VwGH vom 02.04.2014, 2011/11/0163
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstalten Gesellschaft m.b.H. in Graz, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Business Park 4/1/7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA8A-81H3/2011-5, betreffend Vorschreibung von Sonderklassegebühren nach dem KALG (mitbeteiligte Partei: S H in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch der Mitbeteiligten gegen die Gebührenrechnung der Beschwerdeführerin vom betreffend den Aufenthalt der Mitbeteiligten und ihrer Tochter in einer Sonderklasseabteilung des Landeskrankenhauses Graz statt.
Die belangte Behörde stellte fest, die Mitbeteiligte sei am gemeinsam mit ihrer minderjährigen Tochter spätabends stationär an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie am LKH-Universitätsklinikum aufgenommen worden. Auf die Frage der diensthabenden Nachtschwester nach dem Bestehen einer Zusatzversicherung habe die Mitbeteiligte angegeben, eine Begleitkostenversicherung bei der U-Versicherungs-AG zu haben. Der Mitbeteiligten sei mit ihrer Tochter ein Sonderklasse-Mehrbettzimmer zugewiesen und die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung mit den erforderlichen Daten ausgefüllt sowie von der diensthabenden Schwester und für die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie - Ambulanz, nicht aber der Mitbeteiligten, unterzeichnet worden. Am seien die Mitbeteiligte und ihre Tochter nach Hause entlassen worden.
Zum Verfahrensgang hielt die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes fest:
Die Mitbeteiligte habe gegen die Gebührenrechnung mit der Begründung Einspruch erhoben, niemals gesagt zu haben, eine Sonderklasseversicherung zu haben bzw. mit ihrer Tochter in die Sonderklasse aufgenommen werden zu wollen.
Der den Einspruch abweisende erstinstanzliche Bescheid sei damit begründet worden, dass die Mitbeteiligte die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung unterzeichnet und damit auch erklärt habe, über die Verrechnung der Kosten ausdrücklich aufgeklärt worden zu sein.
In der dagegen erhobenen Berufung habe die Mitbeteiligte vorgebracht, auf die Frage der Nachtschwester nach dem Bestehen einer Zusatzversicherung angegeben zu haben, nur eine Begleitkostenversicherung zu haben. Auf das Ersuchen der Krankenschwester, die Formulare sofort auszufüllen, habe sie gebeten, dies erst am nächsten Tag erledigen zu müssen, weil sie schon sehr müde sei und auf Grund der Aufregungen nicht mehr klar denken könne. Auf die Äußerung der Nachtschwester, dass sie nur den Namen der Versicherung auf das Formular schreiben und dieses unterschreiben müsse, habe sie die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung ausgefüllt. Am nächsten Tag habe sie gedacht, es sei alles in Ordnung, ihre Tochter sei nur deshalb in die Sonderklasse aufgenommen worden, weil in der Allgemeinen Gebührenklasse kein Bett mehr frei gewesen sei.
Im Zuge des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens habe Univ. Prof. Dr. M seitens der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie mit Schreiben vom mitgeteilt, dass offensichtlich bei seiner Stellungnahme vom (in der mitgeteilt worden war, die Mitbeteiligte habe die Sonderklasseverpflichtungserklärung unterschrieben) übersehen worden sei, dass die Mitbeteiligte zwar die Versicherung angegeben, die Verpflichtungserklärung aber nicht unterschrieben habe. Aus diesem Grund sei ihr Einspruch, so Univ. Prof. Dr. M., berechtigt gewesen.
Im Weiteren legte die belangte Behörde dar, aus dem Formular betreffend die Sonderklasseverpflichtungserklärung sei ersichtlich, dass zwar die Daten der Patientin und der Mitbeteiligten als deren gesetzlicher Vertreterin sowie die U-Versicherung als private Krankenversicherung angegeben seien, die Erklärung aber nicht von der Mitbeteiligten unterfertigt sei. Die beiden auf ihr vorhandenen Unterschriften seien von der diensthabenden Krankenschwester und für die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie geleistet worden. Der Einwand, die Verpflichtungserklärung nicht unterfertigt zu haben, sei von der Mitbeteiligten in ihrem Einspruch und in der Berufung erhoben worden; der Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Univ. Prof. Dr. M, habe dies bestätigt.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte die belangte Behörde dar, gemäß § 28 Abs. 3 Stmk. Krankenanstaltengesetz (KALG) seien anstaltsbedürftige Personen in die Sonderklasse über eigenes Verlangen aufzunehmen. Die Aufnahme könne von der Beibringung einer schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung der Pflege- und Sondergebühren sowie vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung oder der Beibringung einer verbindlichen Kostenübernahmeerklärung abhängig gemacht werden. Nach § 28 Abs. 4 KALG sei die anstaltsbedürftige Person bzw. ihr gesetzlicher Vertreter vorher in geeigneter Weise über die sich aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergebenden Verpflichtungen aufzuklären.
Aufgrund des Einwands der Mitbeteiligten, nicht verlangt zu haben, in die Sonderklasse aufgenommen zu werden und aufgrund des Fehlens ihrer Unterschrift auf der entsprechenden Verpflichtungserklärung habe der erforderliche Nachweis, dass sie gemeinsam mit ihrer Tochter in die Sonderklasse aufgenommen werden wollte, nicht erbracht werden können. Die Kosten der stationären Behandlung in der Sonderklasse hätten ihr daher nicht vorgeschrieben werden dürfen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde, zu der die Beschwerdeführerin eine Replik erstattet hat, in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. § 28 Abs. 3 und 4 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999, LGBl. Nr. 66/1999 idF LGBl. Nr. 44/2011 (KALG), lautet wie folgt:
"(3) In die Sonderklasse sind anstaltsbedürftige Personen über eigenes Verlangen aufzunehmen. Diese Aufnahme kann von der Beibringung einer schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung der Pflege- und Sondergebühren sowie vom Erlage einer entsprechenden Vorauszahlung oder von der Beibringung einer verbindlichen Kostenübernahmeerklärung seitens eines mit der öffentlichen Krankenanstalt direkt verrechnenden Kostenträgers (Privatversicherung, Zuschusskasse u.a.) abhängig gemacht werden.
(4) Über die sich aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergebenden Verpflichtungen ist die anstaltsbedürftige Person bzw. ihr gesetzlicher Vertreter vorher in geeigneter Weise aufzuklären."
2. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung, mit der dem Einspruch gegen die Gebührenrechnung vom betreffend Verrechnung der Pflege- und Sondergebühren für den Aufenthalt in einer Sonderklasseabteilung in der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie am LKH-Universitätsklinikum Graz stattgegeben wurde, darauf gestützt, dass die Mitbeteiligte (unstrittig gesetzliche Vertreterin ihrer minderjährigen Tochter) einen Wunsch zur Aufnahme in die Sonderklasse nicht geäußert und die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung nicht unterfertigt habe.
3.1. Das Beschwerdevorbringen, die Aufnahme sei über Verlangen der Mitbeteiligten erfolgt, die auch die entsprechende Verpflichtungserklärung eigenhändig unterfertigt habe, steht im Widerspruch zu den gegenteiligen Feststellungen des angefochtenen Bescheids, und ist insofern nicht zielführend.
3.2. Soweit sich die Beschwerde gegen die diesen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung wendet, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Beweiswürdigung dahingehend eingeschränkt ist, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig (mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut in Einklang stehend) sind. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es hingegen verwehrt, die Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2013/03/0129, mwN).
Ausgehend davon gelingt es der Beschwerde nicht, Bedenken an der behördlichen Beweiswürdigung zu erwecken.
Die belangte Behörde hat sich - neben dem Inhalt des von der Mitbeteiligten erhobenen Einspruchs und der Berufung - entscheidend auf das Schreiben des Vorstands der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie (also jener Abteilung, an der die Mitbeteiligte samt ihrer Tochter aufgenommen war), Univ. Prof. Dr. H., vom gestützt. In diesem heißt es:
"In der Angelegenheit der Berufung ... darf ich Ihnen
mitteilen, dass offensichtlich bei meiner Stellungnahme vom doch übersehen wurde, dass (die Mitbeteiligte) zwar die Versicherung angegeben hat aber die Verpflichtungserklärung nicht unterschrieben hat. Daher ist ihr Einspruch berechtigt und die Rechnungslegung bezüglich der Kosten doch hinfällig. Ich bedaure diesen Irrtum unsererseits."
Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich weiters, dass nach Einlangen dieses Schreibens bei der belangten Behörde diese die bereits verfügte Ladung der am Aufnahmeabend diensthabenden Nachtschwester P. als Zeugin wieder absetzte. In dem darüber aufgenommenen Aktenvermerk ist Folgendes festgehalten:
"Termin tel. an Fr. P. abgesagt, diese bestätigt Inhalt des Schreibens v. Prof. H."
Vor diesem Hintergrund zeigt die Beschwerde ebenso wenig wie die weitere Stellungnahme vom (bemängelt wird im Wesentlichen die Unterlassung der Einvernahme der Mitbeteiligten und der Zeugin P. sowie die nicht gehörige Auseinandersetzung mit dem konkreten Inhalt von seitens der Mitbeteiligten erstatteten bzw. ihr zuzurechnenden Schriftsätzen) einen vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Verfahrensmangel oder eine Unschlüssigkeit der beweiswürdigenden Überlegungen im angefochtenen Bescheid auf.
4. Die Beschwerde erweist sich daher als insgesamt unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-88396