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VwGH vom 29.05.2013, 2013/22/0133

VwGH vom 29.05.2013, 2013/22/0133

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2013/22/0134

2013/22/0136

2013/22/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden 1. der V, 2. der A, 3. des M und 4. des P, alle in K, alle vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres je vom , Zl. 322.260/2-III/4/12 (zu 1.), Zl. 322.260/5- III/4/12 (zu 2.), Zl. 322.260/4-III/4/12 (zu 3.) und Zl. 322.260/3- III/4/12 (zu 4.), jeweils betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer sind miteinander verheiratet. Die übrigen beschwerdeführenden Parteien sind ihre (im Jahr 1990 und 1996 geborenen) Kinder. Alle stammen aus dem Kosovo.

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien gegen die in erster Instanz ergangenen Zurückweisungen ihrer Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen gemäß § 43 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

In ihren Begründungen führte die belangte Behörde - in allen Bescheiden im Wesentlichen gleichlautend - aus, die beschwerdeführenden Parteien seien (gemeinsam mit einer weiteren Tochter der Erstbeschwerdeführerin und des Viertbeschwerdeführers, die mittlerweile verheiratet sei; es sei von der für sie örtlich zuständigen erstinstanzlichen Niederlassungsbehörde beabsichtigt, auch den von ihr gestellten Antrag "negativ zu finalisieren") am unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Am gleichen Tag hätten sie Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Diese Anträge seien in erster Instanz am "negativ entschieden" worden. Es seien auch gegen alle beschwerdeführenden Parteien asylrechtliche Ausweisungen erlassen worden. Der Asylgerichtshof habe mit Erkenntnis vom den Rechtsmitteln der beschwerdeführenden Parteien keine Folge gegeben. Die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerden sei vom Verfassungsgerichtshof am abgelehnt worden. Die vom Asylgerichtshof ausgesprochenen Ausweisungen seien rechtskräftig.

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln seien am eingebracht worden.

Der Asylgerichtshof sei unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehenden Informationen in den Fällen der beschwerdeführenden Parteien zum Ergebnis gekommen, dass eine Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK verhältnismäßig sei. Dies schließe es aus, dass die Erteilung von Aufenthaltstiteln zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten wäre. Mit einer Zurückweisung der Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln sei nur dann nicht vorzugehen, wenn im Hinblick auf - seit den rechtskräftigen Ausweisungsentscheidungen eingetretene - maßgebliche Sachverhaltsänderungen eine neuerliche Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK erforderlich sei. Zur Frage, ob ein maßgeblich geänderter Sachverhalt gemäß § 44b Abs. 1 NAG vorliege, sei der Zeitraum zwischen den zweitinstanzlich erlassenen Ausweisungen des Asylgerichtshofs und den Entscheidungen der Niederlassungsbehörde erster Instanz heranzuziehen.

An Änderungen des Sachverhalts hätten die Erstbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführer auf die Ablegung der "positiven Deutschprüfungen auf A2 Niveau bzw. die Erfüllung der Integrationsvereinbarung, die Einstellzusagen und die arbeitsrechtlichen Vorverträge" hingewiesen. Weiters seien Empfehlungsschreiben und eine Unterschriftenliste vorgelegt worden. Die Zweitbeschwerdeführerin besuche die Bundeshandelsakademie J. Für den Drittbeschwerdeführer sei ein Abschlusszeugnis der Polytechnischen Schule O für das Schuljahr 2007/2008 sowie eine Bestätigung des Fußballklubs K, dass er "seit dem mitspiele(..)", vorgelegt worden.

Die von den beschwerdeführenden Parteien geltend gemachten Umstände seien allerdings nicht dergestalt, dass erkennbar wäre, dass in der Zeit seit Erlassung der Ausweisung - -

bis zu den Entscheidungen der Niederlassungsbehörde erster Instanz vom ein maßgeblich geänderter Sachverhalt eingetreten wäre. Dabei sei auch darauf hinzuweisen, dass die von der Erstbeschwerdeführerin vorgelegten Befunde zu Problemen mit ihrer Wirbelsäule bereits aus dem Jahr 2008 datierten und schon im Asylverfahren berücksichtigt worden seien.

Es sei somit unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht davon auszugehen, dass in den gegenständlichen Fällen eine Neubeurteilung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK geboten sei. Die Behörde erster Instanz habe die Anträge zu Recht nach § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurückgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden, die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden wurden, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im den vorliegenden Beschwerdefällen kommt im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (im Jänner 2013) das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 50/2012 zur Anwendung.

Nach § 44b Abs. 1 Z 1 NAG sind Anträge gemäß §§ 41a Abs. 9 oder 43 Abs. 3 NAG dann, wenn kein Fall des § 44a Abs. 1 NAG vorliegt, als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Die belangte Behörde gelangte zu dem Ergebnis, dass in der seit den rechtskräftigen Ausweisungsentscheidungen des Asylgerichtshofes bis zur Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidungen der Niederlassungsbehörde verstrichenen Zeit - etwas mehr als sieben Monate - keine maßgeblichen Sachverhaltsänderungen eingetreten seien, die in den gegenständlichen Fällen eine neuerliche Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätten.

Die beschwerdeführenden Parteien wenden sich gegen diese Auffassung und weisen neuerlich auf die zu ihren Gunsten sprechenden integrationsbegründenden Umstände (Sprachkenntnisse, Vorlage von Einstellzusagen, Schulbesuch der Zweitbeschwerdeführerin, die medizinische Behandlung der Erstbeschwerdeführerin und die Vorlage von Unterstützungserklärungen) hin. Entgegen der in den Beschwerden vertretenen Ansicht wurden diese Umstände aber bei den vorliegenden Entscheidungen berücksichtigt. Im Übrigen wird selbst in den Beschwerden nicht behauptet, dass es sich bei der (sich jedenfalls nicht verschlechterten) Erkrankung der Erstbeschwerdeführerin um einen neu eingetretenen Umstand gehandelt hätte, der nicht schon im Zuge der Erlassung der Ausweisungen Berücksichtigung gefunden hätte.

Aus den Beschwerdebehauptungen ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht ersichtlich, dass es sich bei den von den beschwerdeführenden Parteien im Verfahren zur Erteilung der begehrten Aufenthaltstitel geltend gemachten - oben wiedergegebenen - Umständen um solche gehandelt hätte, die dazu geführt hätten, dass ein seit der rechtskräftigen Erlassung der Ausweisung maßgeblich geänderter Sachverhalt, der die Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte, anzunehmen gewesen wäre (vgl. zu den diesbezüglichen Voraussetzungen ausführlich das zum inhaltlich gleichlautenden § 44b Abs. 1 Z 1 NAG idF des FrÄG 2009 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2011/22/0035 bis 0039, auf das insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird; zu einer ähnlichen Konstellation, in der die Antragszurückweisung als gerechtfertigt anzusehen war, siehe etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/22/0202).

Vor diesem Hintergrund begegnet die Auffassung der belangten Behörde, die von den beschwerdeführenden Parteien gestellten Anträge seien von der erstinstanzlichen Behörde zu Recht gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurückgewiesen worden, keinen Bedenken.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die jeweils behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am