VwGH vom 11.11.2013, 2013/22/0107

VwGH vom 11.11.2013, 2013/22/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Doblhoffgasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/485.766/2009, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Fremdenpolizeigesetzes 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die (am eingebrachte) Berufung des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, gegen das mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom in erster Instanz gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) für die Dauer von fünf Jahren verhängte Aufenthaltsverbot gemäß § 63 Abs. 5 iVm § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der erstinstanzliche Bescheid nach einem Zustellversuch am (an der Adresse in 1100 Wien) am Postamt 1104 Wien hinterlegt worden sei. Beginn der Abholfrist sei der gewesen, die Berufungsfrist habe sohin am geendet.

Zum Berufungsvorbringen, dass der Beschwerdeführer "teilweise während der Hinterlegungszeiträume an dieser Adresse gemeldet, jedoch nie aufhältig bzw. wohnhaft und somit ortsabwesend gewesen sei" und dass er während des gesamten fraglichen Zeitraums bei einem Jugendfreund in 1080 Wien gewohnt, sich "dort aus persönlichen Gründen jedoch nicht angemeldet" habe, führte die belangte Behörde Folgendes aus: Der Beschwerdeführer sei mit Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom , das er (nach einem Zustellversuch an der Adresse in 1100 Wien und darauffolgender "postamtlicher Hinterlegung") am behoben habe, von der Einleitung des Aufenthaltsverbotsverfahrens in Kenntnis gesetzt worden. Die belangte Behörde wertete das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung dahingehend, dass er damit eine Änderung seiner Abgabestelle geltend mache, die er aber - entgegen der Vorschrift des § 8 Abs. 1 des Zustellgesetzes (ZustG) - der Behörde nicht mitgeteilt habe. Dafür spreche auch, dass dem Beschwerdeführer, der angegeben habe, sich aus persönlichen Gründen an der Anschrift seines Freundes nicht gemeldet zu haben, offenbar bewusst gewesen sei, dass er sich dort hätte melden müssen. Zudem habe der Beschwerdeführer mit seiner (wenn auch unzutreffenden) Behauptung, den (vom April 2008 stammenden) verfahrenseinleitenden Schriftsatz der erstinstanzlichen Behörde mangels Aufenthalt an der genannten Adresse nicht erhalten zu haben, eine "zumindest achtmonatige Abwesenheit von seiner Meldeadresse" geltend gemacht.

Die Unterlassung der Mitteilung der Aufgabe der Abgabestelle habe - so die belangte Behörde abschließend - aber zur Folge, dass an dieser Abgabestelle zugestellt werden könne, gleichgültig, wo sich die Partei befinde und welche Abgabestelle zum Zeitpunkt der Zustellung für sie in Betracht gekommen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 8 ZustG in der hier maßgeblichen Stammfassung BGBl. Nr. 200/1982 lautet wie folgt:

"Änderung der Abgabestelle

§ 8. (1) Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

(2) Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann."

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass eine Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 8 Abs. 2 ZustG Nachforschungen über die neue Abgabestelle voraussetze. Die belangte Behörde hätte daher Erhebungen über die Rechtmäßigkeit der Zustellung anstellen müssen, als deren Ergebnis festgestanden wäre, dass die Hinterlegung zu Unrecht erfolgt sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde aus folgenden Gründen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Angesichts der sich aus den Verwaltungsakten ergebenden nachweislichen Zustellung der Verständigung von der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes an den Beschwerdeführer durch die erstinstanzliche Behörde konnte die belangte Behörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer vom hier gegenständlichen Aufenthaltsverbotsverfahren Kenntnis hatte. Im Hinblick auf diese - an der Adresse in 1100 Wien verfügte - Zustellung ist die genannte Adresse als "bisherige Abgabestelle" iSd § 8 Abs. 1 ZustG anzusehen. Der Beschwerdeführer wäre daher gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet gewesen, eine Änderung der bisherigen Abgabestelle der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Die - auch in der Beschwerde nicht bestrittene - behördliche Annahme, dass der Beschwerdeführer seine bisherige Abgabestelle während des Verfahrens geändert hat, ist nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, der Behörde die geänderte Abgabestelle mitgeteilt zu haben. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Behörde auf Grund des Rückscheines über den Zustellversuch am und die sodann erfolgte Hinterlegung Veranlassung gehabt hätte, an der Wirksamkeit der dadurch bewirkten Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides zu zweifeln. Dass die mittlerweile vorgenommene Änderung der Abgabestelle dem Rückschein nicht zu entnehmen war, geht zu Lasten des Beschwerdeführers. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Partei mit der Unterlassung der ihr obliegenden Mitteilung der Änderung der Abgabestelle die Gefahr trägt, dass die Behörde diese Änderung nicht erkennen und die Zustellung an der bisherigen Abgabestelle bewirkt werden konnte (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2005/18/0056, mwN). Die Unterlassung der Mitteilung der Aufgabe der Abgabestelle in 1100 Wien durch den Beschwerdeführer hatte somit zur Folge, dass an dieser Abgabestelle zugestellt werden konnte, gleichgültig, wo sich der Beschwerdeführer aufhielt und welche Abgabestelle für ihn zu diesem Zeitpunkt sonst in Betracht gekommen wäre (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/18/0019, und vom , Zl. 96/10/0112, jeweils mwN). Im Hinblick auf die mit Beginn der Abholfrist am bewirkte Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides ist die belangte Behörde zu Recht von der Verspätung der im August 2009 erhobenen Berufung ausgegangen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Vorgaben des § 8 Abs. 2 ZustG geht demgegenüber ins Leere, weil diese Bestimmung im vorliegenden Fall, in dem die erstinstanzliche Behörde vor der zu veranlassenden Zustellung von der Änderung der Abgabestelle keine Kenntnis hatte und eine solche Zustellung von ihr auch nicht verfügt wurde, nicht anwendbar ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am