VwGH vom 24.03.2011, 2009/06/0152

VwGH vom 24.03.2011, 2009/06/0152

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Kortschak Höfler Rechtsanwälte OEG in 8430 Leibnitz, Kadagasse 15, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA18E- 80.00 502/07-11, betreffend Öffentlicherklärung eines Weges gemäß Stmk. Landes-StraßenverwaltungsG 1964 (mitbeteiligte Partei:

Dr. R W in G, vertreten durch DI Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 2/1. Stock), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zufolge des amtswegig eingeleiteten Verfahrens zur Feststellung des Gemeingebrauches gemäß § 3 Stmk. Landes-StraßenverwaltungsG 1964 (LStVG. 1964) an einem bestimmten Straßenstück in der beschwerdeführenden Gemeinde fand am an Ort und Stelle eine Verhandlung statt. Eingangs bestellte der Bürgermeister Rechtsanwalt Dr. K. zum "Verhandlungsleiter". Nach dem Protokoll wurde diese Verhandlungsleitung durch Dr. K auch tatsächlich ausgeübt (so wurde im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme auch der Bürgermeister vom Verhandlungsleiter einvernommen). Das Protokoll über die 4-stündige Verhandlung wurde vom Verhandlungsleiter wie auch vom Bürgermeister unterfertigt.

Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde stellte mit Bescheid vom die Öffentlichkeit des Weges auf dem Grundstück Nr. 382/2, KG S. fest.

Der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des an dem Weggrundstück servitutsberechtigten Mitbeteiligten mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Die belangte Behörde hob mit dem angefochtenen Bescheid auf Grund der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Vorstellung den Berufungsbescheid vom auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Die belangte Behörde begründete dies damit, dass gemäß § 4 Abs. 1 LStVG. 1964 der Entscheidung eine mündliche, mit einem Augenschein verbundene Verhandlung voranzugehen habe. Die Leitung der mündlichen Verhandlung habe durch das vom Gesetz oder vom Behördenvorstand betraute Organ nach den näheren Regelungen des § 43 AVG zu erfolgen. Die gemäß § 4 Stmk. LStVG. vorgesehene mündliche Verhandlung sei nach der Verhandlungsschrift der beschwerdeführenden Gemeinde vom von Dr. K. … als bestelltem Verhandlungsleiter geführt worden.

Während es - nach weitestgehend unbestrittener Ansicht - möglich sei, im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Aufgaben nicht unmittelbar durch das Gemeindeamt besorgen zu lassen, sondern durch einen Dritten, sei dies im hoheitlichen Bereich ausgeschlossen. Schille/Paier/Hafner , Steirisches Gemeinderecht, brächten in einer Anmerkung zu § 64 Abs. 1 Stmk. Gemeindeordnung (GemO) eindeutig zum Ausdruck, dass es unzulässig wäre, wenn der Bürgermeister hoheitliche Aufgaben durch eine Rechtsanwaltskanzlei oder ein Beratungsunternehmen durchführen ließe.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 B-VG führten die Verwaltung auf Zeit gewählte oder ernannte berufsmäßige Organe. Bei konsequenter Weiterverfolgung einer Zulässigkeit der Vertretung würde das Prinzip, dass Organe die Verwaltung führen, beseitigt werden, denn es könnten sich lediglich Privatpersonen auf allen Seiten gegenüberstehen. Die Zuständigkeit von Organen sei gesetzlich festgelegt. Damit sich Organe vertreten lassen könnten, müsste dies ebenfalls gesetzlich geregelt sein. So sehe § 64 Abs. 2 Stmk. GemO vor, dass sich der Bürgermeister unbeschadet seiner Verantwortlichkeit bei bestimmten Gruppen von Entscheidungen, Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen der Vollziehung durch Bedienstete der Gemeinde vertreten lassen könne, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Vereinfachung der Verwaltung gelegen sei. Dies bedeute aber nur, dass es dem Bürgermeister freistehe, sich bestimmter Organwalter innerhalb seiner Gemeinde für den Vertretungsfall zu bedienen. Eine Vertretung durch andere Personen außerhalb des Gemeindeamtes werde dadurch unzulässig. Sollten Privatpersonen im hoheitlichen Bereich tätig werden, werde dies durch Gesetz angeordnet oder erlaubt oder die Personen würden durch Hoheitsakt dazu ermächtigt (z.B. nichtamtliche Sachverständige). Die Bevollmächtigung einer Privatperson sei ein Akt des Zivilrechts. Organe seien selbst keine Rechtsträger (sie nähmen nur Kompetenzen wahr), also könnten sie auch keine Bevollmächtigungen erteilen.

Eine Vertretung des Bürgermeisters durch einen Rechtsanwalt sei daher bei Durchführung behördlicher Verfahren unzulässig. Der Schriftverkehr sei ausschließlich mit der Gemeinde zu führen. Davon unabhängig bestehe jedoch für die Gemeinde die Möglichkeit, sich intern bei ihrer Willensbildung durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen, sofern nur die nach außen in Erscheinung tretende Erledigung in jedem Fall auf den Willen des durch das Gesetz zur Entscheidung berufenen Organes rückführbar sei (Hinweise auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. Nr. 7264, und vom , VfSlg. Nr. 8844).

Aus der angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2003/06/0101, könne nicht abgeleitet werden, dass sich eine Behörde zur Besorgung hoheitlicher Aufgaben eines Rechtsanwaltes bedienen dürfe, sondern nur, dass sie einen solchen zur Vorbereitung von Bescheiden heranziehen könne. Die Verhandlungsführung in der gesetzlich vorgesehenen mündlichen Verhandlung könne aber nur vom Bürgermeister oder einem Organwalter innerhalb des Gemeindeamtes wahrgenommen werden.

Die "Verhandlung" vom , die ausdrücklich von "Dr. K. … als bestelltem Verhandlungsleiter" geführt worden sei, entspreche daher nicht dem Erfordernis des § 4 Abs. 1 Stmk. LStVG. Das Ermittlungsverfahren, das dem bekämpften Bescheid vorangegangen sei, sei daher in diesem Punkt mangelhaft. Dadurch seien Rechte des Mitbeteiligten verletzt. Der Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom sei aufzuheben gewesen und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die dagegen zunächst bei ihm erhobene Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In den die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde betreffenden Ausführungen der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:


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Gemäß Art. 117 Abs. 7 B VG werden die Geschäfte der Gemeinden durch das Gemeindeamt (Stadtamt), jene der Städte mit eigenem Statut durch den Magistrat besorgt. Gemäß Art. 118 Abs. 3 B VG fällt die Regelung der inneren Einrichtungen zur Besorgung der Gemeindeaufgaben (Z. 1) und die Bestellung der Gemeindebediensteten und die Ausübung der Diensthoheit (Z. 2) in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

Im vorliegenden Fall ist weiters die Stmk. Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, in der Fassung LGBl. Nr. 82/1999 anzuwenden.

Gemäß § 45 Abs. 2 lit. b Stmk. GemO obliegen dem Bürgermeister die Entscheidung und Verfügung in allen gemeindebehördlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, sofern hiefür gesetzlich nicht ein anderes Gemeindeorgan zuständig ist.

Gemäß § 64 Abs. 1 leg. cit. werden die Geschäfte der Gemeinde durch das Gemeindeamt besorgt.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung kann sich der Bürgermeister, unbeschadet seiner Verantwortlichkeit, bei bestimmten Gruppen von Entscheidungen, Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen der Vollziehung durch Bedienstete der Gemeinde vertreten lassen, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Vereinfachung der Verwaltung gelegen ist. Die Durchführung der Beschlüsse des Gemeinderates, des Gemeindevorstandes und der Verwaltungsausschüsse (§ 45 Abs. 2 lit. a) darf nicht übertragen werden.

Gemäß § 4 Stmk. Landes-StraßenverwaltungsG 1964 - LStVG. 1964, LGBl. Nr. 154, in der Fassung LGBl. Nr. 60/2008, hat der Entscheidung über eine Feststellung der Öffentlichkeit von Straßen (§ 3 des Gesetzes) eine mündliche, mit einem Augenschein verbundene Verhandlung voranzugehen, deren Abhaltung ortsüblich zu verlautbaren ist und zu der sämtliche, dem Amt bekannte Beteiligte persönlich zu laden sind.

Gemäß § 58a LStVG. 1964 sind die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde solche des eigenen Wirkungsbereiches.

Gemäß § 43 Abs. 1 AVG hat das mit der Leitung der mündlichen Verhandlung betraute Organ (Verhandlungsleiter) sich von der Identität der Erschienen zu überzeugen und ihre Stellung als Parteien oder sonst Beteiligte und die etwaige Vertretungsbefugnis zu prüfen.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung hat der Verhandlungsleiter die Verhandlung unter steter Bedachtnahme auf ihren Zweck zügig so zu führen, dass den Parteien das Recht auf Gehör gewahrt, anderen Beteiligten aber Gelegenheit geboten wird, bei der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Gemäß § 55 Abs. 1 AVG kann die Behörde Beweisaufnahmen auch durch ersuchte oder beauftragte Verwaltungsbehörden oder einzelne dazu bestimmte amtliche Organe vornehmen lassen oder durch sonstige Erhebungen ersetzen oder ergänzen. Insbesondere können Amtssachverständige außer dem Fall einer mündlichen Verhandlung mit der selbständigen Vornahme eines Augenscheines betraut werden.

Die beschwerdeführende Gemeinde macht geltend, die belangte Behörde übersehe, dass tatsächlich eine Ortsaugenscheinverhandlung nach den gesetzlichen Bestimmungen stattgefunden habe, bei der der Leiter der monokratisch organisierten Gemeindebehörde, nämlich der Bürgermeister, während der gesamten Verhandlung anwesend gewesen sei und das Verhandlungsergebnis nach außen hin für jedermann erkennbar durch Fertigung der Verhandlungsschrift vollinhaltlich mitgetragen habe. Die belangte Behörde begründe nicht, worin konkret der rechtliche Nachteil des Mitbeteiligten durch diese Vorgangsweise des Bürgermeisters entstanden sein sollte. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 64 Abs. 2 Stmk. Gemeindeordnung (GemO) bleibe für die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass sich die dort vorgesehene Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters ausschließlich auf bestimmte Organwalter "innerhalb seiner Gemeinde beschränke", der im Werkvertrag beschäftigte Jurist offenbar "außerhalb der Gemeinde stehe" und deshalb zur Vertretung des Bürgermeisters nicht geeignet sei, kein Raum. Die angeführte Bestimmung treffe überhaupt keinerlei nähere Regelung über die Rechtsstellung des Bediensteten der Gemeinde. Im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich geschützte Recht der Gemeinden, ihre inneren Einrichtungen zur Besorgung der Gemeindeaufgaben und die Bestellung der Gemeindebediensteten und die Ausübung der Diensthoheit im eigenen Wirkungsbereich zu regeln, müsse es der Gemeinde erlaubt sein, gerade aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auch Werkverträge mit geeigneten Personen zur Besorgung einzelner Gemeindeaufgaben abzuschließen.

Die Gemeindebehörden hätten wie jede Behörde bei der Organisation ihres Amtes die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten (vgl. Art. 126b Abs. 5 und Art. 127a Abs. 1 B-VG). Für eine kleine Gemeinde, wie die beschwerdeführende Gemeinde, bedeute dies, dass die ständige Beschäftigung eines Verwaltungsjuristen, der auch komplexe und kontroversielle Verfahren führen könne, diesem Prinzip im Hinblick auf den sehr seltenen Anfall solcher Verfahren strikt zuwiderlaufen würde. In solchen Fällen Werkverträge mit Rechtsanwälten abzuschließen, entspreche nicht nur den genannten Prinzipien, sondern sei in vielen kleinen österreichischen Gemeinden eine ständig geübte, vom Verwaltungsgerichtshof in vielen Entscheidungen unbeanstandet zur Kenntnis genommene Praxis. Die Grenzen dieses Rechtes auf freie innere Organisation des Amtsbetriebes lägen - sofern das Gesetz nicht ausdrücklich anderes verfüge - nur dort, dass die nach außen in Erscheinung tretende Erledigung in jedem Einzelfall auf den Willen des durch Verfassungsgesetz zur Entscheidung berufenen Organes zurückführbar sein müsse (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. Nr. 8844/1980).

Nach Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde könnten gestützt auf § 64 Abs. 2 Stmk. GemO auch Einzelwerkverträge zur Erfüllung der Gemeindeaufgaben im eigenen Wirkungsbereich abgeschlossen werden. Es müsste vertraglich sichergestellt sein, dass der Werkvertragsnehmer Weisungen des Behördenleiters zu befolgen habe. Sei dies sichergestellt, so sei der gesetzliche Zweck der Vertretungsbestimmung des § 64 Abs. 2 Stmk. GemO erfüllt. Dies entspreche auch der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes, nach der auch Sachverständige, die in keinem Dienstverhältnis zur Gebietskörperschaft Gemeinde stünden (z.B. Amtssachverständige der Aufsichtsbehörde), bei Verfahren, die die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich abzuführen hätte, geeignete Verhandlungsleiter seien.

Das Vorbringen der beschwerdeführenden Gemeinde ist nicht zielführend.

In der vorliegenden straßenrechtlichen Angelegenheit war der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde in erster Instanz zuständig (vgl. § 45 Abs. 2 lit. b Stmk. GemO). Gemäß dem wiedergegebenen § 64 Abs. 2 Stmk. GemO kann sich der Bürgermeister, unbeschadet seiner Verantwortlichkeit, bei bestimmten Gruppen von Entscheidungen, Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen der Vollziehung durch Bedienstete der Gemeinde vertreten lassen. Ein Bediensteter der Gemeinde steht in einem besonderen Dienstverhältnis mit der Gemeinde, das eine öffentlichrechtliche oder vertragliche Grundlage haben kann (vgl. die für die in der Bundes- und Landesverwaltung tätigen Verwaltungsorgane diesbezüglich getroffene Regelung in Art. 20 Abs. 1 B-VG). Aus Art. 21 Abs. 1 B-VG, der auch den Begriff des Bediensteten der Gemeinde (neben den Bediensteten des Bundes und der Länder) kennt, ergibt sich für diese Bediensteten, dass die Gesetzgebung und die Vollziehung in Angelegenheiten des Dienstrechtes den Ländern obliegt. Daraus ergibt sich für einen Bediensteten der Gemeinde, dass sein Dienstverhältnis dem vom Landesgesetzgeber zu erlassenden Dienstrecht unterliegt. Weiters untersteht er der Diensthoheit der Gemeinde. Es handelt sich dabei gemäß Art. 118 Abs. 3 Z. 2 B-VG, um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde. Ein mittels Werkvertrag beauftragter Rechtsanwalt wird dadurch nicht zu einem Bediensteten der Gemeinde in dem dargelegten Sinne.

Auch § 55 AVG bietet einem Verwaltungsorgan, wie im vorliegenden Fall dem zuständigen Bürgermeister, die Möglichkeit eine andere Verwaltungsbehörde oder andere Verwaltungsorgane oder einen Amtssachverständigen mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu betrauen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass die mündliche Verhandlung nicht von der zuständigen Behörde vorgenommen werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1031/73, VwSlg. Nr. 8797/A - nur der Rechtssatz veröffentlicht). Auch § 55 AVG bietet keine gesetzliche Grundlage für die im vorliegenden Fall gewählte Vorgangsweise, einen Rechtsanwalt mit der Leitung einer mündlichen Verhandlung nach dem AVG zu betrauen, da der Rechtsanwalt weder eine Verwaltungsbehörde, ein anderes Verwaltungsorgan noch ein Amtssachverständiger ist.

Es handelt sich bei der Leitung einer Verhandlung in einem behördlichen Verwaltungsverfahren gemäß AVG auch nicht um eine rein innerorganisatorische Angelegenheit, die die Organe des Staates frei regeln können (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg.Nr. 8844).

In der Literatur (vgl. die Hinweise dazu in Wolny/Kliba in Klug/Oberndorfer/Wolny (Hrsg.) , Das österreichische Gemeinderecht, 10. Teil, S. 21 f, Rz 61) wird vertreten, dass Privaten im Bereich der Hoheitsverwaltung faktische Handlungen (sog. Realakte), die nicht mit Imperium verbunden sind, übertragen werden können, während normative Akte (wie Bescheide, Verordnungen, etc.) nicht übertragbar sind. Bei der im vorliegenden Beschwerdefall verfahrensgegenständlichen Verhandlungsführung in einem Verwaltungsverfahren gemäß dem AVG handelt es sich nicht um faktische Handlungen ohne Imperium im Gemeindebereich, sondern um einen Akt, der Teil eines behördlichen Verwaltungsverfahrens ist, der mit Imperium verbunden ist (vgl. § 34 AVG) und der nach außen in Erscheinung tritt. Auch auf der Grundlage dieser Überlegungen war die verfahrensgegenständliche Übertragung der Verhandlungsführung an einen Privaten nicht rechtens.

Somit ist eine private Person ohne gesetzliche Grundlage in einem von der zuständigen Behörde, hier dem Bürgermeister, durchzuführendem Verwaltungsverfahren gemäß AVG insofern tätig geworden, als sie die Verhandlungsleitung innehatte. Der Umstand, dass der in der Angelegenheit in erster Instanz zuständige Bürgermeister während der gesamten Verhandlung anwesend war, konnte dies nicht sanieren, weil dies an der Tatsache der unzulässigen Verhandlungsführung durch einen außenstehenden Dritten nichts ändert.

Die belangte Behörde hat daher den Berufungsbescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom zu Recht aus diesem Grund aufgehoben. Die beschwerdeführende Gemeinde wurde dadurch in keinen subjektiven Rechten verletzt (vgl. Art. 117 Abs. 7 B-VG). Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am