VwGH vom 26.06.2012, 2011/11/0150
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und den Hofrat Dr. Schick sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der U GmbH (vormals: B GmbH) in Wien, vertreten durch Pallas Rechtsanwälte Partnerschaft in 1090 Wien, Frankgasse 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. 44.140/9-7/09, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Zustimmung zur Kündigung (mitbeteiligte Partei: JE in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom erteilte der Behindertenausschuss für Wien über den Antrag der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) vom die Zustimmung zur auszusprechenden Kündigung des am geborenen Mitbeteiligten. Die Erstbehörde stellte fest, der Mitbeteiligte gehöre aufgrund des Bescheides des Landesinvalidenamts für Wien, Niederösterreich und das Burgenland vom seit mit einem Grad von 50 v. H. dem Kreis der begünstigten Behinderten an und stehe seit bei der Beschwerdeführerin in einem unbefristeten Dienstverhältnis. Seit sei der Mitbeteiligte aufgrund einer Zusatzvereinbarung zu seinem Dienstvertrag bis zu seinem Pensionsantritt unter Weiterbezug seines Gehalts vom Dienst freigestellt. Der Mitbeteiligte habe ab durch Erreichen des Regelpensionsalters Anspruch auf ASVG-Alterspension. Es sei davon auszugehen, dass dem Mitbeteiligten die höchstmögliche Alterspension zustehe und dass er die Möglichkeit habe, seine selbständige Beratertätigkeit weiterzuführen, weshalb ihm die Beendigung des Dienstverhältnisses mit Erreichen des Pensionsalters eher zumutbar sei als der Beschwerdeführerin das Fortführen eines Dienstverhältnisses mit einem seit mehr als acht Jahren dienstfrei gestellten Arbeitnehmer über dessen Regelpensionsalter hinaus.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde aufgrund der Berufung des Mitbeteiligten "das bisherige Verfahren als nichtig auf" und wies den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung des Dienstverhältnisses zurück. Begründend führte sie aus, der Mitbeteiligte habe beim Arbeits- und Sozialgericht Wien zu GZ: 16 Cga 64/09m die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses über den hinaus begehrt. Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde sei "die inhaltliche Prüfung eines Dienstvertrages, insbesondere die Erforschung des Parteiwillens zur Vertragsbeendigung mit Pensionsantritt". "Damit wird", so die belangte Behörde weiter, "kein Kündigungstatbestand nach § 8 Abs. 4 BEinstG geltend gemacht." Vielmehr liege ein Arbeitsrechtsstreit vor, über den auch bereits ein arbeitsgerichtliches Verfahren anhängig sei. Hinzu komme, "dass ein Antrag auf Zustimmung des Behindertenausschusses zur beabsichtigten Kündigung nicht erforderlich ist, wenn es sich um ein befristetes Dienstverhältnis handelt, weil es diesfalls überhaupt keiner Kündigung bedarf, zumal das befristete Dienstverhältnis automatisch (ipso iure) mit Ablauf der fixierten Zeit endet. Hierbei kann an Stelle einer von vornherein bestimmten Zeit auch der Eintritt einer bestimmten, objektiv feststellbaren Bedingung gewählt werden. Da somit befristete Dienstverhältnisse nicht durch Kündigung enden, ist auch ein Verfahren gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG (vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses) nicht vorgesehen."
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde sowie Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1.1. Mit Erkenntnis vom , G 80/10-12 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof den jeweils auf Art. 140 Abs. 1 B-VG gestützten Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes, "den durch die Novelle BGBl. Nr. 313/1992 eingefügten § 19a Abs. 2a erster Satz des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in eventu § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1999, als verfassungswidrig aufzuheben", keine Folge gegeben.
1.2. Zur maßgebenden Rechtslage und den Anforderungen an eine Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten nach § 8 Abs. 2 BEinstG wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0142, mwN, verwiesen.
2. Die Beschwerde ist begründet.
2.1. Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG, den sie - erkennbar vom Vorliegen eines unbefristeten Dienstverhältnisses ausgehend - im Wesentlichen damit begründete, dass ihr aus wirtschaftlichen Gründen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit einem Arbeitnehmer, für den kein Arbeitsplatz mehr besteht, über das Regelpensionsalter hinaus ohne Arbeitsleistung des Dienstnehmers unzumutbar sei. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde zielte der Antrag somit nicht auf die Klärung eines Arbeitsrechtsstreits, sondern auf die Zustimmung zur Kündigung ohne Einschränkung auf einen der in § 8 Abs. 4 BEinstG bloß demonstrativ (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/11/0042, oder vom , Zl. 2004/11/0034, jeweils mwN) aufgezählten Tatbestände. Die Berufungsbehörde hätte daher in einem mängelfreien Verfahren und schlüssig begründet die notwendigen Feststellungen zu treffen und auf deren Basis ihre Entscheidung zu fällen gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0093).
2.2. Ausgehend von ihrer offensichtlichen Verkennung des Antragsinhaltes nahm die belangte Behörde ohne dies näher zu begründen, das Vorliegen eines befristeten Dienstverhältnisses an. Damit belastete sie den angefochtenen Bescheid mit - prävalierender - Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde auch das mittlerweile zu GZ: 16 Cga 64/09m ergangene Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , mit dem das Bestehen eines unbefristeten Dienstverhältnisses über den hinaus festgestellt wurde, zu beachten haben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am