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VwGH vom 23.11.2011, 2011/12/0050

VwGH vom 23.11.2011, 2011/12/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des GK in V, vertreten durch Dr. Günter Gsellmann, Rechtsanwalt in 8041 Graz, Raiffeisenstraße 138 A, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom , Zl. PRB/PEV-587290/09-A04, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner durch den angefochtenen Bescheid mit Ablauf des bewirkten Ruhestandsversetzung als in die Verwendungsgruppe PT 8 ernannter Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund. Er war der Österreichischen Post Aktiengesellschaft zur Verwendung zugewiesen und hatte zuletzt den Arbeitsplatz eines Landzustellers bei der Zustellbasis P inne.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer - bezogen auf den Zeitpunkt seiner amtswegigen Ruhestandsversetzung - in Ansehung dieses ihm zuletzt zugewiesenen Arbeitsplatzes dauernd dienstunfähig war, sowie weiters, dass im Unternehmensbereich der Österreichischen Post Aktiengesellschaft kein tauglicher Verweisungsarbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8 zur Verfügung stand.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Beschwerdeführer vielmehr auf die Möglichkeit einer Höherverwendung in PT 6 als Zustellerabrechner als tauglichen Verweisungsarbeitsplatz berufen, für welchen Dienst er seinen Behauptungen nach die volle gesundheitliche und auch fachliche Eignung besessen habe. Darüber hinaus macht er eine mögliche Verwendung im Polizeiinnendienst nach einer Versetzung in den Planstellenbereich des Innenressorts geltend.

Zu dem erstgenannten Vorbringen hielt die belangte Behörde ihm im Rahmen des Berufungsverfahrens mit Note vom vor, dass ein zur Dauerbesetzung zur Verfügung stehender freier Arbeitsplatz auch nicht im Wege einer Höherverwendung (im Bereich PT 6) zur Verfügung stehe.

Hiezu äußerte der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vom , dass sich die in Aussicht gestellte Höherverwendung inzwischen zerschlagen habe und vertrat weiterhin die Auffassung, die Möglichkeit seiner Verwendung im Polizeiinnendienst stehe seiner amtswegigen Ruhestandsversetzung entgegen.

Darauf erging der nunmehr angefochtene Bescheid vom , in dessen Begründung die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren noch relevant - den Beschwerdeführer hinsichtlich einer möglichen Höherverwendung im Wirkungsbereich der Dienstbehörde auf den Vorhalt vom verwies, wonach ein entsprechender freier Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stünde. Freie Arbeitsplätze im Polizeidienst seien nicht solche im Wirkungsbereich der belangten Behörde, weshalb sie keine tauglichen Verweisungsarbeitsplätze im Sinne des § 14 Abs. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), darstellten. Der Beschwerdeführer sei daher im Verständnis des § 14 Abs. 1 BDG 1979 dauernd dienstunfähig und folglich in den Ruhestand zu versetzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, in welcher er sich in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz dadurch verletzt erachtete, dass die belangte Behörde seine Ruhestandsversetzung vornahm, wiewohl seine Verwendung im Polizeiinnendienst ungeachtet seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglich gewesen wäre. Auch eine Höherverwendung in PT 6 als Zustellerabrechner wäre - solange der Arbeitsplatz noch frei gewesen sei - in Betracht gekommen.

Mit Beschluss vom , B 571/10-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Zu dieser Gegenschrift erstattete der Beschwerdeführer eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 (Abs. 1 idF BGBl. Nr. 820/1995, Abs. 3 idF BGBl. I Nr. 90/2006) lautet:

"§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, wonach sowohl der erwähnte, der Verwendungsgruppe PT 6 zugehörige Arbeitsplatz als Zustellerabrechner als auch freie Arbeitsplätze im Polizeiinnendienst als taugliche Verweisungsarbeitsplätze im Verständnis des § 14 Abs. 3 BDG 1979 in Betracht gekommen wären. In Ansehung des erstgenannten Arbeitsplatzes werde in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf den Wortlaut des § 14 Abs. 3 BDG 1979 verwiesen, wonach jeder "mindestens gleichwertige Arbeitsplatz" als Verweisungsarbeitsplatz in Betracht komme. Der Umstand seiner Höherwertigkeit stehe daher der Tauglichkeit eines solchen Arbeitsplatzes als Verweisungsarbeitsplatz im Sinne des § 14 Abs. 3 BDG 1979 nicht entgegen.

Diese Argumentation zu einer möglichen Höherverwendung ist allerdings ausschließlich theoretischer Natur, gestand der Beschwerdeführer doch schon im Berufungsverfahren selbst zu, dass die von ihm ins Treffen geführte höherwertige Verwendung bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr zur Verfügung gestanden ist. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer aber in diesem Zusammenhang auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Verwendungsgruppe, in die der Beamte ernannt ist, jedenfalls die Grenze der Verweisungsmöglichkeit darstellt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/12/0172 = VwSlg. 15.045 A/1998, vom , Zl. 98/12/0397, und vom , Zl. 2001/12/0237).

In Ansehung der Verweisungstauglichkeit von Arbeitsplätzen im Bereich des Polizeiinnendienstes vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof habe, wie sich aus dessen Erkenntnis vom , Zl. 96/12/0242, ergebe, die Voraussetzung der Zugehörigkeit von Verweisungsarbeitsplätzen zum Wirkungsbereich der Dienstbehörde des Beamten nur dann angewendet, wenn es sich um eine Ruhestandsversetzung auf Antrag im Verständnis des § 14 Abs. 1 zweiter Fall BDG 1979 gehandelt habe. Nur auf diesen Fall sei (insoweit) die Definition des § 14 Abs. 3 BDG 1979 überhaupt anwendbar, gehe es hier doch ausschließlich um einen Schutz des Beamten vor einem von ihm nicht gewünschten Ressortwechsel. Diese Beurteilung folge insbesondere auch aus Art. 21 Abs. 4 B-VG, wonach den öffentlich Bediensteten die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst beim Bund, den Ländern, den Gemeinden und den Gemeindeverbänden jederzeit gewahrt bleibe. Hieraus sei im Wege eines Größenschlusses abzuleiten, dass dies umso mehr für einen Ressortwechsel im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund zu gelten habe. Ein solches Ergebnis erheische auch Art. 126b Abs. 5 B-VG, wonach sich die Überprüfung des Rechnungshofes auf die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erstrecken habe, welche Grundsätze gemäß Art. 51a Abs. 1 B-VG auch bei der Haushaltsführung zu beachten seien. Diese Grundsätze hätten im Wege der Umschreibung der Pflichten des Vorgesetzten und Dienststellenleiters in § 45 Abs. 1 und 2 BDG 1979 auch in das Dienstrecht öffentlich-rechtlicher Bediensteter Eingang gefunden.

Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

Nach dem klaren Wortlaut des § 14 Abs. 1 BDG 1979 verlangt sowohl die Ruhestandsversetzung von Amts wegen als auch jene über Antrag die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten, welche ihrerseits ohne Differenzierung nach diesen Fällen in § 14 Abs. 3 BDG 1979 definiert ist. Anders als der Beschwerdeführer meint, kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Voraussetzung der Zugehörigkeit möglicher Verweisungsarbeitsplätze zum Wirkungsbereich der Dienstbehörde des Beamten auch bei der Beurteilung seiner Abwehrrechte gegen eine amtswegige Ruhestandsversetzung Bedeutung zu (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/12/0058, und vom , Zl. 2007/12/0144). Im erstgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof mit eingehender Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass unter "Dienstbehörde" im Verständnis des § 14 Abs. 3 BDG 1979 die oberste Dienstbehörde und deren gesamter Wirkungsbereich zu verstehen ist. In dem zweitgenannten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich festgehalten, dass ein Verweisungsarbeitsplatz nach § 14 Abs. 3 BDG 1979 für einen der Österreichischen Post Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten nur im Wirkungsbereich der belangten Behörde in Betracht gezogen werden kann, nicht jedoch in einem Ressort des Bundes im Sinne des § 278 Abs. 3 BDG 1979. Aus dem Vorhandensein freier Arbeitsplätze in anderen Ressorts erwuchs dem Beamten sohin nach Maßgabe des zuletzt zitierten Erkenntnisses kein Abwehrrecht gegen seine amtswegige Ruhestandsversetzung.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht dazu veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die in der Beschwerde vertretene Auffassung liefe im Ergebnis auf eine teleologische Reduktion des § 14 Abs. 3 BDG 1979 hinaus.

Die Rechtsfigur der "teleologischen Reduktion" (oder Restriktion) verschafft der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Voraussetzung ist stets der Nachweis, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Diese Rechtsfigur setzt jedenfalls das Vorliegen einer planwidrig überschießenden Regelung voraus und hätte dann zur Folge, dass die überschießend geregelten Fallgruppen nicht von der Regelung erfasst würden. Ebenso wie im Zweifel anzunehmen ist, dass das Unterbleiben einer gesetzlichen Regelung beabsichtigt war und insofern keine durch Analogie zu schließende Rechtslücke vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/17/0182), ist - jedenfalls im Zweifel - auch nicht davon auszugehen, dass die Anwendung einer ausdrücklich getroffenen Regelung vom Gesetzgeber nicht auf alle davon erfassten Fälle - objektiv (insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit der gesamten Regelung des betreffenden Sachbereiches) erkennbar - beabsichtigt war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/12/0110).

Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte für eine planwidrig überschießende Regelung in § 14 Abs. 3 BDG 1979. Vielmehr erscheint es wesentlich plausibler, dass der Gesetzgeber dem § 14 BDG 1979 einen einheitlichen Begriff der "dauernden Dienstunfähigkeit" zu Grunde legen wollte, welcher unabhängig davon ist, ob die Ruhestandsversetzung von Amts wegen oder über Antrag des Beamten erfolgen soll. Die Beschränkung des möglichen Verweisungsbereiches des Beamten dient nämlich nicht notwendigerweise nur dessen eigenen Interessen, sondern auch verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten, welche es etwa untunlich erscheinen ließen, die Dienstbehörde im Falle einer amtswegigen Ruhestandsversetzung zu verpflichten, zuvor Verweisungsarbeitsplätze im Bereich des gesamten Bundesdienstes zu ermitteln. Vor diesem Hintergrund erzwingt auch der Grundsatz der Sparsamkeit der Verwaltung kein gegenteiliges Ergebnis. Dieser würde im Übrigen - wie auch § 45 BDG 1979 - nur für ein Handeln im Rahmen der Gesetze in Betracht kommen. Art. 21 Abs. 4 B-VG regelt schließlich - wie der Beschwerdeführer selbst erkennt - den Wechsel von einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft zu jenem zu einer anderen Gebietskörperschaft. Im Bereich öffentlichrechtlicher Dienstverhältnisse setzt ein solcher Wechsel die Ernennung des Beamten in das neue Dienstverhältnis durch die Ernennungsbehörde der neuen Gebietskörperschaft voraus, auf welche Art. 21 Abs. 4 B-VG keinesfalls einen Anspruch einräumt. Dies gilt auch für den Fall, dass der Beamte in Ermangelung eines "Dienstgeberwechsels", also bei Verbleib in seinem bisherigen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, in den Ruhestand zu versetzen wäre. Schon deshalb ist der vom Beschwerdeführer aus dieser Bestimmung abgeleitete Größenschluss unzutreffend.

Hinzuweisen ist schließlich auch darauf, dass mögliche Verweisungsarbeitsplätze im Bereich des Polizeiinnendienstes wohl nicht der Verwendungsgruppe PT 8 zuzurechnen wären.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am