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VwGH vom 29.03.2012, 2011/12/0029

VwGH vom 29.03.2012, 2011/12/0029

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des RF in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. BMWF- 452.894/0004-I/VPU/2010, betreffend Versetzung in den Ruhestand, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1960 geborene Beschwerdeführer steht als außerordentlicher Universitätsprofessor in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war zuletzt einem Institut der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien zur Dienstleistung zugewiesen. Mit Bescheid vom war er antragsgemäß nach § 160 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) für die Zeit vom bis zum zum Zweck einer Tätigkeit als Professor an der C. Universität (in Kalifornien, USA) von seinen Dienstpflichten freigestellt worden. Mit weiterem Bescheid vom erfolgte eine entsprechende Freistellung für die Zeit vom bis zum .

Am hatte der Erzbischof von Wien folgendes Schreiben an den Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien gerichtet:

"In meiner Eigenschaft als Erzbischof von Wien und Großkanzler der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien bedauere ich Ihnen mitteilen zu müssen, dass Herr Univ. Prof. Dr. F. aufgrund seiner Lebenssituation (geschieden und staatlich wiederverheiratet) für die Lehrtätigkeit an der Katholisch-Theologischen Fakultät nicht mehr geeignet ist. (Konkordat zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Österreich, Artikel V, § 4). Ich ersuche um die notwendigen Schritte zur Enthebung von seiner Lehrtätigkeit."

(Anonymisierungen - hier und im Folgenden - durch den Verwaltungsgerichtshof)

Mit Schreiben des Dekans der Katholisch-Theologischen Fakultät vom wurde das Schreiben des Erzbischofs dem Rektor der Universität Wien übermittelt.

Der Beschwerdeführer beantragte am gemäß dem Zusatzprotokoll zu Art. V, § 4 des Konkordats seine Versetzung in den Ruhestand. Auf Grund des Entzugs seiner Lehrbefugnis sei er dienstunfähig geworden.

Dazu erging am unter den Überschriften "Universität Wien, Amt der Universität Wien, Rektorat" folgende Erledigung an den Beschwerdeführer:

"Sehr geehrter Herr Prof. F.,

Ihrem Wunsch, aufgrund des Konkordats 1933 und dessen Zusatzprotokolls in den Ruhestand überzutreten, kann nicht entsprochen werden.

Aufgrund Ihrer Lebenssituation (geschieden und staatlich wiederverheiratet) hat der Erzbischof von Wien und Großkanzler der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Kardinal CS, festgestellt, dass Sie für die Lehrtätigkeit an der Katholisch-Theologischen Fakultät nicht mehr geeignet sind.

Gemäß § 4 Konkordat ist die Universität Wien verpflichtet, Sie von der Ausübung der Lehrtätigkeit an der Katholisch-Theologischen Fakultät zu entheben. Gemäß Zusatzprotokoll zu Artikel V, § 4 ist ein gemäß Konkordat enthobener Professor, falls er nicht eine andere staatliche Verwendung findet, in den Ruhestand zu versetzen. Da das Tätigkeitsfeld eines Ao. Universitätsprofessors dem eines Professors zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Konkordats weitestgehend entspricht, ist das Zusatzprotokoll zu Artikel V, § 4 auf Sie anwendbar. Die Universität Wien hat für Sie eine andere staatliche Verwendung an der Universität Wien gefunden.

Sie werden daher hiermit aufgefordert, Ihren Dienst an der Universität Wien mit anzutreten. Sollten Sie den Dienst nicht antreten, so hoffe ich, Sie haben dafür Verständnis, dass die Universität Wien aus prinzipiellen Gründen dienstrechtliche Konsequenzen ziehen muss.

Mit freundlichen Grüßen

Der Rektor für das Amt der Universität Wien ..."

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 2 Abs. 2 DVG, § 18 Abs. 4, den §§ 56, 58 und § 66 Abs. 4 AVG iVm § 125 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002) unter Verneinung des Bescheidcharakters dieser Erledigung als unzulässig zurück. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0042, dem die Einzelheiten dieses Verfahrens entnommen werden können, als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Versetzung in den Ruhestand gemäß Art. V § 4 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich, BGBl. II Nr. 2/1934, dem zu dieser Bestimmung ergangenen Zusatzprotokoll und gemäß § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) ab.

Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung - aus, unbeschadet der Frage ihrer direkten Wirksamkeit könne aus den zitierten Bestimmungen des Konkordates kein subjektiv-öffentliches Recht auf Ruhestandsversetzung abgeleitet werden. Das Konkordat regle primär das Rechtsverhältnis seiner Vertragsparteien als Völkerrechtssubjekte und deklariere dabei auch durch den Staat eingegangene Verpflichtungen. Es begründe aber nicht subjektive Rechte von Einzelpersonen.

Zudem liege eine Enthebung des Beschwerdeführers durch den dafür zuständigen Rektor iSd § 38 Abs. 1 letzter Satz UG noch gar nicht vor. Das (oben wiedergegebene) Schreiben vom sei nicht geeignet, als Enthebung zu gelten (wird näher ausgeführt). Damit mangle es an der im Konkordat primär geforderten Voraussetzung für eine Ruhestandsversetzung durch den Staat "nach dessen einschlägigen Regelungen".

Soweit sich der Beschwerdeführer auf "Dienstunfähigkeit" berufe, sei darauf zu verweisen, dass die insoweit einschlägige Vorschrift des § 14 BDG 1979 eine dauernde Dienstunfähigkeit, bedingt durch eine die Weiterverwendung ausschließende gesundheitliche Verfassung des Beamten, voraussetze. Nur in einem solchen Fall bestehe ein Anspruch auf (vorzeitige) Versetzung in den Ruhestand. Dafür fehle allerdings "jegliches tragfähige Substrat". Insgesamt lägen somit die Voraussetzungen für die begehrte Versetzung in den Ruhestand nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Ruhestandsversetzung nach Art. V § 4 des Konkordates samt Zusatzprotokoll iVm § 14 BDG 1979 verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage:

Art. V des am unterfertigten Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich, BGBl. II Nr. 2/1934 (kurz: Konkordat 1933), lautet auszugsweise:

"Artikel V. § 1. Die wissenschaftliche Heranbildung des Klerus erfolgt an den vom Staate erhaltenen katholischtheologischen Fakultäten oder an den von den zuständigen kirchlichen Stellen errichteten theologischen Lehranstalten.

...

§ 3. Die Ernennung oder Zulassung der Professoren oder Dozenten an den vom Staate erhaltenen katholisch-theologischen Fakultäten wird nur nach erfolgter Zustimmung der zuständigen kirchlichen Behörde erfolgen.

§ 4. Sollte einer der genannten Lehrer in der Folge seitens der zuständigen kirchlichen Behörde der obersten staatlichen Unterrichtsverwaltung als für die Lehrtätigkeit nicht mehr geeignet bezeichnet werden, wird er von der Ausübung der betreffenden Lehrtätigkeit enthoben.

..."

Das nach seinem Einleitungssatz einen integrierenden Bestandteil des Konkordates bildende Zusatzprotokoll führt zu Art. V, § 4 aus:

"Falls ein gemäß dieser Konkordatsbestimmung von der Ausübung seiner Lehrtätigkeit enthobener Professor nicht eine andere staatliche Verwendung findet, wird er in seiner Eigenschaft als Bundeslehrer unter Zuerkennung des ihm gemäß seiner anrechenbaren Dienstzeit zukommenden Ruhegenusses, jedenfalls aber des Mindestruhegenusses, sofern er nach Maßgabe der sonstigen staatlichen Vorschriften nicht überhaupt den Anspruch auf Ruhegenuss verwirkt hat, in den Ruhestand versetzt.

..."

Art. XXII Abs. 2 des Konkordats 1933 lautet:

"Sollte sich in Zukunft irgendeine Schwierigkeit bezüglich der Auslegung der vorstehenden Artikel ergeben oder die Regelung einer in diesem Konkordate nicht behandelten, kirchliche Personen oder Dinge betreffenden Frage, die auch den staatlichen Bereich berührt, notwendig werden, so werden der Heilige Stuhl und die Bundesregierung im gemeinsamen Einverständnis eine freundschaftliche Regelung treffen."

§ 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 (Abs. 1 idF BGBl. Nr. 820/1995, Abs. 3 idF BGBl. I Nr. 90/2006) lautet:

"§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

§ 38 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002), BGBl. I Nr. 120 in der Stammfassung, lautet samt Überschrift:

"Sonderbestimmungen für die Katholische und die Evangelische Theologie

§ 38. (1) Die Universitäten, deren Wirkungsbereich sich auch auf Studien der Katholischen Theologie erstreckt, haben bei der Gestaltung ihrer inneren Organisation und der Studienvorschriften sowie bei der Sicherstellung des Lehr- und Forschungsbetriebs das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich, BGBl. II Nr. 2/1934, zu beachten. Die Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung gemäß Art. V § 3 und zu einer allfälligen Enthebung von der Ausübung der Lehrbefugnis gemäß Art. V § 4 obliegt der Rektorin oder dem Rektor.

(2) …"

II. Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes:

Soweit der Beschwerdeführer in der Umschreibung des Beschwerdepunktes eine Rechtsverletzung aus § 14 BDG 1979 ableitet, ist ihm zu entgegnen, dass ein Recht darauf, wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt zu werden, grundsätzlich voraussetzt, dass der Beamte infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen kann. Derartiges wurde jedoch weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Für eine analoge Anwendung dieser Norm fehlt schon das Vorliegen einer Gesetzeslücke, wurden doch die Folgen der Enthebung eines Professors von seiner Lehrtätigkeit auf Grund einer Erklärung der kirchlichen Behörde nach Art. V, § 4 des Konkordates 1933 in der genannten Spezialbestimmung, nämlich im Zusatzprotokoll zu diesem Artikel des Konkordates 1933, detailliert geregelt.

Der Beschwerdeführer erblickt in der Abweisung seines Antrages auf Versetzung in den Ruhestand gemäß Art. V § 4 des Konkordates 1933 samt Zusatzprotokoll sowohl eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ausschließlich darin, dass die belangte Behörde davon ausgegangen ist, seine Enthebung von der Ausübung der gegenständlichen Lehrverpflichtung liege nicht vor.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass die Bestellung des Beschwerdeführers in der gegenständlichen Funktion mit Bescheid des Dekans der Katholisch-Theologischen Fakultät vom erfolgte. Die Enthebung von der Ausübung dieser Lehrbefugnis gemäß Art. V § 4 des Konkordates 1933 als contrarius actus hat - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend ausführt - ebenfalls mit Bescheid zu ergehen.

Der Beschwerdeführer meint, seine Enthebung von der Ausübung der genannten Lehrbefugnis ergebe sich aus der Erledigung der Universität Wien vom . Dem ist entgegenzuhalten, dass - wie oben dargestellt - der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0042, die Auffassung der (auch dort) belangten Behörde geteilt hat, dass dieser Erledigung keine Bescheidqualität zukommt. Liegt aber eine Enthebung des Beschwerdeführers von der Ausübung der Lehrbefugnis gemäß § 38 Abs. 1 UG 2002 nicht vor, ist der Tatbestand des Art. V § 4 des Konkordates 1933 jedenfalls nicht erfüllt.

Aus diesen Erwägungen kann der Beschwerdeführer nicht in den geltend gemachten Rechten verletzt sein. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am