VwGH vom 29.05.2013, 2013/22/0128
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der L, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 322.753/2- III/4/12, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 3 und § 11 Abs. 1 Z 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin am in Wien einen serbischen Staatsangehörigen geheiratet habe, der seit 1998 über einen unbefristeten "Niederlassungsnachweis" verfügt habe, der nach derzeit geltender Rechtslage als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" zu werten sei.
Als serbische Staatsangehörige könne sich die Beschwerdeführerin innerhalb von sechs Monaten lediglich 90 Tage visumfrei in Österreich aufhalten. Sie halte sich jedoch seit durchgehend im Bundesgebiet auf. Am habe sie den gegenständlichen Antrag gestellt.
§ 21 Abs. 1 NAG normiere, dass Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet grundsätzlich bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen seien und die Entscheidung im Ausland abzuwarten sei. Abweichend von § 21 Abs. 1 NAG sei gemäß § 21 Abs. 2 Z 5 NAG die Antragstellung im Inland bei Fremden, die an sich zur visumfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten visumfreien Aufenthalts zulässig. Gemäß § 21 Abs. 6 NAG verschaffe eine Inlandsantragstellung aber kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 NAG dürften Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn die Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthaltes überschritten werde.
Gemäß § 21 Abs. 3 NAG könne die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG vorliege und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar sei.
Einer "Ausländerfamilie" stehe nicht das unbedingte Recht auf ein gemeinsames Familienleben in einem Vertragsstaat der EMRK zu. Die Beschwerdeführerin habe in Österreich bisher noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt, obwohl seit dem Jahr 2005 mit Unterbrechungen immer wieder "Hauptwohnsitzeintragungen" an verschiedenen Wohnadressen aufschienen. Zwischen dem und dem scheine keine Wohnsitzmeldung auf. Es könne deshalb davon ausgegangen werden, dass Bindungen zum Heimatstaat vorhanden seien, weil sie dort bis ein Privat- und Familienleben geführt habe. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte auf eine berufliche oder soziale Integration in Österreich. Das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen überwiege daher in der vorgenommenen Interessenabwägung, weshalb die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Art. 8 EMRK ausgeschlossen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Eingangs ist anzumerken, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides im März 2013 die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 anzuwenden sind.
Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und es ist die Entscheidung im Ausland abzuwarten.
Gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit. sind Fremde abweichend von Abs. 1 zur Antragstellung im Inland u.a. während ihres erlaubten visumfreien Aufenthaltes berechtigt (Z 5).
Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG vorliegt, u.a. dann zulassen, wenn zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist (Z 2).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin einen solchen Antrag gestellt und die belangte Behörde daraufhin eine Interessenabwägung zu Lasten der Beschwerdeführerin vorgenommen. Dieses Ergebnis kann nicht als rechtswidrig angesehen werden. Die Beschwerdeführerin ist zwar mit einem serbischen Staatsangehörigen verheiratet, der über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" verfügt, diese Ehe besteht jedoch erst seit . Sonstige Umstände, die auf eine berufliche oder soziale Integration der Beschwerdeführerin im Inland schließen lassen könnten, wurden nicht behauptet. Soweit die Beschwerdeführerin meint, dass die hohen Flugkosten - warum für die Reise nach Serbien nur ein Flug in Betracht komme, wird verschwiegen - ihre Ausreise in ihr Heimatland unzumutbar machen würden, ist ihr zu entgegnen, dass dieser Umstand die nach Art. 8 EMRK zu berücksichtigende Integration im Aufnahmemitgliedstaat nicht verstärkt und somit bei der Interessenabwägung nach § 21 Abs. 3 NAG nicht zu berücksichtigen ist. Dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Behauptung der öffentlichen Hand finanziell nicht zur Last fällt, verstärkt das persönliche Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht maßgeblich.
In der Bestimmung, dass eine Inlandsantragstellung nur während des visumfreien Aufenthaltes von drei Monaten ab der Einreise zulässig sei, sieht die Beschwerdeführerin eine unsachliche Diskriminierung einer Nationalität. Diese Überlegung ist nicht nachvollziehbar, ist doch nicht zu erkennen, warum die serbischen Staatsangehörigen eingeräumte Visumfreiheit und die nach dem NAG damit verbundene Möglichkeit, den Antrag während des rechtmäßigen Aufenthalts im Inland stellen zu dürfen, eine Schlechterstellung beinhalten soll. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag gerade nicht innerhalb des rechtmäßigen visumfreien Aufenthaltes gestellt hat, hätte sie nach Ablauf dieser Frist das Bundesgebiet verlassen müssen, sofern nicht die Interessenabwägung nach § 21 Abs. 3 NAG zu ihren Gunsten vorzunehmen ist. Da dies jedoch nicht zutrifft, wies die belangte Behörde zutreffend den gegenständlichen Antrag wegen unzulässiger Inlandsantragstellung ab.
Letztlich meint die Beschwerdeführerin, dass sie ständig amtlich an einer österreichischen Anschrift gemeldet gewesen sei, dies jedoch nicht mit einem ständigen körperlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gleichzusetzen sei. Damit wird offenkundig gemeint, dass sich die Beschwerdeführerin zeitweise außerhalb Österreichs, somit wohl in ihrem Heimatland, aufgehalten habe. Sie behauptet aber nicht, dass sie sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht in Österreich aufgehalten hat. Davon abgesehen relativiert dieses Vorbringen ihr Argument, wegen der hohen Reisekosten sei ihr ein Verlassen Österreichs nicht zumutbar.
Die belangte Behörde hat somit den gegenständlichen Antrag schon in Anwendung des § 21 Abs. 1 und 3 NAG zu Recht abgewiesen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-88495