und sich durch jede eigenberechtigte Person vertreten lassen. In dritter Instanz müssen sich die Parteien entweder durch einen Rechtsanwalt oder Notar oder durch einen Interessenvertreter vertreten lassen. Interessenvertreter ist ein Funktionär oder Angestellter eines Vereins, zu dessen satzungsmäßigen Zwecken der Schutz und die Vertretung der Interessen der Vermieter oder der Mieter gehören und der sich regelmäßig mit der Beratung seiner Mitglieder in Mietangelegenheiten in mehr als zwei Bundesländern befasst; er ist zur Vertretung von Parteien in allen Instanzen befugt.

..."

§ 39 MRG lautet auszugsweise:

"(1) Verfügt eine Gemeinde über einen in Mietangelegenheiten fachlich geschulten Beamten oder Angestellten und rechtfertigt die Anzahl der dort nach § 37 Abs. 1 anfallenden Verfahren die Betrauung der Gemeinde zum Zwecke der Entlastung des Gerichtes, so kann ein Verfahren nach § 37 Abs. 1 bei Gericht hinsichtlich der in der Gemeinde gelegenen Mietgegenstände nur eingeleitet werden, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde anhängig gemacht worden ist.

...

(3) Die Gemeinde hat nach Vornahme der erforderlichen Ermittlungen, wenn der Versuch einer gütlichen Beilegung des Streites erfolglos geblieben ist, über den Antrag nach § 37 Abs. 1 zu entscheiden. Auf das Verfahren sind die Regelungen der § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 2, §§ 17, 25 bis 28, § 31 Abs. 1 bis 4 und §§ 32 bis 34 AußStrG sowie § 37 Abs. 2, Abs. 2a, Abs. 3 Z 1 bis 12 und 18 und Abs. 4 entsprechend anzuwenden; im Übrigen gilt für das Verfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

...".

Art III EGVG idF BGBl. I Nr. 87/2008 lautet auszugsweise:

"Artikel III

(1) Wer

1. in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Gerichten oder Verwaltungsbehörden schriftliche Anbringen oder Urkunden verfasst, einschlägige Auskünfte erteilt, vor inländischen Gerichten oder Verwaltungsbehörden Parteien vertritt oder sich zu einer dieser Tätigkeiten in schriftlichen oder mündlichen Kundgebungen anbietet (Winkelschreiberei) oder

...

(3) Abs. 1 Z 1 ist nicht anzuwenden, soweit besondere Vorschriften gegen unbefugte Parteienvertretung bestehen.

...".

Gemäß § 58 RAO kommt der Beschwerdeführerin im Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 RAO sowie in einem anderen Verfahren wegen Winkelschreiberei durch unbefugte Ausübung einer den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit das Recht zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 B-VG zu. Dabei handelt es sich um die Befugnis, eine Beschwerde im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG zu erheben. Die Beschwerdeführerin bezeichnet ihre Beschwerde ausdrücklich als "Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gemäß Art. 131 Abs 1 Zif. 1 B-VG ...", also als Parteibeschwerde. Diese (bloß) unrichtige Bezeichnung der verfassungsrechtlichen Grundlage einer an sich zulässigen Beschwerde (eine Bezeichnung der verfassungsrechtlichen Grundlage ist gemäß § 28 VwGG nicht vorgesehen) ändert nichts an der Zulässigkeit dieser Beschwerde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0005).

Festzuhalten ist zunächst, dass Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides nach dessen Spruch ausschließlich die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der im Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom angezeigten Tat, nämlich der Vertretung von RF in einem Verfahren gemäß §§ 18 und 18a MRG vor der Schlichtungsstelle der Stadt S. durch die Mitbeteiligte als Funktionärin des Vereins W., war. "Sache" des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz war; die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd (gemäß § 24 VStG im Strafverfahren anwendbaren) § 66 Abs. 4 AVG ist also nicht etwa jene, welche in erster Instanz in Verhandlung war, sondern ausschließlich die, die durch den (Spruch des) erstinstanzlichen Bescheid(es) begrenzt ist (vgl. die bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 1265 unter E 111f zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war somit nur die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Tat. Der Verwaltungsgerichtshof hat folglich bloß über die Rechtmäßigkeit der Einstellung bezüglich dieser Tat zu entscheiden.

Gemäß § 8 Abs. 2 erster Satz RAO ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinne § 8 Abs. 1 leg. cit. (d.h. in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten) den Rechtsanwälten vorbehalten, was nicht nur die Vertretung vor Behörden oder Gerichten, sondern u.a. auch die Vertretung eines Klienten in Rechtsangelegenheiten gegenüber Dritten im Zuge einer vor- oder nachprozessualen Korrespondenz erfasst. Zur Verwirklichung des Tatbildes des § 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 RAO ist es nicht erforderlich, dass der Täter gewerbsmäßig im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig wird, also alle den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausübt. Vielmehr genügt die gewerbsmäßige Ausübung einzelner oder auch nur einer einzigen derartigen Tätigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0125, mwN).

Nicht unter den Vorbehalt fallen allerdings gemäß § 8 Abs. 2 zweiter Satz RAO die Berufsbefugnisse (anderer) berufsmäßigen Parteienvertreter (Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker), die sich aus deren Berufsordnungen ergeben, und die in § 8 Abs. 3 RAO genannten Tätigkeiten. Gemäß § 8 Abs. 3 erster Fall RAO bleiben jedenfalls die in sonstigen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechts eingeräumten Befugnisse von Personen oder Vereinigungen zur sachlich begrenzten Parteienvertretung unberührt.

Gemäß dem ersten Satz des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG (die Bestimmung ist gemäß § 39 Abs. 3 MRG auch auf das Verfahren vor der Schlichtungsstelle und somit auch im vorliegenden Fall anwendbar) kann sich eine Partei eines Verfahrens nach § 37 Abs. 1 MRG durch jede eigenberechtigte Person vertreten lassen. Dieser erste Satz wurde bei der Neufassung der Bestimmung durch das Wohnrechtliche Außerstreitbegleitgesetz, BGBl. I Nr. 113/2003, eingefügt: Während für das kontradiktorische Außerstreitverfahren mit dem Gesetz BGBl. I Nr. 111/2003 gemäß § 6 Abs. 1 AußStrG (nF) im Allgemeinen eine relative Anwaltspflicht für die zweite und dritte Instanz eingeführt wurde -

im Gegensatz zur bis dahin bestehenden Vertretungsfreiheit in allen Instanzen -, sollte für das Außerstreitverfahren in Mietrechtssachen gemäß § 37 Abs. 1 MRG zumindest in erster und zweiter Instanz die Vertretungsfreiheit beibehalten werden (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 249 BlgNR 22. GP, 11 f). In diesen Verfahren ist somit in erster und zweiter Instanz (und damit auch vor der Schlichtungsstelle) eine Vertretung durch jede eigenberechtigte Person zulässig. Dass § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG im Übrigen nicht nur die Möglichkeit schafft, sich vertreten zu lassen, sondern auch die Befugnis zur Vertretung regelt, ergibt sich schon aus dem zweiten und dritten Satz dieser Bestimmung.

Mit dem zweiten und dritten Satz des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG soll nicht nur klargestellt werden, dass Interessenvertreter im Sinne dieser Vorschrift (neben Rechtsanwälten und Notaren) zur Vertretung in dritter Instanz befugt sind, sondern auch, dass diesen allgemein - also unabhängig davon, ob im jeweiligen Verfahren eine Vertretungspflicht besteht oder nicht - aus ihrer Vertretungstätigkeit nicht etwa der Vorwurf der Winkelschreiberei gemacht werden kann (vgl. Stabentheiner , Das Wohnrechtliche Außerstreitbegleitgesetz, wobl 2004, 6; vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 249 BlgNR 22. GP, 11f).

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Verein W. die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 Z. 9 dritter Satz MRG erfüllt. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, kommt hier nämlich § 37 Abs. 3 Z. 9 erster Satz MRG zum Tragen. Räumt aber der erste Satz des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG eine weitgehende Vertretungsbefugnis für eigenberechtigte Personen ein, kann es nicht mehr darauf ankommen, ob in Verfahrensschritten, die unter § 37 Abs. 3 Z. 9 erster Satz MRG Deckung finden, auch alle Voraussetzungen eines Vereines gemäß § 37 Abs. 3 Z. 9 dritter Satz MRG erfüllt sind. Mit anderen Worten, es könnte der Beschwerdeführerin in einem sie betreffenden Strafverfahren nicht angelastet werden, dass sie in Verfahrensschritten, die unter den ersten Satz des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG fallen, als Funktionärin eines Vereines aufgetreten ist, der die Kriterien des dritten Satzes des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG nicht erfüllt. Es sind daher aber auch Ermittlungsmängel, ob der Verein W. die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 Z. 9 dritter Satz MRG erfüllt, im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung.

Es könnte nun die Auffassung vertreten werden, dass die Vertretungsfreiheit im Sinne des § 37 Abs. 3 Z. 9 erster Satz MRG, so wie dies schon nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2003 im Außerstreitverfahren allgemein der Fall war, in den Bestimmungen über die Winkelschreiberei, also wenn in den den Rechtsanwälten vorbehaltenen Bereich, nämlich die umfassende berufsmäßige Parteienvertretung eingegriffen wird, ihre Grenzen findet (vgl. in diesem Sinne Stabentheiner , aaO, 5 f). Auch eine derartige Argumentation vermag der Beschwerde jedoch aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip ist es nämlich unbedingt erforderlich, die Freiheit des Einzelnen von dem Gebiet des Unerlaubten durch eine deutliche Grenzziehung zu scheiden, indem der Gesetzgeber klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, wo er strafen will, und indem die Rechtsordnung dem Einzelnen die Möglichkeit geben muss, sich dem Recht gemäß zu verhalten. Der Unrechtsgehalt eines Handelns oder Unterlassens muss dem Einzelnen eindeutig vor Augen gestellt werden. Nur dann darf er wegen des Zuwiderhandelns bestraft werden.

Straftatbestände müssen daher so beschaffen sein, dass der Rechtsunterworfene in der Lage ist, sich ihren Inhalt vor seinem Handeln zu vergegenwärtigen. Dabei kommt es weder auf die Absicht des Gesetzgebers noch auf die Wichtigkeit oder Bedeutung der Angelegenheit an. Dem Gesetzgeber muss zugemutet werden und es kann ihm auch zugetraut werden, eine ihm vorschwebende Absicht durch einen Normsetzungsakt zu verwirklichen. Es kann nicht die Aufgabe der Rechtsanwendung sein, im Wege der Auslegung eine fehlende Strafrechtsnorm zu supplieren (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 12.947, mwN). Auch Art. 7 MRK schließt das Gebot in sich ein, Strafvorschriften so klar zu gestalten, dass es dem Einzelnen möglich ist, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , mwN).

Zwar sind auch Blankettstrafnormen zulässig; auch in einem solchen Fall muss aber der Tatbestand durch das Gesetz selbst mit genügender Klarheit als Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand gekennzeichnet sein, und zwar so, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag. Eine Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln oder zur Unterlassung einer bestimmten Tätigkeit muss in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ablesbar sein (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , mwN; vgl. ferner das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 17.349; siehe auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/03/0066, vom , Zl. 99/03/0144, und vom , Zl. 2002/07/0140, jeweils mwN).

Ausgehend von diesen Erwägungen ist daher zu prüfen, ob zumindest eine der beiden hier herangezogenen Strafnormen - § 57 Abs. 2 RAO und Art. IX (nunmehr: Art. III) Abs. 1 Z. 1 EGVG -

den genannten Anforderungen entspricht. Dies ist für beide Bestimmungen aus folgenden Gründen zu verneinen:

Ob § 57 Abs. 2 RAO erfüllt ist, ist anhand des § 8 Abs. 2 RAO unter Bedachtnahme auf den Abs. 3 dieser Bestimmung zu beurteilen. Die dort genannte "sonstige gesetzliche Bestimmung" stellt § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG dar. Dass die Zulässigkeit einer Vertretung gemäß § 37 Abs. 3 Z. 9 erster Satz MRG an bestimmte weitere Voraussetzungen, etwa daran, dass sie nicht berufsmäßig oder gewerbsmäßig erfolgt, geknüpft wäre, kommt darin nicht zum Ausdruck. Dass eine berufsmäßige Vertretung im Rahmen des § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG offenbar möglich ist, zeigt auch der 3. Satz dieser Norm (arg.: "Angestellter"). Dass es unzulässig wäre, aus dieser Vertretung wirtschaftliche Vorteile zu erlangen, ergibt sich auch nicht aus der Wendung "soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen" in § 8 Abs. 3 RAO, weil diese Wendung sich sprachlich offenbar nur auf die zuvor in dieser Bestimmung genannte Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen bezieht (vgl. auch Tades/Hoffmann , RAO8, S. 19 FN 3c), nicht aber auf die im ersten Satzteil des § 8 Abs. 3 RAO genannten Regelungen in sonstigen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechts. Jedenfalls ergibt sich aus dem Gesetz nicht eindeutig, dass eine Vertretung gemäß § 37 Abs. 3 Z. 9 MRG nicht berufsmäßig erfolgen dürfte. Wenn aber im Beschwerdefall somit die Befugnis im Sinne des § 57 Abs. 2 RAO nicht eindeutig bestritten werden kann, ist kein ausreichend konkreter Straftatbestand gegeben.

Auch Art. III Abs. 1 Z. 1 EGVG kann im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen, da eben nicht mit der gebotenen Klarheit gesetzlich normiert ist, dass eine berufsmäßige Parteienvertretung auf Grund des § 37 Abs. 3 Z. 9 erster Satz MRG nicht in Frage kommt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Ein Kostenersatz für die belangte Behörde ist bei einer Beschwerde auf Grund des Art. 131 Abs. 2 B-VG gemäß § 47 Abs. 4 VwGG nicht vorgesehen. Die nicht anwaltlich vertretene mitbeteiligte Partei hat den Ersatz für Barauslagen für Kopien und Porti geltend gemacht. Ein Ersatz solcher Auslagen für eine nicht anwaltlich vertretene Partei ist jedoch in der für den Kostenersatz maßgebenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008 nicht vorgesehen.

Wien, am