VwGH vom 18.09.2012, 2011/11/0162
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des T K in B, vertreten durch Dres. Manhart, Einsle Manhart Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-411-042/E2-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot und begleitende Maßnahmen (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die durch die Erstbehörde ausgesprochene Entziehung der Lenkberechtigung bestätigt wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom entzog der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (UVS) dem Beschwerdeführer - den (Vorstellungs)Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom bestätigend - die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab der am erfolgten vorläufigen Abnahme des Führerscheins. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer für denselben Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten und die Absolvierung eines Verkehrscoachings angeordnet.
Begründend führte der UVS nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens aus, die Frage, ob der Beschwerdeführer am um 21.25 Uhr auf einer Staße mit öffentlichem Verkehr ein Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, sei als Vorfrage iSd. § 38 AVG zu behandeln. Der Beschwerdeführer habe hinsichtlich des von ihm behaupteten Nachtrunks eine wechselnde Verantwortung vorgebracht, welcher kein Glauben geschenkt werde. Der Beschwerdeführer bestreite überdies nicht, dass eine bei ihm am genannten Tag um 22.09 Uhr durchgeführte Alkoholkontrolle einen Atemalkoholwert von 0,41 mg/l ergeben habe. Weiters werde auch für glaubwürdig erachtet, dass sich anlässlich der zu beurteilenden Fahrt ein Verkehrsunfall ereignet habe, dies im Hinblick auf die Angaben des Unfallgegners sowie die verkehrstechnische Stellungnahme vom . Ob die dem Beschwerdeführer angelasteten Tatbestände tatsächlich zuträfen, werde aber noch im anhängigen Verwaltungsstrafverfahren zu klären sein.
In rechtlicher Hinsicht führte der UVS aus, beim Beschwerdeführer sei eine Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen, die mindestens drei Monate angedauert habe. Zu berücksichtigen sei auch, dass § 26 Abs. 1 Z. 2 FSG "bei einer Entziehung im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall" eine Mindestentziehungsdauer von drei Monaten vorsehe. Für diese Zeit sei daher dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung zu entziehen. Gemäß § 32 Abs. 1 FSG sei für dieselbe Zeit ein Lenkverbot auszusprechen. Bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 sei gemäß § 24 Abs. 3 FSG überdies ein Verkehrscoaching anzuordnen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, dass ihm die Lenkberechtigung nur aufgrund gesetzlicher Vorschriften entzogen werden darf", verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 26 Abs. 1 erster Satz FSG, auf den sich die belangte Behörde beruft, ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gem. § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung (sofern nicht näher umschriebene, im Beschwerdefall aber nicht einschlägige Umstände vorliegen) für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch der Lenker "bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat", so hat gemäß § 26 Abs. 1 zweiter Satz Z. 2 FSG die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.
2. Die Beschwerde ist zum Teil begründet.
2.1.1. Die belangte Behörde legt dem angefochtenen Bescheid die Annahme zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen habe und in einem solchen Fall "bei einer Entziehung im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall" eine Mindestentziehungsdauer von drei Monaten vorgesehen sei.
Mit dieser Begründung gibt die belangte Behörde zu erkennen, dass sie die maßgebliche Rechtslage verkannt hat.
2.1.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt § 26 Abs. 1 zweiter Satz Z. 2 FSG für die Entziehung der Lenkberechtigung auf mindestens drei Monate voraus, dass der Betreffende den Verkehrsunfall verschuldet hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/11/0189, vom , Zl. 2002/11/0052, und vom , Zl. 2010/11/0217). Dem angefochtenen Bescheid sind keine Feststellungen zu entnehmen, aus denen sich ergäbe, dass der Beschwerdeführer anlässlich des in Rede stehenden Lenkens eines Kfz am einen Verkehrsunfall verschuldet hat.
2.2. Der angefochtene Bescheid erweist sich, soweit er die durch die Erstbehörde ausgesprochene Entziehung der Lenkberechtigung in der Dauer von drei Monaten bestätigt, schon aus diesem Grund als rechtswidrig, weshalb er im genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.
2.3. Soweit die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den erstbehördlichen Bescheid auch hinsichtlich des Ausspruchs eines Lenkverbotes sowie der Anordnung eines Verkehrscoachings bestätigte, wurde der Beschwerdeführer dadurch in dem von ihm ausschließlich geltend gemachten Recht nicht verletzt.
Die Beschwerde war folglich insofern gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50, VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-88391