VwGH vom 19.02.2014, 2013/22/0177
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, Hofrat Dr. Robl, Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 164.291/2- III/4/13, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die Bundesministerin für Inneres (im Weiteren: bescheiderlassende Behörde) den Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers, eines georgischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) und § 8 Z 7 lit. b der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) ab.
Nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften verwies die bescheiderlassende Behörde zunächst auf die Regelung des § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), der zufolge die Universität einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag einen Studienerfolgsnachweis auszustellen habe, sofern er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt habe. Dieser Studienerfolgsnachweis sei in § 8 Z 7 lit. b NAG-DV als Nachweis über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr genannt.
Der Beschwerdeführer habe - so die bescheiderlassende Behörde - mehrmals über eine "Aufenthaltsbewilligung - Studierender" verfügt, zuletzt gültig vom bis zum . Das vorangegangene und somit maßgebliche Studienjahr habe von bis gedauert. Der Verwaltungsakt enthalte ein mit datiertes Sammelzeugnis der Universität Wien. Daraus gehe hervor, dass der Beschwerdeführer im vorangegangenen Studienjahr lediglich eine positiv beurteilte Prüfung im Ausmaß von drei ECTS-Anrechnungspunkten (zwei Semesterstunden) absolviert habe. Weiters lasse sich dem Sammelzeugnis entnehmen, dass der Beschwerdeführer "im November 2012 weitere 15 ECTS-Anrechnungspunkte (12 Semesterwochenstunden) absolviert" habe. Da für das gegenständliche Verfahren der Zeitraum Oktober 2011 bis September 2012 maßgeblich sei, könnten die Leistungen vom November 2012 nicht berücksichtigt werden. Der Beschwerdeführer habe somit für den Zeitraum von bis keinen Studienerfolgsnachweis erbracht. Gründe iSd § 64 Abs. 3 NAG würden nicht vorliegen. Es fehle daher an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung, weshalb der Antrag abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen hat:
1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, - wie vorliegend - nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.
2. Im vorliegenden Beschwerdefall war im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (am ) das NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 anzuwenden.
§ 64 NAG lautet auszugsweise wie folgt:
"Studierende
§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie
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1. | die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und |
2. | ein ordentliches oder außerordentliches Studium an |
einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient. | |
Eine Haftungserklärung ist zulässig. |
(2) ...
(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule oder anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule erbringt. Gleiches gilt beim Besuch eines anerkannten privaten Studienganges oder anerkannten privaten Hochschullehrganges. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.
(4) ..."
§ 8 NAG-DV idF BGBl. II Nr. 201/2011 lautet auszugsweise wie folgt:
"Weitere Urkunden und Nachweise für Aufenthaltsbewilligungen
§ 8. Zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:
...
7. für eine 'Aufenthaltsbewilligung - Studierender':
...
b) im Fall eines Verlängerungsantrages ein
schriftlicher Nachweis der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studienganges oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 13/2011 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG;
..."
§ 75 UG idF BGBl. I Nr. 74/2006 lautet auszugsweise wie folgt:
"Zeugnisse
§ 75. ...
(6) Die Universität hat einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat.
..."
§ 78 UG idF BGBl. I Nr. 81/2009 lautet auszugsweise wie folgt:
"Anerkennung von Prüfungen
§ 78. ...
(4) Die künstlerische Tätigkeit an Institutionen außerhalb der Universität, die eine künstlerische Berufsvorbildung vermitteln können, kann entsprechend der Art der künstlerischen Tätigkeit sowie nach Art und Umfang der Mitwirkung oder Tätigkeit der oder des Studierenden nach Maßgabe der Gleichwertigkeit auf Antrag der oder des ordentlichen Studierenden bescheidmäßig als Prüfung anerkannt werden.
...
(6) Die Anerkennung einer Prüfung gilt als Prüfungsantritt und positive Beurteilung der entsprechenden im Curriculum vorgeschriebenen Prüfung in dem Studium, für welches die Prüfung anerkannt wird.
..."
Das vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegte Sammelzeugnis enthält für den hier maßgeblichen Zeitraum eine positiv beurteilte Prüfung im Ausmaß von drei ECTS-Punkten bzw. zwei Semesterstunden. Weiters findet sich darin der Eintrag "EC Fachspezifische Praxis (15 ECTS) (WiSe 2012)". Diesem Eintrag sind 15 ECTS-Punkte bzw. 12 Semesterstunden zugeordnet, als Datum ist der vermerkt.
3. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auffassung der bescheiderlassenden Behörde, dass das "im Sammelzeugnis per anerkannte Pflichtpraktikum im Ausmaß von 15 ECTS-Punkten bzw. 12 Semesterstunden außer Ansatz zu lassen wäre".
3.1. Zum einen bringt der Beschwerdeführer vor, dass es nicht auf den Zeitpunkt ankomme, zu dem eine Leistung anerkannt oder angerechnet wurde (sondern offenbar auf den Zeitraum der Absolvierung des Praktikums). Er habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren die auch der Beschwerde beiliegende Praktikumsbestätigung der V vom vorgelegt, aus der sich ergebe, dass er dort in der Zeit von bis (und somit im vorangegangenen Studienjahr) ein Praktikum absolviert habe.
Dazu ist zunächst anzumerken, dass eine Vorlage der Praktikumsbestätigung im Verwaltungsverfahren aus dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht ersichtlich ist. Entgegen der Beschwerdeauffassung war der Zeitpunkt des absolvierten Praktikums auch aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Sozialversicherungsdatenauszug nicht ableitbar, weil in diesem beginnend mit April 2009 bis November 2012 immer wieder befristete Tätigkeiten bei der V aufscheinen. Auf die Frage, inwieweit der Zeitraum des Absolvierens des Praktikums im Verwaltungsverfahren vorgebracht worden ist, muss aber schon deswegen nicht näher eingegangen werden, weil es nicht zu beanstanden ist, dass die bescheiderlassende Behörde für die Frage der zeitlichen Zuordnung der Anerkennung einer praktischen Tätigkeit zu einem bestimmten Studienjahr auf das Datum der Anerkennung abgestellt hat (vgl. auch das - die Anrechnung von an einer ausländischen Universität abgelegten Prüfungen betreffende - hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0294, mwN). Auch nach dem Wortlaut des § 78 Abs. 6 UG gilt die "Anerkennung" einer Prüfung (auch eine praktische Tätigkeit wird gemäß § 78 UG als Prüfung anerkannt) "als Prüfungsantritt und positive Beurteilung". Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch im vorgelegten Sammelzeugnis des Beschwerdeführers von einer Zurechnung der Anerkennung zum Wintersemester 2012 ausgegangen wird ("WiSe 2012").
3.2. Zum anderen vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, dass § 75 Abs. 6 UG (konkret die Regelung zum vorausgegangenen Studienjahr) im Kontext des § 16 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 zu lesen sei, der den Erwerb des Nachweises eines günstigen Studienerfolges ausdrücklich noch innerhalb der "Antragsfrist" zulasse. Die "Nachweisfrist" sei daher "nicht deckungsgleich mit dem Studienjahr".
Dem ist entgegenzuhalten, dass die Regelung des § 75 Abs. 6 UG, auf den § 8 Z 7 lit. b NAG-DV verweist, ausdrücklich auf die im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilten Prüfungen abstellt. Das Studienjahr beginnt aber nach der Bestimmung des § 52 UG am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Für eine Ausweitung über den genannten Zeitraum hinaus besteht somit kein Raum.
3.3. Schließlich verweist der Beschwerdeführer auf § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG, demzufolge eine Aufenthaltsbewilligung trotz des Fehlens des Studienerfolgs verlängert werden kann, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind. Dazu wird in der Beschwerde vorgebracht, es könne nicht dem - im Verwaltungsverfahren unvertretenen - Beschwerdeführer angelastet werden, dass das vorgelegte Sammelzeugnis nicht als Studienerfolgsnachweis anerkannt worden sei.
Dazu genügt es darauf hinzuweisen, dass die bescheiderlassende Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, dass die Anerkennung des fachspezifischen Praktikums mit nicht als im vorausgegangenen Studienjahr (dem Zeitraum von bis ) beurteilte Prüfung anzusehen ist. Dem Sammelzeugnis wurde somit nicht generell die Anerkennung verweigert, sondern es wurden - in nicht zu beanstandender Weise - nicht alle darin aufscheinenden Prüfungen dem vorausgegangenen Studienjahr zugeordnet. Soweit der Beschwerdeführer moniert, dass die Begründung für die Nichtberücksichtigung des Praktikums erstmalig und durchaus überraschend im angefochtenen Bescheid erfolgt sei, ist anzumerken, dass sich das zum "Überraschungsverbot" in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, nicht aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung erstreckt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0038, mwN).
4. Darüber hinaus erachtet der Beschwerdeführer die Regelung, wonach bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung der Antrag ohne weiteres (und somit ohne Bedachtnahme auf § 11 Abs. 3 NAG) abzuweisen ist, als unsachlich. Diesbezüglich kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2009/22/0169, verwiesen werden. Darin ist der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung zur Ansicht gelangt, dass keine Notwendigkeit bestehe, die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 NAG auf den Fall der Abweisung eines Verlängerungsantrages wegen Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung auszuweiten. Die vorliegenden Beschwerdeausführungen geben keinen Anlass, von dieser Rechtsauffassung abzugehen.
5. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, iVm § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am