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VwGH vom 19.12.2011, 2011/11/0186

VwGH vom 19.12.2011, 2011/11/0186

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des S H in V, vertreten durch Winkler - Heinzle - Nagel Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom , Zl. San60- 288/195-2011(14.10), betreffend Ladung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem als Ladungsbescheid bezeichneten angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am in folgender Angelegenheit vor der belangten Behörde zu erscheinen:

"Amtsärztliche Untersuchung infolge Annahme des Suchtmittelmissbrauchs (+ Führerscheinuntersuchung)."

Als Rechtsgrundlage ist - ausschließlich - § 19 AVG angeführt, der Bescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass dagegen kein Rechtsmittel zulässig sei. Gleichzeitig wird dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid die zwangsweise Vorführung vor die belangte Behörde angedroht, wenn er dieser Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes keine Folge leiste.

Als zusätzlichen Hinweis enthält der Ladungsbescheid folgenden Satz:

"Sollte bei der amtsärztlichen Untersuchung eine Harnabgabe

erforderlich sein, ist dafür EUR 49,-- an Gebühr zu entrichten!"

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde macht der

Beschwerdeführer unter Hinweis auf die hg. Judikatur zusammengefasst geltend, der Ladungsbescheid, der u.a. der "Führerscheinuntersuchung" diene, sei rechtswidrig, weil im Falle von begründeten Bedenken hinsichtlich des Nichtvorliegens der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen mit Bescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG und nicht mittels Ladungsbescheid unter Androhung von Vorführzwang vorzugehen sei. Mit dem Ladungsbescheid versuche die belangte Behörde die "strengeren Voraussetzungen" des § 24 Abs. 4 FSG zu unterlaufen, die nach der Rechtsprechung nicht schon bei einem gelegentlichen Konsum von Cannabis erfüllt seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat (nach Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und einer Äußerung durch den Beschwerdeführer) erwogen:

Aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass am an der Wohnadresse des Beschwerdeführers 0,9 Gramm Cannabiskraut sichergestellt wurden und der Beschwerdeführer daher wegen § 27 Abs. 2 SMG zur Anzeige gebracht wurde.

In der Gegenschrift zur Beschwerde führt die belangte Behörde aus, der gegenständliche Ladungsbescheid diene im Hinblick auf die genannte Anzeige und das Ergebnis eines Drogenschnelltests der amtsärztlichen Untersuchung, und zwar einerseits, um die geistige und körperliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu klären (die Gegenschrift nennt in diesem Zusammenhang § 24 Abs. 4 FSG) und andererseits, um der zwingenden Vorschrift des § 12 Abs. 1 SMG zu entsprechen. Aus verfahrensökonomischen Gründen sei lediglich ein Ladungsbescheid erlassen worden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ladungsbescheid ist der Gegenstand der Amtshandlung kurz und deutlich in einer Weise zu bezeichnen, die es dem Geladenen ermöglicht, sich darauf vorzubereiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/11/0019, und die dort angeführte hg. Judikatur). Im zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof fallbezogen ausgesprochen, dass die Umschreibung "Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach dem FSG" schon angesichts der Vielzahl möglicher Verfahrensgegenstände keine deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Ladung darstellt.

Auch im gegenständlich angefochtenen Ladungsbescheid findet sich keine ausreichend deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Ladung, die dem Beschwerdeführer eine entsprechende Vorbereitung auf den Ladungstermin ermöglicht. Der Ladungsbescheid lässt vielmehr aufgrund des Zusatzes "(+ Führerscheinuntersuchung)" erahnen, dass es um unterschiedliche Verfahrensgegenstände geht, sodass deren Präzisierung bzw. Abgrenzung voneinander notwendig gewesen wäre. Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unvertreten war. Entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift enthält der angefochtene Bescheid jedenfalls keinerlei Hinweis darauf, dass der Ladungsbescheid einer ärztlichen Begutachtung gemäß § 12 Abs. 1 SMG dienen soll.

Selbst wenn man mit der Gegenschrift davon ausginge, aus den Angaben "Amtsärztliche Untersuchung" und "Führerscheinuntersuchung" sei zumindest ersichtlich, dass Gegenstand der Ladung (auch) die Abklärung der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG sei, so ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig:

Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich bereits ausgesprochen, dass es nicht zulässig ist, den Besitzer einer Lenkberechtigung mit der Sanktion der zwangsweisen Vorführung bescheidmäßig zu laden, um seine geistige und körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen festzustellen, weil der Gesetzgeber dafür als lex specialis das Rechtsinstitut der bescheidmäßigen Aufforderung mit der Sanktion der Entziehung der Lenkberechtigung geschaffen hat (vgl. zu § 26 Abs. 5 FSG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 81/2002 das Erkenntnis vom , Zl. 2001/11/0307; dieser Rechtssatz wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2004/11/0015, auf die Nachfolgebestimmung des § 24 Abs. 4 FSG übertragen; vgl. außerdem das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/11/0019).

Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, ist doch ein Vorgehen nach § 24 Abs. 4 FSG im Unterschied zum Ladungsbescheid gemäß § 19 AVG vom Vorliegen - begründeter - Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen abhängig (vgl. abermals das zitierte Erkenntnis Zl. 2009/11/0019, und die dort zitierte Vorjudikatur), außerdem mit der Möglichkeit verbunden, dagegen Berufung zu erheben, und führt schließlich bei Zuwiderhandeln zur Rechtsfolge der Formalentziehung der Lenkberechtigung (anstelle der zwangsweisen Vorführung vor die Behörde).

Der angefochtene Bescheid ist daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am