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VwGH vom 23.09.2010, 2009/06/0112

VwGH vom 23.09.2010, 2009/06/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Dr. FM in Q, vertreten durch Sluka Hammerer Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Alpenstraße 26, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS- 17/10305/5-2009, betreffend Übertretung des Salzburger Baupolizeigesetzes (weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt S vom wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der I GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschaft der S GmbH. Co OG sei, für diese Gesellschaft als Bauherr und Veranlasser zu verantworten, dass auf den Grundstücken Nr. 941/4 und 941/1, jeweils KG L, zumindest am folgende bauliche Maßnahme ohne die hiefür erforderliche Bewilligung ausgeführt war: Errichtung einer Lärmschutzwand; es handle sich hierbei um eine ca. 4 m hohe, 2-fach geknickte Wand aus Betonfertigteilen mit einer eingelassenen Türe und zwei Fensterbändern. Es sei für diese gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1, 3 und 7 Salzburger Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) bewilligungspflichtige Maßnahme die erforderliche Baubewilligung nicht vorgelegen, obwohl gemäß § 12 Abs. 1 BauPolG mit der Ausführung der baulichen Maßnahme vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides nicht begonnen werden dürfe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs. 1 Z. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 1, 3, 7 und § 12 Abs. 1 BauPolG verletzt, und es werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 600,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag verhängt.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer, soweit noch wesentlich, vor, die Errichtung der Lärmschutzwand sei nicht bewilligungspflichtig. Nur die in § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 8 BauPolG taxativ aufgezählten Maßnahmen seien bewilligungspflichtig. Entgegen der Annahme der Strafbehörde erster Instanz liege keine Errichtung oder Abänderung einer Einfriedung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 7 BauPolG vor. Von einer Einfriedung könne nur gesprochen werden, wenn die Eignung gegeben sei, eine Liegenschaft nach außen hin abzuschließen bzw. schützend zu umgeben, wobei es nicht notwendig sei, dass diese Einfriedung unmittelbar an der Grundgrenze errichtet sei. Bei der gegenständlichen Lärmschutzwand könne davon keine Rede sein. Es handle sich um eine aus Betonfertigteilen errichtete Wand, die weder an der Grundgrenze liege noch etwas umfasse oder abschließe, sondern quer über die angeführten Grundstücke verlaufe. Sie sei ebensowenig im Nahebereich der Grundstücksgrenze gegen eine öffentliche Verkehrsfläche oder zu den Nachbargrundstücken hin errichtet. Somit fehlten der gegenständlichen Lärmschutzwand sämtliche Definitionsmerkmale des Begriffs "Einfriedung" im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 7 BauPolG, und dieser Bewilligungstatbestand sei nicht anwendbar. Auch die anderen von der Strafbehörde angeführten Bewilligungstatbestände seien nicht erfüllt, sodass keine bewilligungspflichtige Maßnahme und somit auch keine Übertretung des BauPolG vorliege.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf EUR 200,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen und der Spruch des Bescheides erster Instanz mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tatvorwurf und die übertretene Rechtsvorschrift zu lauten hätten, dass der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der B GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschaft (gemeint wohl: Gesellschafterin) der G GmbH Co KG sei, für diese Gesellschaft als Veranlasser zu verantworten habe, dass auf den Grundstücken Nr. 941/4 und 941/1, jeweils KG L, zumindest am folgende bauliche Maßnahme ohne die hiefür erforderliche Bewilligung ausgeführt gewesen sei:

Errichtung einer Lärmschutzwand zu den Nachbargrundstücken Nr. 952/2 und 952/9, KG L. Es handle sich hierbei um eine ca. 4 m hohe, 2-fach geknickte Wand aus Betonfertigteilen mit einer eingelassenen Türe und zwei Fensterbändern. Es sei für diese bewilligungspflichtige Maßnahme keine gemäß § 2 Abs. 1 Z. 7 BauPolG erforderliche Baubewilligung vorgelegen, obwohl gemäß § 12 Abs. 1 BauPolG mit der Ausführung der baulichen Maßnahme vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides nicht begonnen werden dürfe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs. 1 Z. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 7 und § 12 Abs. 1 BauPolG verletzt.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, die S GmbH Co OG habe als damalige Grundeigentümerin für die Errichtung der Lärmschutzwand am eine nachträgliche Baugenehmigung beantragt, welche ihr mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt S vom auch erteilt worden sei. Trotzdem vertrete der Beschwerdeführer die Ansicht, dass eine Bewilligungspflicht gar nicht vorgelegen sei. Die Lärmschutzwand erstrecke sich im nordöstlichen Teil des Bauplatzes von der südlichen Front des Gebäudes der Bowlinghalle auf dem Grundstück Nr. 941/1 bis zur nördlichen Front des Gebäudes des Fachmarkts auf Grundstück Nr. 941/4. Sie stelle in Verbindung mit den angeführten Gebäuden einen Abschluss (geringster Abstand zur Bauplatzgrenze sei 3,93 m) zu den südlich bzw. südöstlich gelegenen unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstücken Nr. 952/2 und Nr. 952/9 dar. Die erforderliche Eignung, die Liegenschaft nach außen hin abzuschließen, liege somit jedenfalls vor, und es sei auch der weitere Aspekt des "schützenden Umgebens" bei einer Lärmschutzwand klar erfüllt. Nicht erforderlich sei, dass die Einfriedung unmittelbar an der Grund- bzw. Bauplatzgrenze situiert sei. Die Lärmschutzwand sei daher als bewilligungspflichtige Einfriedung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 7 BauPolG zu qualifizieren.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die gegenständliche Lärmschutzwand befinde sich entgegen den Angaben im angefochtenen Bescheid ausschließlich auf dem Grundstück Nr. 952/14. Sie übe ihre Schutzfunktion gegenüber einem mehrere 100 m2 großen Restbereich dieses Grundstücks sowie einem ebenfalls mehrere 100 m2 großen Teil des Grundstücks Nr. 952/20, welche jeweils Teil des Bauplatzes seien, nicht aus. Der Verlauf der ca. 38 m langen Lärmschutzwand weise im Bereich des Anschlusses an das Fachmarktgebäude einen Abstand zur Bauplatzgrenze von fast 12 m auf. Dieser vergrößere sich im weiteren Verlauf auf über 30 m und nähere sich sodann zum Nachbargrundstück am engsten Punkt auf ca. 4 m an, um dann wieder von diesem Grundstückseck in Richtung der bestehenden Bowlinghalle abzuschwenken. Die den Nachbargrundstücken zugewandten Teile Grundstücke Nr. 952/14 und 952/20 seien so groß, dass sie die Eignung als eigener Bauplatz besäßen. Eine Einfriedung des Bauplatzes, dessen Fläche insgesamt 12.000 m2 betrage, oder eine Grundstücksumschließung erfolge durch die gegenständliche Lärmschutzwand daher nicht. Auch fehle der Lärmschutzwand auf Grund ihrer Lage, ihrer Länge und ihrer Funktion die Eignung, als Einfriedung zu gelten.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, die Lärmschutzwand sei auf den Grundstücken Nr. 941/1 und 941/4, KG L, situiert. Das erstmals in der Beschwerde genannte Grundstück Nr. 952/14 sei weder im nachträglichen Baubewilligungsansuchen noch in der Baubeschreibung oder der planlichen Darstellung des Einreichprojektes erwähnt oder angeführt. Ob möglicherweise nach dem vorgeworfenen Tatzeitpunkt eine Grundstücksteilung erfolgt sei, könne von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang nicht geklärt werden.

Der Beschwerdeführer replizierte. Er führte insbesondere aus, dass, wie sich aus der Replik angeschlossenen Unterlagen ergebe, das Grundstück Nr. 952/14, KG L, bereits im Jahre 1957 neu gebildet worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 1 BauPolG idF LGBl Nr. 65/2004 lautet auszugsweise:

(1) Soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt, bedürfen folgende Maßnahmen unbeschadet der nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen behördlichen Bewilligungen udgl einer Bewilligung der Baubehörde:

...

7. die Errichtung und erhebliche Änderung von Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen sowie die Errichtung und erhebliche Änderung von Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke, wenn sie als Mauern, Holzwände oder gleichartig ausgebildet sind und eine Höhe von 1,5 m übersteigen;

..."

Gemäß § 12 Abs. 1 BauPolG darf vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides mit der Ausführung einer baulichen Maßnahme nicht begonnen werden.

§ 23 BauPolG idF LGBl Nr. 90/2008 lautet auszugsweise:

"(1) Wer

1. ohne baubehördliche Bewilligung eine bauliche Maßnahme ausführt (§ 12 Abs. 1 und 2);

...

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür unbeschadet sonstiger Folgen (baupolizeilicher Auftrag, Vollstreckung, Schadenersatz udgl.) in den Fällen der Z. 1 bis 3, 5 bis 10, 14, 18, 20, 20a, 20b, 22, 22a und 25 mit Geldstrafe bis zu 25.000 EUR und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe

bis sechs Wochen, ... zu bestrafen.

...

(3) Der strafbare Tatbestand einer Übertretung des § 12 Abs. 1 endet hinsichtlich des unzulässig Hergestellten erst mit der Rechtskraft der erforderlichen Bewilligung oder mit der Beseitigung der hergestellten baulichen Anlage. ..."

Der Begriff der Einfriedung ist im BauPolG nicht definiert; nach Frommhold-Gareiß , Bauwörterbuch2, ist eine Einfriedung ein "Abschluss und Schutz eines Grundstücks als Zaun (Latten-, Drahtzaun usw.), Mauer, Hecke usw.". Nach der hg. Rechtsprechung ist unter einer Einfriedung eine Einrichtung zu verstehen, die ein Grundstück einfriedet, d.h. schützend umgibt. Daraus folgt, dass bei einer Einfriedung die grundsätzliche Eignung gegeben sein muss, die Liegenschaft nach außen abzuschließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0018, mwN).

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob sich die gegenständliche Lärmschutzwand auf den Grundstücken Nr. 941/1 und 941/4, wie die belangte Behörde festgestellt hat, oder aber auf dem Grundstück Nr. 952/14, wie der Beschwerdeführer behauptet, befindet. Die gegenständliche Lärmschutzwand verläuft nämlich jedenfalls mitten durch eine Liegenschaft, wobei sich ein erheblicher Teil dieser Liegenschaft auf der den Nachbargrundstücken 952/2 und 952/9 zugewandten Seite der Lärmschutzwand befindet. Nach den Feststellungen der Behörde beträgt der geringste Abstand der Lärmschutzwand zur Bauplatzgrenze an einer Stelle 3,93 m; im Übrigen aber ist der Abstand, wie sich auch aus den im Akt befindlichen Plänen ergibt, zum Teil erheblich größer.

Für das Vorliegen einer Einfriedung ist es zwar nicht entscheidend, dass sie sich auf die gesamte Grundgrenze erstreckt bzw. dass sie unmittelbar an der Grundgrenze errichtet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0082). Nach § 2 Abs. 1 Z. 7 BauPolG ist es aber erforderlich, dass die Einfriedung "gegen Nachbargrundstücke" erfolgt, was bedeutet, dass die Umschließung im Nahebereich der Grundgrenze zum Nachbargrundstück liegen muss. Angesichts des hier gegebenen Abstandes von der Grundgrenze und der erheblichen Fläche, die Teil der gegenständlichen Liegenschaft ist und die sich zwischen der gegenständlichen Lärmschutzmauer und den benachbarten Grundflächen befindet, kann aber nicht mehr davon die Rede sein, dass die gegenständliche Lärmschutzmauer geeignet ist, das Grundstück, auf welchem sie sich befindet - oder auch den gesamten Bauplatz - gegen Nachbargrundstücke einzufrieden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kommt es nämlich für die Qualifizierung als Einfriedung nicht entscheidend darauf an, dass das Bauwerk die Nachbargrundstücke vor Einflüssen wie etwa Lärm schützt.

Dem Umstand, dass die S GmbH Co OG nachträglich um Bewilligung der Lärmschutzwand angesucht (und diese mit Bescheid vom auch erhalten) hat, kommt keine Relevanz zu, da damit über die Bewilligungspflicht nicht in einer für das hier gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bindenden Weise abgesprochen worden ist.

Mangels Baubewilligungspflichtig ist der Straftatbestand des § 23 Abs. 1 Z. 1 BauPolG somit nicht erfüllt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am