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VwGH vom 08.10.2021, Ra 2021/06/0017

VwGH vom 08.10.2021, Ra 2021/06/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. Dr. M L, 2. H M, 3. Dr. G R, 4. C F, 5. Mag. M K, M.A., 6. H M, 7. W M, 8. A K, 9. M K, 10. T L, 11. A K und 12. Mag. S M, alle vertreten durch Mag. Domenique Schöngrundner, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Fabrikstraße 4-6, gegen das am mündlich verkündete und mit ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark, 1. LVwG 50.38-2829/2017-290 und 2. LVwG 50.38-2157/2019-159, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt Graz; mitbeteiligte Partei: L GmbH, vertreten durch Mag. Stefan Feldbacher, Mag. Georg Barth, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Stockergasse 10; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Stadt Graz hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz (Behörde) vom wurde der Mitbeteiligten nach dem Steiermärkischen Baugesetz (Stmk. BauG) die Bewilligung zur Errichtung eines Büro- und Geschäftsgebäudes mit 38 PKW-Stellplätzen sowie von Nebenanlagen auf näher genannten Grundstücken in G. unter Vorschreibung diverser Auflagen erteilt.

2Den revisionswerbenden Parteien kommt als Nachbarn des Bauvorhabens Parteistellung zu; sie erhoben zunächst Einwendungen gegen das Bauvorhaben und sodann Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid.

3Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde mit der Maßgabe, dass näher genannte Änderungseinreichungen und Unterlagen zu einem integrierenden Bestandteil des Erkenntnisses erklärt und zwei konkret bezeichnete Projektänderungen vorgenommen würden, sowie unter Vorschreibung einer weiteren Auflage ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.

4In der Begründung hielt das LVwG zunächst unter der Überschrift „2. Verfahrensgang vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark“ fest, es habe über zweieinhalb Jahre hinweg ein umfangreiches Ermittlungsverfahren unter Beiziehung diverser Sachverständiger geführt, zwei Verhandlungen durchgeführt und den Parteien Gehör zu den einzelnen Ermittlungsergebnissen eingeräumt. In den folgenden - eineinhalbseitigen - Feststellungen führte das LVwG aus, bei Umsetzung des Projektes würden keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursacht; weder durch Schall, Luftschadstoffe, Licht oder Niederschlagswasser sei mit solchen dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft zu rechnen (zu § 26 Abs. 1 Z 1 Stmk. BauG). Grenz- und Gebäudeabstände würden eingehalten; die überdachte Schallschutzwand weise keine Gebäudeeigenschaft auf; der Verwendungszweck der projektierten baulichen Anlagen lasse eine unzumutbare oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarn nicht erwarten (zu § 26 Abs. 1 Z 2 Stmk. BauG). Durch das bewilligte Vorhaben werde das Widmungsmaß nicht überschritten und es sei mit zufriedenstellenden Wohn- und Arbeitsbedingungen zu rechnen (zu § 26 Abs. 1 Z 3 Stmk. BauG). Da kein Gebäude unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet werde, sei auch keine Brandwand auszuführen (zu § 26 Abs. 1 Z 4 Stmk. BauG). Bei Umsetzung des Projektes sei mit keinen Gefährdungen oder unzumutbaren Belästigungen durch Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Niederschlagswässern des Baugrundes zu rechnen (zu § 26 Abs. 1 Z 5 Stmk. BauG). Durch die projektierte Geländeveränderung und die damit verbundenen Änderungen der Abflussverhältnisse komme es zu keiner Beeinträchtigung der revisionswerbenden Parteien; diese hätten in ihrer Beschwerde lediglich eine Hochwassergefährdung geltend gemacht. Die vorgelegten Planunterlagen reichten aus, den Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die sie zur Verfolgung ihrer Rechte im gesamten Verfahren benötigten. Die revisionswerbenden Parteien würden bei Umsetzung des gegenständlichen Projektes in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten weder belästigt noch gefährdet.

5In der anschließenden Beweiswürdigung stellte das LVwG zunächst fest, es sei kein Gegengutachten vorgelegt worden; bloße gegenteilige Behauptungen, in denen einzelne Einschätzungen und Schlussfolgerungen eines Amtssachverständigen als unrichtig bezeichnet würden, könnten ein Gutachten nicht entkräften. Die von den revisionswerbenden Parteien aufgezeigten Unschlüssigkeiten hätten durch Befragen der Amtssachverständigen entkräftet werden können bzw. hätten zu Projektänderungen geführt. Die Gutachten der Amtssachverständigen für Immissionstechnik, Schalltechnik, Hydrogeologie, Entwässerungstechnik, Bautechnik und Humanmedizin seien allesamt als schlüssig und nachvollziehbar sowie im Einklang mit den Denkgesetzen anzusehen. Anschließend folgen Ausführungen auf insgesamt dreieinhalb Seiten zu den Gutachten für Immissionstechnik, Schalltechnik, Hydrogeologie, Entwässerungstechnik, Bautechnik und Humanmedizin, den dazu von den revisionswerbenden Parteien geltend gemachten Unschlüssigkeiten und wiederholten Anmerkungen. Diese enden jeweils mit der Feststellung des LVwG, dass das jeweilige Gutachten zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes bzw. - hinsichtlich des immissionstechnischen Gutachtens - als Befundgrundlage für die medizinische Begutachtung dienen könne.

6Selbst wenn man - so das LVwG weiter - den Ausführungen des Erstrevisionswerbers gutachterliche Qualität beimessen würde, „was mangels fachlicher Ausbildung und erforderlicher Strukturierung nicht der Fall ist, könnte sich das erkennende Gericht diesen Ausführungen nicht anschließen. Die Ausführungen sind eben nicht von unabhängigen Gutachtern, wie den beigezogenen Amtssachverständigen, sondern von Nachbarn als Partei des Verfahrens selbst. Wie aus den Fragebeantwortungen der Amtssachverständigen zu entnehmen ist (...) verstehen es die Beschwerdeführer gekonnt Parameter so zu wählen, dass es zur negativen Bewertung des Projektes führen würde. Auch daraus sieht man, dass es ihnen nicht möglich ist unbefangen zu agieren. Der [Erstrevisionswerber] mag zwar in fachlicher Hinsicht die Ausführungen der Sachverständigen nachvollziehen können, ist dieser selbst jedoch kein Gutachter aus den jeweiligen Fachbereichen. Es liegen sohin keine Gegengutachten vor.“

7In seinen rechtlichen Erwägungen führte das LVwG zu den einzelnen Nachbarrechten zusammengefasst aus, die zu bebauenden Grundstücke befänden sich im „Allgemeinen Wohngebiet“. Unter Beiziehung eines wasserbautechnischen, schalltechnischen, humanmedizinischen, geologischen, bautechnischen und luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen habe festgestellt werden können, dass keine dem Wohncharakter widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursacht würden. Für das erkennende Gericht sei somit schlüssig und nachvollziehbar, dass der Wohncharakter des Gebietes nicht negativ beeinflusst werde. Die Abstände (§ 13 Abs. 1 und 2 Stmk. BauG) würden „offenkundig eingehalten“, was vom bautechnischen Amtssachverständigen bestätigt worden sei. Hinsichtlich der überdachten Schallschutzwand habe die Bauwerberin aufgrund der Einwendungen der revisionswerbenden Parteien das Projekt insofern geändert, als die Parkplätze unter der Überdachung entfernt worden seien. Nunmehr sei nicht mehr von einer Garage auszugehen, es liege auch keine Gebäudeeigenschaft vor, weil keine überwiegende Geschlossenheit gegeben sei. Größere Abstände (§ 13 Abs. 12 Stmk. BauG) seien nicht vorzuschreiben gewesen, weil die projektbedingten Immissionen - den Aussagen des schalltechnischen Amtssachverständigen zufolge - üblicherweise im „Allgemeinen Wohngebiet“ aufträten. Zumal das Widmungsmaß durch das Vorhaben nicht überschritten bzw. nicht weiter angehoben werde, sei aus Sicht des Schallschutzes (§ 43 Abs. 2 Z 5 Stmk. BauG) mit zufriedenstellenden Wohn- und Arbeitsbedingungen zu rechnen. Da im vorliegenden Fall keine Gebäude unmittelbar an der Grundgrenze errichtet würden, erübrigten sich Ausführungen zu Brandwänden (§ 51 Abs. 1 Stmk. BauG). Zu den behaupteten Gefährdungen oder unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Anlagen zur Sammlung und Beseitigung von Niederschlagswässern oder durch Geländeveränderungen, wodurch die Abflussverhältnisse am Baugrund verändert würden (§ 65 Abs. 1 Stmk. BauG), führte das LVwG aus, die Anlagen seien nach dem Stand der Technik errichtet worden, es sei mit keinen Belästigungen oder gar Gefährdungen für die revisionswerbenden Parteien zu rechnen. Die marginalen Geländeveränderungen verursachten ebenso wenig Belästigungen, zumal die Niederschlagswässer bis zu einem Niederschlagsereignis der Jährlichkeit 30 am eigenen Grundstück versickert würden. Die von den revisionswerbenden Parteien vorgebrachte Hochwasserproblematik sei im rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid behandelt worden; demnach werde für die revisionswerbenden Parteien durch das Bauvorhaben keine Verschlechterung der Hochwassersituation eintreten. Die Schallschutzmauer könne vom Grundstück der revisionswerbenden Parteien aus im Hochwasserfall durchströmt werden.

8Unter Beiziehung der Sachverständigen habe festgestellt werden können, dass durch die Projektänderungen keine zusätzlichen subjektiven Rechte mitbeteiligter Parteien berührt oder anders als bisher tangiert würden. Eine Belästigung der revisionswerbenden Parteien durch die Lichtemissionen einbiegender Fahrzeuge aus der Z-Straße scheide ebenso aus wie eine Blendwirkung (wurde näher ausgeführt).

9Zur Vollständigkeit der Planunterlagen führte das LVwG aus, diese seien ausreichend für die Verfolgung der Rechte der revisionswerbenden Parteien; ein Mitspracherecht bei der Ausführungsplanung bestehe für Nachbarn nicht.

10Abschließend führte das LVwG unter „6. Zu den einzelnen Beschwerdepunkten“ zunächst aus, „[i]n Anbetracht der obigen Ausführungen erübrigt sich eine überschießende Erörterung der einzelnen Beschwerdepunkte zumal sämtliche möglichen subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn geprüft wurden“ und äußerte sich sodann auf viereinhalb Seiten zu dem Beschwerdevorbringen. Kursorische inhaltliche Ausführungen erfolgten etwa zur Frage der Erhöhung des energieäquivalenten Dauerschallpegels - erkennbar - betreffend die Ermittlung des Ist-Zustandes. Dazu merkte das LVwG an, es gebe rechtskräftige Abbruchbescheide; der Umstand, dass von diesen Bescheiden offenbar nur teilweise Gebrauch gemacht worden sei, sei rechtlich nicht bedenklich. Die Messungen seien zu Recht von den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen ausgegangen. „Wenn die Beschwerdeführer ohne rechtliche Substanz ins Treffen führen, dass vermutlich keine baurechtliche Bewilligung für einen gewerberechtlichen Betrieb vorliegen, so ist ihnen zu entgegnen, dass die örtlichen Verhältnisse durch den Verkehrslärm geprägt werden und es durch das Projekt zudem zu einer Abschirmung der Straße wie auch des Betriebes kommt, was zu einer eklatanten Verbesserung des Dauerschallpegels führt.“ Die Einwände der revisionswerbenden Parteien aus wasserrechtlicher Sicht beträfen nicht die Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse, sondern die Verhinderung von Hochwassergefährdungen; diese Frage sei in einem wasserrechtlichen Verfahren behandelt worden und stelle kein Nachbarrecht im Sinn des § 26 Abs. 1 Z 5 iVm § 65 Stmk. BauG dar. Der Verlust von Retentionsraum stelle ebenfalls kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht dar. Aus den Plänen sei ersichtlich, dass sich entlang der Grenze ein Zaunsockel befinde und angrenzend die Lärmschutzmauer errichtet werde, sodass eine Änderung der Abflussverhältnisse zu Ungunsten der revisionswerbenden Parteien denkunmöglich sei. Zu den NO2-Immissionen „wird versucht auf gleicher fachlicher Ebene, den jeweiligen Gutachten entgegenzutreten ohne selbst auf gleicher fachlicher Ebene zu sein.“ Unter Beiziehung der Amtssachverständigen für Luftreinhaltung und Humanmedizin habe geklärt werden können, dass keine Belästigungen durch NO2 erwartet würden. Ein Schutz der Nachbarn vor Wärmestrahlung (Abwärme der Lärmwand) sei dem Stmk. BauG fremd. Zu der Zulässigkeit von Änderungen des Projektes während des Verfahrens (§ 13 Abs. 8 AVG) hielt das LVwG - ohne nähere Ausführungen - fest, „[s]ämtliche Projektänderungen wurden letztlich zu Gunsten der Beschwerdeführer durchgeführt und werden sie weder stärker noch in anderen Rechten belästigt.“

11Dagegen richtet sich die gegenständliche außerordentliche Revision.

12Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurück- in eventu abzuweisen.

13Die revisionswerbenden Parteien replizierten auf die Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14Die Revision ist im Hinblick auf die geltend gemachten Begründungsmängel zulässig, sie ist auch begründet.

15Zunächst ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die nach § 29 Abs. 1 VwGVG gebotene Begründung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtes jenen Anforderungen zu entsprechen hat, die in seiner Rechtsprechung zu den § 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben. Ein Begründungsmangel führt zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert. Wird das Verwaltungsgericht den sich aus § 29 Abs. 1 VwGVG ergebenden Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht, so liegt ein Begründungsmangel vor, welcher einen revisiblen Verfahrensmangel darstellt (vgl. zum Ganzen etwa , Rn. 28f, mwN).

16Das angefochtene Erkenntnis wird den dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung nicht gerecht. Die Feststellungen zum Sachverhalt beschränken sich auf kursorische Aussagen ausschließlich zu den subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 26 Stmk. BauG. Es wurde weder - zumindest übersichtsweise - das Bauvorhaben, für das die Mitbeteiligte eine baurechtliche Genehmigung beantragt hatte, sowie dessen Änderungen im Laufe des Verfahrens dargestellt, noch beinhaltet das angefochtene Erkenntnis Angaben zur Stellung der revisionswerbenden Parteien, deren Einwendungen und damit den Umfang ihrer Rechtsposition. Selbst wenn man die Ausführungen unter „III. Beweiswürdigung“ berücksichtigt, ist nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar, welchen Inhalt die verschiedenen Gutachten der Amtssachverständigen haben, was die revisionswerbenden Parteien dazu vorbrachten, wie sich die Amtssachverständigen dazu äußerten und aus welchen Gründen das LVwG dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien nicht folgte (vgl. dazu die Ausführungen in Trippl/Schwarzbeck/Freiberger, Steiermärkisches Baurecht5, § 29, Anm. 6, oder Köhler, Die Rolle der Sachverständigen bei der Interessenabwägung, in Khakzadeh-Leiter/Schmid/Weber (Hrsg.), Interessenabwägung und Abwägungsentscheidungen, 2014, 47, insbesondere 51ff.). Auch der bloße Hinweis, dass die sachlichen Einwände der revisionswerbenden Parteien durch Befassung der Sachverständigen hätten ausgeräumt werden können oder zu Projektänderungen geführt hätten, ist ohne nähere Ausführungen, zu welchem Einwand welche Gegenargumentation als zutreffend angesehen werde bzw. welche Projektänderung im Hinblick auf welche Bedenken vorgenommen worden sei, nicht ausreichend, um eine Überprüfung der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof zu ermöglichen.

17Den Stellungnahmen der revisionswerbenden Parteien wird einerseits wiederholt der Sachverstand abgesprochen („die Argumentation der Beschwerdeführer [sei] in Unkenntnis der Grundlagen der Schalltechnik erfolgt“, das LVwG könne sich den Ausführungen der revisionswerbenden Parteien „mangels fachlicher Qualität und erforderlicher Strukturierung“ nicht anschließen), andererseits gesteht das LVwG dem Erstrevisionswerber zu, er könne in fachlicher Hinsicht die Ausführungen der Sachverständigen nachvollziehen. Die von den revisionswerbenden Parteien aufgezeigten Unschlüssigkeiten führten - den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zufolge - zu Projektänderungen; angesichts dessen müssen die Stellungnahmen offenbar ausreichend strukturiert und fachlich fundiert gewesen sein. Während nach der ständigen hg. Rechtsprechung schlüssigen Sachverständigengutachten mit bloßen Behauptungen, ohne Argumentation auf gleicher fachlicher Ebene, nicht in tauglicher Weise entgegen getreten werden kann und ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden kann, haben Einwendungen, die geeignet sind, die Schlüssigkeit eines Gutachtens in Zweifel zu ziehen, einschließlich der nachvollziehbaren Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, ebenso wie plausible Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht gleichzeitig mit einem eigenen, auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Gutachten verbunden sind (vgl. etwa , mwN).

Die Mitbeteiligte weist in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend auf hg. Rechtsprechung hin, wonach auf einsichtige Argumente selbst dann eingegangen werden muss, wenn sie nicht fachkundig fundiert vorgetragen werden; dies gilt erst recht für Argumente von fachkundiger Qualität (vgl. ). Die Auseinandersetzung des LVwG mit den Beweisergebnissen erweist sich somit als grob mangelhaft.

18Mag sein, dass die während des zweieinhalb Jahre dauernden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zahlreichen und sehr ausufernden Eingaben der revisionswerbenden Parteien das LVwG belasteten. Dies entbindet es jedoch nicht von seiner Verpflichtung, die seine Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung im Erkenntnis anzuführen und damit die Parteien in die Lage zu versetzen, ihre Rechte zu verfolgen, oder dem Verwaltungsgerichtshof die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit zu ermöglichen.

19Da sich das angefochtene Erkenntnis somit insoweit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit entzieht, war es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

20Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060017.L00
Schlagworte:
Parteiengehör Sachverständigengutachten

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