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VwGH vom 20.08.2013, 2013/22/0176

VwGH vom 20.08.2013, 2013/22/0176

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 322.716/2- III/4/12, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines mazedonischen Staatsangehörigen, ihm einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" zu erteilen, gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit der österreichischen Staatsbürgerin M., welche am geboren sei, verheiratet. Daraus ergebe sich, dass seine Ehefrau im Zeitpunkt der Antragstellung, die am erfolgt sei, das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe. Dies werde erst am vorliegen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 NAG sei Familienangehöriger, wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, sei, weiters auch eingetragene Partner. Ehegatten und eingetragene Partner müssten das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben. Ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" sei nach § 47 Abs. 2 NAG einem Drittstaatsangehörigen nur dann zu erteilen, wenn er Familienangehöriger (iSd § 2 Abs. 1 Z 9 NAG) eines von § 47 NAG erfassten Zusammenführenden sei.

Da die Ehefrau des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Antragstellung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, liege eine für die Erteilung des Aufenthaltstitels notwendige besondere Erteilungsvoraussetzung nicht vor.

Im Weiteren ging die belangte Behörde davon aus, die Verweigerung des Aufenthaltstitels an den Beschwerdeführer führe nicht dazu, dass seine die österreichische Staatsbürgerschaft besitzende Ehefrau de facto gezwungen sei, Österreich und das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. Solche Gründe seien - obwohl im Verwaltungsverfahren dazu Gelegenheit eingeräumt worden sei - auch nicht vorgebracht worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides () nach den Bestimmungen des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 68/2013 richtet.

§ 2 Abs. 1 Z 9 und § 47 Abs. 1 und Abs. 2 NAG (jeweils samt Überschrift) lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
9.
Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;
..."

"§ 47. Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' und 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger'

(1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

(2) Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ist ein Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

..."

Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist am geboren. Sie hatte daher weder im Zeitpunkt der Antragstellung noch im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde das 21. Lebensjahr vollendet. Die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer könne daher nicht als Familienangehöriger der Zusammenführenden angesehen werden, entspricht somit vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Bestimmungen dem Gesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/22/0250).

Da die Ehefrau des Beschwerdeführers das 21. Lebensjahr (auch) im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht vollendet hatte, liegt im vorliegenden Fall aber auch keine Konstellation vor, die jener entsprechen würde, die jenem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde lag, das vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl. EU 2013/0002 (2011/22/0175), an den Gerichtshof der Europäischen Union herangetragen wurde (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom ).

Dass gegenständlich ein Sachverhalt vorläge, der dadurch gekennzeichnet wäre, dass sich die - die österreichische Staatsbürgerschaft besitzende - Ehefrau des Beschwerdeführers de facto gezwungen sähe, Österreich und das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen, wird auch in der Beschwerde nicht vorgebracht.

Vielmehr macht der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, wonach es seiner Ehefrau, die seit ihrer Geburt in Österreich lebe, nicht möglich und zumutbar sei, das Familienleben mit ihm in seinem Heimatland zu führen, geltend, die Erteilung des Aufenthaltstitels sei infolge der Bestimmung des Art. 8 EMRK geboten.

Grundsätzlich ist allerdings nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung eine Abwägung nach Art. 8 EMRK nicht vorzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/22/0204, mwN). Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0494, dargelegt, dass in bestimmten Konstellationen zur Erzielung eines der EMRK gemäßen Ergebnisses der Begriff "Familienangehöriger" von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzukoppeln ist. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Besteht ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist demnach als "Familienangehöriger" aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener - nicht im Bundesgebiet aufhältige - Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt (vgl. dazu auch etwa das dem genannten Erkenntnis vom folgende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0074).

Eine solche Konstellation liegt im vorliegenden Fall, in dem sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet aufhält, aber gerade nicht vor. Ihm ist nach den Bestimmungen des NAG - anders als in jenem Fall, der dem erwähnten Erkenntnis vom zugrunde lag - zur Durchsetzung seiner aus Art. 8 EMRK resultierenden Ansprüche gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, gerade darauf gestützt die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu beantragen (vgl. § 41a Abs. 9 und § 43 Abs. 3 NAG).

Somit ist es aber auch mit Blick auf Art. 8 EMRK fallbezogen nicht geboten, vom in § 2 Abs. 1 Z 9 NAG festgelegten Begriff des Familienangehörigen abzuweichen (vgl. zu einer Konstellation, wie sie hier vorliegt, auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0111).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am