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VwGH vom 23.02.2011, 2009/06/0113

VwGH vom 23.02.2011, 2009/06/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Ing. P B in T (Liechtenstein), vertreten durch Mag. Andreas Schiestl, Rechtsanwalt in 6263 Fügen, Franziskusweg 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom , Zl. BMWA-91.514/0386-I/3/2008, betreffend Antrag auf Ziviltechnikerbefugnis für EWR Architekten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0173, verwiesen werden. Der Sachverhalt lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom (eingelangt bei der belangten Behörde am ) die Verleihung der Befugnis eines "Ziviltechnikers für EWR Architekten" mit Kanzleisitz in F beantragte. Er legte dazu insbesondere ein Konzessionsdekret der Bezirkshauptmannschaft S vom über die Erteilung der Konzession für das Baumeistergewerbe an eine näher genannte KG, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer war, weiters ein Prüfungszeugnis des Beschwerdeführers über die bestandene Konzessionsprüfung für das Gewerbe der Baumeister vom , eine Bewilligung der Regierung des Fürstentums Liechtenstein vom zur selbständigen Ausübung des Berufes als Architekt mit dem zugelassenen Tätigkeitsbereich "Beratung und Planung in den Gebieten Bauten und Anlagen im Hochbau; Projekt-, Kosten- und Baubetriebsorganisation; Ausarbeitung der erforderlichen Offert- und Planunterlagen, Durchführung der Bauleitungen im Hochbau", und ein Schreiben der Kommission für Ingenieure und Architekten des Fürstentums Liechtenstein vom betreffend "Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als Architekt", nach dem dem Beschwerdeführer mit Entscheidung der Regierung vom die Bewilligung zur selbständigen Ausübung der Tätigkeit als Architekt erteilt worden sei, die nach wie vor aufrecht sei, vor.

Die belangte Behörde wies mit dem Bescheid vom , der Gegenstand des angeführten hg. Erkenntnisses war, den Antrag ab, da sich Personen, deren Berufsqualifikation auf Grund der Übergangsbestimmungen der Art. 10 bis 14 der Richtlinie des Rates der EG vom (85/384/EWG) in der Fassung des Beschlusses 95/1/EG, Euratom, EGKS des Rates vom (im Folgenden: Architektur-RL) in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt worden sei, nicht auf diese Anerkennung berufen könnten, um in ihrem Herkunftsmitgliedstaat Rechte in Anspruch zu nehmen, die sich nicht aus der in diesem Mitgliedstaat erworbenen Berufsqualifikation ableiten ließen. Aus der vom Beschwerdeführer im Herkunftsmitgliedstaat (Österreich) erworbenen Berufsqualifikation lasse sich kein Zugang zum Beruf eines Architekten in Österreich ableiten.

Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid mit dem angeführten Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Er teilte zwar die Auffassung der belangten Behörde, dass sich aus Art. 11 Architektur-RL für Österreich keine Verpflichtung ergebe, die verfahrensgegenständliche österreichische Baumeisterkonzession im Sinne dieser Bestimmung anzuerkennen, und dass die Architektur-RL im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung komme. Die belangte Behörde habe aber verkannt, dass auch außerhalb des Anwendungsbereiches einer Berufsanerkennungs-Richtlinie für einen Gemeinschaftsangehörigen im Falle eines Sachverhaltes mit Gemeinschaftsbezug gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen zu beachten seien. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) habe nämlich bereits zu der Frage, wie es gemeinschaftsrechtlich zu beurteilen sei, wenn ein Berufszulassungsverfahren eines Gemeinschaftsangehörigen nicht in den Anwendungsbereich einer Anerkennungsrichtlinie falle, Stellung genommen.

So habe der EuGH in seinem Urteil vom im Fall Nicolas Dreessen (II), Rechtssache C-31/00, ausgesprochen (Rn 27), dass die Mitgliedstaaten ihre sich aus der Auslegung der Art. 43 EG und Art. 47 EG durch den Gerichtshof aus den Urteilen vom im Fall Vlassopoulou, Rechtssache C-340/89, Rn 16, 19 und 20, vom in der Rechtssache C-319/92, im Fall Haim, Rn. 27 und 28, und vom in der Rechtssache C-238/98, im Fall Hocsman, Rn 23, ergebenden Verpflichtungen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen bei jeder Prüfung eines Antrages auf Zulassung zu einem Beruf zu beachten hätten, dessen Aufnahme nach nationalem Recht vom Besitz eines Diploms oder einer beruflichen Qualifikation oder von Zeiten praktischer Erfahrung abhänge, wenn das Diplom, dessen Inhaber der Gemeinschaftsbürger sei, nicht auf Grund einer Richtlinie für die gegenseitige Anerkennung der Diplome automatisch anerkannt werde, selbst wenn eine solche Richtlinie in dem betreffenden beruflichen Bereich erlassen worden sei. In diesem Zusammenhang sei es nach der Ansicht des EuGH unerheblich, dass der Betroffene, auch wenn er ein Diplom in einem Bereich vorlege, für den eine Richtlinie für die gegenseitige Anerkennung von Diplomen erlassen worden sei, sich nicht auf den in dieser Richtlinie vorgesehenen Mechanismus der automatischen Anerkennung berufen könne, weil sein Diplom in einem Drittland ausgestellt worden sei oder weil die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Mechanismuses aus anderen Gründen nicht erfüllt seien.

Nach der angeführten Judikatur sei Art. 52 EG-Vertrag (nach der Änderung jetzt Art. 43 EG) dahin auszulegen, dass, wenn ein Gemeinschaftsangehöriger in einem Fall, der nicht durch eine Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome geregelt sei, die Zulassung zur Ausübung eines Berufes beantrage, dessen Aufnahme nach dem nationalen Recht vom Besitz eines Diplomes oder einer beruflichen Qualifikation oder von Zeiten praktischer Erfahrung abhänge, die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates sämtliche Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweises sowie die einschlägige Erfahrung des Betroffenen in der Weise berücksichtigen müssten, dass sie die durch diese Nachweise und diese Erfahrung belegten Fachkenntnisse mit den nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kenntnissen und Fähigkeiten vergleichen. Führe die vergleichende Prüfung der Diplome und der entsprechenden Berufserfahrung zu der Feststellung, dass die durch das im Ausland ausgestellte Diplom bescheinigten Kenntnisse und Fähigkeiten den nach den nationalen Rechtsvorschriften verlangten entsprächen, so hätten die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates anzuerkennen, dass dieses Diplom und eventuell die entsprechende Berufserfahrung den in diesen Vorschriften aufgestellten Voraussetzungen entsprächen. Ergebe der Vergleich dagegen, dass diese Kenntnisse und Fähigkeiten einander nur teilweise entsprächen, so könnten die zuständigen Behörden von dem Betroffenen den Nachweis verlangen, dass er die nicht belegten Kenntnisse und Fähigkeiten tatsächlich erworben habe. Art. 43 EG und die daraus in der Judikatur gewonnenen Grundsätze gälten auch in einem Fall, in dem der Betroffene als Staatsangehöriger des nunmehrigen Aufnahme- bzw. Herkunftsmitgliedstaates rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der EU bzw. des EWR gewohnt und dort eine nach dem Gemeinschaftsrecht anerkannte berufliche Qualifikation (im vorliegenden Fall wäre dies die jahrelange Tätigkeit als Architekt in Liechtenstein) erworben habe. Auch derartige Staatsangehörige des Herkunftsmitgliedstaates, die in diesen zurückkehrten, kämen in den Genuss der durch den Vertrag garantierten Rechte und Freiheiten.

Die belangte Behörde habe diese sich aus Art. 43 EG unmittelbar ergebende Verpflichtung einer materiellen Äquivalenzprüfung betreffend sämtliche Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise sowie die einschlägige Erfahrung des Beschwerdeführers (hier insbesondere die Baumeisterkonzession des Beschwerdeführers samt der darin inkludierten praktischen Erfahrung und seine jahrelange Tätigkeit als Architekt in Liechtenstein) nicht vorgenommen.

Die belangte Behörde forderte im zweiten Rechtsgang den Beschwerdeführer auf, bis sämtliche berücksichtigungswürdigen Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die sich auf von österreichischen Berufsanwärtern nachzuweisende Kenntnisse bezögen, sowie Nachweise über seine einschlägige Erfahrung vorzulegen. In diesem Schreiben wurde eingangs der Inhalt des Studienplanes für das Studium der Studienrichtung "Architektur" näher aufgezeigt, weiters wurde darauf hingewiesen, dass die Befugniswerber im Rahmen der Ziviltechnikerprüfung Kenntnisse im österreichischen Verwaltungsrecht, in Betriebswirtschaftslehre, in den für das Fachgebiet geltenden rechtlichen und fachlichen Vorschriften und im Berufs- und Standesrecht nachweisen müssten. Der Beschwerdeführer wurde auch darauf hingewiesen, dass er, falls ein Vergleich (Äquivalenzprüfung) der durch entsprechende Nachweise des Beschwerdeführers belegten Kenntnisse ergebe, dass diese den von österreichischen Befugniswerbern nachzuweisenden Kenntnissen nur teilweise entsprächen, einen Nachweis über den tatsächlichen Erwerb der nicht belegten Kenntnisse und Fähigkeiten zu erbringen hätte.

Der Beschwerdeführer legte etliche Prüfungszeugnisse und Bestätigungen über absolvierte Lehrveranstaltungen (wie die Ablegung der ersten Diplomprüfung der betriebswirtschaftlichen Studienrichtung mit dem Prüfungsgegenstand u.a. Österreichisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht) und über einschlägige Tätigkeiten (insbesondere die Planung, Projektentwicklung von Gebäuden) vor.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers neuerlich ab, da die unter Einbeziehung sämtlicher Nachweise vorgenommene Äquivalenzprüfung ergeben habe, dass dem Beschwerdeführer insbesondere jene Kenntnisse fehlten, die für die Ausübung eines Berufes eines Ziviltechnikers unabdingbar seien, nämlich des Berufs- und Standesrechtes. Keine der vorgelegten Unterlagen belege, dass er Kenntnisse des Ziviltechnikergesetzes, des Ziviltechnikerkammergesetzes und der Standesregeln habe. Das Argument, dass im Übergangszeitpunkt die angeführten österreichischen Diplome auch in anderen Mitgliedstaaten als ausreichend erachtet und anerkannt worden seien, gehe insofern ins Leere, als die Ausübung des Berufes eines Ziviltechnikers, als "technischer Notar", mit all seinen Ausübungsregeln, Unvereinbarkeitsbestimmungen und Standesregeln ein mit ausländischen technischen Berufen nur bedingt vergleichbares österreichisches Spezifikum darstelle und die Kenntnis des Berufs- und Standesrechtes eine unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung des Berufes eines Ziviltechnikers bzw. Architekten sei. Das gänzliche Fehlen gleichwertiger Kenntnisse auf diesen Fachgebieten könne durch die vorgelegten Zeugnisse und Bestätigungen nicht ausgeglichen werden, da sie keinerlei Bezug zu den obzitierten und nach den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Kenntnissen hätten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensbestimmungen geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem angeführten Vorerkenntnis ausgesprochen hat, war die im damaligen Entscheidungszeitpunkt noch geltende, bereits angeführte Architektur-RL im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da die im Fürstentum Liechtenstein auf Grund der Art. 10 und 11 Architektur-RL erteilte Berufsberechtigung jedenfalls kein Diplom, Prüfungszeugnis oder sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne des Art. 2 Architektur-RL darstelle, die durch eine den Anforderungen der Art. 3 und 4 dieser Richtlinie genügende Ausbildung erworben worden seien. Durch die mittlerweile erlassene Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (im Folgenden: Berufsanerkennungs-RL), deren Art. 62 u.a. die angeführte Architektur-RL und die Richtlinie des Rates vom über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung einschließen (89/48/EWG; sog. Diplomanerkennungs-RL), mit aufgehoben hat, ändert sich im vorliegenden Fall nichts, da die Regelungen der bisherigen Architektur-RL in die neue Richtlinie weitgehend ohne Änderungen übernommen wurden. So ist für Architekten in Art. 21 Berufsanerkennungs-RL der Grundsatz der automatischen Anerkennung auf der Grundlage der Koordinierung der Mindestanforderungen an die Ausbildung vorgesehen. In diesem Sinne führt Anhang V.5.7.1 für Architekten jene Ausbildungsnachweise an, die den Mindestanforderungen gemäß Art. 46 entsprechen. Danach muss die Ausbildung durch einen Unterricht auf Hochschulniveau erfolgen, der hauptsächlich auf Architektur ausgerichtet ist. Wie Abs. 12 der Erwägungsgründe dieser Richtlinie zum Ausdruck bringt, gilt die Richtlinie nicht - wie dies der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall anstrebt - für die Anerkennung von auf Grund dieser Richtlinie gefassten Anerkennungsbeschlüssen anderer Mitgliedstaaten. "Eine Person, deren Berufsqualifikationen aufgrund dieser Richtlinie anerkannt worden sind", so wird in diesem Erwägungsgrund weiters ausgeführt, "kann sich somit nicht auf diese Anerkennung berufen, um in ihrem Herkunftsmitgliedstaat Rechte in Anspruch zu nehmen, die sich nicht aus der in diesem Mitgliedstaat erworbenen Berufsqualifikation ableiten, es sei denn, sie weist nach, dass sie zusätzliche Berufsqualifikationen im Aufnahmemitgliedstaat erworben hat."

Zu dem negativen Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Äquivalenzprüfung in Bezug auf sämtliche vorgelegten Nachweise macht der Beschwerdeführer geltend, es sei ihm durch die Regierung des Fürstentums Liechtenstein bereits die Bewilligung zur selbständigen Ausübung des Berufes als Architekt erteilt worden und er übe den Beruf des Architekten seit dem Jahre 1998, also seit mehr als 11 Jahren aus, könne also eine langjährige einschlägige Berufserfahrung (einschließlich der in Österreich erworbenen Baumeisterkonzession und der damit inkludierten praktischen Erfahrung) nachweisen. Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a ZTG seien Architekten zur Planung von Projekten ihres Fachgebietes berechtigt und ergebe sich aus dieser gesetzlich beschriebenen Befugnis im Vergleich zu den Befugnissen und dem Berufsbild eines Architekten des Fürstentums Liechtenstein bei richtiger rechtlicher Beurteilung nichts, woraus im Sinne der zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen und der damit garantierten Grundfreiheiten auf ein österreichisches Spezifikum geschlossen werden könne, wodurch österreichisches Standes- und Berufsrecht ein derart wesentliches Kriterium darstellen würde, das die Abweisung des Antrages rechtfertigen würde.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Diplomanerkennungs-RL könne der Zugang zu einem Beruf oder dessen Ausübung nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigert werden, wenn der Antragsteller das Diplom besitze, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich sei, um Zugang zu diesem Beruf zu erhalten und um ihn dort auszuüben. Der Beschwerdeführer verfüge über das entsprechende Diplom bzw. über die Bewilligung der Regierung des Fürstentums Liechtenstein vom zur selbständigen Ausübung des Berufes als Architekt, sodass die von der belangten Behörde vorgenommene Abweisung lediglich mit der von ihr vorgenommenen Begründung unter Beachtung dieser zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen rechtswidrig sei.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem angeführten Vorerkenntnis bindend ausgesprochen, dass im vorliegenden Fall eine automatische Anerkennung der in Frage stehenden, auf der Übergangsbestimmung des Art. 11 Architekten-RL beruhenden Bewilligung des Fürstentums Liechtenstein nicht in Betracht kommt, vielmehr eine materielle Äquivalenzprüfung sämtlicher Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise sowie der einschlägigen Erfahrung des Beschwerdeführers und seiner jahrelangen Tätigkeit als Architekt in Liechtenstein vorzunehmen ist. Diese materielle Äquivalenzprüfung bedeutet, dass ein Vergleich der durch diese Nachweise und diese Erfahrung belegten Fachkenntnisse und Fähigkeiten mit den nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kenntnissen und Fähigkeiten zu erfolgen hat.

§ 9 Abs. 3 Z 4 ZiviltechnikerG (ZTG) führt als einen Gegenstand der Ziviltechnikerprüfung das Berufs- und Standesrecht für Ziviltechniker an. Diese nach dem nationalen Recht vorgeschriebenen Kenntnisse eines Architekten hat der Beschwerdeführer unbestritten nicht nachgewiesen. Ist eine materielle Äquivalenzprüfung zur allfälligen Anerkennung von bestimmten erworbenen Kenntnissen, Fähigkeiten und von Berufserfahrung erforderlich, sind die in dem betreffenden nationalen Recht geforderten Kenntnisse, Fähigkeiten und die danach geforderte berufliche Erfahrung im Einzelnen anhand der vorgelegten Nachweise über Diplome, Prüfungszeugnisse und berufliche Erfahrungen zu untersuchen und zu beurteilen. Daraus, dass dem Beschwerdeführer auf Grund der Übergangsbestimmung der Art. 10 und 11 Architekten-RL (nunmehr Art. 49 Berufsanerkennungs-RL) eine Befugnis zur Ausübung des Berufes eines Architekten in Liechtenstein auf Grund der in Österreich erteilten Baumeisterkonzession erteilt wurde, kann bei Anwendung der materiellen Äquivalenzprüfung nichts abgeleitet werden. Entscheidend sind dabei die Kenntnisse, Fähigkeiten und die Berufserfahrung, die nach dem nationalen Recht für die Ausübung des Berufes des Architekten gefordert sind und nicht, zu welchen Tätigkeiten ein Architekt nach dem nationalen Gesetz (hier § 4 Abs. 2 ZTG) dann befugt ist.

Sofern sich der Beschwerdeführer auf Art. 3 Abs. 1 Diplomanerkennungs-RL beruft, ist darauf hinzuweisen, dass auch diese Richtlinie gemäß Art. 62 Berufsanerkennungs-RL mit aufgehoben wurde. Abgesehen davon kam die Diplomanerkennungs-RL im Zeitraum ihrer Geltung (Art. 2) für Berufe, die Gegenstand einer Einzelrichtlinie waren, mit der in den Mitgliedstaaten eine gegenseitige Anerkennung der Diplome eingeführt wird, nicht zur Anwendung. Eine solche Regelung lag für den Beruf des Architekten mit der mittlerweile aufgehobenen angeführten Architekten-RL vor.

Abgesehen davon stellte Art. 3 lit. a Diplomanerkennungs-RL darauf ab, dass der Antragsteller das Diplom besitzt, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben und das Diplom in einem Mitgliedstaat erworben wurde. Die Baumeisterkonzession, die auf Grund der Übergangsbestimmungen des Art. 11 Architektur-RL im vorliegenden Fall dazu geführt hat, dass der Beschwerdeführer im Fürstentum Liechtenstein eine Berufsberechtigung für die Tätigkeit eines Architekten erlangt hat, stellt kein Diplom im Sinne dieser Richtlinienbestimmung dar. Auch nach Art. 3 lit. b der Diplomanerkennungs-RL waren ein oder mehrere Ausbildungsnachweise erforderlich, aus denen hervorging, dass der Inhaber ein mindestens dreijähriges Studium oder ein in dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau in einem Mitgliedstaat absolviert und gegebenenfalls über das Studium hinaus eine erforderliche berufliche Ausbildung abgeschlossen hatte. Auch dies konnte der Beschwerdeführer nicht nachweisen.

Der Beschwerdeführer meint weiters, dass im Hinblick darauf, dass der Tätigkeitsbereich eines österreichischen Architekten und eines liechtensteinischen Architekten nach den jeweiligen Rechtsvorschriften gleichartig sei, das österreichische Standes- und Berufsrecht kein ausreichender Ablehnungsgrund für die Zulassung eines Architekten in Österreich sei, insbesondere wenn man die langjährige Berufsausübung des Beschwerdeführers und die damit inkludierte praktische und fachliche Erfahrung berücksichtige. Das Erfordernis der Kenntnisse des österreichischen Standes- und Berufsrechtes rechtfertige nach Ansicht des Beschwerdeführers mangels ausreichender Wesentlichkeit nicht die Abweisung, insbesondere wenn man bedenke, dass bei einem Architekten eines anderen Mitgliedstaates, der über ein entsprechendes Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis eines anderen EWR-Staates im Sinne des Art. 7 und Art. 11 Architektur-RL verfüge, die Zulassung nicht vom Nachweis des österreichischen Berufs- und Standesrechtes abhängig gemacht werden könne. Es werde bei diesen die Möglichkeit, die Information über die Rechtsvorschriften und Standesregeln zu erhalten, im Sinne des Art. 26 Architektur-RL als ausreichend erachtet.

Dem Beschwerdeführer ist dazu zunächst entgegenzuhalten, dass es bei der im vorliegenden Fall vorzunehmenden materiellen Äquivalenzprüfung der erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Berufserfahrung des Beschwerdeführers nicht auf den nach den jeweiligen Rechtsvorschriften der betroffenen Mitgliedstaaten sich ergebenden Tätigkeitsbereich eines Architekten ankommt, sondern eben auf einen Vergleich der nach den nationalen Vorschriften jenes Mitgliedstaates, in dem die Tätigkeit als Architekt ausgeübt werden soll, geforderten Kenntnisse, Fähigkeiten und Berufserfahrung mit den Kenntnissen, Prüfungszeugnissen und der Berufserfahrung, die von dem betreffenden Antragsteller nachgewiesen werden können. Die Äquivalenzprüfung ist - wie dies der Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Vorerkenntnis ausführlich dargelegt hat - gerade in dem Fall anzuwenden, in dem eine automatische Anerkennung im Sinne der Architektur-RL (nunmehr Art. 21 Berufsanerkennungs-RL) nicht in Betracht kommt. Aus dem unter ganz bestimmten Voraussetzungen geltenden Regime der automatischen Anerkennung gemäß der Architektur-RL bzw. der Berufsanerkennungs-RL kann für die außerhalb dieses Regimes geltende materielle Äquivalenzprüfung von erworbenen Kenntnissen, Fähigkeiten und Berufserfahrung und die danach geforderten inhaltlichen Maßstäbe nichts abgeleitet werden.

Es kann dem Beschwerdeführer auch darin nicht gefolgt werden, dass es als gleichheitswidrig zu beurteilen sei, wenn bei der automatischen Anerkennung gemäß der Architektur-RL eine entsprechende Information über das österreichische Berufs- und Standesrecht genügt, während außerhalb des Anwendungsbereiches dieser Richtlinie ein Nachweis über diese Kenntnisse verlangt wird. Die sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung ergibt sich daraus, dass das Regelungssystem der automatischen Anerkennung gemäß der Architektur-RL (nunmehr gemäß der Berufsanerkennungs-RL) nur bei Vorliegen ganz bestimmter Voraussetzungen in Bezug auf die geforderten Diplome, Prüfungszeugnisse und Befähigungsnachweise zur Anwendung kommt, während ohne diese das anders geartete Regelungsregime einer materiellen Äquivalenzprüfung anzuwenden ist.

Die Anwendung der materiellen Äquivalenzprüfung für die Frage der Berufsanerkennung außerhalb des Geltungsbereiches einer Anerkennungs-Richtlinie entspricht der zur Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG ergangenen Judikatur des EuGH (vgl. die im Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wiedergegebenen Urteile).

Der Beschwerdeführer meint weiters, dass das Erfordernis von Kenntnissen des österreichischen Berufs- und Standesrechtes diskriminierend sei, nicht zwingenden Gründen des Allgemeinwohles entspreche, nicht zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sei und jedenfalls über das hinausgehe, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sei.

Der Beschwerdeführer spricht damit Kriterien an, die der EuGH für nationale Maßnahmen fordert, die die Ausübung von durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können. Solche Maßnahmen sind nur unter vier Voraussetzungen zulässig, nämlich dass sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden müssen, gewichtigen Gründen des Allgemeinwohls entsprechen, zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sind und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. u.a. das Urteil vom in der Rechtssache C-330/03, Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos, Rz 30).

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Überlegungen bei Anwendung der materiellen Äquivalenzprüfung in Bezug auf erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten eines Berufes überhaupt eine Rolle spielen können, weil dieses Erfordernis auch den genannten Kriterien entspricht. Dieses Erfordernis von Kenntnissen des Berufs- und Standesrechtes wird für alle Antragsteller außerhalb des Regelungsregimes der automatischen Anerkennung in gleicher Weise, also nicht diskriminierend angewendet. Es dient auch Gründen des Allgemeinwohles, da Ziviltechniker gemäß § 4 Abs. 3 ZTG mit der besonderen Befugnis ausgestattet sind, öffentliche Urkunden zu errichten, Ziviltechniker also den besonderen Status einer mit öffentlichen Glauben versehenen Person gemäß § 292 ZPO haben. Das Erfordernis von Kenntnissen des österreichischen Berufs- und Standesrechtes der Ziviltechniker muss auch als geeignet qualifiziert werden, um im Besonderen die korrekte Ausübung durch die mit der Ziviltechnikerbefugnis ausgestatteten Berechtigten sicherzustellen. Dieses Erfordernis kann auch nicht als unverhältnismäßig zur Zielerreichung beurteilt werden.

Schon mangels Geltung der vom Beschwerdeführer angeführten Architektur-RL bzw. der Diplomanerkennungs-RL im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides kam die Erteilung einer Auflage nach Art. 26 Architektur-RL bzw. einer Ausgleichsmaßnahme im Sinne der Diplomanerkennungs-RL nicht in Betracht. Die verfahrensgegenständliche Abweisung des Antrages widerspricht im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer nicht allen nach dem österreichischen Recht geforderten Kenntnissen für die Verleihung der Befugnis eines Architekten entsprach und somit die nach dem Gemeinschaftsrecht geforderte Äquivalenzprüfung zu einem negativen Ergebnis führte, gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen nicht.

Auch eine Verletzung im Recht auf Parteiengehör kann nicht erkannt werden. Die belangte Behörde hat in ihrem Schreiben, in dem der Beschwerdeführer zur Vorlage sämtlicher relevanter Nachweise für die Berufsanerkennung aufgefordert wurde, ausführlich die sich aus den österreichischen Rechtsvorschriften ergebenden inhaltlichen Erfordernisse für die Erteilung der Befugnisse eines Architekten (u.a. betreffend das Berufs- und Standesrecht) dargelegt und es wurde der Beschwerdeführer unter entsprechender Fristsetzung aufgefordert, die geforderten Kenntnisse, Fähigkeiten und Berufserfahrung entsprechend nachzuweisen. Die belangte Behörde konnte davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Nachweise über Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. Berufserfahrung vorgelegt hat. Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde auch nicht, dass er über einen entsprechenden Nachweis über entsprechende Kenntnisse des österreichischen Berufs- und Standesrechtes verfügen würde. Es bestand keine Rechtsgrundlage, dem Beschwerdeführer unter neuerlicher Fristsetzung den Nachweis von tatsächlich erworbenen Kenntnissen im Berufs- und Standesrecht aufzutragen.

Die Beschwerde wird daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Kostenbegehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-88498